Der Weg der kleinen Schritte

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Als ich Ende Oktober letzten Jahres vom Erscheinen des neuen Kochbuchs „Nomad“ von Daniel Humm und Will Guidara hörte, kribbelte es mir sehr in den Fingern, das Buch sogleich zu bestellen. Herr H. gab zu bedenken, dass wir so gut wie nichts von seinem Inhalt wüssten und dass wir vielleicht besser abwarteten, ob die Bücherhalle sich nicht doch zur Anschaffung entschied. Absolut erstaunlicherweise tat sie das und so hielt ich das gute Stück nur wenige Monate später in den Händen. Wunderschöne Fotos, sehr inspirierende Rezepte, ich war schwer begeistert. Als ich jedoch zu lesen begann, stellte ich schon sehr bald fest, dass der Umsetzbarkeit eines Restaurant-Rezepts (und genau die möchte das Buch dem Leser zeigen) in einer kleinen Privat-Küche Grenzen gesetzt sind. So habe ich z.B. keinen Konvektomaten und ich musste mich auch erst schlau machen, was das eigentlich ist. Zudem mag ein Rezept zwar nur aus zwei Komponenten bestehen, liest man jedoch genauer, so sieht man, dass zum Anrichten mindestens drei bis fünf Komponenten aus dem 20 Seiten umfassenden Grundrezepten vonnöten sind. Das ist für ein Essen für zwei Personen dann doch etwas viel Aufwand. Leicht eingeschüchtert legte ich den Wälzer beiseite und ließ diese Erkenntnis erst einmal sacken. Beim zweiten Durchsehen fand ich dann endlich ein Rezept, an das wir uns umstandslos wagen konnten. Ich begann sogleich mit den Vorbereitungen.

Für die Ricotta-Gnocchi (ein bis zwei Tage vor dem Kochen herzustellen):

  • 275 g Ricotta (entwässert ca. 150 g)
  • 1/2 Ei
  • 20 g Parmesan, gerieben
  • 32 g Mehl
  • 4 g Salz
  • Hartweizengrieß

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Ich wickelte den Ricotta in Küchenpapier, legte ihn in ein Sieb und beschwerte ihn mit dem Mörser. So verpackt durfte er im Kühlschrank über Nacht entwässern. Am nächsten Morgen vermengte ich ihn mit den restlichen Zutaten und streute eine flache Form mit einer ca. 1 cm hohen Schicht Grieß aus. Herr H. stach mit dem Teelöffel (Humm arbeitet mit dem Spritzbeutel) ca. 15 g schwere Bällchen aus der Ricottamasse, die ich vorsichtig rundherum im Grieß rollte. Die fertigen Bällchen bedeckte ich mit Grieß und lagerte sie zwei Tage im Kühlschrank. Etwa zweimal am Tag wendete ich sie im Grieß, damit er gleichmäßig anhaften konnte. Nach zwei Tagen hatten sich recht robust ummantelte Bällchen gebildet, die ich vor dem Essen ca. 3 Minuten in leicht siedendem Salzwasser kochte.

Für die Butternusskürbiskugeln:

  • 1 Butternusskürbis (meiner wog ca. 1 kg, ich benötigte jedoch nur den halben)
  • 12 g Olivenöl
  • 0,5 g Salz
  • 1 Thymianzweig

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Ich schnitt den bauchigen Teil des Kürbisses ab und schälte den oberen Teil mit dem Spärschäler. Dann versuchte ich, mit dem Kugelausstecher (Größe #25), Kugeln auszustechen. Leider gelang es mir nicht, vollkommen runde Kugeln zu produzieren. Auf der Oberseite blieb jeweils eine gerade Fläche. Ich weiß nicht, ob ich nur nicht hinter den Trick gekommen bin, oder ob man aus so festem Material gar keine komplett runden Kugeln ausstechen kann. Hinweise werden dankbar entgegen genommen! Im Buch fehlt leider die Angabe, wie viele Kugeln benötigt werden, weshalb die Gramm-Angaben der restlichen Zutaten eigentlich keinen Sinn machen. Herr H. vakuumierte die 16 Kugeln mit Salz, Olivenöl und Thymianzweig und garte die Kugeln in leicht siedendem Wasser ca. 15 Minuten. Die fertig gegarten Kugeln stellte er bis zum Servieren beiseite.

