Als ich heute Morgen aus dem Fenster sah, war ich höchst überrascht. Herrschte gestern Morgen noch klirrende Kälte bei strahlendem Sonnenschein, so war der Himmel eher trüb und die Luft, die zum Fenster herein wehte, schon fast frühlingshaft feucht und erdschwer. Eine erste Ahnung, von dem, was ganz bald endlich kommen wird. Zeit, die letzten Schmorgerichte auf den Tisch zu bringen. Das Stück Sikahirsch-Keule hatte schon eine ganze Weile im Eis gelegen, von mir bei jedem Öffnen fast ehrfürchtig betrachtet. So oft flattert uns edles Wild nun auch wieder nicht ins Haus. Herr H. befreite das gute Stück am letzten Wochenende kurzerhand und erklärte, ein Rezept werde sich schon irgendwo finden. Natürlich sollte er recht behalten, auch wenn es sich beim Fleisch des gefundenen Rezepts um Wildschwein handelt.
Für das Wildschweinragout mit Quitten:
- 1 kleine Zwiebel, gewürfelt
- 1 kleine Knoblauchzehe, in Scheiben geschnitten
- 150 g Wurzelgemüse (ich: 1 Möhre und 1 Stück Sellerie, grob gewürfelt)
- 500 g Wildschweinschulter, in 4 x 4 cm große Würfel geschnitten (ich: Sikahirsch)
- Öl zum Braten
- 1 dünne Scheibe Ingwer
- 1 EL Tomatenmark
- 1 EL Wildgewürz (ich: ein paar Wacholderbeeren, 1 Nelke und 1 Lorbeerblatt, da es in diesem Fall keinen „haut goût“ zu überdecken gab)
- 1/2 Zimtstange
- je 1 Zweig Thymian und Rosmarin
- 1/2 Flasche Rotwein (ich: ca. 100 g roten Port)
- 250 g Wild- oder Rinderfond
- Salz, schwarzer Pfeffer
Ich briet zunächst die Fleischwürfel allseitig an, nahm sie heraus und gab Zwiebeln, Möhre und Sellerie in den Topf. Dann das Tomatenmark und den Knoblauch, Fleisch wieder zurück, Gewürze, Pot und Fond, et voilà. Nach dem Aufkochen durfte das Ragout bei schwacher Hitze ca. 1,5 Stunden (Wildschwein 2,5) sanft garen. Herr H. und ich beratschlagten währenddessen, was wir bereiten könnten, um die bestimmt herrliche Sauce aufzunehmen und blieben wieder einmal bei einer schlichten Polenta hängen. Kartoffelpüree macht sich natürlich genauso gut.
Für das Finish:
- 1 Quitte, geschält, geviertelt, entkernt
- 1/2 kleiner Hokkaido-Kürbis, gewürfelt
- 1 EL Holunderbeermarmelade (ich: Gelee)
- frisch geriebene Orangenschale
- 1 kleines Stück Bitterschokolade
An dieser Stelle wich ich vom Rezept ab. Dort werden nach 2 Stunden Garzeit Quitten, Kürbis, Marmelade und Gelee direkt zum Schmorgericht gegeben und mitgeschmort, bis sie gegart sind. Ich bevorzuge jedoch „glatte“ Sauce. Also garte ich den Kürbis ca. 25 Minuten bei 190°C im Backofen und die Quittenviertel mit sehr wenig Flüssigkeit ca. 10 Minuten im Topf. Herr H. nahm das Fleisch aus der Schmorflüssigkeit, gab sie durch ein Sieb und zurück in den Topf. Bei mittlerer Hitze reduzierte er sie ca. um ein Drittel, gab Gelee und Schokolade hinzu und band sie mit wenig gelöster Pfeilwurzstärke. Ich legte das Fleisch wieder ein und ließ es in der Sauce wieder erwärmen. Herr H. richtete die cremige Polenta auf vorgewärmten Tellern an, gab Ragout, Quitten und Kürbis darauf und eilte von Dannen.
Fazit: Tja, was soll ich sagen? Als ich mich ratlos an Herrn H. wandte, sah er mich nur kurz an und meinte, „hat gut geschmeckt“. Ein sehr feines Wild-Schmorgericht. Quitten sah ich kürzlich tatsächlich noch im italienischen Supermarkt und auch Kürbis dürfte problemlos erhältlich sein, auch wenn ihn der ein oder andere wohl nicht mehr sehen mag. Und falls jemandem ein Stück Sikahirsch über den Weg laufen sollte, dann unbedingt zugreifen. Das Fleisch ist absolut unglaublich zart und fein aromatisch. Doch auch mit Wildschwein dürfte das Ragout ein echter Genuss sein. Heute Abend gibt es hier übrigens Gulasch und damit ist der Vorrat an Schmorfleisch zum Glück nahezu aufgebraucht. Dann kann er kommen.
Aus: Aus: Obst – 120 Rezepte von salzig bis süß Bernadette Wörndl