Savory savoy!

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Was bin ich froh, dass ich in diesem Winter meine Abneigung gegen den guten, alten Kumpel Krauskohl aka Wirsing endlich ablegen konnte. Spätestens jetzt beginnt wie jedes Jahr die äußerst grünzeugarme Jahreszeit. Natürlich gibt es auch noch seinen Cousin Grünkohl, aber bis ich mich mit dem anfreunden kann, werden sehr zu Herrn H.s Leidwesen wohl noch ein paar Winter ins Land ziehen. Immer, wenn ich Fotos von halb rohen Grünkohl-Salaten oder derlei sehe, schüttelt es mich und auch dem tot gekochten norddeutschen Nationalgericht kann ich nur sehr, sehr bedingt etwas abgewinnen. Wirsing, also. Ein halber Kopf lag neulich noch im Gemüsefach und ich rätselte hin und her, was ich außer Rouladen oder Suppe damit anstellen konnte. Da fiel es mir plötzlich wie Schuppen von den Augen. Risotto, na klar, mit einem Bett aus cremigem Wirsing und locker bedeckt mit knusprigem Speck, ähm und Wirsing. Hervorragende Idee!

Für die Wirsingzubereitungen:

  • 1/2 kleiner Wirsing (habe ihn leider nicht gewogen), in sehr feine Streifen geschnitten
  • Butter zum Anbraten
  • 1 kleine Knoblauchzehe, fein gehackt
  • ca. 100 g Geflügelfond
  • 2 – 3 EL Crème fraîche oder Sahne
  • 1 Spritzer Zitronensaft
  • Salz, schwarzer Pfeffer
  • Speck nach Belieben, in Streifen geschnitten
  • eine Handvoll Soft-Aprikosen, in Streifen geschnitten
  • Salz, schwarzer Pfeffer

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Für die Wirsingcreme schwitzte ich den Knoblauch und die (grünere) Hälfte des Wirsings kurz an, goss den Fond hinzu und ließ alles abgedeckt ca. 20 Minuten köcheln. Der Wirsing darf weich werden. Anschließend schmeckte ich mit Pfeffer und Salz ab, gab den Wirsing mitsamt Flüssigkeit in den großen Zerkleinerer und fügte Crème fraîche und Zitronensaft hinzu. Ich ließ ihn laufen, bis ein sehr feines Püree entstanden war. Und fluchte. Die Konsistenz war leider nicht so fein cremig, wie ich gehofft hatte. Es fehlt eben doch noch ein wirklich leistungsstarker Mixer in unserer Küche. Ich entschied mich dagegen, die Creme noch durch ein Sieb zu geben (zu hohe Verluste) und stellte die Creme abgedeckt warm. Herr H.hatte währenddessen den Speck ausgelassen, die andere Hälfte des Wirsings kross im Speckfett angebraten und in letzter Minuten die Aprikosenstreifen dazu gegeben. Nun schmeckte er mit Salz und Pfeffer ab und runzelte die Stirn angesichts der krisseligen Wirsingcreme. Ja, es sei wohl an der Zeit, eine weitere Investition zu tätigen. Ich grinste hocherfreut ob der unerwarteten „Nebenwirkung“ meiner Kreation und kümmerte mich um den Risotto.

Für den Risotto:

  • Olivenöl
  • Butter
  • 1 Schalotte, fein gehackt
  • 150 g Risottoreis (Carnaroli oder Vialone, wenn möglich)
  • ca. 750 g Geflügel- oder Gemüsefond
  • Butter
  • Salz,Pfeffer
  • Parmesan

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Ich erhitzte wenig Olivenöl und Butter in der Pfanne, schwitzte die Schalotte farblos darin an und gab den Reis hinzu. Als er glasig zu werden begann, goss ich die erste Kelle Fond hinzu, rührte kurz um und wartete, bis sie aufgenommen, bzw. verdunstet war. Nach jeder neuen Kelle Fond rührte ich den Risotto kurz durch. Nach ca. 25 Minuten war der Reis perfekt gegart. Ich schmeckte mit Salz und Pfeffer ab, rührte reichlich Parmesan und etwas Butter unter und richtete den Risotto auf Wirsingcreme an. Herr H. streute mit künstlerischer Eleganz etwas gebratenen Speck-Wirsing darüber und zog mit einem Teller ab. Wie gut, Zeit zum Aufräumen.

