Blaue Zipfel, Zwiebeltürmchen oder Krokussspitzen?

lakritz tartelette 4Kürzlich stolperte ich in der Bücherhalle über das Lakritz-Kochbuch, aus dem die köstliche Torte, die MaLu kürzlich vorgestellt hatte, stammte. Hochzufrieden packte ich es ein und ein erstes Blättern zu Hause rief helle Begeisterung bei Herrn H. hervor, ist er doch als Nord-Norddeutscher ein großer Fan der süßen Wurzel. Die Zeiten, in denen wir gefühlte Tonnen an Lakritze aller Art verdrückten, sind zwar eindeutig vorbei, aber hin und wieder schätze ich gerade die scharfe, salzige Laktitze aus Dänemark sehr. Lakritz-Granulat und -pulver gibt es zum Glück in einem kleinen Laden nicht weit von uns entfernt, die Vorteile des Großstadtlebens, immer wieder schön, an sie erinnert zu werden. Nicht Ortsansässige können das Nötige jedoch problemlos bestellen. Als erstes entschieden wie uns für das Lakritztörtchen mit Blaubeerbaiser.

Für den Mürbeteig (2 Tarteringe à 10cm, es bleiben Reste):

  • 45 g weiche Butter
  • 1 Pr. Salz
  • 35 g Puderzucker
  • 12,5 g Mandelmehl
  • ca. 13 g Vollei
  • 90 g Weizenmehl 405er

mürbeteig serieIm Buch ist ein anderes Mürbeteig-Rezept angegeben, aber da ich mit diesem sehr gute Erfahrungen gemacht habe, bleibe ich dabei. Ich rührte Butter, Zucker, Salz und Mandelmehl schaumig, arbeitete nach und nach das Ei ein und siebte schließlich das Mehl darüber. Ich verknetete alles rasch zu einem glatten Teig und stellte ihn für 2 Stunden kalt. Dann rollte ich ihn portionsweise zwischen Folie ca. 3-4mm dünn aus. Ich entfernte die Folie auf einer Seite, legte den Teigkreis mit Folie über den gebutterten Tartering und passte ihn ein. Das geht mit der Folie bedeutend einfacher als ohne, da sich der Teig zum einen deutlich weniger erwärmt und zum anderen viel präziser einpassen lässt. Ich entfernte die Folie, schnitt die überstehenden Ränder mit einem scharfen Messer ab und stippte den Boden mit der Gabel. Nun durften die fertig geformten Tarteletts für eine halbe Stunde ins Eis. Den restlichen Mürbeteig kann man einige Tage im Kühlschrank aufbewahren oder ebenfalls einfrieren. Nach der Gefrierzeit buk ich die Tarteletts ca. 20 Minuten bei 170°C bis sie appetitlich goldbraun aussahen.

Für die Lakritzkaramellfüllung:

  • 43 g Zucker
  • 83 g Sahne
  • 2,5 g Lakritzgranulat
  • 23 g Butter
  • 1 g Fleur de Sel
  • 45 g Kuvertüre 50%ig, fein gehackt

lakritzkaramell serieAuch hier schlägt das Buch eine andere Vorgehensweise und Rezeptur vor, die ich ausprobiert und verworfen habe. Ich ließ den Zucker trocken karamellisieren, kochte Sahne und Lakritzgranulat auf und gab sie unter Rühren ins Karamell. Dann rührte ich die Butter und das Fleur de Sel ein und ließ alles noch kurz köcheln. Als es sich zu einer homogenen Masse verbunden hatte, zog ich den Topf vom Herd und rührte die gehackte Kuvertüre ein. Nachdem das Karamell etwas abgekühlt war, füllte ich es in die Tarteletts und stellte sie kalt.

Für das Blaubeerbaiser:

  • 27 g Eiweiß
  • 50 g Zucker
  • 18 g Wasser
  • 20 g Blaubeerpüree (ich: Brombeerpüree)

blaubeerbaiser serie 4Ich gab Zucker, Wasser und Brombeerpüree (Blaubeerpüree war aus) in einen Topf und kochte alles bis 110°C. Herr H. schlug in der Zwischenzeit das Eiweiß mit einer Prise Salz auf langsamer Geschwindigkeit an. Ich goss dann den Sirup in einem dünnen Strahl zum Eiweiß, während Herr H. weiter schlug, bis das Baiser fest, glänzend und auf ca. 30°C abgekühlt war. Ich gab es in den Spritzbeutel mit 13er Lochtülle und setzte ein paar Probetupfen auf einen Teller, da ich mir nicht sicher war, wie ich gleichmäßige Zipel hinbekäme. Nach dem 10. Zipfel hatte ich den Bogen einigermaßen raus und begann von der Mitte her Tupfen auf das erstarrte Karamell zu setzten. Dabei stellte ich fest, dass es verdammt schwierig ist, die Zipfel exakt gleich groß hinzubekommen. Ich stäubte noch etwas Granulat über das Baiser. Auf die Ausgarnierung mit frischen Beeren musste ich leider verzichten, da es gerade keine gibt.

