Ein gemeinsamer Nenner

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Auch am Ende diesen Jahres haben mehr oder weniger verwandte Menschen urplötzlich aus vollkommen unbekannten Gründen das Bedürfnis nach Zusammenkünften jeglicher Art. Herr H. und ich hocken zwar in der Regel am liebsten vor dem eigenen Herd, aber auch unser Kalender füllte sich plötzlich mit Terminen der familiären und weniger familiären Zusammenkünfte. Kurz vor Ablauf sollte es doch möglich sein, jedenfalls einmal alle an einen Tisch zu bringen. Da gibt es auf einmal das Bedürfnis nach Weihnachtsfeiern, Adventskaffees bei Oma oder Start der Grünkohlsaison bei der Schwester. Es ist schwer, es immer jedem Recht zu machen, da mit großer Wahrscheinlichkeit nie der Geschmack aller getroffen werden kann. Schön, wenn man Basisrezepte zur Hand hat, die so leicht individuell angepasst werden können. Galettes eignen sich hervorragend für Spielereien und dürften mit unterschiedlichen Belägen die verschiedensten Geschmäcker zufriedenstellen. Herr H. und ich starteten vegetarisch.

Für die Süßkartoffel-Galettes (9 à ca. 10 x 10 cm):

  • ca. 500 g Süßkartoffeln, ganz und ungeschält
  • 250 g Blätterteig (ich: von diesem)
  • 1 Ei, leicht verschlagen
  • 100 g Sauerrahm
  • 100 g Ziegenhartkäse, je nach Beschaffenheit gerieben oder zerbröselt
  • 2 EL Kürbiskerne
  • 1 mittelscharfe Chilischote, von den Samen befreit und fein gehackt (ich: weg gelassen, keine da)
  • 1 El Olivenöl
  • 1 kleine Knoblauchzehe, geschält
  • 2 TL gehackte glatte Petersilie
  • Fleur de Sel und schwarzer Pfeffer

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Herr H. heizte den Backofen auf 200°C vor, legte die Süßkartoffeln in eine ofenfeste Form und ließ sie ca. 35 Minuten knapp gar backen. Die Backzeit hängt natürlich von der Größe der verwendeten Süßkartoffeln ab. Im Zweifelsfall sollte man den Gargrad bei kleinen Exemplaren vorher prüfen. Sie sollten in der Mitte noch eher fest sein. Nachdem sie abgekühlt waren, pellte er sie und schnitt er sie in ca. 3 mm dünne Scheiben. Ich hatte derweil Knoblauch, Salz, Pfeffer und Petersilie grob gemörsert und mit dem Olivenöl vermengt. Nun stellte ich die übrigen Zutaten bereit und rollte den aufgetauten Blätterteig ca. 2 mm dünn aus.

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Daraus schnitt ich mit einem scharfen Messer Quadrate à ca. 10 x 10 cm, die ich stippte und auf einem mit Backpapier belegten Blech erneut für 30 Minuten kalt stellte. Dann bestrich ich die Quadrate mit Sauerrahm, drapierte die Süßkartoffelscheiben und Kürbiskerne darauf und streute den Käse darüber. Nun durften sie ca. 25 Minuten ebenfalls bei 200°C backen. Meine Befürchtung, der Blätterteig könne sich mit einem derart „schweren“ Belag nicht richtig entfalten war indes vollkommen überflüssig gewesen. Ich löffelte je etwas Pesto auf die noch heißen Galettes und reichte sie Herrn H. ins Atelier. Wer mag, serviert zu den Galettes einen frischen grünen Salat. Da keiner im Haus war, verzichteten wir darauf.

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Fazit: Und wir vermissten ihn ehrlich gesagt auch nicht. Die Galettes waren wunderbar knusprig, der Belag aus Süßkartoffeln, Ziegenkäse, Kürbiskernen und Pesto sehr stimmig, obwohl ich sicher bin, dass einige Chiliwürfel noch einen interessanten Dreh ergäben hätten. Die Galettes können nach dem Abkühlen ca. 1 – 2 Tage im Kühlschrank aufbewahrt und kurz vor de Servieren noch einmal aufgeknuspert werden und eignen sich somit auch bestens als kleine Vorspeise im Rahmen eines der nun kommenden festlichen Menues. Unser Blätterteigvorrat ist damit nun leider aufgebraucht. Zeit, wieder einen neuen anzulegen. Der „Inversée“ ist wirklich der absolut beste, den ich je gekostet habe und sein Backverhalten tadellos. Die „Arbeit“, ihn herzustellen, ist definitiv gut investiert.

