Brotlos glücklich

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Als mir kürzlich abends der Sinn nach einem molligen Süppchen stand, öffnete ich den Gefrierschrank, um nach einem eingefrorenen Baguette oder Ciabatta Ausschau zu halten. Da musste doch noch eins sein! Leider Fehlanzeige. Und so auf die Schnelle würde ich auch keinen Ersatz erzeugen können. Was tun? Glücklicherweise erinnerte ich mich, ein Rezept für herzhafte Muffins gesehen zu haben. Ich musste nicht lang suchen. Herr H., der gerade eingetrudelt war, atmete erleichtert auf. Heute würde er nicht allzu lange auf Nahrung warten müssen.

Für die Pastinakensuppe:

  • 1 EL Olivenöl
  • 1 Pastinake (ca. 150 g), geschält, gewürfelt
  • 5 cm Lauch, weißer Teil gewürfelt
  • 2 Bundzwiebeln, klein geschnitten
  • 500 g Gemüsefond
  • 100 g Kokosmilch
  • 1/2 EL Rundkornreis für Risotto
  • 1 EL Thai-Curry
  • 1 EL Indian Curry
  • 1 TL Tandooripaste
  • Meersalz

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Herr H. dünstete das Gemüse in Olivenöl an, löschte mit Fond und Kokosmilch ab und rührte Reis und Currys ein. Nun durfte die Suppe abgedeckt ca. 1 Stunde sanft köcheln. Anschließend pürierte ich sie, gab sie durch das feine Sieb und schmeckte sie mit Tandooripaste und Salz ab. Schon mal gar nicht übel. Ich stellte die Suppe bis zum Servieren abgedeckt warm. Herr H. hatte sich derweil um die Muffins gekümmert.

Für die Maismuffins (ca. 4 – 6):

  • 100 g Zuckermaiskörner (1/2 Kolben)
  • 75 g Ei
  • 25 g Milch
  • 15 g Sahne
  • 15 g Sbrinz, frisch gerieben
  • 50 g rote Paprika, fein geschnitten
  • 1 TL Schnittlauch, fein geschnitten
  • Kräutersalz, schwarzer Pfeffer
  • 1 Pr. Piment d’Espelette
  • Butter zum Fetten der Form

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Wer frische Maiskolben zu Hand hat, entfernt Hüllblätter und Barthaare, gart die Kolben ca. 20 Minuten in Salzwasser und schneidet die Körner anschließend der Länge nach vom Kolben. Herr H. griff auf ein sich im Vorrat befindendes kleines Glas Zuckermais zurück. Er verrührte Ei, Milch und Sahne, hob die restlichen Zutaten unter und schmeckte die Masse kräftig ab. Nun durfte die Masse kurz ruhen, bevor er sie in die mit Papierförmchen belegten und gefetteten Mulden der Muffinform verteilte. Er buk sie bei 180°C ca. 13 Minuten goldgelb und ließ sie anschließend vor dem Herausnehmen kurz abkühlen. Ich verteilte die Suppe auf vorgewärmte Schalen und übte mich wie immer in Geduld.

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Fazit: Sowohl Pastinakensuppe als auch Maismuffins waren geschmacklich perfekt ausbalanciert und vertrieben mir jeden Gedanken an Brot. Die Menge reichte uns beiden tatsächlich als leichtes Abendessen. Ich kann mir die Kombination aber auch bestens im Rahmen eines kleines Menues vorstellen, Weihnachten naht ja wie jedes Jahr mit großen Schritten. Ob wir allerdings wie in den Jahren zuvor wieder groß für die Familie aufkochen werden, steht noch in den Sternen. Aber es schadet ja nie, rechtzeitig mit der Ideensammlung zu starten.

