Seit Wochen lag Herr H. mir in den Ohren. Wir müssten doch unbedingt einmal wieder eine Torte machen. Ich war wenig motiviert und sagte ihm schlicht, wenn er mir das geeignete Rezept präsentiere, würde mir das vielleicht auf die Sprünge helfen. Damit, so hoffte ich, hatte ich mir eine Schonfrist verschafft. Denn es ist wirklich schwierig, Rezepte für außergewöhnliche Torten zu finden. Ein gedrittelter Biskuit, gefüllt und ummantelt mit Sahne ist für mich eben noch keine Torte. Leider hatte ich die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Bereits am nächsten Tag zeigte Herr H. stolz auf das Objekt seiner Begierde. Ich seufzte tief, schalt mich für meine Leichtfertigkeit und machte mich ans Umrechnen. Gestalterische Hürden, die ich zunächst anführte, hatte er lapidar vom Tisch gewischt.
Für den Sablée mit Matcha (reicht für 2 Böden à 14 cm, es wird nur 1 benötigt):
- 33 g Zucker
- 83 g Weizenmehl 405er
- 13 g fein gemahlene Mandeln
- 5 g Matcha
- 36 g Ei (ich : 20 g)
- 50 g kalte Butter, in Stückchen geschnitten
Ich siebte Zucker, Mehl, Mandeln und Matcha in eine Schüssel, gab die Butterstückchen hinzu und zerrieb alles mit der Hand zu einer krümeligen Masse, die bereits zusammenzuballen begann. Seltsam. Eigentlich sollte doch erst das Ei für Bindung sorgen. Ich gab es schluckweise hinzu und befand, dass 20 g ausreichten. Ich rollte den Teig zwischen Folie ca. 3 mm dünn aus, stach 2 Kreise à 14 cm aus, stippte sie mit der Gabel und legte sie abgedeckt für eine Stunde in den Tiefkühler. Anschließend buk ich sie ca. 15 Minuten bei 190°C. Soweit, so gut.
Für die Crisp-Schicht:
- 33 g Kokos-Marzipan (ich: 15 g Marzipan, 9 g Kokosmehl und etwas Öl zum zusammenkneten)
- 8 g weiße Kuvertüre, geschmolzen (ich: 13 g und 5 g Butter)
- 24 g Puffreis (ich: 1 Scheibe Reiscracker, zerbröselt, ca. 9 g)
Von Kokos-Marzipan hatte ich noch nie gehört. Vielleicht lag das am Übersetzungstool. Ich knetete Marzipan und Kokosmehl mit etwas Öl zu einer geschmeidigen Masse und rührte es in die mit Butter gemeinsam geschmolzene Kuvertüre. Herr H. zerbröselte den Reiscracker und gab die Brösel zur Marzipan-Masse. Ich verrührte alles. Mhm, ganz schön trocken und bröselig. Dabei hatte ich den Reisanteil bereits deutlich reduziert. Ich beschloss, diese Tatsache zu ignorieren und drückte die Masse so gut es ging im 14er Tortenring, dessen Boden ich mit Folie bespannt hatte, fest und stellte ihn kalt.
Für die drei Mousseschichten:
Schwarze Johannisbeermousse:
- 33 g scharzes Johannisbeerpüree (ich: Saft)
- 20 g Apfelsaft
- 13 g Eigelb
- 20 g Zucker
- 1,7 g Gelatine, in kaltem Wasser eingeweicht (1 Blatt)
- 50 g Sahne, locker aufgeschlagen
Rote Johannisbeermousse:
- 33 g rotes Johannisbeerpüree
- 20 g Apfelsaft
- 13 g Eigelb
- 20 g Zucker
- 1,7 g Gelatine, in kaltem Wasser eingeweicht (1 Blatt)
- 50 g Sahne, locker aufgeschlagen
Weiße Johannisbeermousse:
- 33 g weißes Johannisbeerpüree (ich: Holunderblütengelee)
- 20 g Apfelsaft
- 13 g Eigelb
- 20 g Zucker (ich: 5 g, da bereits ca. 16 g Zucker im Gelee waren)
- 1,7 g Gelatine, in kaltem Wasser eingeweicht (1 Blatt)
- 50 g Sahne, locker aufgeschlagen
Alle Mousseschichten werden nach dem gleichen Schema zubereitet. Ich kochte jeweils Johannisbeerpüree und Apfelsaft mit 10 g Zucker auf, rührte das Eigelb mit dem restlichen Zucker schaumig und gab unter Rühren die Hälfte der Flüssigkeit zu. Dann goss ich alles zurück in den Topf und erhitzte es unter Rühren auf 83°C. Ich zog den Topf vom Herd, rührte die gut ausgedrückte Gelatine ein. Nachdem die Flüssigkeit auf ca. 35°C abgekühlt war, hob ich die Sahne unter und gab die Mousse auf die Crispschicht im 14er Tortenring. Nach ca. 2 Stunden war sie fest genug, dass ich die rote Johannisbeermousse daraufgeben konnte und nach weiteren 2 Stunden die weiße. Als auch diese fest war, fror ich den Ring ein.
