Der Weg der kleinen Schritte

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Als ich Ende Oktober letzten Jahres vom Erscheinen des neuen Kochbuchs „Nomad“ von Daniel Humm und Will Guidara hörte, kribbelte es mir sehr in den Fingern, das Buch sogleich zu bestellen. Herr H. gab zu bedenken, dass wir so gut wie nichts von seinem Inhalt wüssten und dass wir vielleicht besser abwarteten, ob die Bücherhalle sich nicht doch zur Anschaffung entschied. Absolut erstaunlicherweise tat sie das und so hielt ich das gute Stück nur wenige Monate später in den Händen. Wunderschöne Fotos, sehr inspirierende Rezepte, ich war schwer begeistert. Als ich jedoch zu lesen begann, stellte ich schon sehr bald fest, dass der Umsetzbarkeit eines Restaurant-Rezepts (und genau die möchte das Buch dem Leser zeigen) in einer kleinen Privat-Küche Grenzen gesetzt sind. So habe ich z.B. keinen Konvektomaten und ich musste mich auch erst schlau machen, was das eigentlich ist. Zudem mag ein Rezept zwar nur aus zwei Komponenten bestehen, liest man jedoch genauer, so sieht man, dass zum Anrichten mindestens drei bis fünf Komponenten aus dem 20 Seiten umfassenden Grundrezepten vonnöten sind. Das ist für ein Essen für zwei Personen dann doch etwas viel Aufwand. Leicht eingeschüchtert legte ich den Wälzer beiseite und ließ diese Erkenntnis erst einmal sacken. Beim zweiten Durchsehen fand ich dann endlich ein Rezept, an das wir uns umstandslos wagen konnten. Ich begann sogleich mit den Vorbereitungen.

Für die Ricotta-Gnocchi (ein bis zwei Tage vor dem Kochen herzustellen):

  • 275 g Ricotta (entwässert ca. 150 g)
  • 1/2 Ei
  • 20 g Parmesan, gerieben
  • 32 g Mehl
  • 4 g Salz
  • Hartweizengrieß

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Ich wickelte den Ricotta in Küchenpapier, legte ihn in ein Sieb und beschwerte ihn mit dem Mörser. So verpackt durfte er im Kühlschrank über Nacht entwässern. Am nächsten Morgen vermengte ich ihn mit den restlichen Zutaten und streute eine flache Form mit einer ca. 1 cm hohen Schicht Grieß aus. Herr H. stach mit dem Teelöffel (Humm arbeitet mit dem Spritzbeutel) ca. 15 g schwere Bällchen aus der Ricottamasse, die ich vorsichtig rundherum im Grieß rollte. Die fertigen Bällchen bedeckte ich mit Grieß und lagerte sie zwei Tage im Kühlschrank. Etwa zweimal am Tag wendete ich sie im Grieß, damit er gleichmäßig anhaften konnte. Nach zwei Tagen hatten sich recht robust ummantelte Bällchen gebildet, die ich vor dem Essen ca. 3 Minuten in leicht siedendem Salzwasser kochte.

Für die Butternusskürbiskugeln:

  • 1 Butternusskürbis (meiner wog ca. 1 kg, ich benötigte jedoch nur den halben)
  • 12 g Olivenöl
  • 0,5 g Salz
  • 1 Thymianzweig

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Ich schnitt den bauchigen Teil des Kürbisses ab und schälte den oberen Teil mit dem Spärschäler. Dann versuchte ich, mit dem Kugelausstecher (Größe #25), Kugeln auszustechen. Leider gelang es mir nicht, vollkommen runde Kugeln zu produzieren. Auf der Oberseite blieb jeweils eine gerade Fläche. Ich weiß nicht, ob ich nur nicht hinter den Trick gekommen bin, oder ob man aus so festem Material gar keine komplett runden Kugeln ausstechen kann. Hinweise werden dankbar entgegen genommen! Im Buch fehlt leider die Angabe, wie viele Kugeln benötigt werden, weshalb die Gramm-Angaben der restlichen Zutaten eigentlich keinen Sinn machen. Herr H. vakuumierte die 16 Kugeln mit Salz, Olivenöl und Thymianzweig und garte die Kugeln in leicht siedendem Wasser ca. 15 Minuten. Die fertig gegarten Kugeln stellte er bis zum Servieren beiseite.

Für das Butternusskürbispüree:

  • unterer Teil des Kürbisses, entkernt (ich: Reste vom Ausstechen und 1 Scheibe, ca. 300 – 350 g, geschält)
  • 12 g Olivenöl
  • Salz
  • 1 Thymianzweig
  • 20 g gebräunte Butter, zerlassen

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Auch hier fehlt leider die Gewichtsangabe des Kürbisses. Ich gab die eingeölten, gesalzenen Kürbisstücke auf ein mit Backpapier belegtes Blech, legte den Thymianzweig dazu und schob das Blech für 45 Minuten in den auf 165°C vorgeheizten Backofen. Der Kürbis sollte danach sehr zart und leicht gebräunt sein. Anschließend soll er im Standmixer (ich habe leider immer noch keinen vernünftigen, aber es wird wohl nicht mehr allzu lange dauern) auf hoher Stufe glatt püriert werden. Ich gab den Kürbis in den Zerkleinerer der Maschine und ließ sie einige Minuten auf hoher Stufe laufen. Leider würde das Püree nicht so glatt wie erhofft. Ich ließ die Maschine weiter langsam laufen, gab nach und nach die flüssige Butter zu und schmeckte mit Salz ab. Herr H. stellte das fertige Püree abgedeckt warm.