Aus: [K]ein Kochbuch Das Buch, das kein Kochbuch sein will Lucas Rosenblatt, Robert Sprenger

 

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Vergiss Caprese!

tomatensalat 2-2 kleinNoch vor gar nicht allzu langer Zeit gehörte des italienische Nationalgericht für Herrn H. und mich zum Sommer wie die Elisenlebkuchen zu Weihnachten, das Frühstücksei zum Sonntag oder der Glühwein zum Winter. Wir futterten uns jeden Sommer durch gefühlte Tonnen von Tomaten, Büffelmozzarella, Ciabatta und literweise Olivenöl, bestreut mit Topf um Topf Basilikum. Wir konnten kaum je genug von dem herrlichen Salat bekommen. Seit wir jedoch bloggen, hat die Frequenz des Caprese-Verzehrs stetig abgenommen und tendiert inzwischen gegen Null. Woran es liegen mag? Nun, wie alles, ändern sich Vorlieben stetig. Vielleicht haben wir einfach auch die für ein Leben nötige Menge an Caprese bereits aufgenommen oder vielleicht gibt es einfach zu viel Neues auszuprobieren. So genau lässt sich das nicht feststellen. Als ich im neuen Kochbuch jedoch quasi eine Luxus-Variante des einst heißgeliebten Salats sah, konnte ich nicht widerstehen.

Für die Anis-Tomaten mit Burrata und Duftnessel:

  • Anisöl (50 g Olivenöl, 1 EL Anis, gemörsert)
  • ca. 300 g Datteltomaten
  • Salz
  • Puderzucker
  • 1 große Ochsenherztomate
  • Fleur de Sel
  • schwarzer Pfeffer
  • 300 g Burrata (ich 120 g)
  •  1 Scheibe Brioche oder Weißbrot (ich: 1 Scheibe mildes Landbrot)
  • Duftnesselblätter (Aniskraut) (ich: etwas Estragon)
  • Bronzefenchel (konnte ich nirgends auftreiben)

zutaten tomatensalat serieAls erstes heizte ich den Backofen auf 80°C vor, schnitt die Hälfte der Datteltomaten in dünne Scheiben und legte sie auf das Backpapier. Dann bestäubte ich sie mit wenig Puderzucker und Salz und schob das Blech für 3 Stunden in den Backofen. Nach 2 Stunden wendete Herr H. die schon recht trockenen Scheiben.

Ich erhitzte das Olivenöl auf 60°C, gab den Anis hinein und ließ alles einen gute Stunde ziehen (idealerweise über Nacht). Anschließend siebte ich den Anis wieder ab und gab das Öl in ein kleines Schälchen. Herr H. hatte die restlichen Tomaten mit kochendem Wasser überbrüht, kurz stehen gelassen und gehäutet. Ich legte die gehäuteten Datteltomaten in das Öl und stellte die Schale für 2 Stunden zum Konfieren in den Backofen.

Herr H. schnitt die gehäutete Ochsenherztomate in dünne Scheiben, richtete sie auf zwei Tellern an und würzte sie mit Fleur de Sel und Pfeffer. Ich gab getrocknete und konfierte Tomaten hinzu, zerpflückte die Burrata und verteilte sie auf den Tellern und briet das Brot in etwas Anisöl goldbraun. Herr H. schnitt es in Stückchen und legte es ebenfalls auf die Teller. Ich beträufelte alles mit wenig Anisöl, zupfte Estragon und einige Blättchen Ananassalbei darüber und reichte den Fototeller ins „Studio“.

tomatensalat 3-3 kleinFazit: Bereits nach der ersten konfierten Tomate mit einem kleinen Stückchen Burrata und einer Ecke Brot schwebte ich im 7. Feinschmeckerhimmel. Was für ein genialer Salat! Er erfordert zugegeben in der Vorbeitung etwas Zeit, aber das Ergebnis rechtfertig in meinen Augen jeden Aufwand. Herr H. merkte an, dass er genau diesen Tomatensalat nun gern bitte häufger serviert bekäme. Ich werde sehen, was sich machen lässt, fest steht, dass eine schlichte Caprese es hier von nun an schwer haben wird.