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Fazit: Was für ein köstlicher Risotto! Allein die Textur der Creme gefiel mir nicht hundertprozentig, aber das ist Jammern auf hohem Niveau. Herr H. war ebenso angetan wie ich und verlangte nach dem Nachschlag einen weiteren, den ich ihm leider nicht gewähren konnte, da das Essen unerklärlicherweise bereits verschwunden war. Ich solle definitiv schnell den nächsten Wirsing besorgen und das hätte ich wohl auch besser getan. Denn dann würden wir jetzt nicht vor einem kalten Herd sitzen und uns verzweifelt fragen, was es zum Abendessen gäbe. Wie gut, dass immerhin die nächste Torte fertig im Kühlschrank auf den Verzehr wartet.

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Von Fonds und Zerzaustem

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Als uns kürzlich wieder einmal der Geflügelfond ausgegangen war, lief uns beim Einkauf im Feinkostgeschäft ein Schwarzfederhuhn über den Weg. Herr H. hob es behutsam aus dem Regal und hielt es mir fragend entgegen. „Sieht gut aus“, antwortete ich lapidar und packte es in den Korb. Zu Hause angekommen, betrachteten wir es eingehender. „Fast zu schade, um es zu zerstückeln, oder?“, fragte Herr H. mich darauf hin. „Kann schon sein“, gab ich zurück, „aber der Fond ist nun einmal alle und wir brauchen ständig welchen“. Seufzend bereitete Herr H. den „OP“ vor und ich machte mich daran, das stolze Huhn in seine Einzelteile zu zerlegen. Von der Statur her erinnerte es mich an das Bresse-Huhn, das wir einmal im Ganzen garten. Seine Beine waren sehr kräftig und muskulös, während die Brust eher schwach ausgebildet war. Das machte es recht schwierig, sie sauber auszulösen. Auch wenn ich inzwischen schon diverse Hühner zerlegt habe, bereitet mir das Auslösen der Brust immer noch die größte Schwierigkeit. Herr H. beschied, als er die zerzauste Brust sah, dass wir sie dieses Mal nicht einfrieren, sondern direkt zubereiten würden.

Für den Wirsing-Reis mit Schwarzfederhuhn:

  • Kokosöl zum Braten
  • 2 (Schwarzfeder)hühnerbrüste
  • 1 Pr. Currypulver
  • einige Blätter Wirsing, in feine Streifen geschnitten
  • 1/2 rote Chili, entkernt, fein gewürfelt
  • eine Handvoll getrockneter Aprikosen, gewürfelt
  • eine Handvoll Cashewkerne, trocken geröstet
  • 1 Pr. Asafoetida
  • Salz, schwarzer Pfeffer
  • 100 g Basmati-Reis, gegart

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Nachdem ich die Wirsingstreifen für ca. 3 Minuten in Salzwasser blanchiert und abgeschreckt hatte, erhitzte ich etwas Kokosöl in der Wokpfanne, schwitzte die Chili darin an und gab den Wirsing hinzu. Nach kurzem Rührbraten gab ich den gegarten (abgekühlten) Reis hinzu, würzte mit Salz, Pfeffer, Curry und Asafoetida und ließ alles noch ein Weilchen brutzeln. Dann hob ich die Aprikosen und Cashews unter und stellte die Pfanne abgedeckt warm. Herr H. hatte derweil den Backofen auf 120°C Umluft vorgeheizt und die Hühnerbrüste mit der Hautseite nach unten ohne Fettzugabe in eine kalte Pfanne gelegt. Nun erhitzte er sie auf mittlerer Hitze und ließ die Hühnerbrüste braten, bis die Haut knusprig braun war. Dann wendete er sie und stellte die Pfanne für ca. 12 Minuten in den Backofen. Fehlte nur noch die süß-saure Salsa.