lakritz tartelette 1Fazit: Nach dem „Shooting“ halbierte ich eins der Tarteletts und wir nahmen gespannt den ersten Bissen. Herrn H.s Mienenspiel beim Kosten war fast genauso köstlich zu beobachten, wie das Törtchen schmeckte. Es wechselte von Skepsis über leichtes Wohlwollen bis hin zu einem Ausdruck höchster Glückseligkeit. Breit grinsend merkte er an, dass wir schon lange keine solch aparte und spannende Aromen- und Texturkombination mehr hatten. Super knusprig-mürber Teig, sahnig, schokoladig, leicht lakritziges Karamell und weiches, cremig-fruchtiges Baiser. Einfach himmlisch! Darüber, woran uns die Form der Zipfel erinnert, sind wir uns allerdings bis jetzt nicht einig geworden.

Aus: Lakritz – süße & Herzhafte Rezepte mit dem schwarzen Gold Elisabeth Johannsson, Helén Pe

 

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Love at first bite

tarte 2 Es gibt erstaunlicherweise immer wieder Dinge, die mich überraschen, kalt von hinten erwischen und von den Socken hauen. Ich hatte zwar gedacht, dass irgendwann einmal peu à peu Ruhe einkehren würde, weil ich schon da und dort und sonstwo gewesen bin und allerhand ausprobiert, Seltsames und Deliziöses verkostet habe und, ach, Leben eben. Ich schlurfte also nichts ahnend durch hochnebeligen Frost zum Supermarkt . Es waren so unverzichtbare Dinge wie Tomatenmark, Speisestärke und Kniftenkäse aus gewesen. Im ersten Supermarkt gab es fast alles, was auf meinem Zettel stand. Jawohl, Herr H., ich habe tatsächlich einen geschrieben, um nicht wieder die Hälfte zu vergessen. Sachen gibt’s. Aber dort gab es kein zweifach konzentriertes Tomatenmark. Wozu sollte man das auch brauchen. Ist es wirklich so wichtig, ob es zwei-, drei- oder sonstwiefach konzentriert ist? Ich weiß es nicht, mir schmeckt das weniger konzentrierte halt besser. Supermarkt No. 2. Tomatenmark eingepackt und während ich noch so herumschaue, jäger- und sammlermäßig, da sehe ich sie plötzlich. „Bio-Kumquats“. Klein, quietsch-orange, verführerisch duftend. Ich habe noch nie eine probiert. Meine Hand, die kurz zögerte, griff kurzentschlossen zu. Und so kam es.

Für den Schokoladenmürbeteig (pâte sucree), 1 Tartering à 16cm, 2 à 10cm:

  • 62,5 g weiche Butter
  • 50 g Puderzucker
  • 25 g Ei (ca. 1/2)
  • 106 g Mehl
  • 18,5 g Kakaopulver
  • (1 Tropfen Vanilleessenz), 1 Pr. Salz

Schokomürbeteig serieDer erste Versuch nach Felder ging leider komplett in die Hose. Ich hatte den Teig nicht dünn genug ausgerollt und seine Ränder zogen sich beim Backen nach unten. Mit Curleys Rezept funktionierte es tadellos. Ich verrührte Butter und Puderzucker zu einer hellen, schaumigen Masse, rührte in zwei Schritten das Ei ein, siebte Mehl, Salz und Kakaopulver darüber und knetete den Teig rasch zusammen. Nach zweistündigem Kühlschrankaufenthalt rollte ich ihn portionsweise 3mm dünn zwischen Folie aus und passte ihn in die gebutterten Tarteringe ein. Ich drückte den Rand sorgfältig an, stippte den Boden und fror die Formen für eine halbe Stunde ein. Dann buk ich sie bei 180°C ca. 16 Minuten. Dabei kann es passieren, dass der Boden sich leicht hochwölbt. Dann sticht man ihn einfach kurz ein und backt weiter. Seitdem ich die Methode des Teigeinfrierens für mich entdeckt habe, ist jegliches Blindgebacke überflüssig.