Für das Butternusskürbispüree:

  • unterer Teil des Kürbisses, entkernt (ich: Reste vom Ausstechen und 1 Scheibe, ca. 300 – 350 g, geschält)
  • 12 g Olivenöl
  • Salz
  • 1 Thymianzweig
  • 20 g gebräunte Butter, zerlassen

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Auch hier fehlt leider die Gewichtsangabe des Kürbisses. Ich gab die eingeölten, gesalzenen Kürbisstücke auf ein mit Backpapier belegtes Blech, legte den Thymianzweig dazu und schob das Blech für 45 Minuten in den auf 165°C vorgeheizten Backofen. Der Kürbis sollte danach sehr zart und leicht gebräunt sein. Anschließend soll er im Standmixer (ich habe leider immer noch keinen vernünftigen, aber es wird wohl nicht mehr allzu lange dauern) auf hoher Stufe glatt püriert werden. Ich gab den Kürbis in den Zerkleinerer der Maschine und ließ sie einige Minuten auf hoher Stufe laufen. Leider würde das Püree nicht so glatt wie erhofft. Ich ließ die Maschine weiter langsam laufen, gab nach und nach die flüssige Butter zu und schmeckte mit Salz ab. Herr H. stellte das fertige Püree abgedeckt warm.

Für die glasierten und gerösteten Pilze:

  • 23 g Butter
  • 8 violette Rötelritterlinge (ich: Steinpilze)
  • 8 Pfifferlinge
  • 4 Herbsttrompeten (ich: weg gelassen)
  • Salz
  • 15 g Hähnchen-Fond
  • 1 Steinpilz, längs halbiert (ich: braune Champignons)
  • Rapsöl zum Anbraten
  • Salz
  • 15 g Butter
  • 1/2 Knoblauchzehe
  • 1 Thymianzweig

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Bei der Auswahl der Pilze waren wir natürlich etwas eingeschränkt. Für die glasierten Pilze zerließ ich die Butter bei mittlerer Hitze, bis sie aufschäumte. Herr H. gab Steinpilze und Pfifferlinge hinzu und ließ sie ca. 4 Minuten dünsten. Dann schmeckte er mit Salz ab und fügte den Fond hinzu. Ich brachte alles wieder sanft zum Kochen und ließ die Pilze köcheln, bis der Fond leicht reduziert war und die Pilze glänzend überzogen waren. Der Fond sollte laut Buch nicht zu stark reduziert werden, da die Pilze ansonsten fettig aussähen. Ich stellte die fertige Pilze warm. Herr H. hatte derweil die halbierten Champignons ohne Fett in einer beschichteten Pfanne kräftig angebraten. Als sie goldbraun waren, gab er Butter Knoblauch und Thymianzweig hinzu und ließ sie noch einige Minuten braten. Dann entnahm er die halbierte Knoblauchzehe und den Thymian und stellte sie ebenfalls warm.

Zum Servieren:

  • frittierte Salbeiblätter
  • 1 Steinpilz, in hauchdünne Scheibe geschnitten, mit Olivenöl bestrichen, mit Fleur de Sel bestreut (ich: weg gelassen)
  • 60 g Hähnchen-Fond
  • 25 g Butter
  • Salz
  • Parmesan

Ich kochte den Fond auf, gab Butter, Kürbiskugeln und etwas Salz hinzu und schwenkte die Kugeln, so dass sie glänzend überzogen wurden. Dann entnahm ich sie und schwenkte die fertig gegarten Gnocchi behutsam darin. Herr H. hatte in der Zeit die Salbeiblätter ca 15 Sekunden bei 175°C frittiert. Ich gab etwas Kürbispüree in zwei vorgewärmte Teller, richtete Kürbiskugeln, Ricotta-Gnocchi (mit Parmesan bestreut), Salbei und Pilze darauf an und übergab Herrn H. einen Teller. Wie üblich räumte ich, während er fotografierte und dann konnten wir endlich kosten.