Für die süß-saure Salsa:

  • 3 EL Schalottenwürfel
  • 50 g Olivenöl
  • 2 EL Weißweinessig
  • je 1/4 Bund Koriander und Petersilie, Blättchen gezupft (was auch immer 1/4 Bund in g sein mag. Ich hatte ca. 30 g insgesamt)
  • 1/2 Chili,entkernt, in feine Streifen geschnitten
  • 1 EL Xanthan-Mix zum Binden*
  • Meersalz, Zucker, schwarzer Pfeffer

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Ich dünstete die Schalottenwürfel in 1 EL Olivenöl an und löschte mit Essig ab. Herr H. hatte derweil die Kräuter fein gehackt. Nach dem Erkalten gab ich die Schalotten mit den restlichen Zutaten zu den Kräutern und schmeckte mit Salz, Zucker und Pfeffer ab. *Das Xanthan ersetzt in diesem Fall eine Essig-Öl-Emulsion und verbindet (so Alexander Herrmann). Dazu wird eine Emulsion aus 2,5 g Xanthan und 250 g Wasser mit dem Stabmixer hergestellt. Ich bin nicht ganz sicher, ob das in Zukunft meine präferierte Vorgehensweise sein wird. Der Xanthan-Mix ist im Kühlschrank eine gute Woche haltbar. Ich habe den Rest nach 3 Wochen entsorgen müssen, da ich für diese Mengen an Bindemittel keine Verwendung hatte. Aber das muss natürlich jeder selbst entscheiden. Ich richtete schließlich Wirsing-Reis mit Huhn und Salsa auf vorgewärmten Tellern an und musste wieder einmal feststellen, dass ein kunstvolles Anrichten gerade solch‘ „zerzauster“ Gerichte ein echtes Kunststück ist – das ich leider nicht beherrsche.

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Fazit: Ungeachtet der wilden Optik machte sich das Essen ganz vorzüglich. Die Hühnerbrust war zart, sehr, sehr aromatisch und die Haut herrlich knusprig. Die Salsa passte bestens. Allein der Wirsing-Reis hätte irgendetwas Cremiges zusätzlich vertragen können. Er schmeckte gut, das war es nicht, aber für meinen Geschmack kam er ein wenig zu trocken-krümelig daher. Über Ideen, was dazu passen könnte wäre ich sehr dankbar.

(Huhn und Salsa) aus: Geschmacksgeheimnisse – Rezepte I Techniken I Aromen Alexander Herrmann

Verza oder der große Grüne

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Obwohl Herr H. und ich seit gut 1,5 Jahren einen wirklich unangemessen riesenhaften Kühlschrank in unserer winzigen Küche beherbergen, hege ich nach wie vor eine Abneigung gegen überdimensionierte Gemüse, die eine kühle Lagerung verlangen und von denen man, hat man sie einmal irrtümlicherweise ins Haus geschleppt, wochenlang zehren muss. So ein Wirsing bringt locker 1 – 1,5 Kilogramm auf die Waage und gehört somit zu den Gemüsen, die hier bislang höchst selten ein Gastspiel geben durften. Am letzten Wochenende jedoch hielt die Bücherhalle einen wahren Schatz* für uns bereit. Das Rezept, das mich als erstes unwiderstehlich anzog, verlangte nach einem großen Wirsing. Also überwand ich meine Abneigung leichten Herzens und besorgte ein stattliches Exemplar der Gattung.

Für die Kohlrouladen:

  • 5 große Wirsingblätter
  • 1/2 TL Koriandersamen
  • 1/2 TL Kreuzkümmelsamen
  • 1/2 TL Anissamen
  • 300 g Gemüsefond (oder Wasser)
  • 100 g Buchweizen, ganz, geröstet
  • 100 g Stangensellerie, kleinst gewürfelt
  • 1 kleine Knoblauchzehe, fein gehackt
  • 3 halbgetrocknete Tomaten, klein gewürfelt
  • ca. 25 g Rosinen, grob gehackt
  • 1 EL Petersilie, fein gehackt
  • Salz, schwarzer Pfeffer
  • Öl zum Anbraten

