Mal runterschalten

Wintercouscous 1

Es ist schwierig. Nachdem Herr H. und ich uns in den letzten Wochen dermaßen verwöhnt haben, allein das sternenverdächtige Gericht am letzten Samstag, so gut, ich werde berichten, fällt es mir immer schwerer, mich mit einem eher schlichten Mahl zufrieden zu geben. Jeden Abend überlege ich, wie ich dieses und jenes noch aufpimpen und verbessern könnte, um den arg verwöhnten Gaumen erneut zu kitzeln. Das führt gerade unter der Woche im Alltag meist zu sehr späten Mahlzeiten, einem verhältnismäßig ungenädigem Herrn. H. und zur Verknotung kompliziertester Gedanken. Dabei können doch auch „schlichte Gerichte“ durchaus unschlagbar stimmig und befriedigend sein, oder nicht? Es half nichts, ich musste die Probe auf’s Exempel machen.

Für das Gemüse:

  • 2 Möhre, in 2 cm große Stücke geschnitten
  • 2 Pastinake, geschält, in 2 cm große Stücke geschnitten
  • 6 kleine Schalotten, geschält, halbiert
  • 1 Zimtstange
  • 2 Sternanis
  • 1 Lorbeerblatt
  • Olivenöl
  • Salz
  • 1/2 TL Ingwer, gerieben
  • 1 Pr. Kurkuma
  • 1 Pr. Paprikapulver, scharf
  • 1 Pr. Chiliflocken
  • 300 g Kürbis, in 2 cm große Stücke geschnitten
  • 35 g getrocknete Aprikosen, grob gehackt (ich: 50 g halbgetrocknete Weintrauben, halbiert)
  • 150 g Kichererbsen, gegart
  • 200 g Kichererbsen-Kochwasser oder Wasser

gemüse serie

Ich heizte den Backofen auf 190°C vor, ölte die Auflaufform und gab Möhren, Pastinaken und Schalotten hinein. Herr H. fügte alle Gewürze, etwas Olivenöl und 1/2 TL Salz hinzu und vermischte alles gründlich. Ich schob die Form für 15 Minuten in den Backofen. Dann mengte ich die Kürbiswürfel unter und garte alles weitere 30 Minuten. Das Gemüse sollte weich sein, aber noch Biss haben. Herr H. gab anschließend die Weintrauben und die Kichererbsen nebst Wasser in die Form und schob sie für 10 Minuten zurück in den Backofen.

Für den Couscous:

  • 170 g Couscous
  • 1 große Prise Safranfäden
  • 260 g kochend heißer Gemüsefond
  • 1/4 TL Salz
  • 20 g Butter in Flöckchen
  • 20 g Harissa (oder weniger, wem das zu scharf ist)
  • 25 g Schale eingelegter Zitronen, fein gehackt
  • frischer Koriander nach Belieben

Couscous Serie

Etwa 15 Minuten, bevor das Gemüse fertig gegart war, kochte Herr H. die Gemüsebrühe mit Safran und Harissa einmal kurz auf und gab sie gemeinsam mit Zitronenwürfeln und Salz über den Couscous. Abdeckt ließ er den Couscous 10 Minuten quellen, bevor er die Butterflöckchen hinzu gab und den Couscous mit der Gabel auflockerte. Ich richtete Couscous, Gemüse und Koriander in vorgewärmten Schalen an und war sehr gespannt auf das Probieren.

Wintercouscous 4

Fazit: Nicht umsonst wird das Gericht im Buch „der ultimative Wintercouscous“ genannt. Wir beide waren von der ausgewogenen Aromenkombination höchst angetan. Herr H. meinte sogar, dass sei eins der besten Couscous-Gerichte, die er je gekostet habe. Wird es wieder geben, allerdings müsste ich dafür erst ein neues Päckchen Couscous kaufen und ich weiß nicht, ob ich das so schnell tun werde, bin ich doch recht froh, das alte endlich verbraucht zu haben. Als Schatz aus dem Vorratsschrank reiche ich das Gericht nun bei Susanne/ Magentratzerls Dauerevent „Schatzsuche im Vorratsschrank“ ein. Endlich einmal.

Schatzsuche im Vorratsschrank – Dauerevent

Aus: Genussvoll vegetarisch Yotam Ottolenghi

Ach und obwohl ich mit Politik nun wirklich nicht viel am Hut habe, dieser Beitrag ist der bislang beste den ich zu dem ganzen Kuddelmuddel der letzten Zeit gelesen habe!