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Fazit: Was für ein Gericht! Es hat sich definitiv gelohnt, diesen Weg der vielen Zubereitungsschritte zu gehen. Die luftigen Gnocchi passten bestens zum (leider nicht ganz) seidigen Kürbispüree, dass durch die gebräunte Butter eine sehr interessante Note hatte. Die Kürbiskugeln hatten eine zugleich feste und zarte Konsistenz und schmeckten erstaunlich fruchtig, wie Herr H. bemerkte. Der frittierte Salbei knusperte und die Pilze setzten kräftige Akzente. Auch mit unseren bescheidenen Möglichkeiten gelang das Gericht hervorragend. Es gibt noch ein paar andere Rezepte, an denen ich mich versuchen will, aber im Großen und Ganzen bin ich froh, das ich das Buch nicht angeschafft habe, da sein praktischer Nutzen, zumindest für mich, doch sehr eingeschränkt ist.

Aus Nomad Daniel Humm, Will Guidara

Abgehakt

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Gut Ding will bekanntermaßen Weile haben und so kommt es, dass diese herrlichen Oliven-Gnocchi fast ein halbes Jahr in meinem Kopf schlummerten, bevor ich dazu kam, sie endlich zuzubereiten. Micha / Grain de Sel war da deutlich flinker. Aber so ist es eben. Auf jeden Fall beruhigt es mich, dass sich solche herrlichen Gerichte, nur einmal gesehen, für immer und ewig in mein Hirn einnisten, bis ich es endlich schaffe, zur Tat zu schreiten. Und Herr H. hatte dieses Mal keine Wahl, da er seinen ersehnten Schweine-Rücken einfach im Eis vergessen hatte. So kann es eben auch gehen.

Für die Oliven-Gnocchi: 

  • 160 g Ricotta (über Nacht entwässert aus ca. 250 g)
  • 160 g grüne Oliven, entsteint
  • 40 g Parmesan (ich: 20 g)
  • 120 g Weißbrot, fein gemahlen (ich: 50 g Panko)
  • 20 g Weizenmehl 405er
  • 40 g Olivenöl (ich: weg gelassen)
  • 1 Ei, verquirlt (ich: 2 Eigelb)
  • 2 EL Spinatmatte
  • ggf. Salz, weißer Pfeffer

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Herr H. und ich sind zwar keine körperlich schwer arbeitenden Menschen, aber ich beherzigte dennoch Michas Rat und verdoppelte die Zutatenmenge. Da mein Ricotta wirklich sehr stark entwässert war, reduzierte ich zudem die Bröselmenge. Ich gab alle Zutaten in den Zerkleinerer der Küchenmaschine und ließ ihn laufen, bis eine quietsch-grüne, recht feste Masse entstanden war. Diese rollte ich in mehreren Portionen auf Gries zu ca. 1,5 cm dünnen Strängen. Herr H. schnitt ca. 2 cm lange Stückchen davon ab und gemeinsam rollten wir sie zu ovalen, oliven-ähnlichen Gebilden. Die Masse hatte eine sehr schöne Konsistenz und ließ sich problemlos verarbeiten. Nachdem alle Oliven gerollt waren, garte ich sie in siedendem Salzwasser und schreckte sie kalt ab.

