Rund um die Rübe

Nun ist es also wieder einmal soweit. Bei jedem Einkauf verabschiedet sich ein weiteres Saison-Gemüse und übrig bleiben wie immer Kohl, Rüben und Co. – an den südländischen Importen mag ich mich im Winter nicht laben, auch wenn hin und wieder eine Paprika oder eine Avocado im Korb landen. Wie in jedem Winter koche ich zunächst die bekannten Winter-Klassiker rauf und runter und irgendwann klagt wie üblich Herr H., er könne keinen Sauerkrautauflauf mehr sehen, ob wir denn nicht wieder einmal etwas Neues ausprobieren könnten. Und ebenfalls wie immer gebe ich mich geschlagen und mache mich auf die Suche nach Inspiration. Dieses Mal fand ich sie im wunderschön fotografierten Buch von Su Vössing Suppen, Eintöpfe und Schmorgerichte. Ich improvisierte allerdings recht frei, da Herr H. ein dickes Stück Kassler Rücken angeschleppt hatte, aber inzwischen geht sich das meist ganz gut aus.

Für das Curry mit Kassler und Steckrübe:

  • ca. 500 g Kassler (Nacken oder Rücken), gewürfelt
  • 1 TL Currypulver
  • 1 TL Garam Masala
  • 2 EL Ahornsirup
  • 25 g Reisessig
  • 1 EL Kokosöl
  • 50 g Zwiebeln, gewürfelt
  • 10 g Ingwer, fein gewürfelt
  • 1 Knoblauchzehe, fein gewürfelt
  • ca. 150 g Möhre, fein gewürfelt
  • 250 g Steckrübe, in 1 cm Würfel geschnitten
  • 150 g Gemüse- oder Hühnerfond
  • 1 Lorbeerblatt
  • 125 g Kokosmilch
  • Salz, schwarzer Pfeffer und rotes Tabasco nach Belieben
  • ca. 200 g rote, kernlose Trauben, halbiert, ca. 1 Std. bei 130°C im Backofen gegart
  • frischer Koriander nach Belieben
  • Basmatireis, gegart, nach Belieben

Bereits am Nachmittag hatte ich Curry und Garam Masala mit Essig und Ahronsirup verrührt und die Kasslerwürfel hinein gegeben. Abgedeckt marinierten sie ca. 3 Stunden, gelegentlich rührte ich sie durch, damit alle Würfel gleichmäßig mit Marinade überzogen wurden. Während Herr H. die restlichen Zutaten bereit stellte, briet ich die abgetropften Würfel portionsweise in Kokosöl rösch an und stellte sie beiseite. Nun durften Zwiebeln, Möhre, Steckrübe, Ingwer und Knoblauch im gleichen Öl schmurgeln. Als Herr H. weg sah, schummelte ich ca. 1 TL Harissa hinzu, der Schärfe wegen, aber das musste er nicht unbedingt wissen. Ich legte das Lorbeerblatt ein, löschte mit Fond ab und ließ alles zugedeckt ca. 30 Minuten köcheln. Dann gab ich Kassler und Kokosmilch hinzu und ließ alles weiter sanft köcheln. Nach ca. 20 Minuten, als auch der Reiskocher wie üblich den Reis bereitet hatte, war die Sauce sämig und das Gemüse gar. Ich schmeckte mit Salz, Pfeffer, etwas Tabasco und einem Spritzer Limettensaft ab, hob die Trauben unter und richtete das Curry mitsamt Reis und Koriander auf vorgewärmten Teller an. Das Curry roch extrem verlockend, aber natürlich mussten wir uns noch ein wenig gedulden.

Fazit: Wir vermutet machte sich die Kombination von dezent rauchigem Kassler, leicht süßer Rübe und cremiger Kokosmilch sehr gut. Das Curry war von kräftiger Schärfe, was bei den derzeitigen Temperaturen von uns beiden als sehr angenehm empfunden wird. Nach dem wir Töpfe und Teller vollständig geleert hatten, lehnten wir uns hochzufrieden zurück und beschlossen einstimmig, das Curry in unser Steckrüben-Rezepte-Repertoire aufzunehmen.

