Keep it simple!

Mal ganz davon abgesehen, dass der November mir in diesem Jahr deutlich schwerer zu schaffen machte als in den Vorjahren, gab es noch eine weitere Veränderung im Hause H.. An zwei Abenden pro Woche findet Herr H. nun bei seiner Heimkehr eine leere Wohnung vor. Kein Topf auf dem Herd, aus dem es appetitlich duftet, kein Fett in der Pfanne, das verheißungsvoll zischelt und auch kein warm leuchtender Backofen, der Köstliches verspricht. Zum Glück ist Herr H. niemand, der sich nicht zu helfen weiß. Plötzlich nimmt er mir auch an den übrigen Abenden ständig den Löffel aus der Hand, stellt Fragen nach Zutatenmengen und Zubereitungszeiten und jüngst kam ich müde und ausgepowert nach Hause und fand einen eifrig werkelnden Herrn H. vor. Neugierig beäugte ich die bereit gestellten Schüsselchen, wurde jedoch von ihm nur sanft beiseite geschoben und mit der Information abgespiesen, es könne gleich angerichtet werden. Sachen gibt’s.

Für die gebratene Hühnerleber mit Lauch:

  • ca. 350 g Hühnerlebern, geputzt
  • 3 EL helle Sojasauce
  • 2 TL hellbrauner Rohzucker
  • 1 EL Shaoxing-Reiswein
  • 1/2 TL frisch gemahlener schwarzer Pfeffer
  • 1 TL Maisstärke
  • 1 Stange Lauch, nur weißer und hellgrüner Teil, in Ringe geschnitten
  • (Herr H.: 4 kleine gelbe Paprika, entkernt, in Streifen geshnitten)
  • 1 kleine Knoblauchzehe, gehackt
  • 2 EL Erdnussöl
  • 100 g Hühnerfond (oder Wasser)
  • evtl. wenig Salz zum Abschmecken und frischer Koriander zum Servieren
  • Jasmin-Reis, gegart, nach Belieben

Herr H hatte Sojasauce, Zucker, Reiswein, Pfeffer und Stärke verrührt und die Lebern darin eingelegt. Während sie ca. 30 Minuten darin marinierten, hatte er Paprika, Lauch, Ingwer und Knoblauch in Erdnussöl bei kräftiger Hitze pfannengerührt. Als das Gemüse gar, aber noch knackig war, entnahm er es und stellte es in einer Schüssel beiseite. Nun hob er die Lebern aus der Marinade (aufheben!), briet sie ebenfalls in Erdnussöl scharf und wendete sie dabei einmal. Danach gab er Marinade und Fond hinzu und ließ alles ohne Deckel ca. 15 Minuten köcheln. Abschließend hob er das Gemüse unter und schmeckte mit wenig Salz ab. Ich hatte derweil tatsächlich einfach am Tisch sitzen und meine müden Beine hochlegen dürfen. Herz, was willst du mehr? Als das Essen fertig war, richtete er es mit dem Reis in Schalen an und verschwand wie üblich für einige Minuten. Ich konnte es kaum erwarten, dieses aparte Gericht zu kosten.

Fazit: Meine Geduld wurde wie üblich belohnt. Die Lebern waren herrlich cremig, die Marinade betonte ihre natürlich Süße und die Sojasauce hob den Geschmack, falls das überhaupt möglich war. Lauch und Paprika waren eine vorzügliche Wahl dazu und der Reis perfekt vom Reiskocher zubereitet. Herr H. merkte an, dass er Frau Lees Tipp gefolgt sei und den Reis nach dem Waschen nur mit der 1 1/4-fachen Wassermenge bedeckt habe. Der Reis war dadurch herrlich locker und kein bisschen matschig, wie er mir gelegentlich geriet. Rezensionen zu dem wunderbaren und empfehlenswerten Buch haben vor einiger Zeit übrigens Susi/ Prostmahlzeit hier und Dorothee/ Bushcook hier verfasst.

Aus: Chicken & Rice Shu Han Lee

 

Abgetaucht

Huhn ist heikel. Wer kennt das nicht? Da hat man weder Kosten noch Mühen gescheut, um sich ein besonders gutes Federvieh zu besorgen, hat während des Garprozesses ständig die Kerntemperatur überprüft, nur um letztlich beim Übergrillen alles zu vermasseln. Unangenehm zähes Beinfleisch, leidlich knusprige Haut und trockene, faserige Brust. Schon oft hatte ich davon gelesen, dass man durch das Nass-Pökeln Abhilfe schaffen könne. Allein die Trägheit hielt mich bislang davor ab, es einmal auszuprobieren. Wie gut, dass Herr H. wie üblich den Antrieb darstellte. Ein neues Huhn war ins Haus geflattert und dieses Mal, so betonte er vehement, werde es getaucht. Die nötige Anleitung hatte er bereits gefunden. Ich fügte mich und begann, die nötigen Dinge zusammen zu suchen.