Für die glasierten und gerösteten Pilze:

  • 23 g Butter
  • 8 violette Rötelritterlinge (ich: Steinpilze)
  • 8 Pfifferlinge
  • 4 Herbsttrompeten (ich: weg gelassen)
  • Salz
  • 15 g Hähnchen-Fond
  • 1 Steinpilz, längs halbiert (ich: braune Champignons)
  • Rapsöl zum Anbraten
  • Salz
  • 15 g Butter
  • 1/2 Knoblauchzehe
  • 1 Thymianzweig

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Bei der Auswahl der Pilze waren wir natürlich etwas eingeschränkt. Für die glasierten Pilze zerließ ich die Butter bei mittlerer Hitze, bis sie aufschäumte. Herr H. gab Steinpilze und Pfifferlinge hinzu und ließ sie ca. 4 Minuten dünsten. Dann schmeckte er mit Salz ab und fügte den Fond hinzu. Ich brachte alles wieder sanft zum Kochen und ließ die Pilze köcheln, bis der Fond leicht reduziert war und die Pilze glänzend überzogen waren. Der Fond sollte laut Buch nicht zu stark reduziert werden, da die Pilze ansonsten fettig aussähen. Ich stellte die fertige Pilze warm. Herr H. hatte derweil die halbierten Champignons ohne Fett in einer beschichteten Pfanne kräftig angebraten. Als sie goldbraun waren, gab er Butter Knoblauch und Thymianzweig hinzu und ließ sie noch einige Minuten braten. Dann entnahm er die halbierte Knoblauchzehe und den Thymian und stellte sie ebenfalls warm.

Zum Servieren:

  • frittierte Salbeiblätter
  • 1 Steinpilz, in hauchdünne Scheibe geschnitten, mit Olivenöl bestrichen, mit Fleur de Sel bestreut (ich: weg gelassen)
  • 60 g Hähnchen-Fond
  • 25 g Butter
  • Salz
  • Parmesan

Ich kochte den Fond auf, gab Butter, Kürbiskugeln und etwas Salz hinzu und schwenkte die Kugeln, so dass sie glänzend überzogen wurden. Dann entnahm ich sie und schwenkte die fertig gegarten Gnocchi behutsam darin. Herr H. hatte in der Zeit die Salbeiblätter ca 15 Sekunden bei 175°C frittiert. Ich gab etwas Kürbispüree in zwei vorgewärmte Teller, richtete Kürbiskugeln, Ricotta-Gnocchi (mit Parmesan bestreut), Salbei und Pilze darauf an und übergab Herrn H. einen Teller. Wie üblich räumte ich, während er fotografierte und dann konnten wir endlich kosten.

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Fazit: Was für ein Gericht! Es hat sich definitiv gelohnt, diesen Weg der vielen Zubereitungsschritte zu gehen. Die luftigen Gnocchi passten bestens zum (leider nicht ganz) seidigen Kürbispüree, dass durch die gebräunte Butter eine sehr interessante Note hatte. Die Kürbiskugeln hatten eine zugleich feste und zarte Konsistenz und schmeckten erstaunlich fruchtig, wie Herr H. bemerkte. Der frittierte Salbei knusperte und die Pilze setzten kräftige Akzente. Auch mit unseren bescheidenen Möglichkeiten gelang das Gericht hervorragend. Es gibt noch ein paar andere Rezepte, an denen ich mich versuchen will, aber im Großen und Ganzen bin ich froh, das ich das Buch nicht angeschafft habe, da sein praktischer Nutzen, zumindest für mich, doch sehr eingeschränkt ist.

Aus Nomad Daniel Humm, Will Guidara

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italienische Ochsenschwanzsuppe 1-1Wie jedes Jahr um diese Zeit wecken sinkende Temperaturen und abnehmendes Tageslicht nicht nur meinen Appetit auf Kohlenhydrate. Fleisch muss es sein! Ob lange geschmort oder in Form der herrlichen, neu entdeckten Kohlwürste von meinem neuen Lieblingsmetzger, völlig egal. Ich brauche auch keine Unmengen auf einen Schlag, aber fast täglich kreisen meine Gedanken darum, wie ich zu einer kleinen Portion kommen könnte. Die nahende Ankunft einer größeren Menge an Wildschwein legte kürzlich eine Sichtung der Bestände nahe. Ich hatte es tatsächlich geschafft, den neu gewonnenen Gefrierraum bis in die hinterste Ecke zu füllen. Genau dort fand ich ihn neben einer großen Tüte Kalbsknochen. Fond zu kochen gehört nicht zu meinen Lieblingsbeschäftigungen, aber hey, so konnte ich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Alle zuvor überlegten, exotische Gewürze beinhaltenden Rezepte warf ich kurz entschlossen über den Haufen. Frei nach dem Motto, zurück zu den Wurzeln.