Für das Finish:

  • Rouget-Filets nach Belieben
  • 2 Handvoll Cherry-Tomaten
  • Zucker, Salz
  • Olivenöl
  • 1 kleine Knoblauchzehe, fein gehackt
  • 1 EL Salzkapern, gewässert
  • Basilikum und/ oder junge Bete-Blätter nach Belieben (ich: beides leider nicht im Haus, einige Möhrenstreifen im Gnocchi-Wasser blanchiert)

oliven-gnocchi-serie2Bevor ich die Gnocchi bereitete, hatte ich die Tomaten halbiert, mit der Schnittfläche durch Olivenöl gezogen, sie leicht gezuckert und gesalzen und für eine gute Stunde bei 130°C im Backofen angetrocknet. Herr H. briet nun Knoblauch und Kapern kurz in etwas Olivenöl an und schwenkte die Gnocchi darin. Ich briet die Filets in einer weiteren Pfanne auf der Hautseite ebenfalls in Olivenöl ca. 30 Sekunden an, wendete sie und zog die Pfanne von der Platte. Nach 2 Minuten richtete ich sie gemeinsam mit den Oliven-Gnocchi auf vorgewärmten Tellern an. Herr H. betrachtete die Teller leicht missmutig. Das habe bei Micha und Robert deutlich hübscher ausgesehen. Ich hob nur bedauernd die Schultern, drapierte einen Möhrenstreifen und schob ihn mitsamt dem Teller aus der Küche.

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Fazit: Natürlich hätten sich ein paar Blättchen optisch großartig gemacht. Das musste ich einräumen. Geschmacklich waren die Oliven-Gnocchi auch ohne sie sagenhaft gut. Das Aroma der grünen Oliven war deutlich wahrnehmbar, die Konsistenz der Gnocchi perfekt, außen fest, innen cremig, und die Tomaten passten wunderbar. Allein die Rotbarbe hätte es für uns nicht zwingend gebraucht. Aber das ist wie alles natürlich Geschmackssache. Diese Gnocchi wurden jedenfalls einstimmig ins allgemeine H.sche Rezept-Register aufgenommen und ich bin froh, dass ich sie endlich kosten konnte. Besser spät als nie.

Speicher füllen!

Ravioli mit Rucola und Ziegenkäse3

Was tun, wenn man aus nicht mehr ganz jugendlichem Leichtsinn eine Entscheidung getroffen hat, die sich kaum noch ohne allzu großen Gesichtsverlust rückgängig machen lässt? Ich weiß es wirklich nicht, was mich in diesem Moment geritten haben mag, aber nun steht er direkt vor mir. Der Halbmarathon am Sonntag. Würde man es posititiv betrachten können, könnte man denken, hey, es ist nur ein halber Marathon, nur schlappe 20 Kilometer. Das hast du vor vier Jahren schon einmal geschafft. Es klappt bestimmt auch beim zweiten Mal. Aber irgendwie fiel mir das zehnwöchige Training zur Vorbereitung dieses Mal sehr viel schwerer. Nach jedem Tempo-Training hatte ich das Gefühl, von Mal zu Mal langsamer zu werden. Zudem fühle ich mich seit Tagen unterschwellig leicht erkältet und überhaupt. Da hilft in der letzten Woche, der Ruhe vor dem Sturm, neben viel Schlaf und wenig Bewegung nur eins: Pasta, Pasta und nochmals Pasta. Die Speicher müssen gut gefüllt werden, damit die Muskeln sich kraftvoll ihrer Aufgabe stellen können. Und damit es nicht langweilig wird habe ich mir für gestern Abend eine sehr reizvoll klingende, gefüllte Pasta ausgesucht

Für die Füllung:

  • 100 g Rucola, grob zerkleinert (ich hatte wilden)
  • 130 g Ziegenfrischkäse (ich : 150 g)
  • 100 g Ricotta (ich: 80 g)
  • 25 g Parmesan, frisch gerieben
  • ca. 4 EL Mie de Pain (ich: Panko)
  • Cayenne

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Die Änderung der Zutaten für die Füllung waren der Vorratslage geschuldet. Zudem schwitzte ich den gesamten Rucola in wenig Olivenöl kurz an, da Herr H. höchst empfindlich auf den Geschmack rohen Rucolas reagiert. Nachdem er abgekühlt war, gab ich ihn mit den restlichen Zutaten in den Zerkleinerer und ließ ihn laufen, bis eine homogene, eher feste Masse entstanden war. Ich schmeckte sie lediglich mit etwas Cayenne ab, salzig genug war sie schon. Bis zum Füllen stellte ich sie kalt.

