Nobody’s perfect

torte 2Während Herr H. fassungslos und Haare raufend neben dem Küchentisch stand und immer wieder ausrief, dass das ein absolutes Desaster sei, betrachtete ich das Ergebnis unserer jüngsten Torterei nüchtern und geradezu emotionslos. Shit happens, versuchte ich ihn zu trösten. Er aber sah mich entgeistert an und verließ wortlos den Ort des Geschehens. Seuzend tauchte ich die seltsam blassen Ananas-Erdbeeren in den neutralen Guss und legte sie auf dem Rand der Torte ab. Nachdem die letzte Beere ihren Platz gefunden hatte, betrachtete ich mein Werk kritisch, nein, besonders elegant sah sie wirklich nicht aus. Zumindest verglichen mit vielen anderen Torten, die wir zuvor produziert hatten. Eigentlich müssten wir es gleich ein zweites Mal probieren, aber noch während ich diesen Gedanken dachte, stieg eine Welle der Wut in mir auf. Warum eigentlich hatten wir das Gefühl, alles immer perfekt machen zu müssen?

Für den bretonischen Sandteig mit Salzbutter (1 Boden à 16cm, 2 à 7,5cm):

  • 50 g Butter demi-sel (mit 0,5 – 3 % Salzgehalt), raumtemperiert
  • 19 g Butter, raumtemperiert
  • 23 g Puderzucker
  • 1 Prise Fleur de Sel
  • 2,5 g hart gekochtes Eigelb (ich: Pfeilwurzstärke)
  • 63 g Weizenmehl 550er
  • 13 g Kartoffelstärke

bretonischer sandteig serieNachdem ich alle Zutaten bereit gestellt hatte, gab ich sie in der angegebenen Reihenfolge in eine Schüssel und verrührte sie mit dem Knethaken des Handrührgeräts. Anfangs war das eine recht staubige Angelegenheit, aber nach und nach ballte sich der Teig zusammen. Ich formte ihn zu einer flachen Platte und stellte ihn für eine Stunde abgedeckt kalt. Dann rollte ich ihn zwischen Folie ca. 0,5cm dick aus und stach die entsprechenden Formen aus. Diese wickelte ich ihn Backpapier und stellte sie für eine weiter Stunde kalt. Anschließend buk ich sie ca. 25 Minuten bei 170°C.

Für den Limettenbiskuit (1 Boden à 15cm, 3 à 8cm):

  • 25 g Zucker A
  • 1 g Limettenschale, fein gehackt
  • 7,5 g Weizenmehl 550er
  • 7,5 g Speisestärke
  • 25 g Eigelb
  • 6 g Zitronensaft
  • 37,5 g Eiweiß
  • 12,5 g Zucker B

limettenbiskuit serieIch vermischte Zucker A und Zitonenschalen, siebte Mehl und Stärke zusammen und schlug das Eigelb mit dem Zitronenzucker weißschaumig. Dann gab ich den Zitronensaft hinzu, rührte ihn unter und schlug das Eiweiß steif. Dabei gab ich den Zucker B in drei Schritten hinzu. Nun gab ich die Eigelbmasse und die Mehlmischung auf den Eischnee und vermengte alles behutsam. Die Masse fiel erstaunlich wenig zusammen. Ich strich die Masse ca. 0,5cm dick auf das Backpapier und buk ihn 20 Minuten bei 170°C. Nachdem er vollständig erkaltet war, entfernte ich das Backpapier, stach ich einen 15cm Boden und drei 8cm (können anderweitig verwendet werden) Böden aus. Den Rest naschen wir direkt. Köstlich!

