Gelegentlich komme ich in den (manchmal) zweifelhaften Genuss, eine größere, absolut unhomogene Gruppe von Menschen zu beköstigen. Vegetarisch soll es bittschön sein, nein, viel Fleisch, Kreuzkümmel geht gar nicht, auf keinen Fall und nicht soviel Knoblauch. Rote Bete, um Himmels Willen, die schmecken doch total muffig und so weiter und so fort. Dann stehe ich da, raufe mir die Haare und frage mich, warum nicht alle so aufgeschlossen und genügsam wie Herr H. und ich sein können. Das einzige, was ich wirklich nicht (mehr) herunterbringe, ist Fast Food, das Konsensessen schlechthin. So scheint es jedenfalls. Was also tun? Der Zufall wollte es, dass ich kurz zuvor ein delikates Süppchen ausprobiert hatte. Ich studierte noch einmal die ellenlange Zutatenliste und tatsächlich, kein Kreuzkümmel, kein Fleisch (nun, damit müssten die Fleischliebhaber eben leben), keine Roten Bete. Ich beschloss, das Wagnis einzugehen.
Für die Suppe mit Hülsenfrüchten (und Nudeln), reicht inkl. Vor- und Nachspeise knapp für 7 Personen:
- 125 g getrocknete Kichererbsen, über Nacht mit 2 TL Natron eingeweicht (ich: 1 kleine Dose 240 g Abtropfgewicht, gehäutet)
- 125 g getrocknete Limabohnen, über Nacht mit 2 TL Natron eingeweicht (ich: 1 kleine Dose Riesenbohnen, Abtropfgewicht 240 g)
- 80 g geklärte Butter
- 2 große Zwiebeln, in dünne Scheiben geschnitten (400 g)
- 10 Knoblauchzehen, in dünne Scheiben geschnitten (ich: 4)
- 1 1/2 TL gemahlene Kurkuma
- 225 g gelbe Spalterbsen (ich: gelbe Linsen)
- (ich: je 2 Möhren und Selleriestangen, fein gewürfelt)
- 2 l Gemüsebrühe
- 35 g Petersilie, gehackt
- 35 g Koriandergrün, gehackt
- 15 g Dill, gehackt
- 100 g Frühlingszwiebeln, in dünne Scheiben geschnitten
- 150 g Baby-Blattspinat (ich: TK-Ware)
- 100 g getrocknete Reshteh (oder Linguine)
- 150 g Sauerrahm, plus 1 TL pro Portion zum Servieren
- 1 1/2 EL Weißweinessig
- 4 Limetten, halbiert
- Salz, schwarzer Pfeffer
Verwendet man bereits vorgegarte Hülsenfrüchte ist die Suppe im Nu zubereitet. Mit getrockneten verlängert sich die Zubereitungszeit um eine knappe Stunde. Ich erhitzte das Butterschmalz bei mittlerer Temperatur und briet Zwiebeln und Knoblauch darin ca. 20 Minuten, bis sie weich und goldbraun waren. Dann mischte ich Kurkuma, 1/2 TL Salz und etwas schwarzen Pfeffer unter und entnahm ca. 1/3 der Masse und stellte sie für die spätere Verwendung beiseite. Ich fügte Möhren und Selleriewürfel hinzu, briet sie kurz an und gab dann Kichererbsen (das Häuten einer kleinen Dose dauert zu zweit nur ca. 10 Minuten), Riesenbohnen und die Brühe hinzu. Nach 10 Minuten des Köchelns gab ich die gelben Linsen hinein und garte alles weitere 10 Minuten. Herr H. gab dann Frühlingszwiebeln, Nudeln und Spinat in die Suppe und ließ sie offen knapp 10 Minuten köcheln. Die Nudeln sollten gerade eben gar sein. Er zog den Topf von der Platte, rührte Petersilie, Dill, Sauerrahm und Essig unter und schöpfte die Suppe auf vorgewärmte Teller. Den Koriander stellten wir in einer seperaten Schale auf den Tisch. Wenn alle Esser ihn mögen, kann man ihn selbstverständlich mit den anderen Kräutern unterrühren. Ich gab auf jeden Teller einen Klacks Sauerrahm und einige Zwiebeln und servierte sie gemeinsam mit den Limettenhäften und reichlich Fladenbrot (z. B. dieses oder jenes).
Fazit: Bei Tisch wurde ich gefragt, wozu den die Limettenhälften seien. Ich erklärte, man könne etwas Saft über die Suppe pressen. Das gäbe den gewissen Kick. Und ich hatte Glück. Alle, wirklich alle waren rundum zufrieden und teils sogar begeistert. Sogar der bekennende Fleischliebhaber äußerte sich wohlwollend. Ich wischte mir den innerlichen Schweiß von der Stirn und war unendlich erleichtert, dass Herr H. und ich die Herausforderung bravourös gemeistert hatten. Die Suppe steht inzwischen regelmäßig auf unserem Speiseplan und ich bin jedes Mal auf’s Neue fasziniert, dass es so wenig braucht, um ein grandioses Essen auf den Tisch zu bekommen.
Aus: Vegetarische Köstlichkeiten Yotam Ottolenghi