Für die Lake:

  • 1000 g Wasser
  • 60 g Salz (nächstes Mal 50 g)
  • 20 g Zucker
  • einige Scheiben Ingwer
  • einige Scheiben Knoblauch
  • 2 Hühnerbeine

Man kann natürlich auch ein ganzes Huhn verwenden und die Menge der Lake einfach entsprechend anpassen. Wie beschränkten uns mangels Gäste auf zwei Beine. Ich gab Wasser, Salz, Zucker und Gewürze in einen Topf und kochte alles kurz unter Rühren auf, bis Salz und Zucker sich vollständig gelöst hatten. Dann ließ ich die Flüssigkeit abkühlen und gab sie über die Beine. Sie sollten vollständig von der Flüssigkeit bedeckt sein. Zur Not beschwert man sie. Meine blieben brav am Boden des Gefäßes. Nun durften sie mindestens 6 (höchsten 12) Stunden im Kühlschrank harren. Zwei Stunden vor der Zubereitung nahm ich sie aus der Lake, tupfte sie trocken und lagerte sie bei Zimmertemperatur. Herr H. heizte den Backofen auf 180°C vor. Ich legte die Beine in den geölten Bräter, legte den Deckel auf und schob ihn für 20 Minuten in den Backofen. Danach hatten die Beine bereits eine Kerntemperatur von 65°C. Mist. Ich nahm den Deckel ab und grillte sie bei 250°C ca. 10 Minuten. Natürlich waren sie danach bereits zu gar. Ich war sehr gespannt, ob das Nass-Pökeln eine Unterschied gemacht hatte. Wir hatten in der Zwischenzeit ein schlichtes Nudelgericht zubereitet.

Für die Schnellkoch-Nudeln:

  • Schnellkoch-Nudeln nach Belieben, gegart, abgeschreckt
  • 1 rote Paprika, gegrillt, gehäutet, in Streifen geschnitten
  • 1 Salatgurke (oder eine Handvoll kleiner Gurken), entkernt, in Steifen geschnitten
  • 1 Frühlingszwiebel, in Ringe geschnitten
  • Knoblauch und Ingwer nach Belieben, fein gewürfelt
  • 1 TL Chilipaste (Gochujang)
  • 1 EL Palmzucker oder brauner Zucker
  • 1 – 2 EL Reisessig
  • 3 EL Sojasauce
  • 4 EL Hühnerfond (evtl. 1/2 TL Pfeilwurzstärke darin gelöst)
  • Salz
  • Minze nach Belieben

Ich erhitzte etwas Erdnussöl in der Wokpfanne, briet Knoblauch, Ingwer und Frühlingszwiebeln unter Rühren darin an und gab die Chilipaste hinzu. Nach kurzem Rösten löschte ich mit Essig, Sojasauce und Brühe ab und gab den Zucker hinzu. Herr H. warf die gegarten, abgeschreckten Nudeln in die Pfanne und rührte einige Minuten fleißig, bis sie wieder erwärmt waren. Ich schmeckte noch einmal ab, hob Gurken- und Paprikastreifen unter und zog die Pfanne vom Herd. Herr H. richtete je ein Hühnerbein auf den Nudeln an, streute etwas Minze darüber (ein anderes Kraut war gerade nicht zur Hand gewesen) und beeilte sich dieses Mal ganz besonders beim Fotografieren. Es röche so dermaßen gut, dass keine Zeit zu verlieren sei.

Fazit: Nachdem ich etwas Haut geknuspert hatte, sie war dieses Mal tatsächlich richtig kross, wagte ich ein Stück Fleisch und war direkt völlig begeistert. Das Fleisch war trotz des Übergarens geradezu unverschämt zart und wunderbar würzig. Herr H. war ebenso angetan wie ich und viel zu schnell waren die Beine verschwunden. Die „asiatisch“ angehauchten Nudeln passten perfekt, die gegrillte Paprika – man hätte die Streifen natürlich auch pfannenrühren können – gab eine herrliche Süße und die Minze passte überraschend gut. Ein echtes Sonntagsessen und ich werde in Zukunft, so ich ganze Teile vom Huhn gare, diese stets zuvor nass pökeln. Zu dumm, dass ich so lange gebraucht habe, es auszuprobieren.

