Am Ball bleiben

erdnuss-tarte15

Als ich vor über 17 Jahren mit dem Laufen begann, war mir noch nicht bewusst, wie sich mein Leben dadurch verändern und bereichern würde. Meine Hauptmotivation war damals, dass meine Mutter damit begonnen hatte und schon nach wenigen Wochen stolz behauptete, es sei überhaupt kein Problem 45 Minuten am Stück locker zu laufen. Das wurmte mich dermaßen, dass ich Herrn H. während eines Schweden-Urlaubs drängte, es doch auch einmal mit dem Laufen zu versuchen. So schwer könne das doch nicht sein, schließlich seien wir erheblich jünger. Nun ja. Beim ersten Versuch schafften wir es gerade mal 8 Minuten am Stück in den Wald hinein. Kurze Gehpause und unter Qualen zurück. Und dennoch hatte es uns gepackt. Am Ende des Urlaubs verpassten wir sogar knapp die Fähre, weil wir unbedingt noch einmal laufen wollten. Inzwischen muss ich, wenn das Wetter nicht allzu arg (nass, kalt, heiß) ist, morgens nicht einmal mehr darüber nachdenken. Ich schlüpfe einfach in die jeweiligen Klamotten und los geht’s. Und so ist es irgenwie mit allem, was man regelmäßig tut. Uns war in letzter Zeit aus unerfindlichen Gründen die Lust am Backen abhanden gekommen. Brot und Brötchen fertige ich natürlich heinzelmännchenartig stets an. Aber Süßes? Es ist also Zeit, endlich wieder einmal den Rührbesen zu schwingen und was eignet sich dazu besser als eine köstliche Tarte?

Für den Mandel-Mürbeteig (2 Tartes à 16 cm):

  • 45 g kalte Butter, gewürfelt
  • 1 Pr. Salz
  • 35 g Puderzucker
  • 12,5 g Mandelmehl
  • ca. 13 g Vollei
  • 90 g Weizenmehl 405er
  • etwas weiße Kuvertüre zum Ausstreichen, geschmolzen

muerbeteig-serie

Ich gab Mehl, Mandeln, Puderzucker, Salz und Butter in eine Schüssel und vermengte alles, bis eine krümelige Mischung entstanden war. Kalte Hände sind hierbei von Vorteil. Dann gab ich das Ei hinzu, ballte den Teig zusammen und drückte ihn zwischen Folie platt. Nachdem er 2 Stunden kalt geruht hatte, rollte ich ihn 3 – 4 mm dünn zwischen Folie aus, passte ihn in die gebutterten Ringe ein, stippte die Böden mit der Gabel und fror sie für 30 Minuten. Anschließend buk ich sie ca. 20 Minuten bei 170°, bis sie appetitlich goldbraun waren. Die fertigen Tartes bestrich ich von innen mit weißer Kuvertüre und stellte sie bis zum Befüllen kalt. Von der Ganache stellten wir nur die halbe Menge für eine Tarte her, wer gleich beide füllen möchte, verdoppelt die unten angegebenen Zutaten einfach.

Für die Ganache mit weißer Kuvertüre und Erdnussbutter und das Finish (für eine 16 cm Tarte):

  • 150 g Crème double
  • 1 g Gelatine, in kaltem Wasser eingeweicht
  • 10 g Eigelb
  • 15 g Zucker
  • 13 g Orangensaft
  • 50 g weiße Kuvertüre, fein gehackt, im Wasserbad geschmolzen
  • 50 g feine Erdnussbutter, ggf. ebenfalls im Wasserbad verflüssigt
  • ca. 10 g dunkele Kuvertüre, feinst gerieben oder gehackt, zum Bestreuen
  • in der Saison eine Handvoll Himbeeren zum Dekorieren (ich: ca. 3 EL Holunderbeergelee)

