Vor rund 10 Jahren strandeten Herr H. und ich aufgrund sehr ungünstiger Wetterbedingungen im Schoße einer ostkanadischen Großfamilie. Bereits nach einigen Tagen waren wir voll und ganz in jegliche Familienaktivitäten integriert. Um uns für die fantastische Gastfreundschaft zu revanchieren, bot ich an zu kochen. Pizza wurde lautstark gewünscht und als ich Mehl und Hefe auf den Einkaufszettel setzte, erntete ich fragende Blicke von unserer Gastgeberin. „What do you need that for?“, fragte sie völlig entgeistert. Als ich lapidar antwortete, „for the dough“, sah sie mich nur kopfschüttelnd an, „well you know you can buy that in the store as well“. Sie brachte jedoch alle Zutaten mit und als die fertige Pizza von ihrem Teller verschwunden war, lehnte sie sich lächelnd zurück, „now I understand. That was the best pizza I ever had, so simple but incredibly good. I wonder what the rich people do. You have to teach me how to make it!“. Dazu kam es leider nicht mehr, aber immer, wenn ich aus vermeintlich schlichten Dingen etwas Köstliches fabriziere, muss ich an ihren Ausspruch denken.
Für den Buchweizen-Pastateig:
- 100 g Buchweizenmehl
- 50 g Weizenmehl 405er
- 1 Ei
- 1/2 TL Olivenöl
- 1 Pr. Salz
- 1 – 2 EL Wasser
Inspiriert zu dieser Buchweizenlasagne hat mich ein Rezept aus dem italienischen Lieblingskochbuch. Dort werden die Pizzoccheri gemeinsam mit Zucchini, Kartoffeln, Knoblauch und viel Fontina aus der Auflaufform serviert. Da ich es lieber „ordentlich“ habe, beschloss ich zu versuchen, ob sich daraus nicht eine Lasagne basteln ließe. Ich gab alle Zutaten für den Teig in eine Schüssel, vermengte sie grob mit dem Löffel und knetete den Teig von Hand ca. 5 Minuten. Er war aufgrund des hohen Buchweizenanteils recht klebrig. Ich ließ ihn abgedeckt ca. 2 Stunden bei Raumtemperatur ruhen. Dann teilte ich ihn in 3 Portionen, verteilte reichlich Hartweizenmehl auf der Arbeitsfläche und gab die erste Portion gut bemehlt durch die Nudelmaschine. Oje, der Teig bröckelte an den Rändern ziemlich stark. Aber da ich keine Lust hatte, ihn mit dem Nudelholz auszurollen, faltete ich die bröckelige Bahn zusammen, bemehlte sie erneut und gab sie ein zweites Mal durch die Maschine. Schon besser. Nach dem dritten Mal war die Bahn zwar noch einigermaßen fragil, ließ sich aber (immer wieder bemehlt) bis Stufe 5/9 ausrollen und war so dünn genug. Ich lagerte die Bahnen bis zum Füllen auf einem bemehlten Tuch.
Für die Füllung:
- ca. 50 g Speck, fein gewürfelt
- 1 Möhre, feinst gewürfelt
- ca. 300 g Wirsing, gründlich gewaschen, in ca. 2 x 2 cm große Quadrate geschnitten
- ca. 200 g Kartoffeln, geschält, in 1 x 1 cm große Würfel geschnitten
- 1 große Knoblauchzehe, dünn gescheibelt
- Salz, schwarzer Pfeffer
- Olivenöl
Ich briet zunächst den Speck bei milder Temperatur goldbraun, gab Möhren, Kartoffeln und Knoblauch hinzu und ließ alles abgedeckt bei schwacher Hitze 10 Minuten dünsten. Dann fügte ich den Wirsing hinzu, rührte ihn unter (die Kartoffelwürfel können etwas ansetzen, lassen sich jedoch leicht wieder lösen, zumindest in meiner beschichteten Pfanne) und ließ alles wieder abgedeckt weitere 15 Minuten dünsten. Dann gab ich etwas Wasser hinzu, würzte mit Salz und Pfeffer und ließ alles offen weiterköcheln, bis das Wasser fast vollständig verdampft war.
Für die sahnige Bechamel:
- 20 g Butter
- 18 g Weizenmehl 405er
- 150 g Vollmilch
- 100 g Wasser
- 50 g Sahne
- Salz, schwarzer Pfeffer, einige Striche Muskat
Parallel zur Füllung bereitete ich die Bechamel. Ich ließ die Butter aufschäumen, rührte das Mehl mit dem Schneebesen unter und ließ es kurz mitschwitzen. Dann zog ich den Topf vom Herd, gab unter Rühren Milch, Wasser und Sahne hinzu und kochte alles erneut auf. Ich würzte mit ca. 1/4 TL Salz, etwas Pfeffer und Muskat und ließ die Bechamel unter gelegentlichem Rühren etwa 10 Minuten sanft köcheln. Herr H. hatte inzwischen den Backofen auf 190°C Ober- und Unterhitze vorgeheizt und die Auflaufform gebuttert. Immer diese Arbeit nach der Arbeit. Ich schichtete erst Pasta, dann Bechamel und Füllung. Die Menge ergab insgesamt drei Schichten. Auf der letzten Pastaschicht verteilte ich die restliche Bechamel und bestreute sie mit reichlich fein geriebenem Bergkäse. Nach knapp 40 Minuten war die Lasagne goldbraun und duftete verführerisch.
Fazit: Nach kurzem Abkühlen ließ sich die Lasagne perfekt schneiden. Herr H. brachte es kaum zustande, sich auf das Fotografieren zu konzentrieren, so gut roch die Lasagne. Endlich konnten wir probieren. Und was soll ich sagen? Mein „Ordnungs-Experiment“ war ein Erfolg auf ganzer Linie. Die Lasagne war eine der besten, die ich je gemacht habe. Buchweizen, Wirsing, Kartoffeln und Knoblauch verbanden sich in einer Art, wie ich es nicht vermutet hätte. Nachdem das letzte Fitzchelchen in unseren Bäuchen verschwunden war, lehnte Herr H sich sehr zufrieden zurück und sah mich strahlend an, „das war fantastisch!“ und ich fügte nur in Gedanken hinzu, „I wonder what the rich people do“.
Italienisches Lieblingskochbuch: Pasta Antonio Carluccio