Für die Rucola-Ziegenkäse-Ravioli (reichlich für 3):

  • 90 g Weizenmehl 405er
  • 90 g Hartweizenmehl
  • 1 Ei Gr. L + 2 Eigelb
  • 1 g Salz
  • Füllung s. o.

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Den Teig hatte ich schon an Nachmittag ca. 10 Minuten von Hand geknetet und abgedeckt kalt gestellt. Nun teilte ich ihn in drei Teile und gab sie nacheinander bis zur feinsten Stufe (9/9) durch die Nudelmaschine. Da ich das Ravioli-Brett nach einem missglückten Versuch damit formschöne Ravioli zu produzieren entsorgt hatte, musste ich auf das kleinste „Gebiss“ zurückgreifen. Ich stach mit der Rückseite Kreise aus, legte sie hinein und gab jeweils einen knappen TL Füllung darauf, bevor ich es zusammen klappte. Auf diese Weise produzierte ich in einer knappen Stunde recht meditativ über 50 Ravioli. Herr H. war an diesem Abend aushäusig, so dass ich die fertigen Ravioli auf einem Tablett vorfror und sie dann gefroren eintütete. Auf den Resten des Pastateigs (mehr als zweimal kann ich meinen recht trockenen Teig nicht ausrollen) bereitete ich mir ein eher karges Mahl, was die Vorfreude auf den nächsten Abend nur noch steigerte.

Für das Gemüse:

  • 1 mittelgroßer Kohlrabi, geschält, klein gewürfelt
  • 1 Handvoll Zuckerschoten (ich: Erbsen, dann leider im Eifer des Gefechts vergessen)
  • 2 EL Butter
  • 50 g Geflügelfond
  • 20 g Noilly Prat
  • (ich: 1 Zweig Rosmarin)
  • Salz, schwarzer Pfeffer

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Ich gab einen EL Butter in den Topf, ließ die Kohlrabiwürfel kurz darin anschwitzen, salzte, fügte den Rosmarinzweig hinzu und löschte mit Fond und Noilly Prat ab. Nach ca. 25 Minuten waren sie perfekt gegart. Ich gab die Kochflüssigkeit durch ein Sieb in die Pfanne, ließ sie bei mittlerer Hitze fast vollständig reduzieren und gab einen weiteren Löffel Butter hinzu. Herr H. hatte inzwischen die gefrorenen Ravioli in reichlich Salzwasser 5 Minuten gegart. Nun ließ er sie kurz abtropfen und schwenkte sie einmal in der Pfanne. Siedend heiß fielen mir die Erbsen ein. Dafür war es nun leider viel zu spät. Musste Herr H. sich halt mit einem eher monochromen Foto-Teller begnügen. Zum Glück hatte ich noch einige Blättchen Rucola aufgehoben.

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Fazit: Die Kombination von leicht scharfer Füllung und buttrigem Kohlrabi gefiel uns beiden ausgezeichnet. Das war auch nicht anders zu erwarten gewesen. Ich war über die Abwesenheit der Erbsen etwas traurig, sie hätten sicher eine sehr passende leichte Süße beigesteuert und auch über den „Verlust“ des Ravioli-Bretts, da die Füllung damit mit Sicherheit „bauchiger“ gelingt. Aber das sind nur Kleinigkeiten. So und nun hoffe ich, dass die Pasta-Kur mich irgendwie über die weite Distanz tragen wird. Ich werde berichten, wenn ich es überlebe.