erdnuss-tarte-serie

Als erstes schlug Herr H. 100 g der Crème double auf und stellte sie kalt. Die restliche Crème kochte er kurz auf, rührte die gut ausgedrückte Gelatine ein und gab sie zur geschmolzenen Kuvertüre. Er rührte, bis sich alles zu einer glänzenden Ganache verbunden hatte. Nun gab er die Erdnussbutter hinzu und rührte sie ein. Ich hatte derweil Eigelb, Zucker und Orangensaft über dem Wasserbad aufgeschlagen, bis die Sabayon eine Temperatur von 65°C erreicht hatte. Dann ließ ich sie unter Rühren noch etwas abkühlen, bevor ich sie unter die Ganache hob. Als letztes hob ich die aufgeschlagene Crème double unter und stellte die fertige Ganache noch für ca. 10 – 15 Minuten in den Kühlschrank, damit sie etwas anziehen konnte. Als es soweit war, gab ich sie in einen Spritzbeutel mit 12er (besser 15er) Lochtülle und setzte dicke Tupfen auf den vorbereiteten Tarte-Boden. Herr H. stäubte etwas geriebene Kuvertüre darüber und setzte mit einem weiteren, mit Gelee gefülltem Spritzbeutel (4er Tülle) kleine Tropfen zwischen die Tupfen. Wenn es frische Himbeeren gibt, ist die Zubereitung noch einfacher. Dann setzt man einfach einige Himbeeren zwischen die Tupfen. Zu TK-Ware würde ich nicht raten, da die Früchte nach dem Einfrieren zu stark wässern.erdnuss-tarte18Fazit: Nachdem ich zum ersten Mal sämtliche Bilderherstellung und – bearbeitung in eigener Regie bewerkstelligt hatte, setzte ich mich mit einer Tasse Kaffee und dem Fotostück in die Küche und kostete den ersten Bissen. Der Mürbeteig ist dank des Bestreichens auch nach nächtlicher Lagerung noch herrlich knusprig, die Ganache sehr cremig und erst nach einem Moment wird die Erdnussnote wahrnehmbar. Das wahre Highlight war für mich jedoch das herbe Holunderbeergelee dazu. Ich weiß nicht, ob mir die Tarte nur mit Himbeeren genauso gut schmecken würde. Das gilt es später im Jahr zu überprüfen. Es wird hier auf jeden Fall in nächster Zeit wieder mehr Gebäck zu sehen sein. Heute trudelte das brandneue, noch nicht einmal übersetzte Backbuch ein. Ich bin sehr gespannt, wie es sich machen wird.

Frei nach: Bake off – Crème de la Crème – A Masterclass in Patisserie for the home cook Martin Chiffers & Emma Marsden

erdnuss-tarte17

 

Werbung

Besser als berauschend

Mohntörtchen 2

Mohn gilt als eine der ältesten Kulturpflanzen des Menschen und ich bezweifle, dass es ihnen bei der Kultivierung einst in erster Linie um den delikaten Geschmack der Samen ging. Für mich jedoch wird die rauschhafte Erfahrung der Pflanze wohl für immer im Verborgenen bleiben. Zu groß ist der Respekt vor dem gefährlichen „Gift“, zu groß die Abneigung gegen das Gefühl des Ausgeliefertseins. Befindet sich der gereifte Samen hingegen auf Brötchen oder in Gebäcken jeglicher Art bin ich geradezu berauscht vom unvergleichlichen Geschmack. Viel zu selten kommt er in unserer Küche zum Einsatz, da seine Lagerung gelinde gesagt problematisch ist. Kaum ist er in Berührung mit Sauerstoff gekommen, schon setzt die Oxidaton ein und er wird ranzig. Auch die vielfach gepriesene Lagerung im Froster verzögert den Prozess nur unwesentlich. Deshalb musste ein Rest so schnell wie möglich verarbeitet werden.

