Was bin ich froh, dass ich in diesem Winter meine Abneigung gegen den guten, alten Kumpel Krauskohl aka Wirsing endlich ablegen konnte. Spätestens jetzt beginnt wie jedes Jahr die äußerst grünzeugarme Jahreszeit. Natürlich gibt es auch noch seinen Cousin Grünkohl, aber bis ich mich mit dem anfreunden kann, werden sehr zu Herrn H.s Leidwesen wohl noch ein paar Winter ins Land ziehen. Immer, wenn ich Fotos von halb rohen Grünkohl-Salaten oder derlei sehe, schüttelt es mich und auch dem tot gekochten norddeutschen Nationalgericht kann ich nur sehr, sehr bedingt etwas abgewinnen. Wirsing, also. Ein halber Kopf lag neulich noch im Gemüsefach und ich rätselte hin und her, was ich außer Rouladen oder Suppe damit anstellen konnte. Da fiel es mir plötzlich wie Schuppen von den Augen. Risotto, na klar, mit einem Bett aus cremigem Wirsing und locker bedeckt mit knusprigem Speck, ähm und Wirsing. Hervorragende Idee!
Für die Wirsingzubereitungen:
- 1/2 kleiner Wirsing (habe ihn leider nicht gewogen), in sehr feine Streifen geschnitten
- Butter zum Anbraten
- 1 kleine Knoblauchzehe, fein gehackt
- ca. 100 g Geflügelfond
- 2 – 3 EL Crème fraîche oder Sahne
- 1 Spritzer Zitronensaft
- Salz, schwarzer Pfeffer
- Speck nach Belieben, in Streifen geschnitten
- eine Handvoll Soft-Aprikosen, in Streifen geschnitten
- Salz, schwarzer Pfeffer
Für die Wirsingcreme schwitzte ich den Knoblauch und die (grünere) Hälfte des Wirsings kurz an, goss den Fond hinzu und ließ alles abgedeckt ca. 20 Minuten köcheln. Der Wirsing darf weich werden. Anschließend schmeckte ich mit Pfeffer und Salz ab, gab den Wirsing mitsamt Flüssigkeit in den großen Zerkleinerer und fügte Crème fraîche und Zitronensaft hinzu. Ich ließ ihn laufen, bis ein sehr feines Püree entstanden war. Und fluchte. Die Konsistenz war leider nicht so fein cremig, wie ich gehofft hatte. Es fehlt eben doch noch ein wirklich leistungsstarker Mixer in unserer Küche. Ich entschied mich dagegen, die Creme noch durch ein Sieb zu geben (zu hohe Verluste) und stellte die Creme abgedeckt warm. Herr H.hatte währenddessen den Speck ausgelassen, die andere Hälfte des Wirsings kross im Speckfett angebraten und in letzter Minuten die Aprikosenstreifen dazu gegeben. Nun schmeckte er mit Salz und Pfeffer ab und runzelte die Stirn angesichts der krisseligen Wirsingcreme. Ja, es sei wohl an der Zeit, eine weitere Investition zu tätigen. Ich grinste hocherfreut ob der unerwarteten „Nebenwirkung“ meiner Kreation und kümmerte mich um den Risotto.
Für den Risotto:
- Olivenöl
- Butter
- 1 Schalotte, fein gehackt
- 150 g Risottoreis (Carnaroli oder Vialone, wenn möglich)
- ca. 750 g Geflügel- oder Gemüsefond
- Butter
- Salz,Pfeffer
- Parmesan
Ich erhitzte wenig Olivenöl und Butter in der Pfanne, schwitzte die Schalotte farblos darin an und gab den Reis hinzu. Als er glasig zu werden begann, goss ich die erste Kelle Fond hinzu, rührte kurz um und wartete, bis sie aufgenommen, bzw. verdunstet war. Nach jeder neuen Kelle Fond rührte ich den Risotto kurz durch. Nach ca. 25 Minuten war der Reis perfekt gegart. Ich schmeckte mit Salz und Pfeffer ab, rührte reichlich Parmesan und etwas Butter unter und richtete den Risotto auf Wirsingcreme an. Herr H. streute mit künstlerischer Eleganz etwas gebratenen Speck-Wirsing darüber und zog mit einem Teller ab. Wie gut, Zeit zum Aufräumen.
Fazit: Was für ein köstlicher Risotto! Allein die Textur der Creme gefiel mir nicht hundertprozentig, aber das ist Jammern auf hohem Niveau. Herr H. war ebenso angetan wie ich und verlangte nach dem Nachschlag einen weiteren, den ich ihm leider nicht gewähren konnte, da das Essen unerklärlicherweise bereits verschwunden war. Ich solle definitiv schnell den nächsten Wirsing besorgen und das hätte ich wohl auch besser getan. Denn dann würden wir jetzt nicht vor einem kalten Herd sitzen und uns verzweifelt fragen, was es zum Abendessen gäbe. Wie gut, dass immerhin die nächste Torte fertig im Kühlschrank auf den Verzehr wartet.