Da hilft auch kein Pythagoras

Berlingots 3

Ein paar lose Enden gab es dann doch noch. Da war diese Sache mit den tetraedrischen Ravioli, Berlingots genannt. Nachdem ich das Rezept wohl dutzendfach studiert hatte, war mir zumindest theoretisch klar, wie die Formgebung vonstatten ginge. Aber in der Praxis verblasst die Theorie nur zu gern. Herr H. und ich gaben tüftelnd, faltend und schwitzend unser Bestes, um hinter das Geheimnis zu kommen und nachdem wir einige unförmige Exemplare gefaltet hatten, fiel es uns wie Schuppen von den Augen. Ehrlichweise muss ich gestehen, von Herrn H.s Augen. Mein Hirn brauchte noch etwas länger um zu verstehen.

Für den Pastateig (ergibt ca. 100 Ravioli):

  • 180 g Weizenmehl 405er
  • 80 g Hartweizenmehl
  • 3 Eigelb + 1 Ei
  • 1 Pr. Salz
  • 1 TL Olivenöl
  • evtl. 2 – 3 EL Wasser

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Ich gab alle Zutaten für den Teig in eine Schüssel, vermengte sie grob mit dem Löffel und knetete anschließend alles von Hand zusammen. Ergibt es keinen zusammenhängenden Teig, gebe ich löffelweise wenig Wasser hinzu. Zuviel Wasser erschwert das spätere Auswalzen der Teigplatten, also lieber zu wenig als zuviel. Als der Teig zusammenballte, knetete ich ihn ca. 10 Minuten von Hand, bis er seidig-glatt und elastisch war (fühlt sich ein bisschen an wie Knetgummi früher). Abdeckt durfte er nun ca. 2 Stunden bei Raumtemperatur ruhen.

Für die Füllung:

  • 300 g Ricotta (abgetropft ca. 200 g)
  • 100 g Ziegenkäse, halb rezent (ich: 150 g Ziegenfrischkäse)
  • 30 g Zitronensaft (ich: 15 g)
  • Abrieb 1 Zitrone
  • Salbei und Thymian, fein gehackt
  • Salz, weißer Pfeffer

Füllung Serie

Bevor ich den Teig bereitet hatte, hatte ich den Ricotta zum Entwässern in eine dicke Lage Küchenpapier gewickelt. Nachdem ich das Papier zweimal gewechselt hatte (innerhalb von 2 Stunden), war er recht bröseltrocken. Ich gab ihn gemeinsam mit den übrigen Zutaten in eine Schüssel und vermengte alles zu einer relativ festen Creme. Herr H. füllte sie in den Spritzbeutel mit 10er Lochtülle und legte ihn in den Kühlschrank. Ich hatte derweil die erste Teigkugel flach gedrückt und bis zur feinsten Stufe zu einer 8 cm breiten Bahn ausgerollt. Darauf setzte ich direkt an die Kante der Breitseite im Abstand von ca. 4,5 cm etwa haselnussgroße Tupfen der Füllung.

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Ich bestrich den gegenüberliegenden Rand mit wenig Wasser und rollte die Bahn von der Füllungsseite vorsichtig auf. Die äußere Kante drückte ich nun mit dem Messerrücken zusammen. Herr H. drehte die Rolle um 90°, drückte mit dem Finger im folgenden Zwischenraum direkt an der vorderen Füllung den Teig zusammen (dadurch kippt die senkrechte Kante nach hinten und man erkennt schon den Tetraeder) und schnitt den Raviolo ab. Gar nicht übel! Leider gelang es uns nicht immer, die Menge der Füllung so zu dosieren, das zwischen den einzelnen Ravioli keine Teigstreifen entstanden. Gesammelt machten sie sich jedoch vorzüglich in einer Suppe. Die fertigen Ravioli lagerte ich auf einem gut begrießten Tuch. Hat man den Dreh einmal heraus, macht sich sogar eine so große Menge wie im Handumdrehen. Ca. 64 Ravioli fror ich als Vorspeise für’s Weihnachtsessen ein (erst ausgebreitet auf einem Blech vorgefroren), die anderen garte ich ca. 4 Minuten in siedendem Salzwasser.