Für den Mohn-Mürbeteig (4 Tartes à 8 cm):

  • 45 g kalte Butter, gestückelt
  • 35 g Puderzucker
  • 12 g Mohnsaat
  • 1 Pr. Salz
  • 90 g Weizenmehl 405er
  • 12 g Ei

Mürbeteig Serie

Nach dem Abwiegen der Zutaten vermengte ich Butter, Puderzucker und Mohn mit dem Löffel in einer Schüssel zu eine homogenen Creme. Dann gab ich 1 Prise Salz und das Mehl hinzu und zerrieb alles mit kalter Hand zu einer sandigen Masse. Wer saubere Hände behalten möchte, kann stattdessen den Zerkleinerer bemühen. Ich gab das Ei zur Masse und fügte alles schnell zu einem Teig zusammen, den ich dünn ausgerollt zwischen Folie für 2 Stunden in den Kühlschrank legte. Nach der Pause rollte ich die Teigplatte ca 3 mm dünn aus, stach Kreise mit 10 cm Durchmesser aus und passte sie in die gebutterten Ringe. Ich stippte die Böden und fror die Ringe für 30 Minuten ein. Das erspart das lästige Blindbacken. Anschließend buk ich sie ca. 20 Minuten bei 170°C. Sollten sich wider Erwarten kleine Wölbungen in den Böden bilden, kann man sie beim Backen kurz mit dem spitzen Messer anpieksen.

Für die Mohn-Frangipane:

  • 25 g Puderzucker
  • je 12, 5 g Mohnsaat (gemörsert) und Mandelmehl
  • 25 g Butter
  • 25 g Ei
  • 1 TL Orangenlikör

frangipane Serie

Ich verrührte Puderzucker Mandelmehl, Mohn und Butter, gab das Ei hinzu und rührte weiter, bis eine gleichmäßige Masse entstanden war. Diese strich ich zu gleichen Teilen in die 4 vorgebackenen Tarteschalen und buk sie erneut ca. 20 Minuten bei 170°C. Nach dem Abkühlen bewahrte ich sie luftdicht verpackt bei Raumtemperatur auf.

Für die weiße Schokoladen-Mousse (6 Halbkugeln à 7 cm):

  • 1, 7 g Gelatine (1 Blatt), in kaltem Wasser eingeweicht
  • 50 g Crème pâtissière
  • 65 g weiße Kuvertüre, fein gehackt
  • 160 g Sahne, locker aufgeschlagen

weiße Schokoladen Mousse SerieIch schmolz die Gelatine im Wasserbad und rührte etwa ein Drittel der Crème pâtissière mit dem Schneebesen ein. Dann gab ich die restliche Crème  hinzu und rührte sie unter. Ich beließ die Schüssel im Wasserbad, schmolz die gehackte Kuvertüre in einer zweiten Schüssel und rührte sie unter die Crème. Herr H. hatte in der in der Zwischenzeit die Sahne locker aufgeschlagen, rührte 2 EL davon unter die Crème und hob den Rest behutsam unter. Ausversehen landete ein Löffelchen der Mousse in meinem Mund und ich musste laut seufzen – diese leichte weiße Schokoladen-Mousse ist mein absoluter Liebling. Ich füllte die Mousse in die 6 Mulden der Silikonform, ließ ca. 1 cm zum Rand dabei frei und fror alles für mindestens 4 Stunden ein. Dann erhitzte ich frisch gekochtes Blutorangengelee (ca. 100 g), verteilte es auf den gefrorenen Kuppeln und stellte sie erneut in den Tiefkühler. Nachdem auch das Gelee erstarrt war (ca. 1 Stunde später), bereitete ich einen exotischen Guss (dreifache Menge), ließ ihn auf 40°C abkühlen und überzog vier der Halbkugeln damit. Die glasierten Halbkugeln setzte ich auf die vorbereiteten Tartelettes. Herr H. ließ für Dekorationszwecke noch einige Mohnsamen auf die glasierten Kuppeln fallen.

Leider befand sich nach dem Geleekochen keine einzige Blutorange mehr in unserem Besitz. Ansonsten hätte ich sie filetiert, in den Guss getaucht und um den Rand gelegt. Der einzige Ersatz, der sich fand, waren einige in die Jahre gekommene Kumquats. Ich schnitt sie in dünne Scheibchen, entkernte sie dabei, tauchte sie in den Guss und legte sie rundherum. Nicht optimal, aber besser als nichts.

