Im Eifer des Gefechts?

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Es kommt seit einigen Wochen immer häufiger vor, dass ich am frühen Abend oder beim Backen auch nachmittags allein in der Küche stehe. Herr H. hat schlicht einfach zuviel um die Ohren und so bin ich nun also auch für das Fotografieren zuständig. Nicht, dass ich besonders viel Talent dazu hätte, aber es nützt nun einmal nichts. Leider kommt es dabei immer wieder vor, dass ich so im Tun aufgehe, dass selbst die Anwesenheit der gefühlt riesigen Kamera auf dem Küchentisch mich nicht daran erinnert, brav von jeder Zutat oder jedem Zubereitungsschritt ein Bild zu machen. Keine Ahnung, ob das ein erstes Zeichen von Demenz oder bloß ein Nebeneffekt des „Flow“ ist, der mich oft in der Küche ergreift. Ich werde das im Auge behalten müssen. Dieses Gericht ist auf jeden Fall zu gut, um es aufgrund Bldermangels in der Versenkung verschwinden zu lassen.

Für die Pasta:

  • 70 g Weizenmehl 405er
  • 70 g Hartweizenmehl
  • 1 Ei Gr. L
  • 1 – 2 EL Wasser
  • 1 Pr. Salz

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Ich gab alle Zutaten bis auf das Wasser in eine Schüssel, vermengte sie grob mit dem Löffel und knetete sie dann von Hand. Ist der Teig nach einigen Minuten Knetens immer noch sehr bröselig, gebe ich das Wasser hinzu. Insgesamt knetete ich den Teig ca. 10 Minuten. Dann durfte er ca. 1 Stunde abgedeckt rasten. Anschließend gab ich ihn portionsweise bis Stufe 6/9 durch die Pasta-Maschine, schnitt die Bahnen mit dem Aufsatz der Maschine und lagerte sie nebeneinander hängend bis das Ragù fertig war. Dann garte sie ca. 2 – 3 Minuten in kochendem Salzwasser.

Für das Ragù di Quaglie:

  • 2 EL Olivenöl
  • 2 große Wachteln samt Innereien, küchenfertig gesäubert (Fasan oder Wildente ersatzweise)
  • 2 mittelgroße Schalotten, in feine Streifen geschnitten
  • 50 g trockener Weißwein
  • 200 g Kirschtomaten, halbiert (im Winter gibt es Dosenware)
  • 1 EL Tomatenmark, mit etwas Wasser verdünnt
  • Salz, schwarzer Pfeffer und 1 Pr. Muskat, frisch gerieben
  • Petersilie und Parmesan nach Belieben

Aus besagtem Grund, vergaß ich bei der Zubereitung zu fotografieren. Herr H., der später eintrudelte, schlug die Hände über dem Kopf zusammen. Wo ich denn bloß mit meinen Gedanken gewesen wäre. Nun sei nichts mehr zu machen. Ich zuckte die Schultern. Manchmal sei es eben so und dann gäbe es dieses Mal eben keine Serie. Leicht grummelnd nahm er den angerichteten Teller und waltete seines Amtes. Ich hatte zuvor die Wachtelteile im Öl rundherum ca. 5 Minuten angebräunt, die Schalotten hinzu gegeben und weitere 5 Minuten mitbraten lassen. Dann hatte ich mit Wein abgelöscht, ihn fast vollständig einreduziert und Tomatenhälften und -mark hinzu gegeben. Ich hatte alles abgedeckt ca. 35 Minuten sanft geschmort, die Wachteln ausgelöst und zurück in den Topf gegeben. Schließlich hatte ich mit Salz, Pfeffer und Muskat abgeschmeckt und das Ragù mit fein gehackter Petersilie und Parmesan auf der gegarten Pasta angerichtet.

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Fazit: So schlicht das Gericht daher kommt, so umwerfend köstlich war es. Nachdem Herr H. gekostet hatte, verzieh er mir meine Vergesslichkeit grummelnd unter der Voraussetzung, dass so etwas in Zukunft nicht mehr vorkomme. Nachdem ich fertig mit den Augen gerollte hatte, schrieb ich mit „Fotos!“ mit großen Buchstaben auf einen Zettel, der von da an mahnend auf der Kühlschranktür klebt. Ich bin gespannt, ob das letztlich helfen wird. Wir werden sehen.

Aus: Pasta Antonio Carluccio

Ciciones oder Zen in der Nudel

CicionesDie Idee von der handgeformten, kleinen Nudel geisterte durch meinen Kopf, seit ich bei Sybille die „fregola sarda“ gesehen habe. Kleine Sachen üben eine seltsame Faszination auf mich aus. Aber wie es immer so ist, es kommen tausend andere Sachen, z.B. Ravioli, dazwischen. Die Idee geisterte im Verborgenen weiter. Bis gestern. Durch einen seltsamen Zufall landete ich auf der Seite von Hank Shaw und blieb eine ganze Weile dort hängen. Schade, dass es in Deutschland so aufwändig ist, einen Jagdschein zu machen. Von der Rubrik „Pasta“ erwartete ich nichts Weltbewegendes. Da sah ich sie, kleine, runde, leuchtendgelbe Kugeln aus Hartweizengrieß, Ei und Safran. Und der „dasmussichunbedingtsofortausprobieren-Reflex“ trieb mich in die Küche.

