Gut geschraubt

 

konigsberger1-1Während die Sonne draußen lacht, sitze ich brav am Schreibtisch, bearbeite Bilder und versuche, etwas Poetisches zum Thema Königsberger Klopse aus dem Ärmel zu schütteln. Was mir mit dem Blick aus dem Fenster, zugegeben, schwer fällt. Immerhin locken die Temperaturen noch nicht so sehr, dass ich mich allzu sehr bedauern würde. Ein richtig gutes Rezept für Königsberger Klopse, eine meiner absoluten Leibspeisen als Kind, hatten Herr H. und ich zwar bereits schon vor zwei Jahren gefunden. Aber als es mir kürzlich wieder über den Weg lief, dachte ich mir, dass man speziell an der Sauce sicher noch das ein oder andere Schräubchen drehen könnte. Wozu kocht man sich schließlich durch die ganzen Rezepte bekannter Spitzenköche, wenn nicht im Laufe der Zeit das ein oder andere hängen bliebe. Wir machten uns sogleich ans Werk.

Für den Rote Bete-Salat:

  • 600 g Rote Bete, in der Schale gegart
  • 2 Schalotten, fein gewürfelt
  • ca. 50 g Traubenkernöl
  • ca. 25 g Rotweinessig
  • ca. 25 g Kalbsfond
  • Zucker
  • Salz, schwarzer Pfeffer
  • 2 – 3 EL Schnittlauchröllchen

bete-serieIm Rezept werden die Bete mit etwas Kümmel in Alufolie eingeschlagen und auf einem Salzbett im Backofen gegart (150°C / 1 – 1,5 Stunden). Ich beschloss, sie einfach im Ganzen zu kochen. Das dauerte, da sie eher klein waren, ca. 45 Minuten. Nachdem sie leicht abgekühlt waren, pellte ich sie und schnitt sie in dünne Stäbchen. Herr H. briet inzwischen die Schalotte in etwas Öl glasig und vermengte sie anschließend mit den restlichen Zutaten zu einer Vinaigrette. Ich hob die Bete-Stäbchen unter und stellte die Schüssel abgedeckt beiseite, damit sie durchziehen konnten.

Für die Klopse:

  • 1 altbackenes Brötchen (ca. 50 g)
  • 100 g Milch
  • 2 Schalotte, fein gehackt
  • 30 g Speck, fein gewürfelt
  • 1 kleines Bd. glatte Petersilie, fein gehackt
  • Öl zum Braten
  • 400 g Kalbshackfleisch (ich: Rind)
  • 1 Ei
  • 1 TL Senf
  • 1 TL Kapern, fein gehackt
  • 1 Sardellenfilet, fein gehackt
  • Salz, schwarzer Pfeffer
  • 1 Lorbeerblatt
  • ca. 400 g Kalbsfond oder Brühe zum Garziehen

klopse-serie

Bällchen aller Art sind tatsächlich immer noch Herrn H.s Metier. Er schwitzte Schalotten und Speck in etwas Öl glasig, weichte das gewürfelte Brötchen in Milch ein und stellte die übrigen Zutaten bereit. Dann gab er das Hack, die Gewürze, die ausgekühlte Schalotten-Speck-Mischung, das gut ausgedrückte Brötchen, das Ei und die Gewürze in eine Schüssel und knetete sie von Hand zu einer homogenen Masse. Wer mag, kann die Masse auch durch die kleinste Scheibe des Fleischwolfs geben. Herr H. bevorzugt Handarbeit. Er stellte die Masse für einen halbe Stunde in den Kühlschrank, bevor er etwa golfballgroße Klopse daraus formte. Dann kochte er die Brühe mit dem Lorbeerblatt kurz auf, legte die Klopse ein und reduzierte die Temperatur auf ein sehr sanftes Sieden (ca. 85°C). Nach 15 Minuten waren die Klopse gar. Er nahm sie aus der Brühe und hielt sie im Backofen warm.