Hier zur Inspiration das bisherige Repertoire:

Orzotto mit Steckrübe und roter Bete

orzotto-3

Cremiger Steckrübeneintopf mit Kohlwurst

steckrübensuppe 6

Gefüllte Paprikaschoten mit glasierten Steckrüben und Ziegenkäse

gefüllte paprika 7

Hirse mit Steckrübe und Möhre

hirse 5

Steckrüben-Spinat-Graupen-Eintopf mit Kassler

steckrüben 2

 

Ein Bauch des Ostens

Während die anderen Menschen sich am vergangenen Wochenende auf den Straßen tummelten, hatten Herr H. und ich nach einigem Beratschlagen entschieden, lieber in der Küche zu verharren. Im Nachhinein keine schlechte Entscheidung, auch wenn ich es ein wenig bereue, nicht an der Fahrrad-Demo teilgenommen zu haben. Aber die bis zur Nasenspitze gepanzerten Polizisten wirkten einfach zu abschreckend auf mich. Das nur am Rande. Da das hier ein Kochblog ist und auch bleiben soll, verweise ich bezüglich der ganzen Thematik auf diesen hervorragenden Artikel von Patricia. Wir blieben also in der Küche hocken und wie der Zufall es wollte, hockte ein Schweinebauch mit uns, sehr zu Herrn H.s großer Freude. Er hatte sich schon vor Wochen in ein Rezept verschossen und nun stand der Umsetzung nichts mehr im Weg.

Für den Dong-Po Schweinebauch (2 Personen):

  • 500 g Schweinebauch mit Schwarte ohne Knochen
  • 1 EL Pflanzenöl
  • 3 Frühlingszwiebeln, nur das Grüne, in 2 cm langen Stücken
  • 5 g Ingwer, geschält, in Scheiben
  • 50 g Kandis
  • 65 g Shaoxing-Reiswein
  • 1,5 EL dunkle Sojasauce
  • 1,5 EL helle Sojasauce
  • 3 Stängel chinesischer Schnittlauch

Da der Bauch gut 2,5 Stunden sanft köcheln soll und es schon etwas spät war, kochten wir zwei Gerichte parallel. Den Bauch für den nächsten Abend und ein anderes schlichtes Gericht für diesen. Ich entfernte die Schwarte des Bauches, blanchierte ihn 15 Minuten und spülte ihn anschließend unter kaltem Wasser ab. Nachdem er etwas abgekühlt war, schnitt ich ihn in ca. 3 cm große Würfel. Herr H hatte derweil die übrigen Zutaten bis auf den Schnittlauch in den Wok gegeben. Ich legte die Würfel und die Schwarte dazu, ließ alles einmal aufkochen und anschließend abgedeckt ca. 2,5 Stunden köcheln. Dann durfte das Fleisch über Nacht in der Garflüssigkeit abkühlen. Am nächsten Abend entnahm ich das erstarrte Fett, Schwarte, Frühlingszwiebeln und Ingwer und ließ das Fleisch in der Sauce offen köcheln, bis sie eine dicke honigähnliche Konsistenz hatte. Nun legte ich den Schnittlauch ein und stellte den Topf bis zum Servieren beiseite.

Für die Garnitur:

  • 3 mittelgroße Möhren, in Brunoise geschnitten
  • etwas Pflanzenöl
  • 2 EL Mirin
  • 1 EL Reisessig
  • 1 TL helle Sojasauce
  • eingelegter Daikon, in Brunoise geschnitten
  • 1 Lotuswuzel, geschält, mit der Mandoline in hauchfeine Scheiben geschnitten (ich: TK-Ware, die sich leider nicht so dünn schneiden ließ)
  • Pflanzenöl zum Frittieren
  • Reis, gegart

Ich erhitze das Öl bei mittlerer Hitze, gab die Möhrenwürfel hinzu und pfannenrührte sie kurz. Dann deckte ich den Topf ab und ließ sie 8 Minuten im eigenen Saft dünsten. Nun gab ich Mirin, Essig und Sojasauce hinzu, ließ alles offen kurz unter Rühren reduzieren und stellte den Topf abgedeckt beiseite. Herr H. hatte derweil die Lotuswurzelscheiben in 190°C heißem Erdnussöl portionsweise goldbraun frittiert und auf Küchenkrepp abtropfen lassen. Der Reiskocher hatte sich derweil wie üblich um den Reis gekümmert. Endlich konnte angerichtet werden. Die Sauce roch auf jeden Fall extrem verführerisch. Herr H. schnappte sich den Teller und war erstaunlich schnell wieder damit in der Küche. Ich hatte noch nicht einmal fertig aufräumen können.

