In dubio…

onglet mit shitake ketchup 3Mitte letzter Woche trudelte reichlich verspätet endlich Herrn H.s diesjähriges Geburtstagsgeschenk für mich ein. Wochenlang hatte ich mich gedulden müssen. Ungeduldig befreite ich es aus seiner Pappverpackung. Ein Kochbuch, was sonst? Aber eben nicht irgend eins. Das ca. DIN A4-formatige, cremefarbene Buch mit goldener Schnittverzierung atmete einen Duft von schlichter Eleganz und, ganz wichtig, auch beim Blättern musste ich nicht nach Luft schnappen. Viele neue Kochbücher riechen derart unangenehm, dass ich überhaupt keine Lust habe, etwas daraus zu kochen. Ich las sogleich den gesamten Einleitungstext und erfuhr, dass es sich bei den Rezepten um originale Restaurantrezepte handelt, die nur leicht für den Hausgebrauch modifiziert wurden. Herrlich. Endlich eine neue Herausforderung. Im Fleischkapitel setzte ich den ersten Marker. Das passende Stück Fleisch schlummerte schon seit einigen Wochen im Tiefkühler. Ansonsten fehlte nicht viel und am Wochenende konnten wir loslegen.

Für das Onglet (Marinade):

  • 50 g Gersten-Miso (oder braunes Reis-Miso)
  • 3 Knoblauchzehen, zerstoßen (ich: 1,5)
  • 1,5 EL Mirin
  • 1,5 EL Sake
  • 1,5 EL Sonnenblumenöl
  • 2 Onglet-Steaks, von Sehnen befreit, etwas Fett stehen gelassen (ca. 500g)

marinade serieDa mein Schlachter sehr gewissenhaft arbeitet, war das Onglet bereits von der Sehne befreit und perfekt vorbereitet. Ich mörserte die Knoblauchzehen zu einer feinen Paste, rührte die restlichen Zutaten ein und bestrich das Onglet beidseitig großzügig damit. Luftdicht verpackt durfte es nun ca. 24 Stunden marinieren. Soweit, so gut. Am nächsten Tag nahm ich das Onglet ca. 2 Stunden vor der Zubereitung aus dem Kühlschrank, entfernte die Marinade und ließ es abgedeckt Raumtemperatur annehmen. Im Rezept stand, man solle das Fleisch nun in einer heißen Grillpfanne 3 – 4 Minuten pro Seite anbraten und dann für weitere 3 – 4 Minuten bei 220°C bestrichen mit der Marinade gar ziehen lassen. Puh. Ganz schön heiß. In allen anderen Quellen, die ich zum Thema befragt hatte, wurde das Fleisch entweder sous-vide gegart und anschließend kurz angebraten oder kräftig angebraten und bei 70°C im Backofen für 10 – 15 Minuten nachziehen gelassen. Sollte ich mich auf das Rezept verlassen? Nachdem ich mich während der 24stündigen Marinierzeit erfolglos mit der Entscheidung herumgeschlagen hatte, sprach Herr H. ein Machtwort. Zur Not würden wir eben ein weiteres Onglet erwerben. Ich briet das Onglet also bei kräftiger Hitze allseitig an und ließ es 4 Minuten bei 220°C nachgaren. Es fühlte sich danach noch recht weich an. Herr H. steckte kurzerhand das Fleischthermometer ein. 55°C. Das sollte reichen. Bis zum Aufschneiden ließen wir das Onglet noch 10 Minuten ruhen.

Für den Shiitake-Ketchup (am Vortag zubereiten):

  • 100 g frische Shiitake-Pilze, in Hüte und Stiele getrennt, Hüte in Scheiben geschnitten
  • 6 g Kombu
  • 180 g Wasser
  • 20 g Zucker
  • 1 EL helle Sojasauce
  • 6 g Butter
  • 1/2 TL Sherryessig
  • grobes Meersalz, schwarzer Pfeffer