Für die Sauce:

  • 2 Champignons, blättrig geschnitten
  • 1 Schalotte, fein gehackt
  • 1 TL Butter
  • 2 TL Mehl
  • 25 g Weißwein oder Noilly Prat
  • 150 g Kalbsfond
  • 100 g Sahne
  • 1 Eigelb
  • 25 g Weißwein oder Noilly Prat
  • 1/2 TL Wasabipaste
  • Zitronensaft zum Abschmecken
  • Salz, schwarzer Pfeffer
  • 1 – 2 TL Fischsauce
  • 20 g eiskalte Butter
  • evtl. Pfeilwurzstärke zum Binden (ich: 0,4 g Xanthan)

sauce-serie

Für die Sauce dünstete ich Champignons und Schalotte in der Butter an. Dann stäubte ich das Mehl darüber, ließ es kurz mitschwitzen und löschte mit 25 g Noilly Prat ab. Nun gab ich den Fond hinzu und ließ ihn komplett reduzieren. Dann rührte ich die Sahne ein, schmeckte mit Salz, Pfeffer, Fischsauce und Zitronensaft ab und schlug die Sauce mit Xanthan mit dem Stabmixer auf. Herr H. verrührte das Eigelb mit der restlichen Noilly Prat und der Wasabipaste hell schaumig. Ich schlug die Mischung unter die Sauce (sie darf nun nicht mehr kochen, sonst gerinnt das Eigelb – 80° sind ausreichend!) und montierte die eiskalte Butter ein. Dank des Xanthans war die Sauce wunderbar luftig und cremig. Warum sollte man es nicht benutzen, wenn es eh im Kühlschrank steht?

 

konigsberger1-2Fazit: Diese Variante des alten Klassikers gefiel mir um Längen besser, als das zuvor getestete Rezept. Auch erwiesen sich die süß-sauren Rote Bete als viel passender. Die Sauce war ein echter Knaller. Fischsauce und Wasabi waren als einzelne Bestandteile natürlich nicht mehr wahrnehmbar, gaben der Sauce jedoch eine Komplexität und Tiefe, die ich selten erlebt habe. Herr H. war ebenfalls über die Maße angetan und wir schafften es tatsächlich beide, zwei große Portionen zu vertilgen. Dafür strichen wir die Nachspeise ersatzlos und zogen uns glücklich und zufrieden aufs Sofa zurück.

Frei nach: Deutsche Kücher Teubner 2007

 

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Wahrlich königlich

königsberger klopse 5Zugegeben, Uroma Mariechen hätte wahrscheinlich die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen und geschimpft, „Marjellche, Marjellche, DAS sind doch keine Königsberger Klopse“. Ich hoffe sehr, dass sie mir vergibt. Es hat eine ganze Weile gedauert, bis ich mich an dieses Rezept gewagt habe. Zu deutlich war die Erinnerung an das Leibgericht meiner Kindheit, das sie meisterhaft zuzubereiten wusste. Das zweite Leibgericht. Das erste waren Plinsen (hochdeutsch: Kartoffelpuffer), in reichlich Fett ausgebraten, so dass ich auf dem Nachhauseweg von der Schule schon von Weitem riechen konnte, dass es sie gab. Sobald ich das erste Geruchsmolekül erschnuppert hatte, begann ich zu rennen, so sehr liebte ich sie. Theoretisch wurde dazu Apfelmus serviert, das ich jedoch verschmähte. Dick mit Zucker bestreut mussten sie sein. An guten Tagen schaffte ich nahezu 10 Stück. Nicht gerade figurfreundlich, aber soo gut. Zurück zu den Klopsen. Herr H. gab wie üblich den letzten Anstubser zum Ausprobieren des Rezepts.