 

 

 

 

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„Entfischt“

Fischsuppe 3Als ich kürzlich bei Marco/ myfoodprints die Bilder des Tsukiji Fischmarks sah, wurde mir, zugegeben neben der Faszination, die sie auslösten, einmal mehr bewusst, welch unglaubliches Raubtier der Mensch eigentlich ist. 700 000 Tonnen Fisch werden pro Jahr allein dort umgesetzt. Eine absolut unvorstellbare Menge. Für mich zumindest. Es ist nicht so, dass ich keinen Fisch mag, aber da es ziemlich schwierig ist, hier „nachhaltig“ und „verantwortungsbewusst“ gefischten Fisch zu bekommen, halte ich mich beim Verzehr lieber zurück. Und muss dennoch nicht verzichten. Weniger ist auch hier mehr. Diese „Bourride“ wird zwar traditionellerweise mit mindestens drei Arten von weißfleischigen Fischen angereichert und stets mit Aioli gebunden. Da ihr Geschmack jedoch hauptsächlich vom (zugegebenen) Fond lebt, ist es durchaus möglich, sie mit geringerer Fischeinlage zu servieren, dachte ich mir und probierte es aus.

Für die „entfischte“ Bourride:

  • Olivenöl zum Braten
  • 1 Knoblauchzehe, fein gehackt
  • 1 Schalotte, fein gehackt
  • 1 TL Fenchelsamen, angestoßen
  • Fenchelabschitte
  • 1 Stück Lauchstange, weißer Teil (ca. 100 g), in Ringe geschnitten
  • 2 kleine Tomaten, geviertelt
  • 1 Lorbeerblatt
  • etwas getrocknete Orangenschale
  • 100 g Weißwein
  • 500 g Fischfond
  • 1 Streifen Lachs (125 g)
  • 6 Riesengarnelen
  • 1 Pr. Safran
  • 2 EL Aioli*
  • Petersilie nach Belieben
  • Brot (dieses passte perfekt)
  • 1 Fenchelknolle, geputzt, halbiert, in Steifen geschnitten, in Olivenöl abgedeckt gar gedünstet, ca 15 Minuten

zutaten serieHerr H. schitzte Schalotte, Knoblauch und Fenchelsamen kurz in Olivenöl an, gab Lauch, Tomaten, Fenchelabschnitte und das Lorbeerblatt hinzu und goss den Weißwein an. Nachdem er um ca. die Hälfte reduziert war, gab er den Fischfond hinzu und ließ alles abgedeckt ca. 20 Minuten köcheln. In der Zeit bereite ich die Aioli vor. Siehe unten. Herr H. gab die fertige Suppe durch das feine Sieb, brachte sie erneut zum Kochen und reduzierte die Temperatur auf ein leichtes Sieden. Er gab Lachs, Garnelen und Safran in die Suppe, ließ sie 4 Minuten darin ziehen. Dann legte er sie auf einen vorgewärmten Teller und stellte sie bei 50°C im Backofen warm. Ich verrührte 2 EL Aioli mit einer Kelle Suppe, gab die Mischung unter Rühren zurück in die Suppe und ließ sie weitere 5 Minuten sacht sieden (sie darf nicht kochen!), bis sie anzudicken begann. Ich schmeckte mit Salz und weißem Pfeffer ab, füllte sie in vorgewämte Schalen und legte Lachsstückchen, Garnelen und Fenchelstreifen ein. Etwas Petersilie darüber. Et Voilà.

Für die Aioli:

  • 1/2 halbe Knoblauchzehe, zu feiner Paste zerrieben
  • 1 Eigelb, raumtemperiert
  • 1 TL Zitronensaft
  • 1 Pr. Salz
  • 75 g Öl (ich: Maiskeimöl und Olivenöl halb und halb)

aioli serieIch gab das Eigelb mit Knoblauch, Zitronensaft und Salz in eine kleine Schale und schlug alles mit dem Handrührgerät weißschaumig auf. Dann gab ich unter Rühren das Öl erst tropfenweise, dann in einem feinen Strahl hinzu und schlug weiter, bis eine dicklich-cremige Masse entstanden war. Diese schmeckte ich erneut mit Salz und Zitronensaft ab. Köstlich!

Fischsuppe 7Fazit: Auch in der „entfischten“ Version schmeckte uns die Suppe ganz vorzüglich. Safran, Fenchel und Aioli gaben ihr ein ganz spezielles Aroma. Die Schalen waren wie üblich viel zu schnell geleert. Auch der hineingeschmuggelte Fenchel machte sich bestens und ich bin sehr überrascht, wir oft hier in letzter Zeit Suppen auf dem Speiseplan stehen, wo ich doch noch vor einem Jahr felsenfest überzeugt war, cremige Suppen nicht als mahlzeittauglich zu erachten. So kann man sich irren und ändern. Man darf gespannt sein, wohin das noch führen wird.