Aus: Das Kochbuch Yotam Ottolenghi

 

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Oder nu‘ is‘ aber mal gut! Eigentlich wollte ich direkt nach unserem kurzen Abstecher in das Fahrrad-Paradies wieder einmal so richtig durchstarten. An Ideen mangelte es nicht, mein Kopf war frei gepustet und ich fühlte mich (fast) zum Bäumeausreißen fit. Allein, irgendetwas hatte sich gegen mich verschworen. War ich an einem Tag noch fröhlich hüpfend durch die Gegend gedüst, hatte ich direkt am nächsten Tag wieder einen dicken Kopf. Nicht nur so ein belangloser Schnupfen, nein, es war eine richtige Erkältung aus der Hölle, obwohl das ja auch wieder unlogisch ist. Eher aus der Arktis. Wie auch immer. Ich musste zwangsweise eine Vollbremsung hinlegen, schon allein deshalb, weil sowohl Geschmacksknospen als auch Stimme sich komplett verabschiedet hatten. Und diese Erkältung war verdammt hartnäckig. Jetzt geht es mir zum Glück wieder einigermaßen. Zeit, endlich wieder einmal etwas Köstliches zu teilen und dann werde ich vielleicht beim anstehenden Gesundheits-Check die Ursache für den zweiten fetten Infekt innerhalb von sechs (!) Wochen erfahren. An der Ernährung kann es auf jeden Fall nicht liegen.

Für den Gemüsefond:

  • 100 g Zwiebeln, blättrig geschnitten
  • je 80 g Möhre, Sellerie, Lauch, Pastinake und Petersilienwurzel, blättrig geschnitten
  • 2 Tomaten, geviertelt
  • 2 – 3 junge Knoblauchzehen, zerdrückt
  • 1 l Wasser
  • 3 dünne Scheiben Ingwer
  • 1 Stängel Zitronengras, vom harten Stiel befreit
  • 1 TL Korianderkörner, gemörsert
  • 5 weiße Pfefferkörner, gemörsert
  • einige Petersilienstängel, gehackt

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Ich gab das gerüstete Gemüse mit dem Wasser in einen Topf und ließ alles nach dem Aufkochen 1 Stunde lang sanft köcheln. Gegebenenfalls muss nach dem Aufkochen entstandener Schaum abgeschöpft werden. Bei mir gab es keinen. Kräuter und Gewürze gab ich etwas 10 Minuten vor Ende der Garzeit hinzu. Anschließend goss ich die Flüssigkeit durch das feinste Sieb und befand den Fond für klar genug. Man kann sie zusätzlich noch durch ein Passiertuch geben. Ich füllte den Fond noch heiß in vier Glaser und stellte sie nach dem Abkühlen in den Kühlschrank. Dort hält er sich einige Wochen. So ein Glas selbst gemachter Fond ist von unschätzbarem Wert, auch wenn die Herstellung zugegebenermaßen ein wenig aufwendig ist.

Für den Kürbis-Linsen Dip mit Huhn:

  • 3 EL Kürbiskerne, trocken geröstet
  • 250 g Hokkaidokürbis, gerüstet gewogen, in Streifen geschnitten
  • 100 g rote Linsen
  • ca. 400 g Gemüsefond
  • 1 Schalotte, fein gehackt
  • 2 Zweige Zitronenthymian
  • 1 EL Butter
  • Salz, schwarzer Pfeffer
  • 1 – 2 TL Ahornsirup
  • 1 – 2 TL Limettensaft
  • 2 EL Kürbiskernöl
  • (ich: etwas Harissa)
  • ca. 300 g Hähnchenbrust, gebraten
  • (ich: eine Handvoll ofengetrockneter Trauben)

