Ich kann nicht behaupten, dass ich ein Mensch bin, der auf Äußerlichkeiten gesteigerten Wert legt. Make-up? Handtasche? High-heels? Nichts für mich, damit können sich die anderen Damen abplagen. Doch in punkto Essen mache ich gern eine Ausnahme. Das Auge isst wie bekannt mit. Man möge mir also den rohen Rosmarinzweig auf dem Teller nachsehen. Als das Bild vor einigen Tagen entstand, war mir die Fehlerhaftigkeit meines Tuns noch nicht bewusst gewesen. Dann las ich im neuen Kochbuch* von den sieben Grundregeln zum korrekten Anrichten. Die dritte Regel besagt, dass nur auf den Teller gehört, was auch gegessen werden soll, ein roher Rosmarinzweig sei fürchterlich, da weder essbar, noch dekorativ. Gegen einen knusprig gegarten Rosmarin sei hingegen nichts einzuwenden. Asche also auf mein Haupt. Herr H. befand beim Fotografieren, dass das Gericht ein wenig monochrom daher komme. Deshalb der Zweig. Als ich ihn später darüber aufklärte, dass wir mit dem Hinzulegen des „rohen“ Zweiges einen schrecklichen fauxpas begangen hätten, zuckte er bloß mit den Schultern und entgegnete, dass ihm das ziemlich schnuppe sei, solange sich auf dem Teller etwas Schmackhaftes befände. Und das tat es.
Für das Lammragout:
- 500 g Lammschulter, pariert, in 3cm große Würfel geschnitten
- grobes Meersalz
- einige kleine weiße Zwiebeln oder Schalotten, fein gehackt
- 1 frische Knoblauchzehe, im Mörser zu Paste gerieben
- Olivenöl
- 1 TL Tomatenmark
- 2 getrocknete Tomaten, fein gehackt
- 1 – 2 Sardellenfilets, fein gehackt
- 1 Lorbeerblatt
- 2 Zweige Rosmarin
- ca. 200 g Rotwein, trocken
- ca. 200 g Lammfond
- 1/2 TL getrocknete Lavendelblüten
- Salz, schwarzer Pfeffer
- evtl. 1 TL Pfeilwurzstärke, in wenig Wasser gelöst
Während Herr H. die übrigen Zutaten bereit stellte, briet ich die gesalzenen Lammwürfel portionsweise bei starker Hitze an. Im gleichen Öl briet ich erst Zwiebeln, dann Knoblauch, Tomatenmark und Sardellen an. Dann gab ich das Lamm zurück in den Bräter, löschte mit Rotwein ab, ließ ihn etwas einkochen und bedeckte das Fleisch dann knapp mit Lammfond. Herr H. legte die mit Küchengarn zusammengebundenen Kräuter ein. Anschließend durfte das Ragout ca. 1,5 Stunden abgedeckt bei schwacher Hitze schmoren. Vor dem Servieren schmeckte ich mit Salz und Pfeffer und Lavendelblüten ab und band die Sauce mit wenig aufgelöster Pfeilwurzstärke. Allein der Geruch des Ragouts war überwältigend gut. Herr H. hatte sich derweil um die Beilagen gekümmert.
Für die Flageoletbohnen:
- ca. 150 g getrocknete Flageoletbohnenkerne, ca 12 Stunden in kaltem Wasser eingeweicht
- Bohnen- oder Bergbohnenkraut nach Belieben
- Olivenöl
- Petersilie nach Belieben
- Salz
Er hatte die Bohnen mit frischem Wasser bedeckt, das Bohnenkraut hinzu gegeben und sie nach dem Aufkochen ca. eine Stunde köcheln lassen. Nun goss er das Kochwasser ab, erhitzte etwas Olivenöl im Topf und schwenkte die Bohnen mit etwas Salz und Petersilie darin. Ich stibitzte einen Löffel Bohnen aus dem Topf und war überrascht, wie dünnhäutig und schmackhaft sie waren. Ich bereitete rasch ein Püree aus in der Schale gegarten Kartoffeln und beging dann beim Anrichten Fehler Numero eins, indem ich den Teller viel zu voll häufte. Sei es drum.
Fazit: Erst später lasen wir, dass Flageoletbohnen in Frankreich klassischerweise zu Lamm serviert werden. Das Ragout passte auf jeden Fall bestens zu ihnen und mit einem schlichten Kartoffelpüree, so langweilig es auch sein mag, ist man zu köstlichster Sauce immer auf der sicheren Seite. Ein schönes Gericht für frische, feucht-kalte Spätherbsttage, wie sie uns nun in großer Zahl bevorstehen werden. Zum Glück ist vom Lamm noch ein letztes Päckchen im Vorrat.
* Geschmacksgeheimnisse – Rezepte I Techniken I Aromen Alexander Herrmann