Neues und Erinnertes

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Es gibt diese hartnäckigen Erinnerungen, die einen auch bis ins hohe Alter nicht loslassen. Wie viel Wahres sie beinhalten sei einmal dahin gestellt, das Hirn ist ein merkwürdiges Organ. Es neigt dazu, Erinnerungen im Laufe der Zeit zu modifizieren, Negatives auszublenden oder zu überschreiben und so kann man nie wirklich sicher sein, das das, an was man sich erinnert, auch wirklich so stattgefunden hat. Herr H. lag mir auf jeden Fall schon eine ganze Weile in den Ohren, dass wir unbedingt einmal das „Fisch-Curry“ seiner Mutter kochen müssten. Das habe er als Kind sehr geliebt und er wisse auch noch genau, wie es zubereitet würde. Ich blieb skeptisch und weigerte mich bislang hartnäckig. Dosenchampignons und Co. muss ich nicht unbedingt auf meinem Teller haben. Als er jedoch gestern Abend im neuen Kochbuch* blätterte und einen Limetten-Kokos-Fisch-Rezept entdeckte, musste ich meinen Widerstand aufgeben. Das Bild des fertigen Gerichts sah einfach zu gut aus und so machten wir uns daran, mithilfe des Rezepts eine „moderne“ Version des erinnerten Fisch-Currys zu entwickeln.

Für den Limetten-Kokos-Fisch:

  • 3 frische Kaffir-Limettenblätter, mehrfach eingeschnitten (gibt es im Asia-Laden als TK-Ware und sie halten eine ganze Weile)
  • 10 g frischer Galgant, sehr fein gerieben oder gehackt
  • 10 g Ingwer, sehr fein gerieben oder gehackt
  • 1 Knoblauchzehe, fein gehackt
  • 1 grüne Chili, entkernt, fein gehackt (ich: grüne Tabascosauce)
  • 1/2 Bund Koriander (ca. 15 g), Blättchen gezupft, Stängel fein gehackt
  • Kokosöl zum Anbraten
  • 200 g stückige Tomaten (ich: Passata)
  • 200 g Kokosmilch
  • ca. 400 g festes weißes Fischfilet, mundgerecht gestückelt (ich: ca. 200 g Rotbarbenfilets, halbiert)
  • (ich: eine halbe Stange Lauch, weißer Teil, in Ringe geschnitten)
  • (ich: 125 g weiße Champignons, in Scheiben geschnitten)
  • (ich: eine Handvoll Erbsen)
  • etwas Limettensaft und -abrieb zum Abschmecken
  • (ich: Fischsauce)
  • Salz, Pfeffer (ich: Cayenne)
  • Basmatireis nach Belieben

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Die Gemüseeinlage ist Herrn H.s Erinnerung geschuldet, allerdings wichen wir lieber auf frisches Gemüse aus. Ich erhitzte wenig Kokosöl und dünstete nacheinander Lauch, Champignons und Erbsen darin an, bis sie gegart waren. Dann gab ich das Gemüse in eine Schüssel und stellte es beiseite. Herr H. erhitzte in der gleichen Pfanne erneut etwas Kokosöl, briet Ingwer, Knoblauch und fein gehackte Korianderstängel recht heiß an. Dann gab er Tomatenpassata und Kokosmilch hinzu und legte die Limettenblätter ein. Offen ließ er alles ca. 10 Minuten sanft köcheln. Ich gab anschließend die halbierten Fischfilets und das Gemüse in die Sauce und zog die Pfanne von der Platte, da im Buch stand, man solle den Fisch nur etwa 6 Minuten in der nicht mehr köchelnden Sauce ziehen lassen. Uns war er nach 6 Minuten noch etwas zu roh. Also kochte ich die Sauce mit dem Fisch noch einmal kurz auf und ließ alles ca. 2 Minuten sacht köcheln. Herr H. schmeckte mit Fischsauce, Limettenabrieb und -saft, grüner Tabasco und etwas Cayenne ab. Ich probierte, ergänzte einen TL Palmzucker und nickte zufrieden. Gar nicht übel.

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Fazit: Das Aromenspiel dieses Gerichts war wunderbar ausgewogen und das von uns ergänzte Gemüse machte sich im Gesamtzusammenhang bestens. Wir waren uns nach dem Essen einig, dass die Fischmenge für uns ausreichend war, die doppelte Menge wäre zuviel gewesen. Herr H. betonte nach dem Essen, dass es ihm wirklich sehr, sehr gut geschmeckt habe, allerdings hätte das Gericht so gar nichts mit dem erinnerten Fischcurry gemein. Als er aufzählte, was sich neben Fisch und Gemüse noch darin befunden habe (Sahne, Currypulver, wobei er sich da nicht sicher war, aber irgendein Gewürz musste es ja zum „Curry“ gemacht haben und ein abschließendes Kreuz aus Tomatenmark), musste ich herzlich lachen und gab zurück, dass ich sehr sicher sei, dass ein „Curry“ dieser Art ihm heute sicher nicht mehr munden würde.

*frei nach: Workshop Würzen Bettina Matthaei

One meat ball

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Nun, zum Glück waren uns ein paar mehr beschieden als dem kleinen Mann. Aber ich kann mich noch gut an das Gefühl erinnern, in der Mitte des Monats den letzten 10 DM-Schein in den Händen zu halten. Schön war das nicht, aber durchaus lehrreich. Wie auch immer. Nachdem Susanne bravourös vorgelegt hatte, konnte ich den Marker in meinem Buch nicht länger ignorieren. Die Abwesenheit der Pfifferlinge in der Tiefkühltruhe fiel mir leider erst auf, nachdem die Fleischbällchen bereits fertig gerollt im Kühlschrank standen. Die Läden waren zwar noch geöffnet und wäre es draußen noch hell gewesen, hätte ich mich vielleicht sogar noch einmal schnell auf das Rad geschwungen und welche besorgt. Aber draußen war es seit Stunden stockfinster, kalt und nieselig. Also musste es auch ohne sie gehen.