Aus: Kräuter Tanja Grandits

Tomaten (danke Schwester!!!) von hier

Knaller gezündet

jakobsmuscheln 6Wie viele andere auch, ergreift Herrn H. und mich am Ende des Jahres ein gewisser Aufräumzwang. Angefangene Projekte sollten möglichst abgeschlossen werden, Herumliegendes einsortiert und in den Ecken, die man ansonsten im Winter geflissentlich ignoriert, Staub gewischt. Genau dabei entdeckte Herr H. zwei kleine Weckgläser. Er stürmte damit in mein Zimmer, wo ich gerade herumfliegende Papiere sortierte und abheftete und hielt sie mir entgegen. Ob die Möhren noch gut seien, wollte er wissen. Ich lotste ihn in die Küche, öffnete ein Glas und gabelte einige Scheibchen auf. Definitiv, befand ich nach dem Kosten. Wieso er das wissen wolle. Nun, wir hätten sie doch bereits Mitte November eingelegt und nun müssten wir sie endlich verwenden. Ich seufzte innerlich tief, wir hatten uns für den Abend schon ein aufwendige Kocherei vorgenommen, und willigte ein.

Für die Möhren-Pickles (sollten mindestens eine Woche durchziehen):

  • 125 g Apfelessig
  • 87,5 g Wasser
  • 50 g Zucker
  • 6 g Salz
  • 1/2 TL Koriandersamen
  • 3 1/2 Sternanis
  • 1/4 TL Ingwer, gehackt
  • etwas Zitronenabrieb
  • 1/4 TL weiße Pfefferkörner
  • 1 Pr. Kurkuma
  • 250 g Möhren, in feine Scheiben geschnitten (wer will, kann sie auch vorher schälen)

möhren pickles serieIch vermengte alle Zutaten bis auf die Möhren in einem Topf, kochte sie kurz auf, bis der Zucker sich gelöst hatte und ließ den Sud eine Stunde lang ziehen. Herr H. schnitt die Möhren in feine Scheiben und verteilte sie auf zwei mit heißem Wasser ausgespülte Weckgläser (220 ml). Ich gab den Sud durch ein Sieb, kochte ihn nochmals auf und goss ihn kochend heiß in die mit Möhrenscheiben befüllten Gläser. Im Buch gibt es zwar keine Angabe dazu, wie lange die Möhren ziehen sollen, aber ich denke, dass es nicht schadet, sie einen Monat vor der Verwendung stehen zu lassen.

Für das Orangenblüten-Dashi:

  • 150 g Möhren, fein geraffelt
  • 2,5 g Ingwer, geschält, fein gerieben
  • 1 Schalotte, grob gehackt
  • 1 Stange Zitronengras, unteres Drittel gehackt
  • 1 EL Erdnussöl
  • 500 g Möhrensaft
  • 1 TL Bonitoflocken
  • 1 Stückchen Kombu (ca. 5 x 5cm)
  • 25 g (japanische) Sojasauce
  • 1,5 EL Orangenblütenwasser
  • Salz

dashi serieIch schwitze Schalotten und Zitronengras im Erdnussöl glasig, gab Möhren und Ingwer hinzu und löschte mit dem Möhrensaft ab. Nach dem Aufkochen ließ ich alles 15 Minuten köcheln. Herr H. ereiferte sich inzwischen darüber, dass es schon seltsam sei, dass wir für ein solches Gericht nichts extra einzukaufen bräuchten. Ich zuckte bloß die Schultern und bat ihn, die Jakobsmuscheln abzutupfen. Dann gab ich die restlichen Zutaten zum Dashi, zog den Topf vom Herd und ließ alles 5 Minuten ziehen. Zuletzt gab ich das Dashi durch ein feines Sieb, schmeckte es mit wenig Salz ab und stellte es warm.

Für das Möhren-Sauerkraut:

  • 150 g Möhren, in feine Streifen geschnitten (am besten mit dem Spiralschneider)
  • 100 g Gemüsefond
  • 2 Kardamomkapseln
  • 1 kleines Lorbeerblatt
  • 2 Pfefferkörner
  • 1 Zitrone, Saft und Schale
  • 1 Pr. Zucker
  • 10 g Butter
  • Salz
  • 40 g Reisnudeln (am besten sehr dünne, ich hatte nur mittelbreite), nach Packungsanleitung gegart
  • Jakobsmuscheln nach Belieben
  • geröstete Sonnenblumenkerne nach Belieben

möhrensauerkraut serieIch gab alle Zutaten bis auf die Reisnudeln in einen Topf und ließ sie 8 Minuten köcheln. Herr H. kochte inzwischen die 10 Minuten in kaltem Wasser eingeweichten Reisnudeln knapp gar. Ich fischte die ganzen Gewürze aus den Möhrenstreifen, vermengte sie mit den abgetropfeten Reisnudeln und verteilte alles auf zwei vorgewärmte Schalen. Herr H. briet die Jakobsmuscheln beidseitig kurz an, bestreute sie mit Orangenpulver und setzte sie in die Schalen. Ich goss Orangenblüten-Dashi an und garnierte die Schalen mit Möhren-Pickles und gerösteten Sonnenblumenkernen. Nach einigen Bilder konnten wir endlich kosten.

