In Schwung kommen

linsensuppe14-1Es ist mal wieder Januar und ich bin mir ziemlich sicher, dass es sehr vielen Menschen so geht wie mir. Die Feierlichkeiten, sofern stattgefunden, liegen hinter uns, das neue Jahr hat gerade erst begonnen und lange, zähe Wintertage liegen vor uns. Das Leben schleppt sich ein wenig schlapp dahin, der Frühling scheint in unerreichbarer Ferne zu liegen, auch wenn einige verwirrte Amseln und Meisen so tun, als luge er bereits um die Ecke. Ein wenig fühle ich mich, als säße ich auf einer Schaukel und wüsste nicht, wie ich von selbst ins Schwingen kommen könnte. Das will zu dieser Jahreszeit stets wieder neu gelernt werden. Aufgepeppte Süppchen wie diese können den Stein durchaus ins Rollen bringen. Mir hat sie zumindest geholfen und einen trüben Abend versüßt. Und wer weiß, vielleicht haben die Vögel ja doch recht.

Für die Linsensuppe mit getrockneten Tomaten und Schafskäse:

  • 100 g geräucherter Schinkenspeck am Stück (ich: 50 g, fein gewürfelt)
  • 100 g Puy-Linsen, abgespült
  • 1 TL Butter und 2 EL Olivenöl
  • 50 g Staudensellerie, fein gewürfelt (ich: Knollensellerie)
  • 50 g Möhren, fein gewürfelt
  • 1 kleine Kartoffel, geschält, fein gewürfelt
  • 50 g Zwiebeln, fein gewürfelt
  • 1 kleine Knoblauchzehe, fein gehackt
  • 20 g getrocknete Tomaten (Soft-Tomaten ohne Öl), fein gewürfelt
  • ca. 500 g Wasser
  • Salz, schwarzer Pfeffer
  • 1/2 Fenchelknolle, in hauchdünne Streifen geschnitten
  • 100 g Schafskäse, in Scheiben geschnitten
  • 4 Kirschtomaten, in Scheiben geschnitten

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Im Rezept wird der Schinkenspeck lediglich halbiert und im Ganzen mitgekocht. Ich entschied mich, den Speck zu würfeln und als erstes knusprig auszulassen. Im ausgelassenen Fett briet ich dann erst Zwiebeln, dann Knoblauch und schließlich Möhren- und Selleriewürfel. Nun gab ich die Kartoffelwürfel und die getrockneten Tomaten hinzu und ließ sie kurz mit braten, bevor ich die Linsen zugab und das Wasser angoss. Abgedeckt durfte die Suppe nun ca. 45 Minuten köcheln. Herr H. hatte derweil den Fenchel in wenig Olivenöl glasig gebraten, mit etwas Salz und gemahlenem Fenchel gewürzt und warm gestellt. Während ich noch darüber halblaut vor mich hin rätselte, ob ich der Suppe eigenmächtig einen Schuss Essig verabreichen sollte, schob sich Herr H. heimlich ein Scheibchen Käse in den Mund. Hm, köstlich, entfuhr es ihm dabei, er glaube, dass die leichte Säure des Käse völlig ausreiche. Ich möge mich doch bitte zurück halten. Also schmeckte ich sie lediglich mit Salz und Pfeffer ab und richtete sie auf vorgewärmten Tellern ab. Herr H. legte je eine mit Tomaten bedeckte Käsescheibe ein, streute etwas Fenchel darüber und garnierte mit fein gehacktem Fenchelgrün. Jetzt noch ein Scheibchen Brot, et voilà!

linsensuppe15-1Fazit: Herr H. hatte sehr gut daran getan, mich am Griff zur Essigflasche zu hindern. Der Schafskäse steuerte den perfekten Säuregrad zur Linsensuppe bei. Die zwar zu dieser Jahreszeit nicht besonders geschmackvollen frischen Tomatenscheiben machten sich zumindest optisch wunderbar und der knackige Fenchel passte bestens zu den cremigen Linsen. Eine sehr schöne Idee, auf die ich von selbst, wie so oft, leider nicht gekommen wäre. Wie gut, dass Herr H. auf dieses Rezept gestoßen war und auf seine sofortige Umsetzung gepocht hatte. So konnten wir uns anschließend frisch gestärkt und leicht beschwingt an neue Backprojekte wagen.