Mohntörtchen 5

Fazit: Während des Herstellungsprozesses war ich recht skeptisch gewesen, ob diese selbst entworfenen Tartes sich wohl geschmacklich würden behaupten können. Beherzt biss ich ein erstes Stückchen ab und hielt sogleich überrascht inne. Eine so harmonische Aromenkombination hatte ich im Leben nicht erwartet. Die Rechnung war aufgegangen. Das alte Dreamteam Mohn und Orange hatten sich erneut zu Höherem aufgeschwungen. Allein die leichte Bitternote der Kumquatschale verursachte leichte Turbulenzen. Mit Orangenfilets hingegen wird der Höhenflug nicht erschütterbar sein, soviel ist sicher!

Inspiriert von einer unlängst genossenen Mohn-Tarte von Du Bonheur

Kaffee-Träumereien

tarte au cafe 12Es scheint, als hätten wir uns am Thema „Tarte“ festgebissen. Es ist noch nicht einmal zwei Jahre her, da erstarrte ich vor Angst, wenn es darum ging einen Mürbeteig zuzubereiten. Irgendwie unvorstellbar in der Retrospektive. Irgendwie aber auch nicht. Es hat schon einige Versuche gebraucht, bis ich so langsam dahinter kam, wie man den empfindlichen Teig behandeln sollte, um möglichst gute Ergebnisse zu erzielen. Und natürlich vereinfacht ein simpler Tartering das Ganze ungemein. Mit der Tarte au Café hatten wir uns vor einem guten Jahr schon einmal beschäftigt – mit eher unbefriedigendem Ergebnis. Das konnte natürlich nicht so stehen bleiben. Denn für Kaffee-Liebhaber ist diese Tarte ein absoluter Hochgenuss.

Für den Mürbeteig (1 16er Tarteboden, 2,5cm hoher Rand) :

  • 50 g Butter
  • 10 g gemahlene Mandeln
  • 32 g Puderzucker
  • 1 Tropfen Vanilleessenz
  • 20 g Ei
  • 1 Pr. Fleur de Sel
  • 84 g Mehl

mürbeteig serieIch bereite inzwischen meist die doppelte Teigmenge zu. Der Teig hält sich im Kühlschrank ca. eine Woche oder zwei Monate im TK und es ist durchaus praktisch, jederzeit auf fertigen Teig zurückgreifen zu können.

Ich rührte als erstes die weiche Butter mit dem Puderzucker und dem Mandelmehl schaumig, gab nach und nach das Ei hinzu und arbeitete es vollständig ein. Dann siebte ich das Mehl darüber, fügte Salz und Vanille hinzu und knetete alles rasch zu einem homogenen Teig. Nach 2 Stunden Kühlzeit rollte ich ihn zwischen Folie 4mm dünn aus – das ist leider immer noch etwas, dass mir nicht 100%ig gelingt, selten ist der ausgerollte Teig überall gleich dünn – und passte ihn mithilfe der Folie in den gebutterten Ring ein. Den Boden stippte ich mit der Gabel. Nach einer halben Stunde im Eis, buk ich ihn ca. 20 Minuten bei 170°C. Es kann nach 10 Minuten Backzeit vorkommen, dass der Boden sich leicht wölbt. Ein Stich mit einem spitzen Messer hilft in der Regel.

Für den Löffelbiskuit (14cm):

  • 9 g Weizenmehl 405er
  • 9 g Kartoffelstärke
  • 28 g Eiweiß
  • 16 g feiner Zucker
  • 14 g Eigelb
  • 1 g Invertzucker

löffelbiskuit serieIch schlug Eiweiß und Zucker zu festem Schnee. Dann gab ich Eigelb und Invertzucker hinzu und rührte beides kurz unter. Herr H. siebte Mehl und Stärke darüber und hob es unter. Dabei bewegte er den Löffel immer wieder von unten nach oben. Ich spritzte den Teig mit 10er (besser 7er) Lochtülle auf Backpapier und buk ihn 10 Minuten bei 230°C. Er wurde dabei etwas zu dunkel. 8 Minuten wären wohl besser gewesen. Nach dem Erkalten schnitt ich die Ränder ab, so dass ein Kreis mit 14cm Durchmesser entstand.