jakobsmuscheln 11Fazit: Meine Erwartung an diese Vorspeise war eher niedrig, da ich Möhrensaft, im Gegensatz zur ganzen Wurzel, recht wenig abgewinnen kann. Ich kostete also einen Löffel des Dashis und war absolut verblüfft von der unglaublich köstlichen Geschmackskombination. Hätte ich es nicht besser gewusst, hätte ich Stein und Bein geschworen, dass Miso im Spiel gewesen sei. Herr H. seufzte und löffelte recht schweigsam. Ein gutes Zeichen. Das Möhren-Sauerkraut, die Reisnudeln, die gerösteten Sonnenblumenkerne, alles fügte sich wirklich sagenhaft und bildete gemeinsam das viel zitierte große Ganze, das mehr ist als die Summe seiner Teile. Die Jakobsmuscheln waren natürlich auch wunderbar, aber für mich hätte es die auch nicht unbedingt gebraucht. Nachdem die Schalen geleert waren bedankte ich mich bei Herrn H., dass er auf die Umsetzung dieses Knaller insistiert hatte. Aber er winkte bloß lächelnd ab und bedauerte, dass es keinen Nachschlag gab.

Aus: Gewürze Tanja Grandits

 

Linsen deluxe mit Hindernissen

linsentartar 6Als Herr H. kürzlich vorschlug, wir sollten am nächsten Tag unbedingt dieses Linsengericht zubereiten, hörte ich nur mit halben Ohr zu. Leichtfertig gab ich ihm die Zusage und kümmerte mich weiter um das Backwerk, das jedoch leider unter keinem guten Stern zu stehen schien. Ehe ich mich darob lange grämen konnte, war bereits der nächste Abend da. Die Linsen waren am Vorabend vorbildlich eingeweicht worden und ich studierte zum ersten Mal aufmerksam das Rezept. Allein die Länge der Zutatenliste ließ mich kurz stutzen. Soviel Wirbel um eine Art Linsensalat, pardon, Linsentatar? Nun denn. Eilig schloss ich mich Herrn H. an, der bereits fleißig das Messer schwang.

Für das Rote Bete-Gurken-Relish (ergibt ca. 250 g fertiges Relish):

  • 20 g Ingwer, geschält und fein gehackt
  • 150 g Zucker
  • 250 g Rote Bete (1 mittlere), geschält, sehr fein gewürfelt
  • 250 g Salatgurke, geschält, entkernt, sehr fein gewürfelt
  • 150 g rote Zwiebeln, geschält, sehr fein gewürfelt
  • 1 Knoblauchzehe, geschält, sehr fein gewürfelt
  • 1 TL gem. Ingwer (ich: weg gelassen)
  • 200 g Champagneressig (ich: Chardonnayessig)
  • 1/4 TL Salz, schwarzer Pfeffer
  • 1 TL Wasabi

rote bete relish serieDie Anleitung zur Herstellung dieses Relishes musste ich zweimal lesen. Dort steht, man solle den Zucker mit dem gemahlenen Ingwer erhitzen, bis er komplett geschmolzen sei. Diesen Vorgang kenne ich vom Backen, dort heißt er, „Zucker karamellisieren“. Dann gäbe man die gewürfelten Gemüse hinein. Wie jetzt? In das ca. 130 -140°C heiße Karamell? Das dann schlagartig erstarren würde? Das kam mir dann doch etwas zu merkwürdig vor. Ich kochte Zucker und Essig auf, bis sich der Zucker komplett gelöst hatte und gab dann die Gemüsewürfel hinzu. Ich ließ das Relish ca. 30 Minuten offen köcheln, bis es eine sirupartige Konsistenz hatte, würzte mit Wasabi, Salz und Pfeffer und füllte es direkt in Gläser ab. Es hält sich im Kühlschrank sicher einige Wochen.