Für die Sauce:

  • Saft einer mittelgroßen Orange
  • 100 g Kalbsfond
  • 40 g Butter
  • Salz, weißer Pfeffer
  • Thymian, fein gehackt (ich: Estragon, einzelne Blättchen in zwei bis drei Teil geschnitten, Thymian war aus)

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Ich gab den Orangensaft mit dem Fond in einen kleinen Topf und ließ ihn ca. auf ein Drittel einreduzieren. Dann mixte ich (mit dem Zauberstab) portionsweise die sehr kalte Butter ein, schmeckte mit Salz, Pfeffer und Estragon ab und richtete die Berlingots gemeinsam mit ihr auf vorgewärmten Tellern an. Ein wenig monochrom, aber man sollte sich hier nicht von Äußerlichkeiten leiten lassen.

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Fazit: Ein ganz außergewöhnlicher Ravioli-Genuss. Diesbezüglich waren Herr H. und ich uns ausnahmsweise völlig einig. Sogar der Estragon machte sich in der Sauce unerwartet gut. Und da wir unsere (Vor-)Weihnachtsgäste so üppig bekocht hatten, dass in ihren Mägen partout kein Platz mehr für ein paar Ravioli gewesen war, können wir uns auf eine weitere Portion in naher Zukunft freuen. Und mit diesem Post verabschieden auch wir uns in die wohlverdienten Ferien. Inzwischen dürfte unser Archiv prall genug gefüllt sein, dass der ein oder andere etwas ansprechendes zum Nachkochen oder -backen finden sollte. Wir bedanken uns bei allen Lesern, Co-Bloggern und anderen Menschen für das Interesse an unserer Küchenaktivität und wünschen allen ebenso entspannte, friedliche und harmonische Feiertage – frohe Weihnachten eben!

 

 

Überraschung!?

Raviolo con sorpresa (6)Ich mag keine Überraschungen, ich mochte sie noch nie. Parties, die ohne mein Wissen für mich organisiert werden und in die ich dann hineinstolpere – nein danke. Plötzlich an der Haustür klingelnde Freunde, die sich spontan selbst zum Abendessen einladen, ein Graus! Herr H. konnte sich schon zu Beginn unserer Beziehnung vor einer gefühlten Ewigkeit davon überzeugen, wie ungern ich überrascht werde. Eines Abends, nach einem sehr langen und anstrengenden Arbeitstag, bat er mich, mich in Schale zu schmeißen, wir hätten noch etwas Besonderes vor. Hartnäckige Nachfrage meinerseits brachte keine Erhellung und so fand ich mich deutlich overdressed in einem Kasino wieder und musste um echtes Geld spielen. Weitere Überraschungen blieben danach zum Glück aus. Ich halte die Fäden des Geschehens einfach lieber selbst in der Hand und bereite mich mental auf bevorstehende Ereignisse vor. Kontrollfreak? Vielleicht. Die Etikettierung ist mir völlig egal, wenn ich mich in Ruhe vorbereiten kann. Es gibt jedoch eine einzige Ausnahme. Vom Geschmack einer unbekannten Speise lasse ich mich gern überraschen. Es gibt nichts, das ich nicht zumindest kosten würde. Und zum Glück sind wir uns diesbezüglich einig.

Für die Ravioli con Sorpresa:

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  • 90g Weizenmehl 405er
  • 45 g Hartweizenmehl
  • 1 Ei + 1 Eigelb
  • 1 Pr. Salz
  • 1/2 TL Olivenöl
  • evtl. 1 – 2 EL Wasser

Für die Spinat-Ricotta-Füllung (inspiriert von Robert):