Aus: (recht frei) Lieblingssuppen und knusprige Beilagen Janneke Philippi

Vite fait, bien fait!

pasta mit Miesmuscheln 2Freitag Abend. Eine hektische Woche lag, zum Glück, hinter mir, und ich war ein wenig betrübt, da der Sommerurlaub aufgrund des Umbaus der Küche ersatzlos gestrichen worden war. Draußen gab das Wetter sein Bestes, mich glauben zu machen, dass wir nach der großen Hitze nahtlos zum Herbst übergegangen waren. Leicht ratlos und wehmütig beobachtete ich, wie sich die große Birke auf dem Hof im Wind wiegte und träumte von einer sonnigen Terasse mit Blick auf’s Meer. Das Licht gülden, die Luft dunstig und vor mir auf dem Tisch ein leicht beschlagenes Glas mit kühlen Weißwein. Ein Blick auf die Uhr riss mich abrupt aus meinem Blues. Das Abendessen musste in einer halben Stunde auf dem Tisch stehen. Die Träumerei von der Terrasse am Meer führte meine Gedanken zu den Miesmuscheln im Eis. Eine Art „Spaghetti alla vongole“, genau das richtige für einen imaginären lauen Sommerabend und zum Glück war sie im Handumdrehen gemacht.

Für die Spaghetti mit Miesmuscheln gegen den Sommerblues:

  • Spaghetti für 2 Personen
  • ca. 150 g Miesmuscheln, gegart (oder ca. 1 kg frische, gekocht und ausgelöst)
  • 2 – 3 Safranfäden in wenig warmes Wasser eingeweicht
  • 1 kleine Knoblauchzehe, fein gehackt
  • ca. 200 g Tomaten, grob gestückelt
  • 1 kleine Zucchini, gewürfelt
  • 1 Lauchzwiebel, in Ringe geschnitten
  • eine Handvoll Ananassalbei, fein gehackt
  • etwas Zitronenabrieb
  • 1 EL Zitronensaft
  • Meersalz, schwarzer Pfeffer
  • Parmesan nach Belieben

spaghetti mit miesmuscheln serieWährend die Spaghetti in reichlich Salzwasser garten, schwitzte ich Knoblauch und Lauchzwiebel in etwas Butter an, gab Zucchini und Tomaten hinzu und ließ alles ca. 10-15 Minuten sanft köcheln, bis die Zuccchini bissfest und die Tomaten sämig waren. Dann gab ich die vorgegarten Miesmuscheln, den Ananassal, den Zitronenabrieb und -saft und den Safran hinzu und schmeckte die die Sauce mit Salz und Pfeffer ab. Vielversprechend. Ich goss die Spaghetti ab, hob sie unter die Sauce und spürte sogleich die Melancholie schwinden. Herr H., der just in diesem Moment nach Hause zurückgekehrt war, freute sich ungemein, dass er seinen Hunger nicht noch stundenlang vor sich her schieben musste und schnupperte neugierig.

pasta mit Miesmuscheln 4Fazit: Eine sehr feine, frische Sommerpasta. Darüber waren wir uns einig. „Auf die Schnelle“ muss eben nicht bedeuten, dass man den Erzeugnissen dubioser Herkunft aus Supermarkt oder Imbiss ausgeliefert ist. Eine Pasta wie diese ist inklusive der Vorarbeiten wirklich in einer knappen halben Stunde auf dem Tisch und zumindest für uns wesentlich befriedigender. Und vielleicht bekommen wir ja im September noch einen kleinen Spätsommerurlaub. Wir werden sehen.

Komposition inspiriert von: Das Lexikon der Aromen- und geschmackskombinationen Karen Page, Andrew Dornburg

„Knochen mit Loch“

ossobuco 1Die Sonne lockte uns am vergangenen Wochenende nach Draußen. Frühling, endlich! Aber der Schein trog. Ein eisiger Nordwind pfiff uns beim Wandern um die Ohren, drang lässig durch die viel zu dünnen Jacken und einen Berg, dessen Aufstieg uns hätte zum Schwitzen bringen können, gibt es hier in der norddeutschen Tiefebene leider nicht. Komplett durchgefroren kehrten wir am frühen Abend nach Hause zurück und etwas Wärmendes musste dringend auf den Tisch. Die leichten, frühlingshaften Salate hoben wir uns für die kommenden, immer wärmer werdenden Tage auf. Solange der Nordwind noch regiert, darf es gern ein herrliches Schmorgericht sein, wie dieses traditionelle Ossobuco alla Milanese. Genau zwei Beinscheiben vom Jundrind gab das Eis noch her. Perfekt!

