Während ich noch rätselte, was an dieser „Torte“ todgeweiht sein sollte, hatte Herr H. bereits das Wörterbuch konsultiert und mit triumphierender Miene verkündet, dass morbida im Italienischen so rein gar nichts Düsteres anhafte. Flauschig, weich, sanft und zart seien korrekte Übersetzungen. Schon faszinierend, wie sich Wortbedeutungen bei Entlehungen verändern können. Es handelte sich also um eine flauschige Nougattorte. Nougat – mein Widerstand schmolz im Nu dahin. Es handelte sich zwar im Prinzip nur um einen schlichten Rührkuchen und nicht um eine Torte, aber wenn Haselnüsse im Spiel sind, bin ich machtlos. Ich musste unbedingt wissen, wie sie wohl schmecken würde. Noch vor dem Abendessen schritten wir zur Tat.
Für die Torta Morbida al gianduia (16er Spring- oder Herzform):
- 2 Eier, getrennt
- 40 g Haselnüsse
- 90 g Puderzucker
- 90 g Gianduia-Schokolade (ersatzweise Nussnougatmasse), gestückelt
- 75 g Butter
- 1 Pr. Meersalz
- 40 g italienisches Weizenmehl Tipo 00 (ersatzweise Weizenmehl 405er)
- Butter für die Form
Als ich das zweite Ei trennte, begegnete ich zum wirklich absolut allerersten Mal einem faulen Ei. Das Eiweiß war gelblich, das Ei roch stark schwefelig und dummerweise hatte ich das erste Eiweiß schon in die Schüssel gegeben. Es nützte nichts. Herr H. entsorgte den Inhalt der Schüssel eilig und ich versprach mir, von nun an, Eier stets in separate Schüsseln zu trennen. Herr H. schmolz Nougat und Butter im Wasserbad und rührte danach die Eigelbe unter. Ich gab die Haselnüsse mit der Hälfte des Zuckers (45g) in den Zerkleinerer und pulverisierte die Mischung. Dann schlug ich das Eiweiß mit dem restlichen Puderzucker zu einem stabilen, glänzenden Schnee. Im Rezept wird das Eiweiß nur mit einer Prise Salz geschlagen. Keine Ahnung, was das soll, mit einem stabileren Schnee wird der Kuchen später beim Backen viel besser gelockert. Herr H. hob nun die Nussmischung behutsam unter die Schokoladenmischung, ich zog den Eischnee und zuletzt das gesiebte Mehl darunter. Herr H. füllte den Teig in die gründlich gebutterte Herzform – ihr erster Einsatz, seit ich sie besitze, für Torten ist sie leider nicht hoch genug – und schob sie in den auf 180°C vorgeheizten Backofen. Nach exakt 35 Minuten bestand der Kuchen die Stäbchenprobe und durfte zum Abkühlen in den Flur. Im Rezept wird die „Torte“ mit Kakao bestäubt und mit karamellisierten Haselnüssen und einem Gespinnst aus Karamell belegt. Mir schwebte eine schlichtere optische Lösung vor und außerdem muss ich jede Gelegenheit beim Schopfe greifen, um das Überziehen mit Glasuren zu lernen.
Für die Milchschokoladenglasur:
- 100 g Milchschokolade 35%ig, fein gehackt
- 65 g Sahne
- 10 g Glukosesirup
Ich schmolz die Schokolade im Wasserbad, Herr H. kochte derweil Sahne und Sirup auf und gab sie über die geschmolzene Schokolade. Ich verrührte alles zu einer glatten Glasur und ließ sie auf ca. 35°C abkühlen. Dann stellte ich das Herz auf ein Gitter (Matte darunter) und goss die Glasur beherzt mittig darüber. Sie floss brav langsam an den Rändern hinunter. Ich musste nur hier und da ein wenig nachbessern und siehe da, das Glasieren (zumindest ungefrorener Objekte) scheint doch gar nicht so schwer zu sein. Ich stellte die „Torte“ über Nacht kalt und wir konnten uns endlich dem Abendessen widmen.
Fazit: Wow! Bereits nach dem ersten Bissen war mir sonnenklar, dass diese „Torte“ das Attribut flauschig vollkommen zurecht im Namen trägt. Saftig, locker und intensiv nuss-nougatig. Für Haselnuss-Liebhaber ein Muss. Ich nahm sie sogleich in mein Lieblingskuchenrepertoire auf und bin gespannt, wie sie nach einem weiteren Tag des Durchziehens schmecken wird. Wenn denn morgen noch ein Stückchen übrig ist. Und das ist sehr fragwürdig.
Aus: Italien vegetarisch Claudio Del Principe, Katharina Seiser (Hg.) Glasur aus: Patisserie Suzue & William Curley