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Aufgrund der Abwesenheit von Couscous in unseren Vorräten musste ich die Füllung etwas modifizieren. Nachdem ich Koriander, Kreuzkümmel und Anis nacheinander angeröstet hatte, gab ich den Gemüsefond hinzu und kochte alles auf. Nun durfte der Fond 10 Minuten ziehen. Dann seihte ich die Gewürze wieder ab, kochte den Fond erneut auf und gab Buchweizen und etwas Salz hinein. Der Buchweizen durfte ebenfalls 10 Minuten abgedeckt sanft köcheln und anschließend knapp 10 Minuten ziehen. Ich siebte den überschüssigen Fond ab und gab den Buchweizen mit den übrigen von Herr H. bereit gestellten Zutaten in eine Schüssel. Knoblauch und Stangensellerie hatte er einige Minuten angebraten. Ich schmeckte die Masse mit Salz und Pfeffer ab und knetete sie von Hand kräftig einige Minuten durch, damit sie einen besseren Zusammenhalt entwickelte. Herr H. blanchierte die Wirsingblätter 1 Minute in kochendem Salzwasser (beim nächsten Mal besser 5!), schreckte sie eiskalt ab und tupfte sie trocken. Ich entfernte die dicken Mittelrippen und halbierte die Blätter. Dann setzte ich auf jedes Blatt gut einen EL Füllung, klappte beide Seiten zur Mitte und rollte das Blatt schließlich ein. Das funktionierte völlig problemlos. Als ich alle Rouladen gewickelt hatte, erhitzte ich etwas Butterschmalz bei mittlerer Hitze und briet die Rouladen erst mit der Nahtseite nach unten und dann rundherum knusprig braun an. Herr H. stellte die fertig gebraten Rouladen beiseite.

Für die Beilagen:

  • 1/2 große Stange Lauch, in Ringe geschnitten
  • 4 – 6 festkochende Kartoffeln, geschält
  • ca. 125 g Gemüsefond (ich hatte nur noch Hühnerfond)
  • Meersalz

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Ich gab Lauch und Kartoffeln mit dem Fond und wenig Salz in eine Pfanne und ließ alles abgedeckt ca. 15 Minuten köcheln. Nun legte ich die gebratenen Rouladen ein und ließ sie weitere 15 Minuten mitschmoren. Anschließend reduzierte ich den Fond auf etwa die Hälfte und schmeckte noch einmal mit Salz ab. Herr H. konnte sich ob des himmlischen Geruchs kaum beherrschen.

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Für die Meerrettichsauce:

  • 1 TL Butter
  • 1 TL Mehl
  • ca. 60 g Noilly Prat
  • 100 g Gemüsefond
  • 90 g Sahne
  • Meersalz
  • Chilipulver
  • ca. 30 g frischer Meerrettich, fein gerieben
  • 1 TL kalte Butter zum Binden
  • frischer geriebener Meerrettich zum Servieren

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Ich zerließ die Butter in einer Kasserole, rührte das Mehl mit dem Schneebesen ein und schwitzte es kurz an. Dann löschte ich mit Noilly Prat ab und ließ ihn um die Hälfte reduzieren. Nun goss ich den Fond an und ließ ihn wiederum um ein Drittel einkochen. Herr H. gab die Sahne hinzu, ließ die Sauce einmal kurz aufkochen und zog die Kasserole von der Platte. Er schmeckte mit Salz und Chili ab und gab, als die Sauce auf ca. 70°C abgekühlt war, den fein geriebenen Meerrettich dazu. Die Sauce darf nun nicht mehr stärker erhitzt werden, da der Meerrettich ansonsten bitter wird. Er ließ die Sauce 5 Minuten ziehen, siebte den Meerrettich ab und stellte die Sauce bis zum Servieren warm. Ich hatte inzwischen die Teller vorgewärmt und Klarschiff gemacht, da ich dieses Mal unbedingt beim Fotografieren dabei sein wollte.

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Fazit: Da das die ersten Kohlrouladen sind, die ich in meinem Leben selbst zubereitet habe und auch der letzte Verzehr selbiger schon ein Weilchen zurück liegt, habe ich natürlich keine realistischen Vergleichsmöglichkeiten. Aber wir beide waren nach dem ersten Häppchen Roulade hellauf begeistert. Die Füllung passte sagenhaft gut zu den leicht senfigen Wirsingblättern. Die cremig-scharfe Sauce als Widerspruch in sich begleitete Rouladen und Beilagen vortrefflich, während der Lauch mit seiner Süße versöhnte. Ich bedauerte sehr, nicht gleich die doppelte Menge gekocht zu haben. Ein oder zwei Roulädchen hätten sicher noch gepasst. Dieses Gericht hat ab jetzt seinen festen Platz auf unserem winterlichen Speiseplan. Der nächste Wirsing ist bereits gekauft.

