Auch wenn meine anfängliche Begeisterung für ein neues Projekt schnell verrauchen kann, so bin ich in machen Dingen durchaus hartnäckig. Etlich Jahre habe ich gebraucht, bis ich einigermaßen akzeptable Brötchen (und Brote) aus dem Ofen ziehen konnte. Herr H. und ich futterten uns tapfer durch viele kleine, steinartige Etwasse, bevor es endlich soweit war. Deshalb rümpfte er vor ca. 1,5 Jahren auch ein wenig die Nase, als ich verkündete, ich würde nun lernen, chinesische handgezogene Nudeln herzustellen. Eine sehr detaillierte Zwischenbilanz zu diesem Thema findet sich hier bei missboulette. Ich habe im Laufe dieser Zeit fast alles probiert. Am Teig geschraubt, hunderte Videos angesehen, auf denen das Ziehen der Nudeln vollkommen mühelos vonstatten zu gehen scheint und den Teig stundenlang gerollt, verzwirbelt, wieder gerollt, etc.. Ein letztes Mal wollte ich es zum Jahresende probieren. Ich kehrte zum Anfang zurück. Die erste Anleitung, die ich mir einst angeschaut hatte stammt von Jen/ tinyurbankitchen. Als ich ihr fröhliches Gesicht und ihre Zuversicht erneut sah, fühlte auch ich mich beschwingt. Herr H. räumte in weiser Voraussicht das Feld.
Für die handgezogenen Nudeln (La Mian):
- 156 g „cake flour“ (ich: Red Lotus)
- 25 g „all purpose flour“ (ich: Weizenmehl 405er)
- 110 g warmes Wasser
- 2 g Salz
- 1 g „baking soda„
- 6 g Pflanzenöl (optional)
Ich gab alle Zutaten in die Schüssel der Maschine und ließ sie mit dem K-Haken 12 Minuten kneten. Danach war der Teig relativ platt, sprich, wenn ich meinen Finger hineindrückte, blieb der Eindruck unverändert. Die Glutenstruktur schien durch das lange Kneten „gebrochen“. Ich ließ den Teig abgedeckt eine Stunde lang ruhen und machte mich dann an das zweite Kneten. Dazu rollte ich den Teig zu einer ca. 60cm langen Rolle, hob sie hoch und verdrehte die beiden Ende währenddessen gegeneinander. Rollte erneut aus, etc. nach ca. 10 Minuten sollte der Teig bereit zum Ziehen sein. Ich probierte es. Vorsichtig (auch schnell und forsch habe ich es oft probiert), aber der störrische Teig bekam an einer Stelle Dehnungsstreifen und riss schließlich. Ich probierte es noch einige Mal, holte dann aber leicht resigniert die Nudelmaschine aus dem Schrank und gab auf. Das wäre auf jeden Fall ein Grund nach China zu reisen und sich die Technik von einem Meister beibringen zu lassen. Die fertig geschnittenen Nudeln bewahrte ich im Griesbett auf.
Für die taiwanesische Rindfleisch-Nudel-Suppe:
- 500 g Beinscheibe vom Rind (ich: grob gewürfelt, Knochen mitgegart)
- Erdnussöl zum Anbraten
- 2 kleine Knoblauchzehen, fein gehackt
- 1 entspechend großes Stück Ingwer, fein gehackt
- 1 Sternanis
- 1 Frühlingszwiebel, grob gehackt
- 1 EL Chilibohnensauce (ich: Gochujang, eventuell zum Abschmecken mehr)
- 60 g Sojasauce (chinesische dünne)
- 1 Möhre, in dicke Scheiben geschnitten
- 1 große Tomate, grob gestückelt
- 30 g Reiswein
- 30 g Kandiszucker (oder weniger, nach Belieben)
- Wasser
- handgezogene oder maschinell ausgerollte Nudeln
- gedämpfter Pak Choi (ich: Brokkoliröschen)
- frischer Koriander zum Servieren nach Belieben
Ich briet das gewürfelte Fleisch in Erdnussöl an und legte es beiseite. Dann schwitzte ich Frühlingszwiebeln, Knoblauch und Ingwer an, fügte Möhre, Tomate und Fleisch hinzu und löscht mit Reiswein ab. Schließlich gab ich alle restlichen (bis auf Nudeln und Brokkoli) Zutaten in den Topf, bedeckte alles knapp mit Wasser und ließ es nach dem Aufkochen ca. 3 Stunden leise köcheln. In der Zeit hatte ich mich mit den Nudeln beschäftigt. Ich garte sie ca. 1 – 2 Minuten in kochendem Salzwasser und dämpfte den Bokkoli ca. 8 Minuten. Herr H., der sich inzwischen wieder in die Küche gewagt hatte, sah mich mitleidig an. Na, es sähe danach aus, als hätte es mal wieder nicht geklappt mit den Nudeln. Ich seufzte, drückte dann den Rücken durch und bemerkte, dass es ja vielleicht beim nächsten Mal funktionieren würde.
Fazit: Auch mit maschinell geschnittenen Nudeln war der Eintopf ein echtes Highlight! Die Fleischstückchen hielt nur noch der schiere Wille zusammen, die Suppe war würzig tiefgründig und von ausgewogener Schärfe. Und der Brokkoli, wenn auch nicht stilecht, passte bestens dazu. Ein Platz auf die Liste der 10 am häufigsten wiedergekochten Gerichte ist ihr sicher. Herr H. meinte dazu nur lapidar, dass ich gern noch einige Zeit mit dem Nudelziehen verbringen könnte, wenn er dann so köstliche Gerichte serviert bekäme. Und wer weiß, vielleicht klappt es ja irgendwann mit oder ohne einen Lehrmeister. Entweder hier oder dort.