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Als erstes schwitzte ich die Schalotte in Butter farblos an, gab Kürbis und Zitronenthymian hinzu und ließ alles eine Weile mitschwitzen. Dann träufelte ich Ahornsirup darüber, ließ ihn bei etwas höherer Temperatur kurz karamellisieren und löschte mit Gemüsefond ab. Herr H. fügte die Linsen hinzu und ließ alles abgedeckt ca. 15 – 20 Minuten köcheln. Anschließend schmeckte er mit Salz, Pfeffer und Harissa kräftig ab, entfernte den Thymian und pürierte alles zu einer eher dicklichen Creme. Ich hatte derweil die Hühnchenbrüste angebraten und im Ofen gar ziehen lassen. Herr H. gab den Dip in vorgewärmte Schalen, garnierte mit Huhn, Trauben Kürbiskernen und -öl und waltete seines Amtes. Die Tauben hatte ich zuvor halbiert, mit wenig Puderzucker bestäubt und im Backofen bei 130°C ca. 1 Stunde antrocknen lassen. Gegen Ende der Garzeit durfte ein Baguette neben ihnen auftauen.

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Fazit: Die Konsistenz des Dips war herrlich cremig, Huhn, Trauben und Kürbiskerne passten perfekt. Zusammen mit dem Baguette ergab das ein schnell bereitetes und angenehm leichtes Abendessen. Auch Herr H. war zufrieden, merkte aber an, dass Huhn müsse. Wie gut, dass ich neben dem Gemüsefond auch regelmäßig Hühnerfond aus Karkassen koche. Die „übrig“ gebliebenen Teile ergeben so oder in anderer Konstellation ein perfektes „Resteessen“. Gebacken haben wir in den vergangenen Tagen übrigens auch endlich wieder einmal. Ich werde berichten!

Kürbis-Linsen-Dip aus: Linsen & Bohnen Manuela Rüther

Gemüsefond aus:  [K]ein Kochbuch Das Buch, das kein Kochbuch sein will Lucas Rosenblatt, Robert Sprenger

A cake is a cake is a cake?

Lauchkäsekuchen 5

Bei diesem Kuchen verschwimmen die Grenzen. Süß, salzig, knusprig, cremig und irgendwie nicht so richtig einzuordnen. Als mein Blick zum ersten Mal auf das Foto im Buch fiel, wusste ich sofort, „der muss es sein“. Ich studierte das Rezept und seufzte einmal ganz, ganz tief. Die Liste der Zutaten besteht ausschließlich aus solch illustren Zutaten wie Doppelrahmfrischkäse, Crème Fraîche, Butter, Stilton und natürlich Sahne. So etwas kann man doch unmöglich als Abendessen zu sich nehmen, oder? Nachdem mein Blick mindestens 10 Mal am Rezept hängen geblieben war, raffte ich beherzt meinen ganzen Mut zusammen. Was konnte schließlich schon passieren? Herr H., der meinen Bedenken oft ohnehin nicht viel abgewinnen kann, klatschte begeistert in die Hände.

Für die eingelegten Roten Bete:

  • 3 große Rote Bete (670 g), gründlich abgebürstet
  • 2 Knoblauchzehen, mit grobem Salz im Mörser zerrieben
  • 1 Lorbeerblatt
  • 10 g Thymianzweige
  • 1/2 TL schwarze Pfefferkörner
  • 50 g Zucker
  • 500 g Rotweinessig (ich: ca. 250 g Weißweinessig)
  • ca. 800 g Wasser (ich: ca. 400 g Wasser)

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Von den Beten bereiteten wir die ganze Menge zu. Sie schmecken auch zu einem Käsebrot vorzüglich. Da die Bete im Sud mindestens 24 Stunden ziehen sollten, legten wir sie bereits einige Tage zuvor ein. Ich entschied, vom Rezept abzuweichen (dort werden die ungeschälten Bete direkt im Gewürzsud gegart) und buk sie ca. eine gute Stunde im Bratschlauch bei 180°C. Nach dem Abkühlen schälte ich sie und würfelte sie mittelgroß. Herr H. hatte derweil alle Zutaten für den Sud in einen Topf gegeben, aufgekocht und bei mittlerer Hitze etwa um die Hälfte reduziert. Ich goss den Sud über die Betewürfel und ließ sie nach dem Abkühlen im Kühlschrank durchziehen.