Aus: Die Küche Tim Mälzer

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Perfekt geblättert

Linsen 2

Als ich in den ewig unermesslichen Tiefen des Tiefkühlers kürzlich eine Packung selbst gemachten Blätterteig inversée entdeckte, war ich drauf und dran, ihn direkt unbesehen zu entsorgen. Er hatte schließlich unbeachtet gute 1,5 Jahre dort geschlummert und auch wenn die Kälte den Alterungsprozess deutlich verlangsamt, so findet er dennoch statt. Meine den Teig haltende Hand schwebte schon über dem geöffneten Mülleimer, als Herr H. die Küche betrat. Moment, rief er, was ist denn das? Ich klärte ihn auf und ließ die Hand dabei weiter sinken. Er entriss mir das Päckchen, legte es behutsam in den Kühlschrank und sagte, wir müssten ihm zumindest eine Chance geben. Man stecke da schließlich nicht drin. Ich schüttelte innerlich den Kopf und hoffte, dass vom aufgetauten Teig ein scheußlich-ranziger Geruch ausgehen würde. Am nächsten Abend öffnete ich das Päckchen und schnupperte vorsichtig und konnte es kaum glauben. Der Teig roch frisch, buttrig und überhaupt nicht ranzig. Triumphierend hielt Herr H. mir das passende Rezept entgegen.

Für die Tarteletts mit Puy-Linsen (ca. 6):

  • 100 g Puy-Linsen
  • 1 Lorbeerblatt
  • 1 TL Kreuzkümmelsamen
  • 1 TL Koriandersamen
  • Olivenöl
  • 1 kleine Zwiebel, fein gehackt
  • (ich: 1 TL Ahornsirup)
  • 1 Knoblauchzehe, mit wenig grobem Meersalz zu Paste gerieben
  • 125 g griechischer Naturjoghurt (ich: 3,8%iger und Crème fraîche halb und halb)
  • 25 g junge Spinatblätter (ich: 100 g)
  • 1,5 EL gehacktes Koriandergrün
  • 1,5 EL gehackte Minze
  • Saft 1/2 Zitrone (ich: plus wenig Abrieb)
  • Salz und schwarzer Pfeffer
  • 200 g Blätterteig (ich: inversée von hier)
  • 1 Mini-Ei, verquirlt

Linsen Serie

Während die Linsen in ca. 300 g Wasser mit dem Lorbeerblatt köchelten (ca. 40 Min), röstete und mahlte Herr H. Kreuzkümmel und Koriander. Ich erhitzte etwas Olivenöl, briet erst Zwiebeln und später Knoblauch darin goldgelb und sehr weich und gab den Ahornsirup hinzu. Herr H. ergänzte die Gewürze und nachdem alles leicht karamellisiert war, stellte ich den Topf zum Abkühlen beiseite. Herr H. ließ den Spinat (bis auf eine Handvoll) in etwas Olivenöl kurz zusammenfallen und stellte ihn ebenfalls beiseite. Ich goss die gegarten Linsen ab und ließ auch sie abkühlen.

Blätterteig Serie

Den aufgetauten Blätterteig rollte ich auf leicht bemehlter Arbeitsfläche ca. 3 mm dünn aus, schnitt mit Hilfe eines 8 cm Tarterings Kreise daraus, legte sie auf das Backblech und stellte es für 30 Minuten kalt. Beim Schneiden der Teigkreise ist es wichtig, die einzelnen Schichten nicht mit dem Messer von oben zusammen zu drücken, da der Teig ansonsten später nicht so schön blättert. Am besten schneidet man mit einem sehr scharfen Messer eher seitlich. Die gekühlten Kreise bestrich ich mit verquirltem Ei und buk sie bei 200°C ca. 15 – 20 Minuten. Während ich vollkommen fasziniert den Blättervorgang beobachtete, vermengte Herr H. die abgekühlten Linsen mit Joghurt, Spinat, Zitronensaft und -abrieb und schmeckte mit Pfeffer und Salz ab. Es klang, als sei die Aromenkombination gelungen. Ich legte die abgekühlten Teigkreise auf die Teller, häufte etwas zuviel Linsen darauf und gab sie zum Shooting frei.

