Sagte meine Großmutter oft, als ich noch klein war. Ich konnte das damals überhaupt nicht nachvollziehen, allein die Zeit vom 1. bis zum 24. Dezember zog sich wie ein gefühltes doppeltes Jahr und je mehr ich dem Heiligen Abend entgegen fieberte, am meisten natürlich den Geschenken, umso mehr zog sich die Zeit in die Länge. Jetzt allmählich beginne ich zu begreifen, was sie meinte. Das muss das Altern sein. Waren wir nicht gerade eben noch im Urlaub? Wie kann jetzt plötzlich schon der zweite Advent sein, wo ich es doch gerade erst einmal geschafft habe, eine Ladung Elisen zu backen? Ich habe das Gefühl, dass die Zeit inzwischen rast. Ich backe ein Brot und kaum habe ich es aus dem Ofen gezogen, da ist es auch schon wieder verschwunden. Als ich am Freitag Abend Plätzchen backen wollte, deutete Herr H. nur wortlos auf den Brotkasten, in dem schon wieder Ebbe herrschte. Und da wir beide lieber Brötchen oder Toast frühstücken als Plätzchen, buk ich also seufzend ein Toastbrot und verschob die Plätzchenpläne.
Für den Buttertoast (ergibt einen 750 g Laib):
Für das Salz-Hefe-Gemisch:
- 9 g Salz
- 50 g Wasser
- 6 g Frischhefe
Für den Hauptteig:
- Salz-Hefe-Gemisch
- 500 g Weizenmehl 550er (ich 450 g)
- (ich: 75 g Lievito Madre bestehend aus 50 g Mehl und 25 g Wasser)
- 10 g Zucker
- 10 g Speisestärke
- 1 TL flüssiges Backmalz (ich 10 g Aromamalz, nicht enzymaktiv)
- 250 g Milch (ich: 25 g Vollmilchpulver, 225 g Wasser)
- 30 g weiche Butter
Ich verrührte Salz, Hefe und Wasser für das Gemisch und ließ es abgedeckt bei Raumtemperatur stehen. Die Reifezeit sollte mindestens 30 Minuten und maximal 20 Stunden betragen. Am nächsten Vormittag gab ich alle Zutaten bis auf die Butter für den Hauptteig in die Schüssel der Maschine und ließ sie zunächst 12 Minuten auf langsamster Stufe kneten. Der Teig war recht fest und löste sich bereits vollständig vom Schüsselboden. Ich gab die Butter hinzu und ließ sie 6 Minuten auf nächst schnellerer Geschwindigkeit komplett unterkneten. Nun durfte der Teig abgedeckt ca. 2,5 Stunden bei Raumtemperatur gehen.
Eigentlich backt man das Toastbrot in einer speziellen Toastbrotform. Die besitze ich natürlich nicht. Ich entschied mich für die große Emailkastenform (30x10x8cm). Ich butterte sie, streckte und faltete den Teig, teilte ihn in zwei gleich schwere Portionen und formte sie leicht oval. Als ich sie in die Form gelegt hatte, war ich etwas skeptisch, ob die Form nicht doch etwas zu groß wäre. Ich deckte sie mit einem Tuch ab und ließ den Teig knapp drei Stunden gehen. Als ich das Tuch abnahm war ich recht überrascht über die Volumenzunahme des Teiglings. Ich heizte den Ofen auf 190°C vor und buk das Toastbrot mit einer gelöcherten Alufolie bedeckt 45 Minuten lang. Am Anfang sprühte ich reichlich Wasser in den Ofen, das ich nach ca. 10 Minuten wieder entweichen ließ. Nach ca. 30 Minuten sah ich, dass das Brot den Aludeckel völlig ausgebeult hatte. Ich entfernte ihn und buk es die letzte Viertelstunde ohne Deckel.
Fazit: Am nächsten Morgen steckte ich sehr gespannt zwei Scheiben in den kürzlich eingezogenen Mini-Toaster. Wir bestrichen die fertig getoasteten Scheiben und bissen gleichzeitig ab. Danach gibt es bei mir einen adretten Zahnabdruck, bei Herrn H.s Toast hingegen fehlt danach nahezu ein Dittel der Scheibe. Das Brot war absolut perfekt, genau wie ein Toastbrot sein soll. Und was noch viel wichtiger ist, ist, dass das Rezept direkt beim ersten Mal genau wie beschrieben einwandfrei funktionierte. So etwas erlebe ich nicht besonders häufig. Ich bin schon neugierig, ob das mit den anderen Rezepten auch so gut hinhauen wird. Und da ich nicht weiß, ob ich in diesem Jahr noch zum Plätzchenbacken kommen werde, bediene ich mich zumindest virtuell an Schneemann-Cookies, Bärentatzen, Farina Bona Shortbread, Bischofbrot, Schoko-Sesam-Florentinern, Pistazienkipferln, Rubinen des Sultans und Babka. Die Liste ließe sich noch endlos fortsetzen, aber Herr H und ich müssen ja auf unsere Linie achten und wer weiß, ob man nicht schon vom Schwelgen in virtuellen Köstlichkeiten zulegt.
Aus: Brötchen, Baguette & Weizenbrote nach traditionellen Rezepturen Gerhard Kellner – Ketex – der Hobbybäcker