Für den Boden:

  • 20 g kalte Butter, gewürfelt
  • 25 g Kürbiskerne, geröstet
  • 38 g Vollkornkekse (ich: Graham Cracker*)
  • 1/4 TL Salz

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Die hier angegebene Menge von Boden und Belag reichte bei uns für 4 Küchlein (je 2 in 8 cm Dessertringen und 2 in 12 cm Tartelettformen). Ich gab alle Zutaten für den Boden in den Zerkleinerer und ließ ihn laufen, bis alles fein zerkleinert war. Herr H. drückte die Masse fest in die gebutterten Formen und stellte sie beiseite. Da wir keine Vollkornkekse im Haus hatten, hatte ich zuvor Graham Cracker gebacken. Auch dabei lohnt es sich, eine größere Menge herzustellen, da die Cracker an sich schon fantastisch schmecken.

Für die Graham Cracker (nach diesem Rezept):

  • 44 g Weizenvollkornmehl
  • 50 g Weizenmehl 405er
  • 42,5 g brauner Zucker ( Muscovado)
  • 1/4 TL Natron
  • 1 Pr. Salz
  • 25 g kalte Butter
  • 28,5 g Honig
  • 18,5 g Milch
  • 1/2 TL Vanilleextrakt

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Ich vermischte beide Mehle mit Zucker, Salz und Natron und siebte alles in eine Schüssel. Dann arbeitete ich die Butter mit den Finger ein, so dass eine sandige Mischung entstand. Herr H. verrührte Honig, Milch und Vanilleextrakt, gab die Mischung hinzu und verrührte alles zu einem eher weichen Teig. Ich rollte ihn zwischen Folie ca. 3 mm dünn aus und legte den Teig für 2 Stunden in den Kühlschrank. Dann schnitt ich ihn in kleine Rechtecke, stippte sie mit der Gabel und buk sie ca. 17 Minuten bei 160°C Umluft. Sie dufteten dabei sehr verführerrisch.

Für den Belag:

  • 10 g Butter
  • 1/2 Lauchstange (ca. 70 g), in feine Steifen geschnitten
  • 180 g Doppelrahmfrischkäse
  • 85 g Crème Fraîche
  • 40 g Sahne
  • 1 Knoblauchzehe, mit grobem Meersalz im Mörser zerrieben
  • 10 g Schnittlauch, fein geschnitten
  • 1 TL Basilikum, in Streifen geschnitten
  • 50 g Stilton
  • 2 Eier, leicht verquirlt

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Herr H. garte den Lauch in Butter ca. 7 Minuten, bis er weich war. Dann stellte er ihn zum Abkühlen in einer Schüssel beiseite. Ich verrührte Frischkäse, Crème Fraîche, Sahne, Kräuter und Gewürze zu einer homogenen Masse und arbeitete zum Schluss Lauch, Eier und Stilton unter. Herr H. verteilte die Masse auf die vorbereiteten 4 Formen und buk sie bei 200°C ca. 25 Minuten. Bei der Stäbchenprobe sollte nichts mehr am Stäbchen kleben. Ich träufelte etwas Honig über die fertigen Küchlein und garnierte sie mit Betewürfeln und wenig Basilikum.

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Fazit: Nach dem Fotografieren kosteten wir endlich gespannt. Wie nicht anders zu erwarten, schmeckten die Küchlein absolut himmlisch. Ich schob mein schlechtes Gewissen beiseite und wir vertilgten alle Küchlein ohne auch nur einen Gedanken an Fett und Kalorien zu verschwenden. Das wäre auch nicht nötig gewesen. Denn am nächsten Morgen erwachte ich zum ersten Mal seit sehr langer Zeit mit einem extrem knurrenden Magen. Es scheint also doch etwas an der Trennkost-Idee dran zu sein. Was mich jedoch im Leben nicht dazu bringen könnte, deren Regeln zu folgen. Dafür esse ich einfach zu gern.

Aus: NOPI Yotam Ottolenghi, Ramael Scully

 

 

„Schnee von gestern“

Körnerbrötchen 5Ich weiß, ich habe schon oft behauptet, Saaten auf Brot oder Brötchen seien mir ein Dorn im Auge. Allein die Anzahl der sich beim Aufschneiden überall verteilenden, herumspringenden Körnchen kann mich durchaus fuchtig werden lassen. Aber hey, was interessiert mich mein Geschwätz von gestern? Die liebe Sandra/ From-Snuggs-Kitchen rief kürzlich zum Bread Baking Day No. 77 (ein inzwischen ehrwürdiger von Zorra ins Leben gerufener Event) auf und wünschte sich Brötchenrezepte, da ihr für die leckeren Frühstücksbegleiter langsam die Ideen ausgingen. Ich musste nicht lang überlegen, da gab es doch einst beim Bio-Bäcker diese köstlichen Kürbiskern-Brötchen mit kleinem Roggenanteil im Teig. Ob ich die wohl irgendwie zusammenbasteln könnte? Ich scheute weder Hitze noch Mühe und wurde reich belohnt.