Für die italienische Ochsenschwanzsuppe mit Linsen:

  • 500 g Ochsenschwanz, in Stücke geschnitten (das kann der Metzger am besten)
  • Olivenöl zum Braten
  • 1 Knoblauchzehe, fein gehackt
  • 1 kleine Zwiebel, fein gehackt
  • 1 Pastinake oder Möhre, in Scheiben geschnitten
  • 1 Stange Staudensellerie, in Scheiben geschnitten
  • 1 gelbe Paprika, in Streifen geschnitten
  • 75 g Rotwein
  • 350 g passierte Tomaten
  • 1 Zweig Rosmarin
  • 75 g grüne Linsen, gegart
  • Petersilie nach Belieben

o-suppe serieStatt die Ochsenschwanzstücke im Topf anzubraten, legte ich sie zu den Kalbsknochen auf das Backblech und bräunte sie ca. 20 Minuten bei 180°C Umluft. Zwei Fliegen und so. Herr H. schwitzte derweil nacheinander Zwiebeln, Knoblauch und Gemüse im Olivenöl an. Ich legte die angebräunten Ochsenschwanzstückchen auf das Gemüse, goss Rotwein und Tomaten an und füllte mit der gleichen Menge Wasser auf. Herr H. steckte noch den Rosmarinzweig hinzu und dann durfte alles abgedeckt bei kleinster Hitze drei Stunden schmoren. Genauso lang wie die Kalbsknochen im Topf nebenan. Man sollte also recht zeitig zu kochen beginnen. Nach der Garzeit fischte ich die Ochsenschwanzstückchen auf dem Topf, ließ sie kurz abkühlen und bat Herrn H. das Fleisch vom Knochen zu lösen. Ich gab die gegarten Linsen gemeinsam mit dem Fleisch zurück in den Topf, schmeckte mit Salz und Pfeffer ab. Sollte die Konsistenz der Suppe  noch zu dünn sein, kann mit Pfeilwurzstärke gebunden werden. Unsere war perfekt.

Für die Ricotta-Griess-Gnocchi:

  • 125 g Ricotta, gut abgetropft (oder Quark 20%ig)
  • 1 Ei
  • Salz, schwarzer Pfeffer
  • 1/2 Bund Petersilie, fein gehackt (ca. 10 g)
  • 75 g Maisgriess (ich: Hartweizengriess)
  • 20 g Parmesan oder Sbrinz, gerieben

nocken serieIch gab Ricotta und Ei mit etwas Salz und Pfeffer in einer Schüssel und rührte alles mit dem Schneebesen glatt. Dann gab ich Parmesan, Petersilie und Griess hinzu und rührte sie ebenfalls unter. Die Masse war recht weich und ich war nicht sicher, ob sich daraus wirklich Nocken abstechen lassen würden. Aber nach einer Quellzeit von einer guten Stunde war sie deutlich fester geworden. Ich kochte reichlich Salzwasser auf und ließ eine Probenocke hineingleiten. Das Wasser darf nicht kochen, sondern sollte nur schwach sieden, da die Nocken ansonsten zerfallen. Die Probenocke stieg zum Glück unbeschädigt auf und durfte anschließend noch 5 Minuten garziehen. Portionsweise garte ich so die restlichen Nocken und stellte sie im Backofen warm. Theoretisch sollten sie noch in heißer Butter geschwenkt werden. Als ich das probierte, zeigten sie jedoch nach kürzester Zeit große Auflösungserscheinungen und da sie ohnehin in der Suppe landeten, verzichtete ich darauf. Sollte man sie separat servieren, kann man sie vielleicht im Backofen bräunen. Ich richtete die Suppe mit den Nocken in vorgewärmten Schalen an und geduldete mich.

italienische Ochsenschwanzsuppe 3-3Fazit: Unsere erste Ochsenschwanzsuppe entpuppte sich als Erfolg auf ganzer Linie. Herrlich kräftig, sämig und gradlinig. Die Ricotta-Gnocchi passten in ihrer zurückhaltenden Milde hervorragend und viel zu schnell waren Schüsseln und Töpfe geleert. Sollte mir wieder einmal ein Ochsenschwanz begegnen, so würde ich ihn vielleicht experimenteller zubereiten, sinnierte ich mit angenehm gefüllten Bauch. Herr H. jedoch winkte ab. Diese Suppe sei so wunderbar, dass sie keiner Verbesserung bedürfe. Ich konnte ihm nur zustimmen. Das in den letzten Jahren auf absurden Umfang angewachsene Gewürzsammelsorium wird es in nächster Zeit hier wohl schwer haben.

Suppe aus: Lieblingssuppen und knusprige Beilagen Janneke Phillipi

Gnocchi aus: Das große Buch vom Fleischgaren bei Niedrigtemperatur Annemarie Wildeisen