Das, was mich am älter werden am meisten stört sind erstaunlicherweise weder die Falten noch die grauen Haare. Ich bedauere auch nicht, mir nicht mehr folgenlos Nächte um die Ohren schlagen zu können. Nein, das was mich am meisten stört ist das Schwinden der ersten Male. „Been there, done that“, denke ich immer häufiger, wenn ich eine Handlungsmöglichkeit in Betracht ziehe. Dann wäge ich kühl ab, ob das Verhältnis von Energieaufwand zu zu erwartender Belohnung vorteilhaft ist. Wo ist die grenzenlose Begeisterung geblieben? Das haltlose Feuer-und-Flamme-sein ohne Hintergedanken? Ich fürchte, dass das einfach der Preis ist, den man für die wachsende Lebenserfahrung zahlen muss. Umso mehr Spaß macht es mir, an der Entwicklung der Nichte teilhaben zu können. Mit einem guten Jahr gibt es noch eine schier unendliche Anzahl von Dingen zu entdecken, kann man zahllose Erfahrungen machen und selbst über Kleinigkeiten begeistert sein. Das wirkt hochgradig ansteckend und immerhin ist auch das ein oder andere für mich noch neu.
Für die Paprika-Tapenade:
- 1/2 kleine Zwiebel
- 25 g Olivenöl
- 1/2 kleine Knoblauchzehe
- 1 rote Paprika, entkernt, fein gewürfelt
- 1 Rosmarinzweig
- 1 Thymianzweig
- 1/2 TL Tomatenmark
- 1/2 TL fein gehackte scharze Oliven
- Piment dÈspelette
- Salz
Es war nicht einfach, sich für das vor kurzem ins Haus geflatterte Perlhuhn würdige Begleitung auszuwählen. Schließlich war es unser erstes. Wir entschieden uns gegen eine Zubereitung des ganzen Huhns. Hätten wir uns vor der Zerlegung kundig gemacht, hätten wir gewusst, dass der obere Flügelknochen an der Brust gelassen wird. Nun ja. Es wird sicher ein nächstes Mal geben. Die Schenkel wanderten zur späteren Verwendung ins Eis, aus der Karkasse kochte ich nebenbei köstlichen Fond und die Brust wanderte nach dem Anbraten auf der Hautseite für einige Zeit in den auf 100°C vorgeheizten Backofen, bis sie eine Kerntemperatur von 70°C hatte. Derweil schwitze Herr H. die Zwiebel in wenig Olivenöl glasig, gab Knoblauch, Kräuter, Tomatenmark und das restliche Olivenöl und Paprika hinzu und ließ alles bei milder Hitze garen. Dann entnahm er Knoblauch und Kräuter, schmeckte mit Salz und Piment dÈspelette ab, hob die Oliven unter und stellte die Tapenade in einem Schälchen beiseite.
Für die „leichte“ Aioli:
- 1 kleine Knoblauchzehe
- 1 kleines Ei, raumtemperiert
- ca. 30 g Olivenöl
- Salz
Ich mörserte den Knoblauch mit wenig grobem Meersalz zu einer feinen Paste, und gab sie mit dem Ei in eine Schüssel. Nachdem ich es mit dem Handrührer luftig aufgeschlagen hatte, gab ich das Olivenöl erst tröpfchenweise, dann in einem feinen Strahl hinzu, während ich weiter schlug. Die so entstandene Aioli ist luftig, schaumig und mehr braucht es für meinen Geschmack nicht für eine Mahlzeit für zwei Personen.
Für die Rosmarin-Kartoffeln (nach diesem Rezept):
- ca. 400 g kleine festkochende Kartoffeln (ich: La Ratte)
- 2 Zweige Rosmarin
- 1 Knoblauchzehe
- Olivenöl
- Salz, schwarzer Pfeffer
Da der Backofen mit der Perlhuhnbrust belegt war, brauchte es eine Idee, bei der die Kartoffeln auf dem Herd zubereitet werden. Zum Glück wurde ich schnell fündig. Ich gab die Kartoffeln mit zwei Zweigen Rosmarin, etwas Salz und Wasser in einen Topf und garte knapp gar in ca. 15 Minuten. Nachdem sie abgekühlt waren, halbierte ich sie der Länge nach. Herr H hatte inzwischen etwas Olivenöl in der großen Pfanne erhitzt und es mit Knoblauch und Rosmarin aromatisiert. Ich legte die Kartoffeln mit der Schnittfläche nach unten ein und briet sie bei eher milder Hitze ca. 15 Minuten bis sie goldbraun waren. Dabei wendete ich sie ein oder zwei Mal. Die fertigen Kartoffeln bestreute ich mit etwas feingehacktem Rosmarin und Fleur de Sel. Nachdem Herr H. seine Arbeit getan hatte, konnten wir endlich kosten.
Fazit: Was für ein Gedicht! Die Perlhuhnbrust war perfekt gegart, saftig und unerwartet aromatisch. Tapenade, Aioli und Rosmarin-Kartoffel passten vorzüglich dazu und das eher sommerlich anmutende Essen hellte uns einen besonders trüben Februarabend merklich auf. Die Schenkel sind inzwischen ebenfalls auf köstlichste Art zubereitet und verspeist, – ich werde berichten – es wird Zeit, dass wir das nächste Perlhuhn erbeuten. Vielleicht haben wir morgen Glück. Denn das war wirklich das schmackhafteste Huhn, das ich seit langem kosten durfte.
Paprika-Tapenade und Aioli aus: Olivenöl Das Kochbuch Bastian Jordan