Ich könnte… (atmen)

 

mee goreng1-1… mich zur Zeit über viele Dinge maßlos aufregen, ärgern und schier an die Decke springen vor lauter Frust. Über einen grippalen Infekt, der es wagt, mich pünktlich zu den letzten schönen Sommertagen diesen Jahres aufzusuchen und zu beuteln, wie es in meiner Erinnerung noch kaum einer zuvor geschafft hat. Die Erinnerung trügt natürlich, schon klar. Aber 8 (!) Päckchen Taschentücher an einem Tag zu füllen ist schon eine Leistung. Über ein Möbelhaus, das versucht, uns ein kaputtes Sofa unterzujubeln. Die geballte Inkompetenz des Kundenservice ist wirklich unfassbar. Über den nächsten Urlaub, der ins Wasser zu fallen droht und über noch mindestens 1000 andere Dinge. Wirklich, ich könnte den ganzen Tag lang wutschnaubend durch die Gegend toben. Allein, so hat inzwischen die Erfahrung gelehrt, es ändert nichts. Absolut reineweg gar nichts. Also versuche ich ruhig zu bleiben, langsam ein- und auszuatmen und mich auf die guten Dinge, die es natürlich auch noch nach wie vor gibt, zu konzentrieren. Wie zum Beispiel auf dieses umwerfend köstliche Essen, das wir vor einigen Tagen genießen durften.

Für das Mee Goreng:

  • Erdnussöl zum Braten
  • 1/2 Zwiebel, gewürfelt (ich: 2 Frühligszwiebeln, in Ringe geschnitten)
  • 250 g fester Tofu, nach Belieben zerkleinert
  • 100 g grüne Bohnen, geputzt, schräg halbiert (ich: 150 g, ca. 6 Minuten blanchiert)
  • 100 g Choi Sum (oder Pak Choi). grob zerkleinert (ich: 1 rote Spitzpaprika, in dünne Streifen geschnitten)
  • 300 g frische Eiernudeln (ich: ca. 150 g Schnellkochnudeln nach Packungsanleitung gegart und kalt abgeschreckt))
  • 1 1/2 TL gemahlener Koriander
  • 1 TL gemahlener Kreuzkümmel
  • 2 TL Sambal Olek (oder eine andere aromatische Chilipaste, ich: Gochujang)
  • 2 TL dunkle Sojasauce
  • 2 TL helle Sojasauce
  • 50 g Mungbohnensprossen (ich: weg gelassen, keine da)
  • 1 Handvoll in Streifen geschnittener Eisbergsalat (s. o.)
  • 1 EL knusprig gebratene Schalotten oder fertige Röstzwiebeln
  • Zitronenspalten zum Servieren
  • (ich: eine Handvoll russischer Estragon, grob zerkleinert)

mee goreng serie

Das Gericht ist, sind die Vorarbeiten einmal erledigt, in wenigen Minuten fertig. Ich war etwas skeptisch, ob es auch mit unseren, der aktuellen Vorratslage geschuldeten, stark abweichenden Zutaten funktionieren würde. Aber Herr H. wischte alle Bedenken mit einem Kopfschütteln vom Tisch und schwang das Messer. Ich briet zuerst den Tofu in etwas Erdnussöl beidseitig goldbraun an, gab Paprika, Zwiebeln, Gewürze und gegarte Nudeln hinzu und pfannenrührte bei starker Hitze einige Minuten. Dann gab ich die Bohnen dazu, schmeckte noch einmal ab und schon konnten wie uns auf das herrlich duftende Gericht stürzen. Fast. Ich richtete es in zwei vorgewärmten Schalen an, gab reichlich Röstzwiebeln darüber und geduldete mich wie üblich noch ein Weilchen. Das nächste Wokgericht wird es leider erst wieder in ferner Zukunft geben, da ich die Pfanne reklamieren musste. Nach einem knappen Jahr begann alles und jedes sofort darin anzusetzen. Beschichtete Pfanne, egal wie „hochwertig“, scheinen nicht für die Ewigket gebaut zu werden. Ein weiterer Grund…. atmen…

 

mee goreng2-2Fazit: Das Mee Goreng schmeckte mir sogar noch deutlich besser als erwartet. Interessanterweise setzt hier der eher milde Tofu einen willkommenen Gegenpart zur doch recht kräftigen Schärfe. Herr H. bedauerte lediglich, dass sich die ursprünglich violetten Bohnen aus Mutters Garten beim Kochen schnöde grün färbten. Mir war das schon bekannt gewesen und am guten Geschmack änderte es nichts. So und falls jetzt das ganze Atmen nichts mehr hilft, muss ich wohl irgendwann einmal auf’s Land fahren und an einem entlegenen Ort eine Art Urschrei-Therapie machen.

Aus: Genussvoll vegetarisch Yotam Ottolenghi