Die Jahreszeiten Kochschule Winter Richard Rauch, Katharina Seiser (ich habe das Rezept an einigen Stellen aufgrund unserer Vorräte recht stark modifiziert)

Anm. : Falls sich jemand über die ungewöhnlich schlechte Qualität der Fotos wundern sollte. Herr H. unterweist mich gerade in der hohen Kunst der digitalen Bildbearbeitung, damit ich ihm diese „Arbeit“ in Zukunft abnehmen kann. Dieses war mein erster Versuch.

Von Waschküche zu Wirsing

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Meine Großmutter ist eine höchst begabte Geschichtenerzählerin. Auch wenn ich inzwischen viele Geschichten kenne, Wiederholungen sind unvermeidlich, gibt es doch in jeder erneut erzählten Geschichte einen Dreh oder eine Zusatzinformation, die mich unweigerlich überrascht und alles Erzählte in eine neues Licht rücken. Beim letzten Besuch, ich weiß gar nicht, wie wir eigentlich darauf kamen, fragte ich sie, wann sie eigentlich ihre erste Waschmaschine hatte und wie das vorher war mit dem Wäsche waschen. Sie lehnte sich lächelnd in ihrem Sessel zurück, zog die Decke, die über ihren Knienen lag ein wenig höher und ich wusste, dass ich mich auf eine längere Geschichte freuen konnte. Wäsche wurde in der Waschküche gewaschen. Jedes Haus hatte eine. Darin befand sich ein mit Holz befeuerbarer riesiger Bottich, in dem die zuvor eingeweichte Wäsche gekocht wurde. Anschließend wurden besonders verschmutzte Partien von Hand auf dem Waschbrett gerubbelt, bevor die Wäsche mindestens drei Mal in kaltem Wasser gespült und hinterher gewrungen wurde. Zum Trocknen wurde sie in der Regel nach Draußen gehängt, auch im Winter. Die steif gefrorene Wäsche taute dann im Haus einfach auf und war so gut wie trocken. Gewaschen wurde in der Regel nur einmal pro Woche. Frische Bettwäsche gab es nur alle 4 Wochen. Und das alles sei noch gar nicht allzu lange her, schloß sie. Ihrer erste Maschine zog Anfang der 70er Jahre ein. Das sei schon eine immense Erleichterung gewesen.Glücklich seien sie jedoch auch ohne gewesen. Ich musste nicht lange überlegen, ob ich mir ein Leben ohne Waschmaschine vorstellen konnte. Was für ein Umstand! Wie einfach haben wir es doch und wie selbstverständlich ist das alles in nur wenigen Jahrzehnten geworden. Das tut manchmal ein bisschen Bescheidenheit und Dankbarkeit gut. Ich dachte direkt abends beim nächsten Mahl daran.

Für das Wirsing Curry mit halbgetrockneten Trauben:

  • 1/2 kleiner Wirsing, ca. 600 g (war eh übrig), entstrunkt, in feine Streifen geschnitten
  • 1/2 rote Chili, fein gehackt
  • 15g frischer Ingwer, fein gehackt
  • 1 EL Butterschmalz oder Ghee
  • 1 TL Kreuzkümmel, gemahlen
  • 1/4 TL Asafoetida
  • 1 TL Bockshornklee, gemahlen
  • 1/2 TL Zimt, gemahlen
  • 1 TL Kurkuma, gemahlen
  • 50 g Sultaninen (ich: ca. 200 g frische rote Trauben, halbiert, mit wenig Kokosblütenzucker bestreut)
  • 50 g Walnüsse, geröstet
  • Salz
  • ca. 200 g Kokosmilch
  • 1 – 2 EL Zitronensaft (ich : Limette)