Für das Erdbeer-Rhabarberkompott (1 Scheibe à 14cm):

  • 75 g Rhabarber, in kleine Stückchen geschnitten
  • 75 g Erdbeeren, in kleine Stückchen geschnitten
  • 15 g Zucker
  • 2 g Gelatine, in kaltem Wasser eingeweicht
  • 9 g Zitronensaft
  • 1 TL Ananassalbei, fein gehackt

erdbeer rhabarber scheibe serie2Ich gab Erdbeer- und Rhabarberstückchen mit Zucker, Zitronensaft und Ananassalbei in einen Topf und ließ alles abgedeckt ca. 10 Minuten köcheln, bis ein dickes Kompott entstanden war. Dann zog ich den Topf vom Herd, löste die gut ausgedrückte Gelatine darin auf und bespannte den Boden des Dessertrings mit Folie. Ich legte den Limettenbiskuit mit der Oberseite nach unten ein. Nachdem das Kompott auf ca. 30°C abgekühlt war, füllte ich es in den Ring auf den Biskuit, strich es glatt und stelle den Ring zunächst in den Kühlschrank, bevor ich ihn einfror.

Für die weiße Schokoladenmousse mit Limettenschalen:

  • 2 g Gelatine, in kaltem Wasser eingeweicht
  • 100 g Crème pâtissière
  • 2,5 g Limettenschalen, fein gehackt (von ca. 1 Limette)
  • 130 g weiße Kuvertüre
  • 320 g Sahne, geschlagen

weisse schokoladenmousse serieDie angegebene Menge ist sehr reichlich. Ich hatte noch genug für zwei 8cm (6cm hohe) Dessertringe übrig. Ich schätze, dass ein Drittel der angegebenen Menge für die Torte reicht. Ich schmolz die Gelatine im Wasserbad und rührte etwa ein Drittel der Crème pâtissière mit dem Schneebesen ein. Dann gab ich die restliche Crème und die Limettenschalenschalen hinzu und rührte sie unter. Ich beließ die Schüssel im Wasserbad, schmolz die gehackte Kuvertüre in einer zweiten Schüssel und rührte sie unter die Crème. Herr H. hatte in der Zwischenzeit die Sahne locker aufgeschlagen. Ich rührte 2 EL davon unter die Crème und hob den Rest behutsam unter. Ausversehen landete ein Löffelchen der Mousse in meinem Mund und ich musste laut seufzen – einfach sensationell köstlich! Die Mousse sollte sofort verwendet werden.

füllen serieIch legte den Sandteigboden in die 16er Springform, deren Rand ich mit Folie ausgekleidet hatte, verteilte eine ca. 2cm dicke Schicht Mousse darauf und legte den Biskuit-Kompottkern mittig auf. Dann bedeckte ich alles mit einer weiteren 2cm dicken Schicht Mousse und strich die Oberfläche mit der Palette glatt. Herr H. verteilte derweil eine ca. 3cm hohe Schicht Mousse im 14er Ring, dessen Boden er mit Folie bespannt hatte. Beides wanderte für 2 Stunden in den Kühlschrank, bevor es eingefroren wurde. Vor dem Glasieren legte ich die 14er Scheibe auf die Torte.

Für die Glasur:

  • 100 g Erdbeer-Johannisbeersaft (aus 150 g Erdbeeren und 50g Johannisbeeren)
  • 2 g Pektin-NH
  • 10 g Zucker
  • 300 g Exotischer Guss (200 g für die rote Glasur, 100 g zum Überziehen der Erdbeeren)
  • oder 300 g Wasser und 4 Blatt Gelatine, in kaltem Wasser eingeweicht

guss serieIch gab Erdbeeren und Johannisbeeren in einen Topf und ließ sie abgedeckt köcheln, bis der Saft vollständig ausgetreten war. Das dauerte ca. 15 Minuten. Ich goß den Saft durch ein Sieb in eine Schale und vermengte ihn mit 200 g exotischem Guss. Schon während ich das tat, gab eine leise Stimme in meinem Hinterkopf zu bedenken, dass die Pektinmenge des Gusses für zusätzliche 100 g Flüssigkeit nicht ausreichend sei. Ich ignorierte die Stimme und es kam, wie es kommen musste. Beim nächsten Mal würde ich den Saft erneut aufkochen, 2 g Pektin-NH mit 10 g Zucker vermischt mit dem Schneebesen einrühren und ihn 2 Minuten köcheln lassen, bevor ich ihn mit dem exotischen Guss verrühre. Das sollte klappen. Ist kein Pektin-NH zur Hand, kann der Guss ersatzweise mit Gelatine hergestellt werden. Der Guss sollte bei Verwendung ca. 30°C warm sein. Die überzogene Torte sollte für weitere 4 Stunden im Kühlschrank auftauen.

