Herrn H.s Entschlossenheit ist mir manchmal ein wenig unheimlich. Schon vor Weihnachten hatte er bekundet, diese Hühnerbrüstchen im Quarkteig herstellen zu wollen. Nachdem ich einige Wochen nichts weiteres darüber gehört hatte, wähnte ich mich in Sicherheit. So fürchterlich attraktiv fand ich die Vorstellung eines eingemantelten Hühnchens nämlich nicht. Aber, ich hätte es nach über 15 Jahren des Zusammenlebens besser wissen müssen, es kam der Abend, da er mir das Buch erneut vor die Nase hielt und stolz verkündete, genau das würden wir am nächsten Abend kochen. Dazu passten im eigenen Saft geschmorte Möhrchen und eine weitere Beilage bräuchte es nicht, man hätte ja den Teigmantel. Ich seufzte leise und bereitete den Quarkblätterteig vor.
Für den Quarkblätterteig (reicht für 4 Personen, ich habe die übrige Hälfte eingefroren, natürlich kann auch nur die Hälfte der angegebenen Menge hergestellt werden):
- 200 g Mehl (ich je 100 g 405er und 550er)
- 1 TL Salz (ich: 4 g)
- 100 g Butter, möglichst kalt
- 125 g Magerquark
Ich gab das Mehl in eine Schüssel, streute Salz und Butterflocken darüber und zerrieb alles zwischen den (kalten) Fingern zu einer krümeligen Masse. Dann gab ich den Quark hinzu und verknete alles kurz zu einem homogenen Teig. Ich rollte ihn zwischen Folie zu einem flachen, länglichen Rechteck aus, faltete beide Enden zur Mitte hin und schlug sie übereinander (doppelte Tour). Im Rezept wird diese Prozedur direkt ohne weitere Kühlzeit noch zweimal wiederholt. Ich gönnte dem Teig zwischendurch jeweils ca. 2 Stunden Kühlzeit und machte beim dritten Mal nur eine einfache Tour. Dabei wird eine Schmalseite zur Mitte hin umgeklappt und die andere darüber gelegt. Nun durfte der Teig über Nacht in der Kühlung entspannen, er ist so jedoch bereits zur Weiterverarbeitung bereit.
Für die gefüllten Hühnerbrüstchen:
- 2 Hühnerbrüstchen à 130 g (ich: 1/4 Brust vom Monsterhuhn, ca. 300 g)
- Salz, schwarzer Pfeffer
- Butterschmalz zum Braten
- 25 g in Öl eingelegte Dörrtomaten, abgetropft (ich: Softtomaten ohne Öl). klein gewürfelt
- 60 g Lauch, gerüstet gewogen, in dünne Ringe geschnitten
- 20 g Pinienkerne, geröstet (die spendierte ich den Möhrchen)
- 1 TL Olivenöl
- 1/2 Eigelb zum Bestreichen
Während ich das Huhn beidseitig einige Minuten in Butterschmalz anbriet, dünstete Herr H. den Lauch im Olivenöl, bis er zusammenfiel und fügte Tomatenwürfel, Pinienkerne, Salz und Pfeffer hinzu. Dann gab er alles zum Abkühlen in ein Schälchen. Ich rollte die Hälfte des Teigs ca. 5mm dünn aus, legte die abgekühlte, zweimal längs eingeschnittene Hühnerbrust auf die untere Hälfte und füllte die Schnitte mit Lauchgemüse. Ich bestrich den Rand des Teigs mit Wasser, klappte ich die andere Teighälfte darüber und drückte den Rand fest. Da noch etwas Teig übrig war, verzierte ich das Päckchen noch damit.
Ich schnitt den Teig längs ein, bestrich ihn mit Eigelb und schob es in den auf 220°C vorgeheizten Backofen. Dort durfte es ca. 25 Minuten goldbraun backen. In der Zwischenzeit dünstete ich einige in Scheiben geschnittene Möhren in Butter/ Olivenöl in ca. 20 Minuten gar und karamellisierte sie anschließen mit Honig. Ein Spitzer Zitronensaft, Salz, Pfeffer. Fertig. Fehlte bloß noch die Sauce.
Für die Schnittlauchsauce:
- 1 kleine Frühlingszwiebel, in feine Ringe geschnitten
- 1 TL Butter
- 50 g weißer Portwein
- 100 g Geflügelfond
- 25 g Sahne
- 25 g kalte Butter
- 1 Bd. Schnittlauch (ich: TK-Ware)
- Salz, schwarzer Pfeffer (ich: Piment d’Esplette)
Ich schwitzte die Frühlingszwiebel in Butter glasig, goss Portwein und Brühe an und ließ alles auf ca. 50 ml einreduzieren. Dann fügte ich die Sahne hinzu und pürierte die Sauce. Während sie leicht köchelte, rührte ich die kalten Butterstücke ein, gab den Schnittlauch hinzu und schmeckte mit Salz und Piment d’Esplette ab. Herr H. hatte inzwischen das leicht abgekühlte Teigpäckchen in Scheiben geschnitten und angerichtet. Ich goss ein wenig Sauce an und wartete gespannt auf den ersten Bissen.
Fazit. Und nachdem ich ihn verspiesen hatte, musste ich mein Vorurteil über den Haufen schmeißen. Das Hühnchen war herrlich saftig-aromatisch dank der Lauchfüllung, der Teig knusprig und die Schnittlauchsauce ein absoluter Traum. Als ich Herrn H. meine Begeisterung beichtete, lächelte er nur mild und merkte an, dass Vorurteile generell keine gute Sache seien. Den Quarkblätterteig nehme ich auf jeden Fall in mein Standard-Repertoire auf und ummanteltes Irgendwas hat es hier sicher auch nicht zum letzten Mal gegeben.
Aus: Kochen für Gäste – Unkomplizierte Menüs zum Vorbereiten Annemarie Wildeisen