Darf man das?

vegatarische bolognese 2

Etwas Fleischloses mal wieder, dachte ich mir. Irgendwie hatte die elendige Kälte in den letzten Wochen meinen Fokus drastisch Richtung Fleisch verschoben. Da Herr H. noch abwesend war, hatte er an diesem Abend kein Mitspracherecht. Pech gehabt! Bereits nach kurzem Suchen wurde ich ausgerechnet in einem sehr, sehr fleischlastigen Buch fündig. Wer hätte das gedacht? Ich blieb am Titel des Rezepts hängen. „Bologneser Art“. War das nicht eine Art geschützter Begriff, der sich nur auf eine bestimmte Sauce mit streng festgelegten Zutaten erstreckte? Das Rezept beinhaltete zudem einige Seltsamkeiten. Genau das richtige, um meine Neugier zu wecken. Und ich beschloss resolut, alle Bedenken beiseite zu schieben und zu dürfen, was ich wolle. Basta! Der Abend war zum Glück noch jung. Beschwingt legte ich los.

Für die Roten Linsen vegetarisch Bologneser Art:

  • 3 kleine Zwiebeln, fein gewürfelt
  • 1 Scheibe Knollensellerie, fein gewürfet
  • 1 Möhre, fein gewürfelt
  • 1/2 rote Spitzpaprika, fein gewürfelt
  • Olivenöl zum Anbraten
  • 1 EL Tomatenmark
  • 250 g trockener Rotwein
  • 200 g rote Linsen
  • je 1 Zweig Thymian und Rosmarin, Blättchen gezupft, mit 1/2 TL Kümmel fein gehackt
  • 1 Knoblauchzehe, fein gehackt
  • 1/2 TL Cayenne
  • 1 Pr. Zimt
  • Salz, schwarzer Pfeffer
  • 20 g Sojasauce
  • 4 Tomaten, gehäutet, grob gehackt oder grobe Passata
  • 1/2 Bund Petersilie, fein gehackt (ich: weg gelassen, war nicht im Haus)
  • etwas Butter und Sahne
  • Taglierini all’uovo no.105 nach Belieben, gegart (ich: Cappelini no. 3)

bolo serie

Nachdem ich alle Zutaten bereit gestellt und fotografiert hatte, was eine ganze Weile dauerte, da Herr H. normalerweise diese Aufgabe übernimmt, schwitzte ich die Zwiebelwürfel in Olivenöl bei milder Hitze leicht glasig, gab Knoblauch, Sellerie, Möhre und Paprika hinzu und ließ alles eine Weile mitschmurgeln. Dann gab ich Tomatenmark und fein gehackte Kräuter hinzu, röstete beides kurz mit bei etwas stärkerer Hitze und löschte dann mit Rotwein ab. Nun kamen noch die Linsen und die restlichen Gewürze hinzu und alles durfte offen bei schwacher Hitze 25 Minuten unter gelegentlichem Rühren köcheln. Ja, richtig gelesen, die roten Linsen durften eine knappe halbe Stunde köcheln und waren nach der langen Zeit ganz entgegen meiner Befürchtung nicht zu Brei zerfallen. Sehr seltsam. Vielleicht lag es an der Säure des Weins? Egal. Ich hob nun die Passata unter, ließ sie einige Minuten mitköcheln, schmeckte noch einmal mit Salz und Pfeffer ab. Sehr viel versprechend! Zum Schluss schmolz ich etwas Butter und Sahne in einer Pfanne, hob behutsam die wirklich sehr, sehr dünnen Nudeln unter und richtete sie auf der Sauce an. Herr H., inzwischen eingetrudelt, schoss ein paar schnelle Bilder und merkte dabei an, dass der Fototeller extrem verlockend röche.

vegatarische bolognese 5

Fazit: Ich erlaubte mir noch, da es darauf nun eh nicht mehr ankam, die rezeptwidrige Zugabe von Parmesan und Basilkum und dann konnten wir endlich schmausen. Die Linsen Bologneser Art hatten einen unerwartet komplexen Geschmack. Hätte ich es nicht besser gewusst, hätte ich möglicherweise Fleisch in irgendeiner Form darin vermutet, sei es als Fond oder Hackfleisch. Die Linsen waren gar und noch erstaunlich bissfest. Ich war geradezu hingerissen. Wie gut es doch manchmal ist, seine Bedenken über Bord zu schmeißen. Auch Herr H. war nach dem Essen voll und ganz zufrieden. Glück gehabt.