Für die Scheibe aus Kaffeesahne (14er Tortenring):

  • 1 g Gelatine (ich: 1,7 g = 1 Blatt), in kaltem Wasser eingeweicht
  • 125 g Sahne
  • 10 g Kaffeepulver, grob gemahlen
  • 43 g Zucker

kaffee sahne scheibe serieIch kochte die Sahne mit dem Kaffeepulver auf, gab sie durch das feinste Sieb in eine Schale und rührte Zucker und Gelatine ein. Nach einer Nacht im Kühlschrank schlug ich sie auf und füllte sie in den 14er Tortenring, dessen Boden ich mit Folie bespannt hatte. Anschließend fror ich die Scheibe für mindestens zwei Stunden ein.

Für die Kaffeeganache:

  • 88 g weiße Kuvertüre, fein gehackt
  • 64 g Sahne
  • 6 g Kaffeepulver, grob gemahlen (ich: 1 TL löslicher Kaffee)

kaffeeganache serieDa ich beim Herstellen der Kaffeesahnescheibe festgestellt hatte, dass mein Sieb nicht fein genug war, verwendete ich für die Ganache lösliches Kaffeepulver. Ich kochte Sahne und Kaffeepulver auf, goss sie über die gehackte Kuvertüre und ließ sie einige Minuten stehen, bevor ich alles zu einer Ganache rührte. Nun konnten wir mit dem Füllen beginnen.

füllen serieIch verteilte ca. die Hälfe der Ganache in der Tarteschale, legte den Löffelbiskuit mit der Oberseite nach unten ein und tränkte ihn mit Kaffeelikör (man kann auch mit starkem Kaffee tränken). Darauf gab ich die restliche Ganache und stellte die Tarte für eine Stunde kalt. Dann nahm ich die Kaffeesahnescheibe aus dem Ring, legte sie auf der Palette über ein Gitter, unter dem ein Teller stand, und übergoss sie zügig mit der der Glasur. Dabei muss rasch vorgegangen werden, da die Scheibe sehr schnell weich und biegsam wird. Ich legte die Scheibe vorsichtig auf die Tarte (leider nicht ganz mittig) und stellte sie erneut kalt.

Für die Kaffeeglasur:

  • 100 g Wasser
  • 2 g Pektin NH
  • 10 g Zucker
  • 5 g Glukosesirup
  • 38 g Sahne
  • 60 g weiße Kuvertüre, fein gehackt
  • ca. 2 g Kaffeeextrakt

kaffeeglasur serieIch vermengte Zucker und Pektin, erhitzte das Wasser, rührte bei 60°C das Pektin-Zucker-Gemisch mit dem Schneebesen ein und ließ alles 2 Minuten unter Rühren köcheln. Herr H. kochte derweil Sahne und Kaffeeextrakt auf und gab sie über die gehackte Kuvertüre. Nach kurzem Ruhen rührte er sie glatt. Ich gab das Wasser-Pektin-Gemisch hinzu und rührte es vorsichtig ein, damit nicht allzu viele Luftblasen entstanden. Die Glasur sollte bei einer Temperatur von 28° – 30°C verwendet werden. Es ist die beste, mit der ich je gearbeitet habe. Sie war auch bei 28°C noch recht flüssig, verteilte sich also gleichmäßig und zog gleichzeitig auf der gefrorenen Oberfläche zügig an.

tarte au cafe 1Fazit: Bis auf einige Kleinigkeiten bin ich mit dem Ergebnis zufrieden. Der Mürbeteigboden war leider etwas zu dick geraten und die (biegsame) Kaffeesahnescheibe nicht ganz mittig plaziert gewesen. Der Geschmack war ungeachtet dessen wundervoll. Kühl, sahnig, knusprig und natürlich voller Kaffeearomen. Herr H. gestattete nur zögerlich, dass ich der Schwester einige Stückchen mitbrachte. Worüber sie höchst erfreut war.