Linsen 6

Fazit: Meine Nichte würde sagen, „Helle Wahnsinn!“. Ich fühlte mich beim ersten Bissen so dermaßen in meine Kindheit katapultiert, dass mir ganz schwurbelig wurde. Damals gab es in den eher besseren gutbürgerlichen Restaurants, die nur zu besonders feierlichen Anlässen wie Hochzeiten oder runden Geburtstagen aufgesucht wurden, als Vorspeise häufig Pastetchen mit cremiger Ragout-Füllung, die ich absolut heiß und innig liebte. Dieser Blätterteig ist wirklich der blättrigste, knusprigste und dabei leicht anmutende, den ich je verzehrt habe. Die würzigen Linsen passten absolut perfekt und auch Herr H. merkte an, dass es nun ja zum einem gut sei, dass kein Blätterteig mehr da sei, aber dass wir zum anderen wohl dringend wieder welchen herstellen müssten. So kann es kommen.

Aus: Genussvoll vegetarisch Yotam Ottolenghi

Immer wieder Neues

Zander 4

Ich finde es nach wie vor höchst faszinierend, dass die Quelle der Möglichkeiten bei der Zubereitung von Speisen schier unerschöpflich ist. Man sollte meinen, nach dem Studium hunderter Kochbücher, -blogs und -zeitschriften würde sich alles immer nur noch wiederholen und beginnen, mich zu langweilen. Aber dem ist absolut nicht so. Wobei ich zugeben muss, dass es inzwischen schwieriger geworden ist, Neues zu entdecken. Am letzten Sonntagabend stolperten Herr H. und ich eher zufällig über den geräucherten Zander. Ich musste nicht lange überlegen, was es dazu geben könnte. Die Linsencreme mit Sojabutter drängte sich förmlich auf. Wir hatten noch nie im Wok geräuchert und ich war einigermaßen skeptisch, ob das wirklich so problemlos wie beschrieben funktionieren würde. Aber was hatten wir außer drei Zanderfilets schon groß zu verlieren?

Für die Sojabutter:

  • 250 g Sahne
  • 50 g Sojasauce

Sojabutter serie

Ich habe vor Jahren schon einmal selbst Butter aus Rohmilch hergestellt. Die Milch wurde dazu in ein großes Schraubglas gegeben und anschließend ausdauernd geschüttelt. Nach geraumer Zeit, reichlich lahmen Armen und nahezu aufgegebener Hoffnung, begann sich Fett und Wasser tatsächlich voneinander zu trennen. Doch die Ausbeute an Butter aus 1 Liter Milch war so gering und der Geschmack der Butter so durchschnittlich, dass ich das Buttern schnell wieder aus meinen Gedanken verbannte. Nimmt man hingegen Sahne als Ausgangsprodukt, sieht die Sache natürlich schon ganz anders aus. Herr H. gab Sahne und Sojasauce in die Schüssel der Küchenmaschine und ließ sie auf kleinster Stufe so lange schlagen, bis sich Fett und Wasser zu trennen begannen. Das dauerte eine ganze Weile. Ich goss alles durch ein Sieb, knetete die Butter noch kurz von Hand und stellte sie anschließend kalt. Die Buttermilch benutzte ich am nächsten Tag zum Brotbacken.

Für zweierlei Linsen:

  • 100 g Belugalinsen (ich: Puy), 1 Stunde in kaltem Wasser eingeweicht
  • 1 kleine Schalotte, fein gehackt
  • 20 g Rapsöl
  • 1 Thymianzweig
  • 200 g Geflügelfond
  • 40 g Gemüsewürfel aus Lauch, Sellerie und Möhre, feinst gewürfelt
  • 1 TL Balsamessig
  • 30 g Sojabutter
  • Salz

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Herr H. schwitzte erst die Schalotte, dann die Gemüsewürfel in Rapsöl an, gab die abgetropften Linsen und den Thymian hinzu und goss den Fond an. Abgedeckt ließ er die Linsen ca. 30 – 40 Minuten köcheln. Er schmeckte mit Essig und wenig Salz ab, gab 2/3 der Linsen (Thymian entfernt!) mit der Sojabutter in einen hohen Becher und pürierte sie zu einer feinen Creme. Dann gab er das Püree in eine Schale und stellte es und die restlichen Linsen bis zum Anrichten warm.