  • 300 g frischer Spinat (ich: TK, aufgetaut, gut abgetropft)
  • 150 g Ricotta, am besten über Nacht abgetropft
  • 1 Schalotte, fein gehackt
  • 1 kleine Knoblauchzehe, fein gehackt
  • wenig Butter zum Anschwitzen
  • 15 g Parmesan, fein gerieben
  • Muskat, Pfeffer, Salz
  • 1 Prise Currypulver (ich: Madras)
  • 2 frische Eigelbe (nach Belieben mehr)
  • ca. 25 g Butter
  • 5 – 6 frische Salbeiblätter

zutaten serieIch gab alle Zutaten für den Teig bis auf das Wasser in eine Schüssel, vermengte sie grob mit dem Löffel und knetete den Teig von Hand ca. 10 Minuten lang. Bröselt er nach 5 minütigem Kneten noch zu stark, füge ich noch etwas Wasser hinzu, aber keinesfalls zuviel, da der Teig in der Ruhezeit noch feuchter wird. Ich lagerte ihn für 2 Stunden abgedeckt bei Raumtemperatur und rollte ihn dann in zwei Portionen mit der Nudelmaschine zu sehr breiten Bahnen bis Stufe 7/9 (Marcato Atlas 150) aus. Beim nächsten Mal würde ich ihn noch mindestens eine Stufe dünner ausrollen. Herr H. hatte in der Zwischenzeit Schalotte und Knoblauch in wenig Butter glasig geschwitzt, den gut ausgedrückten Spinat hinzu gegeben und wenige Minuten mitschwitzen lassen. Er würzte mit Salz, Pfeffer, Muskat und einer Prise Curry und ließ alles in einer Schüssel abkühlen. Dann mengte er Ricotto und Parmesan unter.

füllen serieIch hatte aus den Bahnen vier 11 cm große Kreise ausgestochen und auf Hartweizenmehl gelagert. Nun bestrich ich die Ränder zweier Kreise mit Wasser, setzte einen Ring aus Füllung darauf und ließ jeweils ein Eigelb hineingleiten. Es empfiehlt sich nicht nur aus hygienischen Gründen möglichst frische Eier zu verwenden. Bei der Lagerung tritt Wasser vom Eiweiß ins Eigelb und seine „Hülle“ wird dadurch fragiler, so dass sie beim Einsetzten in den Füllungsring reißen kann (ist mir leider bei einem passiert). Ich legte den „Deckel“ mittig auf die Füllung und drückte die Ränder vorsichtig aufeinander. Herr H. entfernte ggf. entstandene Luftblasen mit der Stecknadel. Die fertigen Ravioli lagerte ich ebenfalls bis zum Garen auf Hartweizenmehl.

Die angegebene Menge an Teig und Füllung reicht für ca. 24 „normal“ große Ravioli oder für ca. 8 Ravioli con Sorpresa. Ich habe nur zwei gemacht, da ich ohnehin immer zuviel Eiweiß übrig habe. Aus den restlichen Zutaten habe ich einfach 6 cm große Ravioli mit Spinat-Ricotta-Füllung gemacht. Die Ravioli con Sorpresa garte ich 6 Minuten in siedendem Salzwasser, die „normalen“ nur 4. Herr H. hatte derweil die Butter aufgeschäumt und den Salbei darin einige Minuten ziehen gelassen. Ich richtete die Ravioli auf vorgewärmten Tellern an und goß die Butter darüber.

Raviolo con sorpresa (2)Fazit: Was soll ich sagen? Ein absolut köstliche „Überraschung“. Die Harmonie von Spinat und Eigelb ist zwar ein alter Hut, aber so verpackt und um cremigen Ricotta ergänzt erstrahlt sie in völlig neuem Glanz. Ich bedauerte ein wenig, nur zwei der Ravioli mit Eigelb bestückt zuhaben, aber auch die nur mit der Spinat-Ricotto-Füllung versehenen Ravioli waren traumhaft. Mehr als Salbeibutter braucht es wirklich nicht dazu. Mir persönlich war der Pastateig etwas zu dick, aber Herr H. befand ihn für genau richtig. So werden wir seine Stärke wohl abwechlsend gestalten müssen, mal dicker, mal dünner. Über die Prise Curry in der Spinat-Ricotta-Füllung hingegen waren wir uns einig, sie erst gab ihr das gewisse „je ne sais quoi“. Wie gut, dass ich mich an Roberts Rezept erinnert hatte.

Aus (leicht modifiziert): Pasta Antonio Carluccio