Aus (bis auf die Glasur): PH10 Pierre Hermé

 

Auf der Jagd nach Neuem-Altem

kirschtarte 14Der Mensch giert nach Neuem. Das war schon immer so und auch, dass alles schon einmal da war. In einem anderen Gewand, aber im Prinzip gleich. Wir scheinen auf der Stelle zu treten. Ich könnte an dieser Stelle über die Absonderlichkeit der fortwährenden Kriege philosophieren, aber das überlasse ich lieber den Historikern oder den Politikern. Dies hier ist schließlich ein sogenanntes Foodblog. Also mache ich mich, wie alle anderen, auf die tägliche Jagd nach Neuen-Alten und werde doch tatsächlich bei der Lektüre eines Rezepts kalt von hinten erwischt. So geschehen am Montag. Und das an einem Ort, an dem ich überhaupt damit nicht gerechnet hätte. Sellerie-Kirsch-Tarte mit Spinat. Wie jetzt? Der olle Knollensellerie soll eine lustvolle Liäson mit süffigen Sauerkirschen und sperrigem Spinat eingehen? Nee. Das geht doch nicht. Oder?

Für den Würzmürbeteig (20er Tarteform):

  • 153 g Weizenmehl 405er
  • 3 g Salz
  • 73 g Butter
  • 20 g schwarze (oder helle) Sesamsaat, geröstet
  • 3 g Koriandersamen, geröstet
  • 3 g Schwarzkümmelsamen, geröstet
  • ca. 30 g Milch

mürbeteig serieDer Teig im Originalrezept war mir zu fad. Zum Glück erinnerte ich mich an den phänomenellen Mürbeteig von einst und modelte ihn kurzerhand den Bedürfnissen entsprechend um. Ich röstete Sesam, Koriander und Schwarzkümmel ohne Fett, bis sie zu duften begannen und gab sie nach kurzem Abkühlen in den Zerkleinerer, der ohne zu murren feines Pulver aus der winzigen Menge machte. Das gab ich gemeinsam mit Butter, Mehl und Salz in eine Schüssel, verknetete es kurz von Hand zu Bröseln und goß die Milch an. Nach minimalem Kneten ergab sich ein wunderbar glatter Teig, den ich zwischen Folie auf 24cm ausrollte (ca. 4mm dünn). Ich legte den Teig über die gebutterte Form, passte ihn ein und schnitt den überstehenden Rand mit dem Messer glatt ab. Aus den Resten kann man Cracker backen. Dann stach ich den Boden mit der Gabel ein und fror die Form für eine knappe Stunde ein. Anschließend buk ich den Boden 15 Minuten bei 190°C vor und ließ ihn abkühlen.

Für den Belag:

  • 200 g Knollensellerie in Würfeln (geschält gewogen), 2 Minuten blanchiert, eiskalt abgeschreckt
  • 100 g TK-Spinat, aufgetaut, ausgedrückt
  • 125 g TK-Sauerkirschen, aufgetaut, abgetropft
  • 1, 5 EL Honig
  • 1 EL Acetato Balsamico

kirschen serie 2Während Herr H. zum zweiten Mal Knollenselleriewürfel blanchierte, warum, das ist eine andere Geschichte, kochte ich den Honig auf, gab die Sauerkirschen hinein und ließ sie kurz karamellisieren. Dann löschte ich mit dem Essig ab, ließ sie abkühlen und siebte die Flüssigkeit zur anderweitigen Verwendung ab. Herr H. drückte den Spinat sanft aus und stellte die Zutaten für den Guss, liebevoll „Peeke“ genannt, bereit.