Für die Königsberger Klopse:

  • 1/2 altbackenes Brötchen (ca. 30 g)
  • 50 g Milch
  • 1 Schalotte, fein gehackt
  • 15 g Speck, fein gewürfelt
  • 1/2 Bd. glatte Petersilie, fein gehackt
  • Öl zum Braten
  • 200 g Kalbshackfleisch
  • 1 sehr kleines Ei oder 1/2
  • 1/2 TL Senf
  • 1 TL Kapern, fein gehackt
  • 1/2 Sardellenfilet, fein gehackt
  • Salz, schwarzer Pfeffer
  • 1 Lorbeerblatt
  • ca. 400 g Brühe zum Garziehen

klopse serieBällchen aller Art sind Herrn H.s Metier. Er schwitze Schalotten und Speck in etwas Öl glasig, weichte das gewürfelte Brötchen in Milch ein und stellte die übrigen Zutaten bereit. Dann gab er das Hack, die Gewürze, die ausgekühlte Schalotten-Speck-Mischung, das gut ausgedrückte Brötchen, das Ei und die Gewürze in eine Schüssel und knetete sie von Hand zu einer homogenen Masse. Diese stellte er für einen halbe Stunde in den Kühlschrank, bevor er etwa golfballgroße Klopse daraus formte. Er kochte die Brühe mit dem Lorbeerblatt kurz auf, legte die Klopse ein und reduzierte die Temperatur auf ein sehr sanftes Sieden (ca. 85°C). Nach 15 Minuten waren die Klopse gar. Ich hatte in der Zwischenzeit Salzkartoffeln und Möhren gegart. Rote Bete wären passender gewesen, aber es waren keine im Haus.

Für die Sauce:

  • 2 Champignons, blättrig geschnitten
  • 1 Schalotte, fein gehackt
  • 2 TL Kapern
  • 1 Sardellenfilet, fein gehackt
  • 1 TL Butter
  • 2 TL Mehl
  • 25 g Weißwein
  • 150 g Kalbsfond
  • 20 g Crème fraîche
  • 100 g Sahne
  • Salz, Cayennepfeffer
  • Zitronensaft zum Abschmecken
  • 1 sehr kleines Eigelb oder 1/2
  • 20 g eiskalte Butter
  • 1 EL geschlagene Sahne
  • Petersilie und Kapern zum Garnieren

sosse serieMan kann natürlich auch die Brühe, in der die Klöpse gegart wurden, für die Sauce verwenden, aber mit frischem Fond wird die Sauce noch feiner. Ich verwendete die Brühe anderntags für ein Risotto. Für die Sauce dünstete ich Champignons, Schalotte, 1 TL Kapern und das Sardellenfilet in der Butter an. Dann stäubte ich das Mehl darüber, ließ es kurz mitschwitzen und löschte mit der Hälfte des Weins ab. Nun gab ich den Fond hinzu und ließ ihn nahezu einreduzieren. Danach rührte ich Crème fraîche und Sahne ein, schmeckte mit Salz, Pfeffer und Zitronensaft ab und schlug die Sauce mit dem Stabmixer auf. Herr H. verrührte das Eigelb mit der restlichen Weißwein. Ich schlug die Mischung unter die Sauce (sie darf nun nicht mehr kochen!), montierte die eiskalte Butter ein und hob die geschlagene Sahne unter. Endlich konnte angerichtet werden.

königsberger klopse 6Fazit: Ich traue mich kaum es zu sagen. Diese Königsberger Klopse waren um Längen besser als die meiner Erinnerung. Bitte vergib mir, Mariechen. Die Klopse waren saftig, unglaublich locker und aromatisch und die Sauce ein absoluter Traum in Cremigkeit und Geschmack. Die mit etwas Estragon gewürzten Möhren passten erstaunlich gut. Und das ist, glaube ich, das einzige Gericht, zu dem ich Salzkartoffeln als unabdinglich empfinde. Herr H. schwelgte ebenso begeistert in den Klopsen und verlangte, sie von nun an häufiger serviert zu bekommen. Wir werden sehen.

Aus: Klassiker – Über 300 internationale Rezepte mit Tipps und Varianten von Johann Lafer Teubner Verlag