Fazit: Der Dong Po Schweinebauch war ein echtes Highlight! Das Fleisch zerfiel förmlich und war auch nicht zu fettig. Die Sauce war, ohne weiteres Nachwürzen, einfach nur umwerfend. Was so ein bisschen Zucker und Fett ausmachen können. Die leicht säuerlichen Rettich- und Möhrenwürfel brachten eine gewisse Frische in das Gericht und die tatsächlich knusprigen, obschon etwas zu dicken, Lotuswurzel-Chips ergänzten mit sanfter Erdigkeit. Zum Glück war unser Bauch ein ganzes Kilo schwer. Das übrige halbe schlummert noch im Eis und harrt dort seinem bereits bekannten Schicksal. Das zumindest ist Herrn H.s Meinung. Wer weiß, ob sich bis dahin nicht noch ein anderes spannendes Rezept für Schweinebauch finden lässt.

Aus: Das Kochbuch Andrew Wong

Begleitung gesucht

In diesem Fall führte das eigentlich Nebensächliche, nämlich die Beilage, mich zur Umsetzung dieses Gerichts. In der Kochshow „Kitchen impossible“ (es ist mir zwar ein wenig unangenehm, aber ich muss gestehen, dass Herr H. und ich sie seit einigen Wochen tatsächlich ansehen, man kommt halt schwer daran vorbei) hatte ich vor zwei oder drei Wochen diese griechischen Zitronen-Kartoffeln gesehen und seitdem verfolgten sie mich bis in meine Träume. Es war zum Glück nicht schwer, das passende Rezept zu finden, wie gut, dass ich mich zumindest diesbezüglich auf mein hervorragendes Gedächtnis verlassen kann. Mir fehlte die ganze Zeit einfach nur noch eine Beilage für die Beilage. Als ich in der inzwischen fast geleerten Fleischabteilung des TK ein Pfund Lammschulter, bereits gewürfelt, entdeckte, war klar, was ich zu den Kartoffeln servieren würde. Herr H. staunte nicht schlecht, als er mitten in der Woche nach Hause kam und von verführerischem Duft empfangen wurde.

Für das Lamm (gewürzt frei nach diesem Rezept):

  • 500 g Lammschulter oder -keule, gewürfelt
  • Olivenöl
  • 1 Zwiebel, gewürfelt
  • 1 Knoblauchzehe, fein gehackt
  • 1 Möhre, in Scheiben geschnittem
  • 1 rote Paprika, gewürfelt
  • 1 Frühlingszwiebel, in Rauten geschnitten
  • 1 EL Tomatenmark
  • 200 g passierte Tomaten
  • 100 g Rotwein
  • ca. 200 g Wasser
  • 1 Lorbeerblatt
  • etwas Oregano, getrocknet
  • 1/2 TL Nelken, gemahlen
  • 1/2 TL Zimt
  • Salz, schwarzer Pfeffer

Ich briet die Fleischwürfel (nicht zu klein, ca. 3 x 3 cm groß) portionsweise in Olivenöl allseitig kräftig an und legte sie beiseite. Dann briet ich Zwiebel, Möhre, Paprika, Frühlingszwiebel und Knoblauch in der angegebenen Reihenfolge einige Minuten. Ich legte das Fleisch wieder ein, röstete das Tomatenmark kurz mit und löschte mit Rotwein ab. Nachdem er fast vollständig reduziert war, gab ich Passata, Wasser und Gewürze hinzu und ließ alles abgedeckt ca. 1,5 – 2 Stunden auf kleiner Stufe köcheln. Der dem Bräter entweichende Duft war schon einmal sehr viel versprechend.

Für die Zitronen-Kartoffeln:

  • 500 g Kartoffeln (ich: vorwiegend festkochend), geschält und in ca. 3 x 3 cm große Würfel geschnitten
  • Saft und Schal 1/2 Zitrone
  • ca. 3 EL Olivenöl
  • 2 Lorbeerblätter
  • Oregano, getrocknet
  • Salz, schwarzer Pfeffer

Nachdem ich den Backofen auf 200 °C vorgeheizt hatte, löste ich etwas Salz im Zitronensaft und rührte anschließend das Olivenöl ein. Ich vermengte die Kartoffeln mit der Flüssigkeit in einer ofenfesten Form und legte die Lorbeerblätter dazu. Dann deckte ich die Form mit Alufolie ab und schob sie in den Backofen. Nach 30 Minuten entfernte ich die Folie und ließ die Kartoffeln weitere 30 Minuten garen. Herr H.hatte derweil das Lamm noch ca. 10 Minuten offen köcheln lassen. Ich schmeckte die fertigen Kartoffeln erneut mit Salz und Pfeffer ab und konnte es mir dabei nicht verkneifen, schon einmal zu kosten. Dabei stellte ich fest, dass mich der Gedanke an sie völlig zurecht so hartnäckig verfolgt hatte. Ich richtete Lamm und Kartoffeln an und wartete wie üblich geduldig.