Für die „Peeke“/ den Guss:

  • 75 g Ziegenfrischkäse
  • 75 g Milch
  • 1 Ei
  • 1 Pr. Salz, schwarzer Pfeffer
  • 1 TL Honig
  • 2 Zweige Bergbohnenkaut, gerebelt

peeke serieEr gab alle Zutaten in den schmalen Messbecher und pürierte sie zu einer feinen Creme. Ich nahm die Tarteform, legte Selleriewürfel, Spinat und Kirschen gleichmäßig verteilt ein und goß den Guss darüber. „Peeke“ beinhaltete im Norddeutschen die Konnotation von einer schmierigern, klebrigen Substanz. Manche behaupten, ein gewisser Schmutzaspekt sei auch dabei. Das sehen wir nicht so. Für uns ist „Peeke“ eine zähflüssige Angelegenheit im Nahrungsmittelbereich, die dazu dient, nicht Bindendes zu verbinden. Peeke halt. Das Originalrezept sieht 2 Eigelb und 1 Ei auf gut 200 g Flüssigkeit vor. Da ich die Erfahrung gemacht habe, dass 1 Ei gut 150 g Flüssigkeit (wie Joghurt) bestens beim Backen bindet, reduzierte ich die Eimenge resolut. Was soll man auch immer mit dem ganzen übrigen Eiweiß?

füllen serieIch schob die Tarte in den knapp 200°C warmen Backofen und lehnte mich nach dem Aufräumen entspannt zurück. Was gibt es Schöneres als ein Ofengericht! Nach ca. 40 Minuten entnahm ich die Tarte. Zumindest roch sie viel versprechend. Herr H. lichtete sie wie üblich pflichtschuldig ab, dabei konnte sie auf Genusstemperatur abkühlen. Skeptisch gabelte ich die Spitze des Stückchens auf.

kirschtarte 6Fazit: Mein Jagdinstinkt hatte mich auf die richtige Spur geführt. So abstrus die Kombination von Sellerie, Kirschen und Spinat klingen mag, so köstlich schmeckte sie. Meine Mürbeteigmanipulation tat das übrige. Wir verputzen die ganze Tarte in weniger als einer halben Stunde und hatten darüber tatsächlich den Salat vergessen, den es noch dazu geben sollte. Das war nicht weiter schlimm.

Belag inspiriert von: Kochen für Freunde Johann Lafer

 

Genuss oder Sünde?

tarte 9 Kann Genuss überhaupt sündhaft sein? Ich weiß es nicht. Wahrscheinlich ist es wie bei allen Dingen eine Frage des Maßes. Mein Herz verlangt auf jeden Fall in dieser immer lichtärmer, immer kühler werdenden Zeit nach gaumenschmeichelnden Leckerbissen. Diese etwas elaborierteren Kekse oder meinetwegen auch Tartes oder Tartelettes sprangen mich auf der Suche nach einer schnellen Leckerei förmlich an. Zu verführerrisch das Foto im Buch*, auf dem flüssige Ganache in einem feinen Strahl auf Walnuss-Karamell trifft. Sogleich war es um mich geschehen. Wie immer galt es zuvor einiges an Rechenarbeit zu leisten. Ich werde niemals verstehen, warum die Mengenangaben und Verhältnisse in (fast) allen Backbüchern oft so bescheiden sind. Es scheint, als müsse ich selbst einmal etwas dagegen unternehmen. Aber zuerst machten Herr H. und ich uns wie gewohnt an’s Werk.

Für den Mandelmürbeteig (ein 16er Tartering und zwei 10er, im Buch war die vierfache Menge an Teig für einen 20er Ring vorgesehen):

  • 45 g kalte Butter, gewürfelt
  • 1 Pr. Salz
  • 35 g Puderzucker
  • 12,5 g Mandelmehl
  • ca. 13 g Vollei
  • 90 g Weizenmehl 405er

mürbeteig serieIm Buch ist eine andere Vorgehensweise zur Teigherstellung beschrieben. Ich verknetete alle Zutaten bis auf das Ei mit kalten Händen, gab das Ei hinzu, homogenisierte alles knetend und legte einen Teil des Teiges zwischen Frischhaltefolie. Dort rollte ich ihn portionsweise auf 3mm aus. Die Scheiben legte ich über die gebutterten Tarteringe, passte sie ein und schnitt den Rand ab. Nun stippte ich sie mit der Gabel und fror die fertig ausgekleideten Ringe ein. Nach einer halben Stunde sind sie theoretisch backbar. Ich buk sie am nächsten Morgen eine knappe halbe Stunde bei 170°C. Nach dem Abkühlen löste ich die Ringe.