torte 3Fazit: Während Herr H. im Wohnzimmer immer wieder fluchend fotografierte, dachte ich in der Küche weiter über den allgegenwärtigen Anspruch der Perfektion und den daraus resultierenden Leistungsdruck nach. Natürlich strebe auch ich stets nach dem Besten und freue mich über jedes gelungene Ergebnis. Und das werde ich auch weiterhin tun. Aber aus irgendeinem mir noch unklaren Grund habe ich keine Lust mehr, mich davon unter Druck setzten zu lassen. Es ist wie es ist. Vielleicht wird es beim nächsten Mal besser oder schlechter oder was auch immer, aber das ist letztlich egal. Davon abgesehen schmeckt die Torte höchstwahrscheinlich himmlisch. Da sie als Geburtstagstorte gedacht ist, konnten wir sei leider noch nicht kosten. Ich werde berichten.

(frei) aus: PH10 Pierre Hermé

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Here comes the sun

celeste 4 kleinNachdem der erste Backversuch der eigentlich einfachen Céleste gründlich in die Hose gegangen war, merke, Mürbeteigverarbeitung bei Temperaturen von über 24°C in der Küche sind praktisch ein Ding der Unmöglichkeit, der Teig schmilzt noch beim Ausrollen, nutzte ich gestern das etwas kühlere Wetter für einen zweiten Versuch. Denn geschmacklich hatte sie mich voll und ganz überzeugt. Und siehe da, alles lief wie am Schnürchen. Ich hatte die Küchlein bereits verräumt und bereitete das Abendessen, als Herr H. nach Hause kam. Er warf einen neugierigen Blick in den Kühlschrank. Die sehen aus, wie zwei kleine Sonnen, sagte er und begann sogleich zu summen. Ich musste lachend einstimmen, hatten sich doch (fast) alle Texte der Lieder der Beatles während zahlloser Nächte, die ich als Teenager über unfertigen Kunstbildern hockte, mir für alle Ewigkeit eingeprägt.

Für den süßen Mürbeteig (1 16er Backring oder zwei 12er):

  • 37,5 g Butter
  • 12,5 g gemahlene Mandeln
  • 47,5 g Puderzucker
  • 1 Pr. Vanille
  • 15 g Ei
  • 0,25 g Fleur de Sel
  • 62,5 g Weizenmehl 550er

mürbeteig SerieIch habe beide Varianten ausprobiert. Die Menge reichte bequem für 2 12er Tartformen oder eine 16er. Ich knetete die Butter weich und rührte die Zutaten in angegebener Reihenfolge unter. Das Mehl sollte nur kurz eingearbeitet werden, da im Gegensatz zu Brotteigen kein Glutengerüst erwünscht ist. Ich legte den recht weichen Teig in einen Gefrierbeutel, drückte ihn flach und legte ihn für 2 Stunden in den Kühlschrank. Dann rollte ich ihn auf 4mm aus, schnitt 2 Kreise, jeweils 1,5cm größer im Durchmesser als die Formen, und legte die Teigkreise in die gebutterten Fomen. Anschließend stellte ich sie erneut für eine Stunde kalt. Dann heizte ich den Backofen auf 170°C vor, belegte den Teig mit Backpapier und beschwerte ihn mit Hülsenfrüchten. Nach 20 Minuten Backzeit entfernte ich beides und ließ die Böden noch weitere 10 Minuten backen.