Aus: Die Geheimnisse meiner Brasserie Küche Robert Hülsmann

 

Ein ganz anderer Schnack

Rib Eye Asia 1

Fleisch, perfekt gegart, war im Hause H. bislang nur mit einem großen Quentchen Glück zu haben. Und es ist nicht so, dass wir nicht versucht hätten, uns zu informieren. Ein Fleischbuch nach dem anderen wurde akribisch studiert, verschiedene Methoden ausprobiert und die Erkenntnis, die blieb, war, dass ein zuverlässig vorhersagbares Ergebnis nicht möglich zu sein schien. Ich konnte mich langsam nicht des Eindruck erwehren, schlicht zu blöd zu sein. Fleischversteher, das waren die anderen. Und dann erblickte ich kürzlich in der Bücherhalle ein Buch mit dem Titel Perfektion – Die Wissenschaft des guten Kochens Band 1 Fleisch. Noch vor Ort vertiefte ich mich derart in die Lektüre, dass mich erst die Ankündigung der Schließung der Bücherhalle wieder in die Gegenwart zurückholte. Das ist das erste Buch, bei dem ich das Gefühl habe, als Unwissende nicht von oben herab behandelt zu werden. Streng wissenschaftlich und durch zahlreiche Versuchsreihen praktisch belegt, räumt dieses Buch mit allen Halbwahrheiten und Fehlannahmen in Punkto Fleisch auf. Jeder Vorgang, der während der Zubereitung von Fleisch stattfindet, wird so detailliert und nachvollziehbar erklärt, dass zumindest bei mir keine Fragen offen bleiben. Ich habe das Buch inzwischen komplett durchgelesen wie einen spannenden Roman, mir Notizen gemacht und Marker für Nachkochversuche gesetzt. Den Anfang bildete diese „asiatisch“ angehauchte Steak-Gemüse-Pfanne.

Für das Ribeye-Steak:

  • 1 Ribeye-Steak, gut 300 g, knapp 3cm dick
  • 27 g Sojasauce
  • 27 g neutrales Pflanzenöl
  • 10 g Vollrohrzucker
  • 10 g Fischsauce
  • 10 g rote Currypaste
  • 10 g frischer Ingwer, gerieben
  • 1 Knoblauchzehe, zu Paste zerrieben
  • 10 g Limettensaft

rib eye 2 serie

Bislang war ich der festen Überzeugung, dass man Fleisch mindestens 24 Stunden marinieren müsste, damit die Aromaten tief ins Fleisch eindringen können. Im Buch wird erklärt (und durch Versuche belegt), dass, egal, wie lange man Fleisch mariniert, die Aromaten nur maximal 3mm tief ins Fleisch eindringen. Eine einstündge Marinade vor dem Garen und eine 10minütige danach, seien in jedem Fall ausreichend. Die Säure (in diesem Fall der Limettensaft), wird dem zurückbehaltenen Rest der Marinade zugegeben und das Fleisch damit erst nach dem Garen bestrichen, da Säuren nur das Muskelgewebe auf der Oberfläche des Fleisches lockern und daduch die Gefahr besteht, dass das Fleisch an der Oberfläche breiig wird.

Doch zur Praxis. Herr H. verrührte alle Zutaten bis auf den Limettensaft für die Marinade, nahm etwa 1/4 davon ab und stellte es in einem Schälchen beiseite. Dann bestrich er das Steak beidseitig damit und legte es in einen Gefrierbeutel, aus dem er beim Verschließen möglichst viel Luft herausdrückte. Da das Steak noch recht kalt war, ließ er es 1 Stunde bei Raumtemperatur marinieren. Ist es wärmer, gibt man es besser in den Kühlschrank. Nach der Stunde heizte er den Backofen auf 135°C vor, nahm das Steak aus der Marinade und ließ es auf mittlerer Schiene auf dem Rost (mit Fettpfanne darunter) auf ca. 32°C Kerntemperatur garen. Das dauerte ca. 20 Minuten. Anschließend erhitzte er Erdnussöl bei großer Hitze in der Pfanne und briet das Steak beidseitig ca. 1,5 Minuten, bis sich eine appetitlich Kruste gebildet hatte. Er nahm das Fleisch aus der Pfanne, bestrich es beidseitig mit der zurückbehaltenen Marinade, die er mit dem Limettensaft verrührt hatte, deckte es locker mit Alufolie ab und ließ es ca. 15 Minuten ruhen.