Für das Linsentatar (was daran tatarisch sein soll, verstehe ich selbst nicht so genau, die Zutaten sind weder roh, noch werden sie gehackt):

  • 100 g Belugalinsen (ich: Puy Linsen, über Nacht eingeweicht)
  • 40 g Butter (ich: 15 g)
  • 30 g Mehl (ich: 12 g)
  • 100 g Fleischbrühe
  • 100 g trockener Rotwein
  • 60 g roter Portwein
  • 1 Schalotte, geschält und fein gewürfelt
  • 1 Gewürzgurke, fein gehackt (ich: weg gelassen)
  • 8 Kapern (ich: 5 größere Kapernbeeren sauer eingelegt), fein gehackt
  • 2 Sardellenfilets, fein gehackt
  • 2 EL Acetato balsamico, vom guten
  • 1 TL Senf
  • Salz, schwarzer Pfeffer
  • 2 Eier

linsentartar serieHerr H. hatte die Linsen in reichlich Wasser 10 Minuten lang knapp gar gekocht. Er schreckte sie kalt ab und stellte sie beiseite. Während die Linsen kochten, hatte er Rot- und Portwein ca. um die Hälfte eingekocht. Nun zerließ er die Butter, schwitzte Schalotten und Mehl darin an und löschte dann mit Brühe ab. Er gab die reduzierten Weine hinzu und raufte sich ein wenig die Haare. Obwohl ich Butter und Mehlmenge bereits reduziert hatte, war die Sauce viel zu sämig. Er goß einen großzügigen Schluck Wasser hinzu, gab Kapernbeeren, Sardellen und Senf in die Sauce und ließ sie 15 Minuten köcheln. Gegentlich fügte er etwas Wasser hinzu. Die fertige Sauce schmeckte er mit Salz, scharzem Pfeffer und Balsamico ab. Ich sah in den Topf und stellte fest, dass die Menge der Sauce recht üppig bemessen war. Ich gab sie durch ein Sieb, mischte das Siebgut und ca. 3 EL Sauce unter die Linsen und fror den Rest des Sauce zur späteren Verwendung (brav ettikettiert) ein. Nun fehlte nur noch das Spiegelei und endlich, endlich konnten wir kosten.

linsentartar 4Fazit: Da das Linsentatar als Vorspeise für 4 Personen gedacht war, hatte ich nur die Hälfte zubereitet. Direkt nach dem ersten Bissen bereute ich diese Entscheidung zutiefst, so wahnsinnig gut schmeckte es mir. Eine absolut gelunge Geschmackskomposition, die mich die Hürden auf dem Weg zum Ziel völlig vergessen ließ. Auch Herr H. war schwer angetan und seufzte tief, als die letzte Gabel des „Tatars“ mit cremigem Eigelb vermischt in seinem Mund verschwunden war. Ich würde beim nächsten Mal gleich eine dreifache Portion bereiten und die Rest einfrieren, so dass ich jederzeit auf diese Delikatesse zurückgreifen könnte.

Aus: Linsen – Das Kochbuch Achim Schwekendiek, Barbara Lutterbek

Tomaten-Sehnsucht

tomatensehnsucht 8Ich weiß nicht, ob nur ich das so empfinde, aber Obst und Gemüse schmecken in diesem Jahr einfach überwältigend gut. Ich kann mich nicht erinnern, je so aromatische Erdbeeren gegessen zu haben. Und auch die Tomaten sind superb. Vor einigen Jahren kostet ich einmal von den gelben Tomaten. Sie waren so mehlig, dass ich sie um ein Haar wieder ausgepuckt hätte. Vom faden Geschmack ganz zu schweigen. Entsprechend gering war meine Begeisterung, als Herr H. vorschlug, einen tomatensehnsüchtigen Teller zusammenzustellen. Als er jedoch einen Beutel bunt gemischter Tomätchen anschleppte, die zudem noch extrem fruchtig und köstlich schmeckten, konnte ich mich nicht länger verweigern.