Für den geräucherten Zander:

  • 2 – 3 Zanderfilets mit Haut (ca. 225 g)
  • 100 g Basmatireis
  • 2 EL grünen Tee
  • 2 TL Zucker
  • 1 Pr. Fenchelsamen

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Ich kleidete die Wokpfanne mit Alufolie aus (glänzende Seite nach unten, keine Ahnung warum), gab Reis, Tee, Zucker und Fenchel gründlich vermischt hinein und legte ein kleines Eisengitter darüber. Dann erhitzte ich den Wok mit Deckel ca. 7 Minuten bei mittlerer Hitze (bei meinem Herd Stufe 6/ 9), bis eine deutliche Rauchentwicklung erkennbar war. Herr H. öffnete den Deckel, legte die Zanderfilets mit der Hautseite nach unten ein und schloss den Deckel wieder. Ich hatte die Temperatur etwas reduziert (4/ 9) und ließ die Filets ca. 5 Minuten räuchern. Das ganze ging nahezu vollkommen geruchlos vor sich. Das geöffnete Küchenfenster hätte auch geschlossen bleiben können. Erstaunlich. Soweit, so gut. Hätte ich mich nun noch an den Tipp, Fischfilets auf Backpapier zu braten erinnert, wäre alles perfekt gewesen. Leider ging das in dem Moment völlig unter. Ich briet die Filets bei sanfter Hitze in Olivenöl auf der Hautseite an und leider stellte sich dabei heraus, dass der Mythos der beschichteten Pfannen leider wahr ist. Nach einem Jahr ist die Beschichtung in der Regel hin, auch wenn sie keine sichtbaren Macken aufweist. Die Eisenpfanne wird bald einziehen!. Fluchend wendete ich die Filets und briet sie auch auf der anderen Seite kurz an. Herr H. hatte inzwischen Linsencreme, Linsen und einige Kräuter angerichtet. Ich platzierte das unversehrteste Filet darauf und machte mich wie üblich an das Aufräumen.

Zander 1

Fazit: Der Zander schmeckte auf jeden Fall deutlich besser als er aussah. Er hatte eine feine Rauchnote, die mir sehr gefiel. Für Herrn H. s Geschmack hingegen hätte sie gern noch etwas ausgeprägter gewesen sein können. Linsen, Linsencreme und das dazu genossene Baguette passten perfekt. Die Linsencreme hatte durch die Zugabe der Sojabutter einen ebenfalls ganz leicht rauchigen Geschmack, eigentlich unerklärlich, aber sehr fein. Herr H. war begeistert und begann sogleich zu überlegen, was wir wohl noch alles räuchern könnten. Ich hielt ihn nicht davon ab.

Räuchern nach: Kochen à la Liberté Daniel Galmiche

Linsen mit Sojabutter aus: Fermentation Heiko Antoniewicz, Michael Podvinec und Thomas Ruhl

Das blaue Ufo

Kartoffelufo 11Seit gut zwei Wochen bin ich von der allabendlichen Ratlosigkeit kuriert. Ich schaue einfach, möglichst rechtzeitig, auf den Plan, den Herr H. und ich am Sonntag Abend für die folgende Woche aufgestellt haben und lege los. Herr H. war anfangs recht skeptisch, ob sich das Erstellen eines selbigen lohnen würde. Wir hatten es schon mehrere Male damit versucht. An einem Abend hatte ich partout keinen Appetit auf das festgelegte Gericht, an einem anderen fehlten Zutaten und es war zu spät, um noch einmal loszusprinten und außerdem fühlte ich mich in Spontanität und Kreativität eingeschränkt. Als Herr H. jedoch den dritten Abend in Folge zu einer „kalten“ Küche und einer hofffnungslos von ihrer Freiheit überforderten Kochpoetin heimkehrte, beschlossen wir, es noch einmal mit dem Plan zu probieren und siehe da, es funktioniert. Dienstag Abend: Kartoffelpastete mit Bergkäse.

Für die Linsenfüllung:

  • 100 g Puy-Linsen
  • 1 kleine Möhre, in Brunoise geschnitten
  • 1 Stange Staudensellerie, in Brunoise geschnitten
  • 1 Schalotte, fein gehackt
  • 3 Zweige Bergbohnenkraut
  • 75 g rezenter Bergkäse, fein gerieben
  • ca. 300 g Kartoffeln (ich Vitelotte, vom Gemüseverkäufer als „Halloween-Kartoffeln“ angepriesen…)
  • ca. 100 g Sahne
  • Butter zum Fetten des Topfes/ der Form
  • Salz, schwarzer Pfeffer