Für die Kürbis-/ Sonnenblumenkern-Brötchen (10 Stück):

Für den Vorteig:

  • 100 g Weizenmehl 1050er
  • 100 g Wasser
  • 0,1 g frische Hefe (reiskorngroß)

Für den Hauptteig:

  • 240 g Wasser
  • Vorteig
  • 200 g Weizenmehl 550er
  • 100 g Weizenmehl 1050er
  • 100 g Brotmehl 1000er (Roggenanteil 50%)
  • 10 g Meersalz
  • 9 g frische Hefe
  • 3 g Backmalz, enzymaktiv
  • 10 g kalte Butter
  • je 1 Handvoll Kürbis- und Sonnenblumenkerne

backen serieAm Vorabend verrührte ich die Zutaten für den Vorteig klümpchenfrei und ließ die Schüssel abgedeckt ca. 12 Stunden bei 24°C stehen. Im Winter dauert das Reifen des Vorteigs locker 2 – 4 Stunden länger (bei 20°C). Am nächsten Morgen gab ich alle Zutaten für den Hauptteig (bis auf Butter und Saaten) in der angegebenen Reihenfolge in die Rührschüssel der Maschine und ließ sie erst 5 Minuten langsam, dann ca. 8 Minuten schneller kneten. Während der letzten Minuten gab ich stückweise die kalte Butter hinzu. Der Teig löste sich am Ende des Knetvorgangs vollständig vom Schüsselboden. Ich deckte ihn ab und ließ ihn 1 Stunde gehen. Er sollte sein Volumen mindestens verdoppeln.

Nun füllte ich sie Kerne in zwei Schüsselchen, ein weiteres füllte ich mit Wasser. Ich gab den Teig auf die bemehlte Arbeitsfläche, teilte ihn in 10 Portionen à 85 g und wirkte jedes Teil rund. Anschließend tauchte ich es mit der Oberseite ins Waser und wälzte es in den Saaten. Mit einem Tuch bedeckt ließ ich die Brötchen eine gute Stunde gehen, bevor ich sie mit reichlich Schwaden bei 230°C fallend auf 200°C ca. 20 Minuten goldbraun ausbuk.

Körnerbrötchen 3Fazit: Herr H. klatschte beim Anblick der großen runden Körnerbrötchen erfreut in die Hände und wollte sogleich eines stibitzen. Aber als erstes musste er sie natürlich verewigen. Die Saaten hielten sich erstaunlich gut auf der Oberfläche und um die wenigen, die beim Aufschneiden herumsprangen, mussten wir uns fast streiten, so köstlich waren ihre Röstaromen. Die Krume der Brötchen ist (aufgrund des Butteranteils?) recht feinporig, sie schmecken herrlich aromatisch, saftig und sind sehr „wattig“. Die werde ich ungeachtet meiner Körnerphobie in Zukunft sicher häufiger backen!

Aus dem gleichen Teig kann man übrigens eine herrliche Partysonne zum Grillen backen, dazu setzt man die geformten, bestreuten Teiglinge von kreisförmig aneinander und bäckt sie ca. 5 – 10 Minuten länger und natürlich kann man das helle Mehl teilweise durch Vollkornmehl ersetzten. Dann würde ich jedoch 10 – 20 g mehr Wasser in den Teig geben.