Fazit: Es mag zwar sein, dass im nun beginnenden Frühlingswahn solche deftigen Schmorgerichte allgemein nicht mehr besonders hoch im Kurs stehen. Uns hat das nicht im geringsten gekümmert. Das Lamm war butterzart und mit der doch recht großen Menge an Nelken und Zimt erstaunlich harmonisch gewürzt. Und die Zitronen-Kartoffeln begleiteten das kräftige Lamm mit köstlich säuerlicher Leichtigkeit. Die standen hier ganz gewiss nicht zum letzten Mal auf dem Tisch. Gute Kartoffel-Rezepte kann man schließlich nie genug haben.

 

 

Braise it red!

Was wäre das Leben ohne Zufälle? Mit dem letzten Teil getrockneter Erbsen wollte ich die neu entdeckte Einweich-Methode für Hülsenfrüchte (Nasspökeln) testen. Gedacht, getan, gekocht und die Küche verlassen. Ich lag im Flur auf der Yoga-Matte, als plötzlich ein sehr, sehr merkwürdiger Geruch unter der Küchentür hindurch zog. Hastig sprang ich auf, lief in die Küche und hob den Topfdeckel. Der geradezu widerliche Geruch (eine Mischung aus nassem Hund und dem Geruch beim Friseur, wenn sich jemand gerade die Haar färben lässt) intensivierte sich gewaltig und fast alle Häutchen hatten sich von den Erbsen gelöst und schwammen an der Wasseroberfläche. Keine Ahnung, ob das so sein sollte. Ich entsorgte den Topfinhalt reuelos und machte mich sogleich auf die Suche nach einem neuen Verwendungszweck für das bereits aufgetaute Stück Kassler Nacken. Als ich den Beitrag eines Mitglieds des Grillsportvereins zum Thema „Kassler Nacken rot geschmort“ sah, war ich zunächst sehr skeptisch. Raucharoma in einem chinesischen Wok-Gericht? Aber die Zeitknappheit setzte meinen Zweifeln ein rasches Ende. Herr H. schwang bereits das Messer.

Für den rot geschmorten Kassler Nacken:

  • ca. 400 g Kassler Nacken, in 3 cm große Würfel geschnitten
  • Erdnussöl
  • 1,5 EL Zucker
  • 1 EL Shao Xing
  • 15 g Ingwer in Scheiben, ungeschält
  • Grün von 2 Frühlingszwiebeln
  • 1 Sternanis
  • 1/2 Zimtstange
  • Chili, fein gehackt oder etwas anderes Scharfes
  • helle Sojasauce und Zucker zum Abschmecken

Ich erhitzte etwas Erdnussöl bei mittlerer Hitze im Wok und ließ den Zucker darin karamellisieren, bis er Blasen schlug. Dann erhöhte ich die Hitze, gab die Kassler-Würfel hinzu und pfannenrührte, was das Zeug hielt. Herr H. löschte mit Shao Xing ab, gab Ingwer, Sternanis und Zimt hinzu und bedeckte alles sehr knapp mit Wasser. Nach dem Aufkochen ließ ich alles ca. 30 Minuten abgedeckt sacht köcheln. Es roch schon einmal höchst viel versprechend. Anschließend nahm ich den Deckel ab, erhöhte die Hitze wieder etwas und ließ die Flüssigkeit reduzieren, bis das Fleisch von einer glänzenden, kräftig roten Sauce überzogen war. Herr H. hob die Frühlingszwiebeln unter und stellte die Pfanne abgedeckt warm.

Für das Gemüse:

  • 1 grüne Paprika, entkernt, gewürfelt (ich: ca. 300 g Rosenkohl, blanchiert, halbiert)
  • 6 frische rote Peperoni, entkernt, gewürfelt (ich: 2 kleine Möhren, in dünne Scheiben geschnitten
  • 1 Handvoll Cashews (ich: trocken geröstet)
  • 2 Frühlingszwiebeln (weißer Teil, in Ringe geschnitten)
  • etwas Knoblauch, gewürfelt
  • 5 EL Fleischbrühe
  • 1 TL Austernsauce
  • 1 TL Zucker
  • 1 TL Stärke
  • 1 Pr. Salz

Das Gemüse mussten wir der Vorratslage entsprechend anpassen, da keiner von uns noch einmal einkaufen gehen wollte. Ich erhitzte etwas Erdnussöl in einer Pfanne, dünstete die Möhren abgedeckt ca. 10 Minuten darin und gab Rosenkohl und Knoblauch hinzu. Während ich alles briet, rührte Herr H. die Zutaten für die Sauce in einer Schüssel zusammen und gab die Sauce über das Gemüse. Ich ließ sie nach kurz köcheln, bevor ich die Pfanne vom Herd zog und Fleisch und Gemüse auf dem vom Reiskocher gegarten Reis anrichtete. Das Warten auf den ersten Bissen fiel mir dieses Mal besonders schwer, aber es nützte nichts.