Für die Crème brûlée mit Maracuja ( 1 Scheibe à 15cm oder 2 à 7,5cm):

  • 1,3 g Gelatine, in kaltem Wasser eingeweicht
  • 82 g Sahne
  • 27 g feiner Zucker
  • 27 g Maracujapüree
  • 30 g Eigelb

maracujacreme brulee serieAls erstes gab ich das Fruchtfleisch der Maracujas durch ein Sieb und verrührte den Saft mit den Eigelben. Dann erhitzte ich Sahne und Zucker, bis der Zucker sich aufgelöst hatte. Ich rührte die gut ausgedrückte Gelatine ein und goß die Sahne unter Rühren in die Eigelbmischung. Zuvor hatte ich die Böden zweier 7,5er Dessertringe mit Alufolie bedeckt und den Backofen auf 100°C vorgeheizt. Ich verteilte die Creme auf beide Formen und schob sie für 30 Minuten in den Backofen. Danach ließ ich die noch recht flüssige Creme erkalten und fror sie ein.

Für das Rhabarberpüree mit Erdbeeren:

  • 3,2 g Gelatine, in kaltem Wasser eingeweicht
  • 62,5 g Rhabarberpüree*
  • 95 g Erdbeeren, püriert
  • 9,5 g feiner Zucker

erdbeer rhabarber püree serie*Für das Rhabarberpüree hatte ich am Vorabend 50 g Rhabarber in Scheibchen geschnitten und mit 5 g Zucker vermischt. Ich gab die Scheibchen mit 3 g Zucker und 5 g Zitronensaft in einen Topf und ließ sie abgedeckt köcheln, bis ein Kopmpott entstanden war. Dieses schmeckte ich mit einer Prise frisch gemahlener Nelke ab, löste die Gelatine darin auf. Nachdem das Püree etwas abgekühlt war, vermischte ich es mit dem Erdbeerpüree und ließ es bei Raumtemperatur stehen, während ich die Mürbeteigschalen mit „Bodenschutz“ versah.

Für den „Bodenschutz“:

  • 30 g weiße Kuvertüre
  • 3 g Kakaobutter

weisse ganache serieIch schmolz Kuvertüre und Kakaobutter im Wasserbad und bepinselte die Schalen innen auf dem Boden und am Rand damit. Nach 10 Minuten Kühlung war die Schicht erstarrt und ich konnte endlich mit dem Füllen beginnen. Ich füllte die Schalen mit Rhabarberpüree mit Erdbeeren bis knapp unter den Rand und stellte sie für 15 Minuten in den Gefrierschrank.

Für die Maracujaglasur mit Fruchtfleisch (und die Dekoration):

  • 100 g exotischer Guss
  • ca. 10 gleich große kleine Erdbeeren, halbiert

guss serieIch erwärmte den exotischen Guss auf 45°C und verrührte ihn mit dem Maracujafruchtfleisch. Dann löst ich die Crème brûlée-Scheiben aus den Ringen und legte sie auf einer Palette auf ein Gitter. Nun gab ich den Guss mit einem Löffel darüber.

füllen klein serieIch legte die Creme-Scheiben behutsam auf das inzwischen erstarrte Püree, tauchte die Erdbeerhälften in den Guss und setzte sie vorsichtig an der Rand der Creme-Scheibe. Dadurch, dass die Scheiben gefroren sind, zieht der Guss recht schnell an, so dass die Erdbeeren recht schnell stabil verbunden sind. Nachdem alle Erdbeeren angesetzt waren, stellte ich die Törtchen erneut für eine Stunde kalt.

celeste 6 kleinFazit: Was soll ich sagen? Das letzte Bild spricht eigentlich für sich selbst. Der herrlich knusprig-mürbe Teig gefüllt mit intensiv fruchtigem Kompott gekrönt von einer zart schmelzenden, sahnigen Creme ist sagenhaft köstlich. Dieses mal stimmt das Verhältnis von Teig und Kuvertüre. Beim ersten Mal war mir beides zu dick geraten und der Teig ließ sich extrem schwer abstehen. Nun passt alles und wenn ich heute Abend das letzte Törtchen aus dem Kühlschrank holen werde, wird mir eine kleine Sonne entgegenstrahlen.

Aus: PH10 Pierre Hermé