Für das Ossobuco alla Milanese:

  • 1 kleine Zwiebel, grob gehackt
  • 1 kleine Möhre, grob gehackt
  • 1/4 Stange Sellerie, grob gehackt
  • 2 Beinscheiben vom Jungrind, je ca. 300 g
  • Mehl zum Wenden
  • Butter und Öl zum Braten
  • 1 EL Tomatenmark
  • 1 Bouquet garni (je 1 Zweig Thymian, Rosmarin, 1 Lorbeerblatt, dazu Basilikum- und Petersilienstängel)
  • Salz, schwarzer Pfeffer
  • 400 g Kalbs- oder Rinderfond

sosse serie 1Herr H. briet die in Mehl gewendeten Beinscheiben kurz beidseitig an, legte sie beiseite und röstete Zwiebeln, Sellerie und Möhren in Butter und Öl an und gab das Tomatenmark hinzu. Einige Minuten später legte der die Beinscheiben auf das Gemüse, goss den Fond an, so dass das Fleisch gerade eben bedeckt war, legte die Kräuter dazu und stellte den geschlossenen Bräter in den auf 180°C vorgeheizten Backofen. Nach 2 Stunden fiel das Fleisch förmlich vom Knochen. Vorsichtig entfernte er die Beinscheiben, gab die Sauce durch ein Sieb und säuberte den Bräter.

Für die Sauce:

  • 1 kleine Zwiebel, fein gehackt
  • 1 kleine Möhre, in dünne Scheiben geschnitten
  • 1 kleine Stange Sellerie, in dünne Scheiben geschnitten
  • 1/4 TL Pfeilwurzstärke in wenig kaltem Wasser gelöst

sosse serie 2Ich briet Zwiebeln, Möhren und Sellerie kurz in etwas Olivenöl an, gab die Schmorflüssigkeit hinzu und ließ alles ca. 15 Minuten bei schwacher Hitze köcheln. Dann band ich die Sauce mit der Pfeilwurzstärke, schmeckte sie mit Salz und Pfeffer an und legte die Beinscheiben wieder hinein. Herr H. hatte sich in der Zwischenzeit um das Risotto gekümmert. Leider hatte ich erst im Nachhinein gelesen, dass der Reis dafür üblicherweise im Knochenmark angebraten wird. Nächstes Mal!

Für das Risotto alla Milanese:

  • ca. 700 g Gemüsefond oder Fleischbrühe
  • 1 Schalotte, fein gehackt
  • 1/4 Stange Sellerie, in feine Scheiben geschnitten
  • 15 g Butter
  • 120 g Risottoreis
  • 75 g Weißwein
  • Salz, schwarzer Pfeffer
  • 0,1 g Safran (ich: 1/4 TL Kurkuma, Safran war aus), in etwas heißem Wasser eingeweicht
  • (ich: etwas frisch geriebener Parmesan)

risotto alla milanese serieEr schwitzte die Schalotte in etwas Butter und Olivenöl glasig, fügte den Reis und Kurkuma hinzu (verwendet man Safran, gibt man diesen erst kurz vor Ende der Garzeit hinzu) und löschte nach kurzem Schmurgeln mit Weißwein ab. Nachdem dieser vollständig einreduziert war, goss er eine Kelle Brühe an, ließ sie einkochen und wiederholte diesen Vorgang solange, bis der Reis gar war. Vom ewigen Gerühre hält auch Herr H. nichts. Er schmeckte das fertige Risotto mit Salz, Pfeffer, Butter und Parmesan ab und ließ es einige Minuten ruhen.

Für die Gremolata:

  • 2 Zweige Thymian, Blättchen vom Stängel gezupft
  • 1 Zweig Rosmarin, Nadeln vom Stängel gezupft
  • 1/2 Knoblauchzehe
  • 20 Blätter glatte Petersilie, mit dem Knoblauch fein gehackt
  • 1 TL Olivenöl
  • Abrieb 1/2 Zitrone
  • 1 TL Zitronensaft

gremolata serieIch hackte Thymian, Rosmarin, Petersilie und Knoblauch sehr fein, mischte sie mit den übrigen Zutaten und endlich konnten wir uns wärmen. Ich richtete die Beinscheiben mit Sauce und Gremolata auf vorgewärmten Teller an, schopfte Risotto in separate vorgewärmte Schüssel und ließ Herrn H. seines Amtes walten. Zum Glück ging es dieses Mal schnell.

ossobuco 7Fazit: Ich war vorher etwas skeptisch gewesen, ob ein Risotto die geeignete Beilage für ein Schmorgericht sein könnte, erste Kostproben wischten jeden Anflug von Zweifel hinweg. Das Ossobuco besteht zwar nur aus sehr wenigen Zutaten, ebenso wie das Risotto, beides zusammen jedoch schmeckte mir absolut himmlisch. Herr H. betonte, dass es durch die Gremolata eine fast frühlingsfische Note bekäme. Ich nickte schweigend und leerte meinen Teller wieder einmal restlos. Nun kann die Wärme kommen.

Aus: Klassiker – Über 300 internationale Rezepte mit Tipps und Varianten von Johann Lafer Teubner Verlag