Für den Pastateig:

  • 150 g Semolina di Grano duro rimacinato
  • 1 Ei Gr. L
  • 1 Pr. Safran in 2 TL warmen Wasser aufgelöst
  • 1/2 TL Olivenöl
  • evtl. etwas Wasser, der Teig soll eher elastisch sein

Ich knetete den Teig ca. 10 Minuten von Hand und ließ ihn abgedeckt für 3 Stunden ruhen. Zeit, um ein wenig zu recherchieren. Das Wort cicione existiert im italienischen nicht. Es gibt nur ciccione, mit der Bedeutung der Dicke, Dickwanst, Fettkloß. Nicht besonders passend oder vielleicht doch, denn laut Hank sollen die kleinen Kügelchen sehr sättigend sein und wenn man zuviel davon isst. Auch die Bilder der Google-Suche deuten darauf hin, dass der übermäßige Verzehr dieser Kugeln verhängnisvoll sein kann. ;-) Als Name für Pasta konnte ich keine Entsprechungen finden. Vielleicht eine amerikanisch-italienische Erfindung? Wie auch immer. Viel wichtiger war die Frage, was dazu? Grüne Kichererbsen konnte ich so schnell nicht auftreiben. Also ein Ragú.

Für das Lammragú:

  • 180 g Lammhack
  • 1 Schalotte, gewürfelt
  • 1 Knoblauchzehe, gehackt
  • 1 Pr. brauner Zucker
  • 1 rote Spitzpaprika, gewürfelt
  • 1 kleine, schlanke Aubergine, gewürfelt
  • 1 Schluck Rotwein
  • 1 EL Tomatenmark
  • Salz, Pfeffer, 1 Lorbeerblatt, zwei getr. Salbeiblätter
  • 1 Handvoll Erbsen

CicionesIch briet zunächst das Hack an, gab dann Zwiebeln, Knoblauch und das Gemüse dazu. Eine Prise Zucker, einen Schluck Rotwein, einkochen lassen. Gewürze, Tomatenmark, etwas Wasser und dann konnte das Ragú eine dreiviertel Stunde zugedeckt bei kleinster Hitze schmoren. Einige Kugeln hatte ich bereits geformt, bevor ich das Ragú anging…

Der Teig war sehr elastisch und ließ sich zwischen zwei Händen leicht in bleistiftdicke Rollen formen. Die schnitt ich in ungefähr kichererbsengroße Stücke. Nach dem Schritt könnte man theoretisch aufhören und sie einfach so kochen, aber das Auge isst mit. Also nahm ich jedes Stückchen und rollte es zwischen Daumen und restlichen Fingern zu einem kleinen Bällchen. Dabei hörte ich eine uralte Lieblingsplatte wieder und stellte fest, dass sie mir tatsächlich noch gefällt. Neil Youngs herrlich düsteres On the beach. Irgendwann war ich so vertieft ins Rollen, dass ich gar nicht bemerkte, dass es seit einer Weile still in der Küche war. Das war Zen. Und Platten waren damals eben nur 45 Minuten lang… Mist, das Ragú. Zum Glück hatte ich es auf so kleiner Hitze geschmort, dass nichts passiert war. Ich gab noch eine Handvoll Erbsen hinein und ließ es ohne Deckel noch einige Minuten einköcheln.

Die Ciciones kochte ich 5 Minuten in sprudelndem, gesalzenem Wasser. Dann probierte ich eines. Noch zu fest. Nach der 8. Minute gefiel mir die Konsistenz endlich, al dente, aber mit weichem Kern. Herr. H. betrat die Küche und schaute ein wenig entgeistert. Was das sei? Ciciones, handgeformt. Er schüttelte den Kopf. Ließ sich aber nach dem Leeren der ersten Schale gern nachgeben…

Ciciones

Fazit: Ein anderer, ebenso wichtiger Teil der Zen-Praxis besteht aus der Konzentration auf den Alltag. Dies bedeutet einfach nur, dass man sich auf die Aktivität, die man gerade in diesem Augenblick ausübt, vollkommen konzentriert, ohne dabei irgendwelchen Gedanken nachzugehen. Für die Zen-Praxis kann das Nudelndrehen eine wichtige Übung sein, möchte man jedoch mehr als zwei Personen beköstigen, empfiehlt es sich, die Gäste zwei Stunden früher einzuladen und ihnen die Möglichkeit zu geben, ihre Nudeln selbst zu drehen. ;-)