Die Sache mit dem Clou

kohlrabigratin 9Eine Frage, die sich mir immer wieder stellt, ist, was unterscheidet ein gutes Essen von einem überdurchschnittlich gutem Essen? In der Regel reicht ein winziger Dreh, ein ungeahntes Kraut oder Gewürz, etwas Süße oder Säure, etwas Knuspriges im Cremigen oder umgekehrt. Ob ein Clou ein Gericht raffiniert macht oder es einfach nur zerstört, weil er unpassend, zuviel, zu wenig, was auch immer ist, hängt von großem, nahezu magischem Fingerspitzengefühl ab, das ich mir seit Jahren mühsam zu erarbeiten versuche – in die Wiege wurde es mir leider nicht gelegt. Dieses Fingerspitzengefühl ist unglaublich schwer zu erlernen, basiert auf zahllosen Versuchen und Fehlschlägen, derer es im Laufe der Zeit viele gibt, und Speicherungen von Erfolgen. Deshalb bin ich immer wieder dankbar, wenn ich ein Rezept finde, das mir die Suche nach dem Clou abnimmt, wie es am Sonntag Abend geschah. Ein Kartoffel-Kohlrabi-Gratin mit dem gewissen Etwas.

Für das Kürbiskern-Pesto:

  • je 15 g Basilikum und Petersile, ggf. gesäubert
  • 25 g Kürbiskerne, trocken geröstet
  • je 1 EL Oliven- und Kürbiskernöl
  • 1 EL Parmesan, fein gerieben
  • Zitronensaft zum Abschmecken
  • Salz, schwarzer Pfeffer

kürbiskern pesto serieFairerweise muss ich gestehen, dass Herr H. das Rezept ausgewählt hatte, da es ihn an ein früheres erinnerte, das eine zeitlang häufiger bei uns auf dem Tisch stand und dann, weil unnotiert, in der Versenkung verschwand. Ich gab alle Zutaten für das Pesto in den Zerkleinerer und ließ ihn laufen, bis eine cremige Paste entstanden war. Diese schmeckte ich mit Salz, Pfeffer und Zitronensaft ab. Natürlich hätte ich das Pesto auch im Mörser zubereiten können, dadurch würde der Geschmack deutlich verbessert werden. So wird es zumindest behauptet. Aber dazu war ich schlicht zu bequem. Auch die „faul“ zerkleinerte Paste schmeckte schon einmal köstlich.

Für das Kartoffel-Kohlrabi-Gratin:

  • 400 g Kartoffeln, idealerweise mehlig kochend, geschält, in 2mm dünne Scheiben geschnitten oder gehobelt
  • 300 g Kohlrabi, geschält, in 3mm dünne Scheiben geschnitten oder gehobelt
  • (ich: ca. 150 g Hühnerbrust, geräuchert, ungeräucherte geht natürlich auch, beim Räuchertofu wäre ich nicht so sicher, in dünne Scheiben geschnitten)
  • 100 g Sahne
  • 50 g Milch
  • Salz
  • Butter für die Form
  • Parmesan zum Bestreuen

füllen serieÄhnlich einer Lasagne werden die einzelnen Zutaten überlappend in die gebutterte Form geschichtet. Zuerst eine Lage Kartoffelscheiben, etwas Salz, eine Lage Kohlrabi, eine Lage Huhn, wieder Kohlrabi, etwas Sahne-Milch-Mischung, Pesto, eine letzte Schicht Kartoffeln, die restliche Milch-Sahne-Mischung, Parmesan. Herr H. hatte zuvor den Backofen auf 200°C vorgeheizt. Ich schob das fertig geschichtete Gratin hinein und stellte den Timer auf 50 Minuten. Nach 30 Minuten musste ich die Form abdecken, da der Parmesan schon recht stark gebräunt war. Nach 60 Minuten waren Kartoffeln und Kohlrabi butterweich und hatten die Flüssigkeit fast vollständig aufgenommen. Ich nahm die Form aus dem Backofen, ließ sie noch 10 Minuten ruhen und füllte dann unsere vorgewärmten Teller. Der betörende Geruch machte das Fotografieren einmal mehr zur Willensprobe.

kohlrabigratin 8Fazit: Das zweckentfremdete Pesto und die geräucherte Hühnerbrust machten aus dem schlichten Gratin eine Delikatesse. Was würde ich darum geben, mir so etwas einfach ausdenken zu können. Aber ich fürchte, der Weg dorthin, wenn ich überhaupt jemals ankommen werde, wird noch lang und steinig sein. Als die Form bis zum letzten Krümelchen geleert war, lehnte Herr H. sich seufzend zurück und bedauerte stark, dass wir keine größere Portion zubereitet hatten. Zum Glück wartete noch ein Stückchen Walnuss-Karamell-Tarte auf uns.

Frei aus: Kartoffel & Knolle Margit Proebst