Schokoladenbiskuit ohne Mehl (1 Boden à 15cm, 2 à 9cm, es bleiben jedoch Reste):

  • 43 g Eigelb (ca. 2)
  • 30 g Zucker A
  • 66 g Eiweiß (ca. 2)
  • 30 g Zucker B
  • 20 g Kakaopulver

schokoladenbiskuitbiskuit ohne mehl serieDa wir jetzt über zwei Handrührgeräte verfügen, schlugen Herr H. und ich Eigelb und Eiweiß mit je 30 g Zucker parallel auf. Ich schlug das Eigelb weißschaumig, während er das Eiweiß zu weichem Schnee schlug. Hätte dann noch die Küchenmaschine gleichzeitig einen Brotteig geknetet, wäre die Geräuschkulisse perfekt gewesen. Ich hob dann die weißschaumige Eigelbmasse unter den Eischnee, siebte das Kakaopulver darüber und hob es ebenfalls unter. Dann strich ich die Masse relativ dünn auf das Backpapier und buk den Biskuit ca. 13 Minuten bei 190°C. Da die Menge recht großzügig bemessen ist, lohnt es nicht, Kreise auf das Papier zu zeichen. Man sticht sie nach dem Abkühlen einfach aus.

Für die kandierten Kumquats:

  • 6 – 8 Kumquats, in ca. 3mm dünne Scheiben geschnitten
  • 50 g Zucker
  • 100 g Wasser
  • 5 g Glukose

kumquats serieBeim Schneiden der Kumquats fallen natürlich Endstücke an, die nicht besonders dekorativ sind. Ich nahm eines und steckte es zögernd in den Mund. Wow, was für ein genialer Geschmack, irgendwo zwischen Zitrone, Orange und was weiß ich. Herr H. war ebenso begeistert und ich hatte Mühe, genügend Scheiben zum Kandieren vor ihm zu retten. Ich kochte etwas Wasser auf, blanchierte die Scheiben ca. 1 Minute darin und gab sie dann in ein Sieb. Nun kochte ich Zucker und Wasser, bis der Zucker sich vollständig gelöst hatte, legte die Scheiben hinein und ließ sie 20 Minuten auf kleiner Flamme köcheln. Danach gab ich die Glukose hinzu und ließ alles noch weitere 5 Minuten köcheln. Die fertig kandierten Scheiben ließ ich im Sieb abtropfen. Den Sirup hob ich für eine andere Verwendung auf.

Für die weiße Schokoladenmousse:

  • 150 g weiße Kuvertüre, fein gehackt
  • Saft und Schale 1/2 Limette (ich: ca. 12 g Yuzusaft und Limettenschale)
  • 80 g flüssige Sahne
  • 125 g locker aufgeschlagene Sahne

weisse schokomousse serieIch kochte die Sahne mit den Limettenschalen kurz auf und ließ sie abgedeckt 10 Minuten ziehen. In der Zwischenzeit schmolz ich die Kuvertüre im Wasserbad. Dann gab ich die noch warme Sahne durch ein Sieb portionsweise zur Kuvertüre und rührte sie jeweils vollständig ein. Ich gab den Yuzusaft dazu, rührte auch ihn ein und hob schließlich portionsweise die von Herrn H. geschlagene Sahne unter. Da die Mousse recht schnell anzieht, sollte sie sofort verwendet werden.

füllen serieIch bedeckte den Boden der Mürbeteig-Tarteletts mit einer Schicht Mousse, legte den Biskuit darauf, beträufelte ich mit etwas Sirup (vom Kandieren) und bedeckte ihm mit Mousse. Nach einer Stunde Kühlung war die Mousse perfekt. Ich drapierte die kandierten Kumquatscheiben darauf. Herr H. stand derweil daneben und beäugte meine Dekorationsversuche skeptisch. Da er jedoch auch keine bessere Idee hatte, blieb es dabei. Vielleicht wäre ein symetrisches Muster doch besser gewesen.

tarte 7 Fazit: Ich hatte außerdem nicht bedacht, dass sich die Kumquatscheiben weder rückstandslos abnehmen, noch mühelos durchschneiden lassen würden. Deshalb sieht das Anschnittbild ein wenig zerzaust aus. Das tut jedoch dem Genuss keinen Abbruch. Die Tarteletts begeistern Zitrus- und Schokoladenliebhaber gleichermaßen. Die Mousse hatte eine perfekte Konsistenz, weder zu fest, noch zu weich, der Mürbeiteig war knusprig und der mit Sirup getränkte Biskuit überraschend in so einer Tarte. Ich bin schon sehr gepannt auf das zweite, durchgezogene Stückchen, dass es heute zum Dessert geben wird. Und jetzt muss ich schnell neue Kumquats besorgen!

Idee für die Tarteletts „Mademoiselle“ aus: Chocolat Christophe Felder

Mürbeiteig und Biskuit aus: Patisserie William & Suzue Curley