füllung serieIm Originalrezept stand zwar nichts von Sellerie und Möhren, aber so ganz ohne Gemüse geht es bei mir einfach nicht. Ich schwitzte die Schalotte in etwas Öl glasig, gab Möhren- und Selleriewürfel hinzu und dünstete alles ca. 8 Minuten an. Dann gab ich die Linsen, ca. 300 g Wasser und das Bergbohnenkraut hinzu und ließ sie abgedeckt ca. 30 Minuten köcheln. Nach der Zeit war das gesamte Wasser aufgenommen. Ich entfernte das Bohnenkraut, würzte mit Salz und Pfeffer und gab die Linsen in eine Schüssel.  Nachdem sie etwas abgekühlt waren, rührte ich den Käse ein.

füllen serieWährend die Linsen köchelten, hatte meine fleißige Maschine die Kartoffeln in ca. 2mm dünne Scheiben gehobelt. Da ich keinen so kleinen backofentauglichen Topf besitze, beschloss ich, die Pastete in der 16er Springform zu backen (was sich im Nachhinein als falsche Entscheidung herausstellte, da die Form nicht 100%ig dicht ist und beim Backen ein Sahne-Käse-Gemisch austrat – ich brauche also dringend einen neuen Topf). Ich fettete sie gründlich mit Butter, legte ca. 2/3 der Kartoffelscheiben überlappend auf den Boden und an den Rand der Form und salzte sie. Die recht unflexiblen rohen Kartoffelscheiben weigerten sich beharrlich, in geordneter Form liegen zu bleiben. Ich gab auf, verteilte die Linsen darauf, bedeckte sie mit dem letzten Drittel der Scheiben und goß die Sahne an. Nun durfte die Form für ca. 45 Minuten in den auf 190°C vorgeheizten Backofen. Bevor ich sie herausholte, prüfte ich den Garzustand der Kartofeln mit der Messerspitze. Perfekt. Ich ließ die Pastete kurz in der Form abkühlen und beförderte sie anschließend vorsichtig umgedreht auf einen Teller. Just in dem Moment kam Herr H. zur Tür hinein. Er sah auf den Teller, sah mich an und wir beide brachen in schallendes Gelächter aus.

Kartoffelufo 14Fazit: Nachdem wir uns beruhigt hatten, schoss Herr H. die Bilder vom „blauen“ Ufo. Die Pastete ließ sich problemlos schneiden. Ich hatte in der Zwischenzeit noch einen Kräuterdipp aus Joghurt, Crème Fraîche und Kräutern gerührt. Gespannt probierten wir. Hm. Statt einer Überraschung aus dem Weltall, präsentierte sich das blaue Ufo als ein recht solides und bodenständiges Gericht. Die Kartoffeln waren wider Erwarten tatsächlich gar, die Linsenfüllung würzig und beides passte gut zusammen. Aber irgendwie vermissten wir den „Aha-Effekt“. Wer weiß, vielleicht hätten ein paar knusprig gebratene Speckwürfel Wunder gewirkt.

Aus: Einer für alles Julian Riess, Katharina Seiser, Meinrad Neunkirchner und Thomas Apol

 

 

Linsen deluxe mit Hindernissen

linsentartar 6Als Herr H. kürzlich vorschlug, wir sollten am nächsten Tag unbedingt dieses Linsengericht zubereiten, hörte ich nur mit halben Ohr zu. Leichtfertig gab ich ihm die Zusage und kümmerte mich weiter um das Backwerk, das jedoch leider unter keinem guten Stern zu stehen schien. Ehe ich mich darob lange grämen konnte, war bereits der nächste Abend da. Die Linsen waren am Vorabend vorbildlich eingeweicht worden und ich studierte zum ersten Mal aufmerksam das Rezept. Allein die Länge der Zutatenliste ließ mich kurz stutzen. Soviel Wirbel um eine Art Linsensalat, pardon, Linsentatar? Nun denn. Eilig schloss ich mich Herrn H. an, der bereits fleißig das Messer schwang.