Fazit: Als es endlich soweit war, die beste Nachbarin war zwischenzeitlich aufgetaucht und wurde prompt eingeladen, konnte ich mich nach dem ersten Stückchen Kassler kaum halten vor Begeisterung. Hammer! Das leichte Rauch-Aroma in Verbindung mit der karamelligen Sauce war der absolute Bringer. Herr H. und die beste Nachbarin stimmten mir voll und ganz zu und viel zu schnell waren die Schalen geleert. Und ich fürchte, ich muss morgen beim Lieblingsschlachter ein weiteres Stück Kassler Nacken erstehen, damit wir das Gericht noch einmal mit der originalen Gemüsebeilage testen können – dringende Nachkochempfehlung!

Der Zeitlosen Trost

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Zugegeben, der Gersten-Graupe mag ein etwas antiquiertes Image anhaften, war sie doch in Krisenzeiten meist Platzhalter für „hochwertigere“ Kohlenhydrat-Lieferanten und preisgünstiger Magenfüller. Ihr Verzehr durch den Menschen ist indes bis ins 7. Jahrhundert belegt. Das ist schon eine ganze Weile her und vieles ist seither vergangen, aber die Graupe blieb. Seltsam eigentlich. Aber es spricht eindeutig für das schlichte Korn. Und sie muss durchaus nicht in Suppen aller Art versteckt werden, wie es hierzulande so üblich ist. Die Italiener, speziell die aus dem Friaul, so las ich, tun sich mit ihrer Verwertung weniger schwer und rühren daraus einfach ein cremiges Gericht, das analog zum Risotto auf den Namen Orzotto hört. Das tat ich ihnen am gestrigen Abend, als es mich nach etwas sehr, sehr Tröstendem verlangte, einfach nach. Außer gutem Essen bleibt zur Zeit recht wenig, was das Herz zu erfreuen vermag.

Für das Orzotto:

  • Butterschmalz zum Anbraten
  • 1 rote Zwiebel, fein gehackt
  • ca. 200 g Steckrübe, geschält, in kleine Würfel geschnitten
  • 1 – 2 Möhren, ebenfalls klein gewürfelt
  • ca. 120 – 150 g Gersten-Graupen
  • ca. 750 g Gemüsefond
  • eine Handvoll Steinpilze (hier TK), gestückelt
  • Salz, schwarzer Pfeffer
  • ca. 100 g Provola affumicata (oder Scamorza), gewürfelt
  • einige Salbeiblätter
  • 1 – 2 TL hellen Honig
  • 2 kleine Rote Bete, gegart, gepellt, in Spaten geschnitten

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Die Zubereitung ist der eines Risottos gleich, nimmt jedoch etwas mehr Zeit in Anspruch, da die Graupen etwa 40 Minuten zum Garen brauchen. Man könnte sie natürlich in Salzwasser vorkochen. Dazu fehlte mir schlicht die Zeit. Nachdem ich alle Zutaten bereit gestellt hatte, schwitzte ich erst die Zwiebel, dann Steckrübe, Möhre und Graupen in Butterschmalz farblos an. Dann gab ich die erste Kelle Brühe hinzu, rührte einmal um und ließ die Flüssigkeit verköcheln. Diesen Vorgang wiederholte ich so lange, bis alles gegart war. In den letzten Minuten ließ ich die aufgetauten Steinpilze mitschmoren. Abschließend würzte ich mit Pfeffer und Salz und hob die Käsewürfel unter. Während das Orzotto garte, briet ich die Bete in wenig Butter an, gab die Salbeiblätter hinzu und würzte mit Honig, Salz und einem Spitzer Essig. Als Herr H. recht verfroren zur Tür herein kam, war das Essen nahezu fertig. Das kommt in letzter Zeit häufiger vor und ich bin ein bisschen Stolz darauf. Ich drückte ihm einen gefüllten Teller in die Hand und schon Minuten später konnten wir essen.

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Fazit: Wie nicht anders zu erwarten, wurde unsere Geduld wieder einmal sehr belohnt. Wurzelwerk, Getreide, Salbei und Raucharoma verbanden sich zu einem echten Seelenschmeichler, genau zu dem, den ich so dringend brauchte. Nach dem Essen lehnten wir uns beide zurück und schwiegen einträchtig, da es einfach nichts mehr zu sagen gab.