Für das Tomatensorbet (am besten am Vortag bereiten):

  • 250 g Tomaten
  • 60 g Zucker (ich: 40 g Zucker, 15 g Glukosesirup)
  • 1 TL Zitronensaft
  • Meersalz

tomatensorbet serieIch kochte die Hälfte der Tomaten zu Mus. Das ergab ca. 25 g intensives Tomatenaroma. Nach dem Abkühlen pürierte ich es mit den übrigen Zutaten, schmeckte mit Salz ab und strich die Masse durch ein Sieb. In der Eismaschine gefriert das Sorbet in ca. 20 Minuten. Da ich keine besitze, gab ich die Masse in ein vorgefrorenes Metallschälchen und stellte es in den Gefrierschrank. Alle zwei Stunden (drei Mal insgesamt) schlug ich das Sorbet kurz mit dem Schneebesen durch. Am nächsten Abend wirkte die Oberfläche des Sorbets zwar recht fest. Aber mit dem Kugelausstecher ließen es sich mühelos entnehmen.

Für die Tomaten mit Dattelvinaigrette:

  • 300 g Tomaten in verschiedenen Farben und Größen
  • Fleur de Sel, Pfeffer aus der Mühle
  • 40 g Dattelessig oder weißer Balsamico
  • 75 g natives Sonnenblumenöl
  • 2 getrocknete Datteln, in feine Streifen geschnitten
  • Meersalz, Pfeffer aus der Mühle

vinaigrette serieHerr H. schnitte die Tomaten je nach Größe in Hälften oder Viertel und entfernte dabei den Stilansatz. Ich verrührte den Essig mit Salz und Pfeffer, ließ beim Rühren das Öl einlaufen und hob zuletzt die Dattelstreifen unter. Herr H. drapierte die Tomaten, das Sorbet und beträufelte sie mit dem Dressing.

Für das Drumherum:

  • Tannenspitzenpesto* (ich: weg gelassen, als die Tannensitzen noch jung genug waren, wusste ich noch nichts von diesem Rezept)
  • 40 g Walnusskäse (ich: alter Friese)
  • 2 Parmesanhippen (ca. 20 g pro Hippe auf Backpapier bei 160°C ca. 8 Minuten gebacken)
  • 10 g Pinienkerne, geröstet
  • Basilikumspitzen nach Belieben

Ich legte die restlichen Zutaten auf die Teller und Herr H. beeilte sich mit dem Fotografieren. Das Sorbet schmolz eisern vor sich hin.

tomatensehnsucht 1Fazit: Eine äußerst gelungene Vorspeise, die Herr H. gleich unter der Rubrik „für Gäste“ abspeicherte. Beim Anrichten dachte ich, dass mir so akurate Teller doch ein wenig zu Chi chi seien. Als ich dann aber kostete, musste ich den Gedanken verwerfen. Es hat durchaus etwas, sich selbst zu Hause einen „Restaurantteller“ zu servieren. Das Tomatensorbet schmeckte überraschend fruchtig, zart schmelzend und köstlich. Ich könnte mir dazu durchaus auch eine Vanillesauce und frische Erdbeeren vorstellen. Ein kleiner Rest ist zum Glück noch da.

*Tannenspitzenpesto:

  • 100 g Brennnesseln, 3 Minuten blanchiert, kalt abgeschreckt
  • 150 g Haselnüsse, 15 Minuten bei 160°C im Ofen geröstet, Schalen abgerieben
  • 100 g Knoblauchzehen (wahrscheinlich nur, wenn er ganz frisch ist, sonst weniger)
  • 100 g Tannenspitzen
  • 3 EL Zucker
  • 2 TL Meersalz, Pfeffer aus der Mühle
  • 300 g Olivenöl

Alle Zutaten bis auf das Öl werden mit dem Pürierstab griesartig zerkleinert. Dann wird das Öl untergerührt und das Pesto in Gläser abgefüllt. Es hält sich im Kühlschrank mehrere Wochen. Sterilisiert man die Gläser etwa 20 Minuten bei 90°C, halten sie mehrere Monate. Wird nächstes Jahr probiert!

Aus: Dumaines wilde Gemüseküche Jean-Marie Dumaine, Nikolai Wojtko