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Die Inspiration für dieses schlichte Curry stammt wieder einmal aus alter bewährter Quelle. Da noch so viele frische rote Trauben im Haus waren, beschloss ich die Sultaninen durch halbgetrocknete Trauben zu ersetzen. Ich schob die Form in den auf 130°C vorgeheizten Backofen und vergaß sie für eine gute Stunde darin. Herr H. hatte inzwischen das Butterschmalz im Bräter erhitzt, Chili, Ingwer, Kreuzkümmel, Asafoetida, Bockshornklee, Zimt und Kurkuma ca. 2 Minuten darin angeröstet und anschließend den Wirsing und eine gute Prise Salz zugefügt. Nachdem er unter Rühren etwas zusammengefallen war, goss er ca. 200 g Wasser an und ließ alles abgedeckt ca. 15 Minuten köcheln. Dann gab er die Kokosmilch hinzu, schmeckte erneut mit allen Gewürzen ab (der Wirsing schien jegliches Gewürz schlicht zu „schlucken“) und ließ das Curry weitere 10 Minuten offen köcheln. Ich hatte in der Zwischenzeit die Hirse gegart, musste weg, Basmatireis passt sicher genauso gut und konnte nun endlich alles in vorgewärmten Schalen anrichten.

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Fazit: Schlicht und ergreifend ein absolut leckeres Curry.Während Herrn H. besonders die Kombination mit Hirse verzückte, gefielen mir die halbgetrockneten Trauben als Sultaninenersatz hervorragend. Fast hoffe ich schon auf den nächsten Wirsingrest in meinem Kühlschrank. Nach dem Essen räumte ich innerlich sehr dankbar das Geschirr in die Spülmaschine und lauschte versonnen ihrem leisen Rumpeln. Was habe ich es doch gut.

Falls jemand tatsächlich einen eher sparsam bestückten Gewürzschrank haben sollte, kann man ersatzweise sicher auch einfach fertig gekauftes Currypulver verwenden.

Aus: happinez Kochen Nummer 1 2012 Bauer Zeitschriften Verlag KG

„I wonder what the rich people do“

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Vor rund 10 Jahren strandeten Herr H. und ich aufgrund sehr ungünstiger Wetterbedingungen im Schoße einer ostkanadischen Großfamilie. Bereits nach einigen Tagen waren wir voll und ganz in jegliche Familienaktivitäten integriert. Um uns für die fantastische Gastfreundschaft zu revanchieren, bot ich an zu kochen. Pizza wurde lautstark gewünscht und als ich Mehl und Hefe auf den Einkaufszettel setzte, erntete ich fragende Blicke von unserer Gastgeberin. „What do you need that for?“, fragte sie völlig entgeistert. Als ich lapidar antwortete, „for the dough“, sah sie mich nur kopfschüttelnd an, „well you know you can buy that in the store as well“. Sie brachte jedoch alle Zutaten mit und als die fertige Pizza von ihrem Teller verschwunden war, lehnte sie sich lächelnd zurück, „now I understand. That was the best pizza I ever had, so simple but incredibly good. I wonder what the rich people do. You have to teach me how to make it!“. Dazu kam es leider nicht mehr, aber immer, wenn ich aus vermeintlich schlichten Dingen etwas Köstliches fabriziere, muss ich an ihren Ausspruch denken.

Für den Buchweizen-Pastateig:

  • 100 g Buchweizenmehl
  • 50 g Weizenmehl 405er
  • 1 Ei
  • 1/2 TL Olivenöl
  • 1 Pr. Salz
  • 1 – 2 EL Wasser

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Inspiriert zu dieser Buchweizenlasagne hat mich ein Rezept aus dem italienischen Lieblingskochbuch. Dort werden die Pizzoccheri gemeinsam mit Zucchini, Kartoffeln, Knoblauch und viel Fontina aus der Auflaufform serviert. Da ich es lieber „ordentlich“ habe, beschloss ich zu versuchen, ob sich daraus nicht eine Lasagne basteln ließe. Ich gab alle Zutaten für den Teig in eine Schüssel, vermengte sie grob mit dem Löffel und knetete den Teig von Hand ca. 5 Minuten. Er war aufgrund des hohen Buchweizenanteils recht klebrig. Ich ließ ihn abgedeckt ca. 2 Stunden bei Raumtemperatur ruhen. Dann teilte ich ihn in 3 Portionen, verteilte reichlich Hartweizenmehl auf der Arbeitsfläche und gab die erste Portion gut bemehlt durch die Nudelmaschine. Oje, der Teig bröckelte an den Rändern ziemlich stark. Aber da ich keine Lust hatte, ihn mit dem Nudelholz auszurollen, faltete ich die bröckelige Bahn zusammen, bemehlte sie erneut und gab sie ein zweites Mal durch die Maschine. Schon besser. Nach dem dritten Mal war die Bahn zwar noch einigermaßen fragil, ließ sich aber (immer wieder bemehlt) bis Stufe 5/9 ausrollen und war so dünn genug. Ich lagerte die Bahnen bis zum Füllen auf einem bemehlten Tuch.