Für die weiße Schokoladenmousse mit Matcha:
Crème pâtissière mit Matcha:
- 175 g Vollmilch
- 1 Beutel Grüntee
- 1/2 TL Vanilleessenz
- 5 g Weizenmehl 812er
- 12,5 g Stärke
- 37,5 g feiner Zucker
- 3 g Matcha mit 2 EL heißem Wasser verrührt
- ca. 40 g Eigelb (2)
- 17,5 g Butter
Für die weiße Schokoladenmousse mit Matcha:
- 150 g weiße Kuvertüre, geschmolzen
- Crème pâtissière s. o.
- 2 g Gelatine, in kaltem Wasser eingeweicht
- 190 g Sahne, locker aufgeschlagen
Da das Original-Rezept der Mousse mir nicht zusagte, bastelte ich meine Lieblingsmousse mit weißer Kuvertüre einfach um. Für die Crème pâtissière kochte ich die Milch kurz auf, gab den Teebeutel hinein und ließ ihn ca. 10 Minuten ziehen. Dann drückte ich ihn gut aus und entfernte ihn. Herr H. hatte inzwischen das Eigelb mit der Hälfte des Zuckers verrührt und Mehl und Stärke eingearbeitet. Ich kochte die Milch mit der Vanilleessenz und dem restlichen Zucker erneut auf, gab die Hälfte zur Eigelbmischung und alles gemeinsam zurück in den Topf. Nun ließ ich die Crème 5 Minuten unter stetem Rühren köcheln. Ich zog den Topf vom Herd, rührte den in heißem Wasser gelösten Matcha ein und gab die Crème durch ein feines Sieb. Herr H. rührte stückweise die Butter unter und hielt die Crème im Wasserbad warm. Für die Mousse schmolz ich die gut ausgedrückte Gelatine im Wasserbad, rührte 2 EL Crème pâtissère ein und anschließend unter die gesamte Crème. Herr H. gab sie zur geschmolzenen Kuvertüre, verrührte alles zu einer homogenen Masse unter die ich dann die Sahne hob. Die Mousse sollte sofort zum Füllen verwendet werden, da sie schnell anzieht.
Ich befreite den Schichtkern aus dem Ring, setzte ihn auf den Sablée und stellte alles mittig in die 16er Springform. Oh Schreck! Der Kern war viel zu hoch. Aber wozu hat man einen verstellbaren Tortenring. Ich stellte ihn auf 18 cm Durchmesser und setzte ihn auf eine mit Folie bespannte Platte. In die Mitte setzte ich den Kern. Herr H. gab die Mousse schwungvoll erst am Rand und dann mittig darüber und zufrieden betrachteten wir unser Werk. Bis ich plötzlich sah, dass die Mousse unter dem Tortenring hindurch zu sickern begann. Was für ein Malheur. Ich beschwerte den Ring mit dem dicksten Kochbuch, das ich finden konnte und stellte den Ring kalt. Nach 4 Stunden begutachteten wir den Schaden. Durch die herausgesickerte Mousse war auf der Oberfläche der Torte eine Art „Burggraben“ entstanden. So ein Mist. Ich befreite die Torte aus dem Ring, fror sie gut verpackt ein und entsorgte den elendigen Ring sofort. Wir beratschlagten einen guten Tag lang, wie wir die Torte retten könnten und eigneten uns schließlich darauf, sie mit weißem Velvetspray zu überziehen und den Burggraben mit schwarzem Johannisbeergelee zu verzieren.
Fazit: Der hübsche Farbverlauf der Fruchtmousse-Schichten entschädigte uns einigermaßen für das Gewese. Nach der obligatorischen Fotosession probierten wir gespannt. Die weiße Schokoladenmousse mit Matcha war perfekt. Auch Sablée und Fruchtschichten überzeugten. Allein die Knusperschicht tat ihrem Namen keine Ehre. Die Feuchtigkeit der schwarzen Johannisbeermousse hatte sie dahingerafft. Herr H., und später auch die Kollegen im Büro, war dennoch höchst zufrieden mit dem Ergebnis unserer Bemühungen. Mir persönlich fehlte zusätzlich zur Fruchtmousse noch eine reine Fruchtschicht als Kontrast. Aber das sind eher Spitzfindigkeiten. Das kommt davon, wenn man am falschen Ende der Skala zu backen beginnt.