Für das pfannengerührte Gemüse:

  • 1 kleine Knoblauchzehe, fein gehackt
  • entsprechend viel Ingwer, fein gerieben
  • 2 kleine Möhren, in Julienne geschnitten
  • 1 rote Spitzpaprika, in Julienne geschnitten
  • 125 g braune Champignons, blättrig geschnitten
  • 1 Frühlingszwiebel, in feine Ringe geschnitten
  • 1 EL Shao Xing
  • 1 EL Austernsauce
  • 2 EL helle Sojasauce
  • 1 TL Limettensaft
  • ca. 50 g Gemüsebrühe
  • wenig (ca. 1/4 TL) in Wasser gelöste Pfeilwurzstärke

Asia Gemüse Serie

Während Herr H. mit dem Steak beschäftigt war, hatte ich zunächst Möhre und Paprika bei hoher Hitze im Wok pfannengerührt. Dann gab ich die Champignons hinzu, garte sie eine kurze Zeit mit, gab Ingwer, Knoblauch und Frühlingszwiebel in den Wok und briet auch sie unter Rühren kurz mit. Nun löschte ich mit Shao Xing, Austern- und Sojasauce ab, ließ alles kurz köcheln, gab Wasser und gelöste Pfeilwurzstärke hinzu (wir sind große Saucenfans, wer das nicht ist, kann den Schritt auch weglassen) und wartete, bis die Flüssigkeit gebunden war. Dann schmeckte ich mit Limettensaft und Salz ab. Herr H. schnitt das Steak quer zur Faser in dünne Scheiben und bemerkte verwundert, dass kaum Flüssigkeit austrete. Ich richtete alles (den Reis hatte wie üblich der brave Reiskocher gegart) auf vorgewärmten Tellern an und konnte es kaum erwarten, vom Steak zu kosten.

Rib Eye Asia 4

Fazit: Was für ein Genuss! Das Steak war superzart, perfekt gewürzt und mit Sicherheit eines der besten Steaks, die ich je in meinem Leben gegessen habe. Mit den pfannengerührten Rindfleischstreifen, die ich bislang produziert habe, eher grau und zäh, hatte dieses Fleisch so gar nichts gemein. Ein ganz anderer Schnack eben. Das Steak fühlte sich zudem in Gegenwart von pfannengerührtem Gemüse und Reis pudelwohl und war leider, leider viel zu schnell vertilgt. Herr H. merkte an, dass wir durchaus noch ein zweites Steak hätten zubereiten können. Satt geworden war er trotzdem. Der erste Nachkochversuch aus diesem Buch war, wie sein Titel vollmundig ankündigt, in der Tat perfekt und ich bin schon sehr gespannt, was die nächsten Rezept bieten werden.

Die Ungezogenen

Taiwanesische Nudelsuppe mit Rindfleisch 2Auch wenn meine anfängliche Begeisterung für ein neues Projekt schnell verrauchen kann, so bin ich in machen Dingen durchaus hartnäckig. Etlich Jahre habe ich gebraucht, bis ich einigermaßen akzeptable Brötchen (und Brote) aus dem Ofen ziehen konnte. Herr H. und ich futterten uns tapfer durch viele kleine, steinartige Etwasse, bevor es endlich soweit war. Deshalb rümpfte er vor ca. 1,5 Jahren auch ein wenig die Nase, als ich verkündete, ich würde nun lernen, chinesische handgezogene Nudeln herzustellen. Eine sehr detaillierte Zwischenbilanz zu diesem Thema findet sich hier bei missboulette. Ich habe im Laufe dieser Zeit fast alles probiert. Am Teig geschraubt, hunderte Videos angesehen, auf denen das Ziehen der Nudeln vollkommen mühelos vonstatten zu gehen scheint und den Teig stundenlang gerollt, verzwirbelt, wieder gerollt, etc.. Ein letztes Mal wollte ich es zum Jahresende probieren. Ich kehrte zum Anfang zurück. Die erste Anleitung, die ich mir einst angeschaut hatte stammt von Jen/ tinyurbankitchen. Als ich ihr fröhliches Gesicht und ihre Zuversicht erneut sah, fühlte auch ich mich beschwingt. Herr H. räumte in weiser Voraussicht das Feld.