Für das Rote Bete-Gurken-Relish (ergibt ca. 250 g fertiges Relish):

  • 20 g Ingwer, geschält und fein gehackt
  • 150 g Zucker
  • 250 g Rote Bete (1 mittlere), geschält, sehr fein gewürfelt
  • 250 g Salatgurke, geschält, entkernt, sehr fein gewürfelt
  • 150 g rote Zwiebeln, geschält, sehr fein gewürfelt
  • 1 Knoblauchzehe, geschält, sehr fein gewürfelt
  • 1 TL gem. Ingwer (ich: weg gelassen)
  • 200 g Champagneressig (ich: Chardonnayessig)
  • 1/4 TL Salz, schwarzer Pfeffer
  • 1 TL Wasabi

rote bete relish serieDie Anleitung zur Herstellung dieses Relishes musste ich zweimal lesen. Dort steht, man solle den Zucker mit dem gemahlenen Ingwer erhitzen, bis er komplett geschmolzen sei. Diesen Vorgang kenne ich vom Backen, dort heißt er, „Zucker karamellisieren“. Dann gäbe man die gewürfelten Gemüse hinein. Wie jetzt? In das ca. 130 -140°C heiße Karamell? Das dann schlagartig erstarren würde? Das kam mir dann doch etwas zu merkwürdig vor. Ich kochte Zucker und Essig auf, bis sich der Zucker komplett gelöst hatte und gab dann die Gemüsewürfel hinzu. Ich ließ das Relish ca. 30 Minuten offen köcheln, bis es eine sirupartige Konsistenz hatte, würzte mit Wasabi, Salz und Pfeffer und füllte es direkt in Gläser ab. Es hält sich im Kühlschrank sicher einige Wochen.

Für das Linsentatar (was daran tatarisch sein soll, verstehe ich selbst nicht so genau, die Zutaten sind weder roh, noch werden sie gehackt):

  • 100 g Belugalinsen (ich: Puy Linsen, über Nacht eingeweicht)
  • 40 g Butter (ich: 15 g)
  • 30 g Mehl (ich: 12 g)
  • 100 g Fleischbrühe
  • 100 g trockener Rotwein
  • 60 g roter Portwein
  • 1 Schalotte, geschält und fein gewürfelt
  • 1 Gewürzgurke, fein gehackt (ich: weg gelassen)
  • 8 Kapern (ich: 5 größere Kapernbeeren sauer eingelegt), fein gehackt
  • 2 Sardellenfilets, fein gehackt
  • 2 EL Acetato balsamico, vom guten
  • 1 TL Senf
  • Salz, schwarzer Pfeffer
  • 2 Eier

linsentartar serieHerr H. hatte die Linsen in reichlich Wasser 10 Minuten lang knapp gar gekocht. Er schreckte sie kalt ab und stellte sie beiseite. Während die Linsen kochten, hatte er Rot- und Portwein ca. um die Hälfte eingekocht. Nun zerließ er die Butter, schwitzte Schalotten und Mehl darin an und löschte dann mit Brühe ab. Er gab die reduzierten Weine hinzu und raufte sich ein wenig die Haare. Obwohl ich Butter und Mehlmenge bereits reduziert hatte, war die Sauce viel zu sämig. Er goß einen großzügigen Schluck Wasser hinzu, gab Kapernbeeren, Sardellen und Senf in die Sauce und ließ sie 15 Minuten köcheln. Gegentlich fügte er etwas Wasser hinzu. Die fertige Sauce schmeckte er mit Salz, scharzem Pfeffer und Balsamico ab. Ich sah in den Topf und stellte fest, dass die Menge der Sauce recht üppig bemessen war. Ich gab sie durch ein Sieb, mischte das Siebgut und ca. 3 EL Sauce unter die Linsen und fror den Rest des Sauce zur späteren Verwendung (brav ettikettiert) ein. Nun fehlte nur noch das Spiegelei und endlich, endlich konnten wir kosten.

linsentartar 4Fazit: Da das Linsentatar als Vorspeise für 4 Personen gedacht war, hatte ich nur die Hälfte zubereitet. Direkt nach dem ersten Bissen bereute ich diese Entscheidung zutiefst, so wahnsinnig gut schmeckte es mir. Eine absolut gelunge Geschmackskomposition, die mich die Hürden auf dem Weg zum Ziel völlig vergessen ließ. Auch Herr H. war schwer angetan und seufzte tief, als die letzte Gabel des „Tatars“ mit cremigem Eigelb vermischt in seinem Mund verschwunden war. Ich würde beim nächsten Mal gleich eine dreifache Portion bereiten und die Rest einfrieren, so dass ich jederzeit auf diese Delikatesse zurückgreifen könnte.

Aus: Linsen – Das Kochbuch Achim Schwekendiek, Barbara Lutterbek