shitake ketchup serieIch gab Kombu, Pilzstiele und Wasser in einen Topf und ließ alles 15 Minuten einweichen. Dann erhitzte ich es bei mittlerer Temperatur ca. 6 Minuten, bis das Wasser kurz vor dem Sieden war. Herr H. goss die Brühe durch ein Sieb in eine Schale und stellte sie beiseite. Ich hatte in der Zwischenzeit den Zucker zu hellgelbem Karamell gekocht. Nun gab ich die Sojasauce dazu (vorsichtig, es spritzt!), rührte, bis sich alles verbunden hatte und gab die Pilzhüte dazu. Ich garte sie unter Rühren, bis ihre Feuchtigkeit verdampft war und sie vollkommen mit Karamell überzogen waren. Herr H. goss die Brühe an, die ich etwa um die Hälfte einkochen ließ. Anschließend pürierte ich alles, bis eine dicke glatte Sauce entstanden war. Während des Mixens gab ich Butter, Essig eine Prise Salz und Pfeffer hinzu. Am Ende des Vorgangs sollte die Sauce von samtiger Konsistenz sein. Ich füllte sie in ein Glas und stellte sie bis zum nächsten Tag. Sie hält sich gekühlt mindestens zwei Wochen.

Für den gebackenen Sellerie:

  • 1 Knollensellerie (ca. 1,2 kg), geputzt, gründlich gewaschen, Wurzelansatz entfernt
  • 1 EL Olivenöl
  • 2 TL grobes Meesalz

sellerie serieDer im Ofen gegarte Sellerie wurde im Kochbuch als perfekte Alternative zu Pommes Frites gepriesen und Herr H. war sofort Feuer und Flamme, als er ihn erblickte. Ich heizte den Backofen auf 190°C vor. Herr H. präparierte den Sellerie, rieb ihn rundherum mit Olivenöl ein und bestreute ihn mit grobem Meersalz. Ich schob ihn in den Backofen, Nach einer Stunde reduzierte ich die Temperatur auf 180°C, da er kräftig zu bräunen begann. Nach weiteren 1,5 Stunden, ließ sich die Knolle mühelos einstechen. Ich nahm sie aus dem Backofen und deckte sie bis zum Servieren mit Alufolie ab, damit sie nicht zu stark auskühlte.

Für die eingelegten Roten Zwiebeln & Grillgurken:

  • 1 Salatgurke, geschält (ich: entkernt), längs in 1cm breite Streifen geschnitten
  • Olivenöl zum Braten
  • 2 mittelgroße Rote Zwiebeln, geschält, in 3cm dicke Spalten geschnitten und Schichten getrennt (ca. 200 g)
  • 2 EL Sherryessig
  • Salz, schwarzer Pfeffer
  • 1 EL Estragon, grob geschnitten

gemüse serieIch blanchierte die Zwiebeln ca. 4 Minuten in reichlich kochendem Salzwasser, schreckte sie kalt ab und ließ sie in einem Sieb abtropfen. Herr H. verrührte Sherryessig, Salz, Pfeffer und dann ca. 2 EL Olivenöl in einer Schüssel und gab die abgetropften Zwiebeln hinein. Ich briet die Gurkenstreifen ca 4 Minuten pro Seite, bis sie zu bräunen begannen (das geht in einer Grillpfanne wahrscheinlich eleganter). Nachdem sie etwas abgekühlt waren, schnitt ich sie in 2cm lange Stücke und mischte sie unter die Zwiebeln. Kurz vor dem Servieren gab ich den Estragon hinzu. Außerdem schmeckte ich erneut mit Essig und Salz ab, da die Gurken ordentlich „Geschmack“ schluckten. Nun konnten wir endlich das Onglet (immer quer zur Faser, da es ansonsten zäh werden soll) anschneiden.

onglet mit shitake ketchup 4Fazit: Und mir fiel ein riesiger Stein vom Herzen. Das Fleisch war, auch auf diese Art gegart, perfekt, butterzart und sehr, sehr aromatisch. Absolut köstlich. Der ofengegarte Sellerie passte wie versprochen sehr gut und der Shiitake-Ketchup, dessen Farbe zugegebenermaßen eher unattraktiv wirkt, war geschmacklich eine echte Offenbarung. Allein das Zwiebel-Gurken-Gemüse vermochte uns nicht zu überzeugen. Entweder lag es am verwendeten Essig oder, ich habe keine Ahnung. Irgendwie fehlte ihm das gewisse Etwas. Natürlich schafften wir es an diesem Abend nicht, den ganzen Sellerie und das ganze Fleisch zu verspeisen. Ich habe gestern eine perfekte Verwendung dafür gefunden. Fortsetzung folgt!

Aus: Nopi Das Kochbuch Yotam Ottolenghi, Ramael Scully

 

 

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