Für die handgezogenen Nudeln (La Mian):

  • 156 g „cake flour“ (ich: Red Lotus)
  • 25 g „all purpose flour“ (ich: Weizenmehl 405er)
  • 110 g warmes Wasser
  • 2 g Salz
  • 1 g „baking soda
  • 6 g Pflanzenöl (optional)

la mian nudeln serieIch gab alle Zutaten in die Schüssel der Maschine und ließ sie mit dem K-Haken 12 Minuten kneten. Danach war der Teig relativ platt, sprich, wenn ich meinen Finger hineindrückte, blieb der Eindruck unverändert. Die Glutenstruktur schien durch das lange Kneten „gebrochen“. Ich ließ den Teig abgedeckt eine Stunde lang ruhen und machte mich dann an das zweite Kneten. Dazu rollte ich den Teig zu einer ca. 60cm langen Rolle, hob sie hoch und verdrehte die beiden Ende währenddessen gegeneinander. Rollte erneut aus, etc. nach ca. 10 Minuten sollte der Teig bereit zum Ziehen sein. Ich probierte es. Vorsichtig (auch schnell und forsch habe ich es oft probiert), aber der störrische Teig bekam an einer Stelle Dehnungsstreifen und riss schließlich. Ich probierte es noch einige Mal, holte dann aber leicht resigniert die Nudelmaschine aus dem Schrank und gab auf. Das wäre auf jeden Fall ein Grund nach China zu reisen und sich die Technik von einem Meister beibringen zu lassen. Die fertig geschnittenen Nudeln bewahrte ich im Griesbett auf.

Für die taiwanesische Rindfleisch-Nudel-Suppe:

  • 500 g Beinscheibe vom Rind (ich: grob gewürfelt, Knochen mitgegart)
  • Erdnussöl zum Anbraten
  • 2 kleine Knoblauchzehen, fein gehackt
  • 1 entspechend großes Stück Ingwer, fein gehackt
  • 1 Sternanis
  • 1 Frühlingszwiebel, grob gehackt
  • 1 EL Chilibohnensauce (ich: Gochujang, eventuell zum Abschmecken mehr)
  • 60 g Sojasauce (chinesische dünne)
  • 1 Möhre, in dicke Scheiben geschnitten
  • 1 große Tomate, grob gestückelt
  • 30 g Reiswein
  • 30 g Kandiszucker (oder weniger, nach Belieben)
  • Wasser
  • handgezogene oder maschinell ausgerollte Nudeln
  • gedämpfter Pak Choi (ich: Brokkoliröschen)
  • frischer Koriander zum Servieren nach Belieben

taiwanesische rindfleisch-nudel-suppe serieIch briet das gewürfelte Fleisch in Erdnussöl an und legte es beiseite. Dann schwitzte ich Frühlingszwiebeln, Knoblauch und Ingwer an, fügte Möhre, Tomate und Fleisch hinzu und löscht mit Reiswein ab. Schließlich gab ich alle restlichen (bis auf Nudeln und Brokkoli) Zutaten in den Topf, bedeckte alles knapp mit Wasser und ließ es nach dem Aufkochen ca. 3 Stunden leise köcheln. In der Zeit hatte ich mich mit den Nudeln beschäftigt. Ich garte sie ca. 1 – 2 Minuten in kochendem Salzwasser und dämpfte den Bokkoli ca. 8 Minuten. Herr H., der sich inzwischen wieder in die Küche gewagt hatte, sah mich mitleidig an. Na, es sähe danach aus, als hätte es mal wieder nicht geklappt mit den Nudeln. Ich seufzte, drückte dann den Rücken durch und bemerkte, dass es ja vielleicht beim nächsten Mal funktionieren würde.

Taiwanesische Nudelsuppe mit Rindfleisch 6Fazit: Auch mit maschinell geschnittenen Nudeln war der Eintopf ein echtes Highlight! Die Fleischstückchen hielt nur noch der schiere Wille zusammen, die Suppe war würzig tiefgründig und von ausgewogener Schärfe. Und der Brokkoli, wenn auch nicht stilecht, passte bestens dazu. Ein Platz auf die Liste der 10 am häufigsten wiedergekochten Gerichte ist ihr sicher. Herr H. meinte dazu nur lapidar, dass ich gern noch einige Zeit mit dem Nudelziehen verbringen könnte, wenn er dann so köstliche Gerichte serviert bekäme. Und wer weiß, vielleicht klappt es ja irgendwann mit oder ohne einen Lehrmeister. Entweder hier oder dort.