Für das Walnuss-Karamell:

  • 60 g Kuvertüre 40%ig, gehackt
  • 50 g Walnüsse, grob gehackt (ich: teils Pekannüsse, mussten weg)
  • 110 g Sahne
  • 70 g Zucker
  • 30 g Butter
  • (ich: 1 gute Prise Fleur de Sel)

walnussfüllung serieIch kochte die Sahne in einem Topf mit Deckel auf und stellte sie beiseite. Füllt man später heiße Sahne in den Karamell, klumpt es nicht so arg. Dann gab ich 1/3 des Zuckers in einen Topf und ließ ihn goldbraun schmelzen. Nun rührte ich das zweite Drittel und schließlich das letzte Drittel unter. In das fertige Karamell rührte ich erst die Butter komplett ein und danach die Sahne. Vorsicht, das Karamell ist sehr heiß und steigt beim Zugeben von Butter und Sahne blasig nach oben. Ich zog nach kurzem Köcheln den Topf vom Herd und rührte nacheinander Kuvertüre, Walnüsse und Fleur de Sel ein. Das fertige Karamell verteilte ich auf die fertig gebackenen Tarteböden und stellte sie kühl.

Für die Kaffee-Ganache:

  • 80 g Kuvertüre 60%ig
  • 70 g Sahne
  • 10 g Honig (ich: Invertzucker)
  • 15 g lösliches Kaffeepulver (ich: 5 g, da als Zusatzmaß 1 EL angegeben war und 5 g einem EL entsprach)
  • 15 g Butter

ganache serieIch schmolz die Kuvertüre im Wasserbad. Herr H. kochte derweil Sahne, Invertzucker und Kaffeepulver kurz auf und gab 1/3 davon zur geschmolzenen Kuvertüre, während ich von der Mitte aus in größer werdenden Kreisen rührte. Nachdem die Sahne vollständig eingearbeitet war, gab er das zweite Drittel hinzu, mit dem ich gleichermaßen verfuhr und schließlich das letzte. Als die Ganache auf 40°C abgekühlt war, rührte ich die Butter ein und probierte. Köstlich. Die Intensität des Kaffeearomas war genau richtig, wie gut, dass ich die Menge reduziert hatte. Herr H. goß die Ganache in die Tartes auf den erstarrten Walnuss-Karamel und stellte sie für zwei Stunden kalt.

tarte 2Fazit: Nach dem Abendessen war es endlich soweit. Während Herr H. fotografierte, schnitt ich ein winziges Stückchen ab und ließ es leicht schuldbewußt in meinem Mund verschwinden. Es war so dermaßen unverschämt köstlich, dass ich gleich ein zweites Stückchen folgen ließ. Bei ersten Stückchen hatte ich mich nicht genug auf den Geschmack der einzelnen Komponenten konzentriert, rechtfertigte ich mich vor mir selbst. Der Mürbeteig war genau richtig, leicht mürbe, leicht knusprig. Die fudgeartige Walnusskaramellschicht schmolz förmlich auf der Zunge und im Abgang trat das Kaffeearoma in den Vordergrund. Da ich die Augen geschlossen hatte, bemerkte ich nicht, dass Herr H. zurück in die Küche gekommen war. Er sah mich streng an. Ob ich etwa schon ohne ihn probiert hätte. Ich hielt ihm wortlos ein Stückchen hin und sogleich entspannten sich seine Züge. Kaum dass es verschwunden war, hielt er wieder die Hand auf, er habe sich nicht richtig auf den Geschmack konzentrieren können. Dafür brauche er ein weiteres Stückchen. Ich muss gestehen, dass selbst mir, die ich für eisernste Disziplin bekannt bin, bei diesem Genuss die Zurückhaltung äußerst schwer fiel. Viel blieb von der Tarte nicht übrig.

tarte 13Aus: *Cooking with Chocolate – Essential Recipes and Techniques Frédéric Bau