Ein Ereignis, dass jährlich mit knapp 90%iger Wahrscheinlichkeit um den 11. Juni herum in Norddeutschland eintritt, wird „Schafskälte“ genannt, da die armen Viecher zu diesem Zeitpunkt bereits zum ersten Mal geschoren wurden. Ob sie bei 16°C tatsächlich frieren, sei mal dahin gestellt. Gemeinsam mit der Schafskälte beginnt meist die Kieler Woche. Während unserer Kieler Jahre hieß die Witterung deshalb salopp „Kieler-Woche-Wetter“. Die Segler freuen sich wahrscheinlich über den kräftigen Nordwestwind, aber wir, die wir bereits alles Langärmelige und Langbeinige in der hintersten Schrankecke verstaut haben, bibbern vor uns hin. Zähneknirschend kramen wir die mitteldicken (Schafs-)Wollpullover heraus und suchen im Tiefkühler nach einer Lösung. Das Eifler Lamm-Ragout war eigentlich für den kommenden Herbst vorgesehen gewesen. Sei’s drum. Die Maracuja ließ uns den Sommer nicht ganz vergessen.
Für die Lammschulter (ich: Ragout):
- 1,2 kg Lammschulter, entbeint (ich: 500 g Ragout)
- Salz, schwarzer Pfeffer aus der Mühle
- Öl zum Braten
- 1/2 Knollensellerie, geschält, gewürfelt (ich: 1 Stange Sellerie, in Ringe geschnitten)
- 2 Möhren, geschält, in Scheiben geschnitten (ich: 1 Möhre, ungeschält, in Scheiben geschnitten, warum sollte man Möhren schälen, die nach dem Kochen eh wieder entfernt werden?)
- 1/2 Stange Lauch, in Scheiben geschnitten (ich: 1/4)
- 2 Zwiebeln, gewürfelt (ich: 1 kleine)
- 1 Knoblauchzehe, in Scheiben geschnitten (ich: 1/2 kleine)
- 1 EL Korianderkörner (ich: 1 TL)
- 1 EL Tomatenmark (ich: 1 TL)
- 500 g Rotwein (ich: 200 g)
- 2 l Lamm- oder Kalbsfond (ich: je 200 g Rinderfond + Wasser)
Benutzt man eine ganze Lammschulter, halbiert man sie längs, scheidet das Fett weg und formt das Fleisch zu einer ca. 7 cm dicken Rolle, die man mit einem Rouladennetz fixiert. Ich wusch und trocknete die Fleischwürfel, briet sie portionsweise scharf in Erdnussöl an und stellte sie beiseite. Herr H. hatte inzwischen das Gemüse vorbereitet, dass ich ebenfalls anröstete. Dann gab ich Korianderkörner, Tomatenmark und etwas Salz hinzu und ließ alles kurz mitbraten. Ich löschte mit dem Wein ab und ließ ihn fast vollständig einreduzieren. Dann gab ich Fleisch, Fond und Wasser in den Topf, das Fleisch sollte bedeckt sein, und garte es mit Deckel ca. 2 Stunden bei 160°C im Backofen. Der köstliche Schmorgeruch versprach viel. Nach der Garzeit sammelte Herr H. die Fleischstücke aus der Flüssigkeit. Ich goss sie durch ein Sieb in eine Schüssel, gab sie zurück in den Topf und ließ sie etwas um die Hälfte einkochen. Dann band ich die Sauce mit ein wenig in Wasser gelöster Stärke und stellte sie gemeinsam mit dem Fleisch warm.
Für die Passionsfruchtpolenta:
- 300 g Milch (ich: 200 g)
- 200 g Passionsfruchtpüree (ich: Mark von 3 Passionsfrüchten, ca. 30 g und 20 g Wasser)
- 40 g Butter (ich: 20 g)
- 100 g Maisgries (ich: 50 g)
- 20 g Parmesan, gerieben (ich: 10 g)
- Salz
- 1 Prise Koriander, gemahlen
Ich kochte Milch, Butter, Wasser, Salz und Passionsfruchtpüree auf und schluckte, als ich sah, dass die Milch dabei ausflockte. Klar. Die Säure. Unwillig, das Vorhaben aufzugeben, rührte ich die Polenta hinein und ließ sie unter Rühren knapp 5 Minuten köcheln. Alles verband sich zu einer geschmeidigen Masse, von den Flocken keine Spur mehr. Puh. Ich gab die Polenta in eine Schüssel, rührte den Parmesan unter und probierte. Köstlich. Die geschmacklich recht dominaten Passionsfrüchte hatten sich brav untergeordnet.
Für die Parmesanhippen steute ich einfach einige Häufchen geriebenen Parmesan auf Backpapier und buk ihn ca. 8 Minuten bei 160° C. Will man ihn anschließend noch formen, sollte man sich stracks beeilen, er härtet einmal aus dem Ofen recht zügig aus.
Frau Grandits verwendet zusätzlich zum Servieren ein Passionsfruchtcoulis. Dafür werden das Fruchtfleisch von 5 Passionsfrüchten, 1 TL Honig und der Saft einer Limette zu einer sirupartigen Konsistenz gekocht. Mein Vorrat an Passionsfrüchten war leider aufgebraucht, ich drapierte lediglich einige Samen.
Fazit: Das Ragout vom Eifel-Lamm war butterzart und absolut sehnenfrei – ein Gedicht! Die entstandene Sauce war sehr aromatisch und harmonierte perfekt mit der Passionfruchtpolenta. Herr H. überschlug sich förmlich vor Lob. Ich wiegelte ab, gab das Lob virtuell an Frau Grandits weiter und genoss. Wenn die Polenta nun noch etwas cremiger gewesen wäre, wäre mein Glück vollkommen gewesen.
Aus: Gewürze Tanja Grandits