Es ist immer dasselbe. Man wähnt sich in Sicherheit, alles klappt wie am Schnürchen, eine Torte wird schöner als die andere und dann schlägt der Übermut zu. Ikarus lässt grüßen. Canelées? Natürlich, kein Problem. So eine schlichte Masse in „Gold“ zu verwandeln kann doch nicht so schwer sein, oder? Gute fünf Backversuche später muss ich kurz die Segel streichen, zu frustrierend ist das Beobachten des Ofenfensters. Gestern beim letzten Versuch nach einem Rezept von Ladurée wuchsen die Biester so atompilzartig über den Rand der Form hinaus, dass sich sich beim Festwerden nicht mehr in die Formen zurückziehen konnten, sondern wie verdurstete Kakteen schlapp über den Rand hingen. Für die Tonne. Und auch im restlichen Leben scheinen wir zu hoch gepokert zu haben. Da bleibt nur eins: Rückzug, Wunden lecken und neuen Mut sammeln. Und was kann dabei besser helfen, als ein herrlich bodenständiges Gericht?
Für das Bohnencassoulet mit wildem Bohnenkraut:
- 60 g getrocknete weiße Bohnen, über Nacht eingeweicht (ich: 1 kleine Dose große weiße Bohnen)
- 1 kleine Knoblauchzehe, fein gehackt
- 40 g magerer Speck, in dünne Scheiben geschnitten
- 3 Zweige Bergbohnenkraut oder Bohnenkraut
- 1 Zweig Thymian
- 300 g Rinder- oder Geflügelfond
- 200 g grüne Bohnen, geputzt
- 2 – 3 kleine Tomaten, gehäutet, grob gewürfelt
- 10 schwarze Oliven, entsteint, halbiert
- Salz, schwarzer Pfeffer
- festkochende Kartoffeln nach Belieben, in der Schale gegart, abgekühlt, gepellt, gewürfelt
Verwendet man getrocknete Bohnen ist die Zubereitung des Cassoulets kein schnelle Angelegenheit. Dann garen sie im Fond mit Knoblauch, Speck und Bohnenkraut abgedeckt ca. 1,5 – 2 Stunden. Da ich fast immer vergesse, die Hülsenfrüchte am Vorabend einzuweichen, habe ich stets einige Dosen verschiedener Bohnen im Vorrat. Gerettet. Während Herr H. sich um die Kartoffeln kümmerte und den Speck im Backofen bei 150°C in ca. 15 Minuten knusprig ausließ, briet ich den Knoblauch kurz in wenig Olivenöl an, gab grüne und weiße Bohnen und Tomaten hinzu und goss den Fond an. Bevor ich den Deckel auflegte und die Bohnen ca. 20 Minuten sanft köcheln ließ, gab ich noch etwas Salz und das Bohnenkraut hinzu. Während der Garzeit versuchten wir erneut unsere Fehler zu analysieren und einen neuen Schlachtplan zu entwerfen. Das klappte erstaunlich gut. Als die Bohnen gegart waren, hob Herr H. Kartoffelwürfel und Oliven unter, schmeckte mit Salz und Pfeffer ab und richtete das Cassoulet auf vorgewärmten Teller an. Ich gab noch etwas vom guten Olivenöl darüber und sog den tröstlich guten Geruch ein.
Fazit: Nachdem wir das köstliche Cassoulet genüsslich schweigend verspeist hatten, sah Herr H. mich fragend an. Ich nickte. Ja, genau das hatte es in diesem düsteren Moment gebraucht. Nun können wir gestärkt den neuen Schlachtplan in die Tat umsetzten und es wäre doch gelacht, wenn ich mich von ein paar kleinen Küchlein derart aus dem Konzept bringen ließe!
Aus: Das große Buch der Kräuter und Gewürze Teubner Verlag