Für die Füllung:

  • ca. 50 g Speck, fein gewürfelt
  • 1 Möhre, feinst gewürfelt
  • ca. 300 g Wirsing, gründlich gewaschen, in ca. 2 x 2 cm große Quadrate geschnitten
  • ca. 200 g Kartoffeln, geschält, in 1 x 1 cm große Würfel geschnitten
  • 1 große Knoblauchzehe, dünn gescheibelt
  • Salz, schwarzer Pfeffer
  • Olivenöl

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Ich briet zunächst den Speck bei milder Temperatur goldbraun, gab Möhren, Kartoffeln und Knoblauch hinzu und ließ alles abgedeckt bei schwacher Hitze 10 Minuten dünsten. Dann fügte ich den Wirsing hinzu, rührte ihn unter (die Kartoffelwürfel können etwas ansetzen, lassen sich jedoch leicht wieder lösen, zumindest in meiner beschichteten Pfanne) und ließ alles wieder abgedeckt weitere 15 Minuten dünsten. Dann gab ich etwas Wasser hinzu, würzte mit Salz und Pfeffer und ließ alles offen weiterköcheln, bis das Wasser fast vollständig verdampft war.

Für die sahnige Bechamel:

  • 20 g Butter
  • 18 g Weizenmehl 405er
  • 150 g Vollmilch
  • 100 g Wasser
  • 50 g Sahne
  • Salz, schwarzer Pfeffer, einige Striche Muskat

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Parallel zur Füllung bereitete ich die Bechamel. Ich ließ die Butter aufschäumen, rührte das Mehl mit dem Schneebesen unter und ließ es kurz mitschwitzen. Dann zog ich den Topf vom Herd, gab unter Rühren Milch, Wasser und Sahne hinzu und kochte alles erneut auf. Ich würzte mit ca. 1/4 TL Salz, etwas Pfeffer und Muskat und ließ die Bechamel unter gelegentlichem Rühren etwa 10 Minuten sanft köcheln. Herr H. hatte inzwischen den Backofen auf 190°C Ober- und Unterhitze vorgeheizt und die Auflaufform gebuttert. Immer diese Arbeit nach der Arbeit. Ich schichtete erst Pasta, dann Bechamel und Füllung. Die Menge ergab insgesamt drei Schichten. Auf der letzten Pastaschicht verteilte ich die restliche Bechamel und bestreute sie mit reichlich fein geriebenem Bergkäse. Nach knapp 40 Minuten war die Lasagne goldbraun und duftete verführerisch.

Wirsing Buchweizen Lasagne 1

Fazit: Nach kurzem Abkühlen ließ sich die Lasagne perfekt schneiden. Herr H. brachte es kaum zustande, sich auf das Fotografieren zu konzentrieren, so gut roch die Lasagne. Endlich konnten wir probieren. Und was soll ich sagen? Mein „Ordnungs-Experiment“ war ein Erfolg auf ganzer Linie. Die Lasagne war eine der besten, die ich je gemacht habe. Buchweizen, Wirsing, Kartoffeln und Knoblauch verbanden sich in einer Art, wie ich es nicht vermutet hätte. Nachdem das letzte Fitzchelchen in unseren Bäuchen verschwunden war, lehnte Herr H sich sehr zufrieden zurück und sah mich strahlend an, „das war fantastisch!“ und ich fügte nur in Gedanken hinzu, „I wonder what the rich people do“.

Italienisches Lieblingskochbuch: Pasta Antonio Carluccio