Vor einer guten Woche klingelte es unerwartet an unserer Tür. Ich öffnete. Die Nachbarin von nebenan streckte mir strahlend eine großformatige Zeitschrift entgegen. Ich würde doch so gern kochen, ob das nicht etwas für mich sei? Ich bedankte mich, plauderte noch ein wenig mit ihr und sah mir die Zeitschrift später genauer an. „happinez, kochen – Sinnlich kochen, gutes Essen für Körper und Seele“. Sofort schrillte meine Esoterikwarnglocke. Schublade auf, Urteil gefällt. Ich blätterte noch kurz zerstreut, sah aufwendig fotografierte Teller und las von wilden Gewürzmischung quer durch aller Herren Länder. Nichts für mich, dachte ich, legte die Zeitschrift beiseite und vergaß sie. Erst am Abend, als Herr H. sie in die Hand nahm und fragte, was das denn sei, erinnerte ich mich. Ich gab mein abschätziges Urteil kund und schnippelte weiter. Er blätterte interessiert und begann sogleich, die Zeitschrift mit vielen bunten Markern zu versehen. Ich seufzte innerlich und hoffte, er würde sie ebenso schnell wieder vergessen wie ich. Aber daraus wurde – zum Glück – nichts. Bereits am nächsten Abend bestand er darauf, das erste Rezept nachzukochen.
Für die Pastinaken-Gnocchi:
- 300 g Pastinaken, in der Schale gegart, im Backofen ausgedampft
- 200 g Kartoffeln, in der Schale gegart
- 100 g Mehl (evtl. etwas mehr)
- 25 g Kartoffelstärke (ich: Kartoffelmehl)
- 1 Eigelb
- Salz
Ich garte Kartoffeln und Pastinaken in separaten Töpfen ca. 20 Minuten, ließ die Pastinaken anschließend 10 Minuten im auf 150°C vorgeheizten Backofen ausdampfen und pellte währendessen die noch heißen Kartoffeln. Ich gab sie durch die Karoffelpresse. Herr H. hatte inzwischen die Pastinaken gehäutet, die ich nun ebenfalls durch die Presse gab. Das ging relativ schwer, ich bangte etwas um das Leben der Presse und würde sie vielleicht beim nächsten Mal einfach heiß pürieren und dann etwas ausdampfen lassen. Nun gab ich die restlichen Zutaten für den Teig in die Schüssel, verknetete alles kurz zu einem homogenen Teig und formte 4 Rollen mit ca. 2cm Durchmesser daraus. Herr H. schnitt davon ca. 1,5 cm lange Stücke ab, die ich über die Gabel hüpfen ließ. Die bereits fertig geformten Gnocchi durften auf begriester Fläche ruhen. Anschließend garte ich sie portionsweise, schreckte sie kalt ab und legte sie auf einer Schneidematte ausgebreitet zur Seite.
Für den Möhren-Koriander-Salat:
- 1 rote Zwiebel, fein gewürfelt
- 400 g Möhren, längs halbiert, in Scheiben geschnitten
- 10 g kandierter Ingwer (ich: frischer + 1 TL Zucker)
- 3 EL Pflanzenöl
- 1/2 TL Kreuzkümmel, geröstet und gemahlen
- 1/4 Sternanis, geröstet und gemahlen
- 75 g frisch gepresster Orangensaft
- 1 – 2 EL Zitronensaft
- 1 TL Ahornsirup (ich: Honig)
- frischer Koriander nach Belieben
- 1 – 2 EL Sojasauce
Nachdem alle Zutaten bereit gestellt und geschnippelt waren, erhitzte ich das Öl in einem Topf, schwitzte die Zwiebeln darin an und fügt anschließend die Möhren hinzu. Ich legte den Deckel auf, reduzierte die Hitze und ließ sie ca. 12 – 15 Minuten schmoren. Dann gab ich die Gewürze, den Orangen- und Zitronensaft hinzu, schmeckte mit Sojasauce ab und probierte. Erstaunt stellte ich fest, dass diese schlichte Aromenmischung überraschend gut schmeckte. Ein Punkt für die happinez.
Für die rote Curysauce:
- 1 EL Butterschmalz
- 1 TL rote Currypaste, selbst hergestellt oder fertig gekauft
- 1 TL Edelsüß-Paprika
- 1 EL Mehl
- 130 g Kokosmilch
- 130 g Gemüsebrühe
- 1 TL Zucker
- 1 EL Limettensaft
- frische Petersilie nach Belieben
- 25 g Erdnusskerne, geröstet, grob gehackt
- Chiliflocken zum Bestreuen
Ich erhitzte das Butterschmalz in der Wokpfanne und schwitzte Currypaste, Paprika und Mehl darin 2 – 3 Minuten an. Dann löschte ich mit Kokosmilch und Brühe ab, ließ die Sauce einmal kurz aufkochen und reduzierte die Temperatur. Nach weiteren 3 Minuten Köchelns schmeckte ich mit etwas Salz, Zucker und Limettensaft ab und war erneut erstaunt ob des guten Geschmacks. Herr H. hatte inzwischen die Erdnüsse geröstet und gehackt und die Gnocchi einige Minuten in heißem Butterschmalz erwärmt. Fertig.
Fazit: Selten hat uns ein recht exakt nachgekochtes Gericht so umwerfend gut, neu und anders geschmeckt. Herr H. bemerkte während des Essens ganze 3 mal, wie gut es ihm schmecke und er ist normalerweise mit seinem Lob eher sparsam. Ich fand das Spiel der Aromen und Konsistenzen verblüffend gelungen. Vielleicht ist es an der Zeit, einmal die alten Schubladen gründlich auszulüften und sich gegebenenfalls von ihnen zu trennen, auch wenn sie auf den ersten Blick das Leben zu vereinfachen scheinen, da man nicht bei jedem neu auftretenden Ereignis erst lange grübeln muss. Ich werde darüber nachdenken. Das mit den Urteilen ist ein weites Feld.
Aus: happinez Kochen – Sinnlich kochen, gutes Essen für Körper und Seele Heinrich Bauer Zeitschriftenverlag KG