Für das Meatball-Erdnuss-Curry mit Pfifferlingen und Kürbis:

Für die Meatballs:

  • 250 g gemischtes Hack
  • 1/2 Bund Thai-Basilikum, fein gehackt (ich: Koriander)
  • 1 Schalotte, fein gehackt (ich: in etwas Öl farblos angeschwitzt)
  • 1,5 EL Semmelbrösel (ich: Panko)
  • 1 sehr kleines Ei
  • 1 TL Rapsöl
  • 1 EL Fischsauce
  • 1 gestrichener TL Salz
  • 1/4 TL weißer Pfeffer

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Ich weiß nicht, wie es anderen Menschen geht, aber Herr H. und ich beißen ungern auf rohe Zwiebelstückchen in Fleischbällchen aller Art. Also schwitze er die Schalotte zunächst farblos an und ließ sie leicht abkühlen, bevor er sie mit sämtlichen übrigen Zutaten gründlich verknetete. Bei uns hatte die Masse eine perfekte Konsistenz, falls sie nicht fest genug sein sollte, kann etwas Panko ergänzt werden. Ich rollte 14 Bällchen aus der Masse und stellte sie ca. 30 Minuten kalt.

Für die Erdnuss-Currysauce:

  • 2 EL Rapsöl
  • 1/2 EL rote Thai Currypaste (gekaufte oder diese)
  • 1/2 EL Palmzucker, grob gehackt
  • 100 g Kokosmilch
  • 1 EL Erdnussmus
  • 6 Kaffir-Limetten-Blätter
  • 2 Stangen Zitronengras, gewaschen, halbiert
  • (ich: 1/2 Kurkuma“würmchen“, geschält, fein gehackt)
  • (ich: 1 TL Limettensaft)
  • Salz, Pfeffer
  • 100 g Pfifferlinge (ich: braune Champignons, in Scheiben geschnitten)
  • 300 g Hokkaido-Kürbis, in 3 x 3 cm große Würfel geschnitten

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Im Rezept ist diese Menge an Zutaten für das Curry für die doppelte Menge an Fleischbällchen angegeben. Ich hätte die Curry-Menge also halbieren müssen, aber 25 g Kokosmilch pro Person kamen mir dann doch etwas zu sparsam vor. Ich erhitzte das Öl in der Wokpfanne, briet die Curry-Paste so lange an, bis sie zu duften begann und fügte den Zucker hinzu. Nachdem er sich vollständig aufgelöst hatte, löschte ich mit Kokosmilch ab, gab Blätter, Stangen und Kurkuma hinzu und ließ alles aufkochen. Dann rührte ich das Erdnussmus ein und ließ das Curry noch einige Minuten bei milder Hitze köcheln. Herr H. entfernte Blätter und Stangen, schmeckte mit Salz und Pfeffer ab und legte die Fleischbällchen ein. Abgedeckt duften sie nun ca. 8 Minuten lang garen. Ich hatte in der Zwischenzeit die Kürbiswürfel ca. 5 Minuten gedämpft und die Champignons angebraten. Leider waren die Kürbiswürfel schon so gar, dass sie begannen sich aufzulösen, als ich sie mit den Champignons unter das Curry hob. Damit sah ich meine Aussichten auf ein schönes Foto dramatisch reduziert. Man kann eben nicht immer alles haben. Herr H. richtete das Curry auf dem Reisbett an und zog mit dem Teller von dannen.

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Fazit: Auch wen die Optik dieses Mal nicht zu überzeugen vermag, dem kann ich dieses göttliche Curry nur allen wärmstens ans Herz legen. Die Fleischbällchen waren absolut zart und saftig, der Kürbis herrlich cremig und das Curry perfekt würzig. Das ist definitiv ein Gericht, das hier in diesem Winter noch häufiger auf dem Tisch stehen wird und dann finde ich vielleicht irgendwo auch noch ein paar Pfifferlinge und übergare den Kürbis nicht. Herr H. war gleichermaßen angetan, die Optik interessierte ihn in diesem Fall herzlich wenig. Sehr sehnsüchtig schielte er auf mein letztes Fleischbällchen, das ausnahmsweise direkt vor seiner Nase in meinem Mund verschwand. So gut war es.

Aus: Sichuan-Pfeffer meets Sauerkraut Qin Xie-Krieger

In Balance

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Die Kreation eines Torten-Rezepts ist, wie alle Dinge des Lebens, eine Frage der Balance. Alle Elemente müssen ausgewogen aufeinander abgestimmt sein, das Gleichgewicht der Elemente muss stimmen und es gilt den richtigen Punkt zwischen Harmonie und Spannung zu finden. Im Fall einer Torte geht es um das Spiel mit Texturen, Konsistenzen und Aromen. Fehlt auch nur ein wichtiges Element oder ist z. B. die Mousse zu fest, kann man noch soviel „Arbeit“ in eine Torte gesteckt haben, der Genuss bleibt auf der Strecke. Herr H. hatte aus dem neuen Backbuch* diese Schnitten als nächstes Projekt ausgewählt. Ich war zunächst etwas skeptisch, da ich kein großer Kokos-Fan bin, aber wie üblich ließ ich mich von seiner Begeisterung anstecken.

Für den Kokosnuss-Dacquoise (20 x 25 cm):

  • 48 g Eiweiß
  • 37,5 g feiner Zucker
  • 37,5 g Puderzucker
  • 10,5 g Weizenmehl 405er
  • 1,5 g Kakaopulver
  • 28,5 g Kokosraspeln

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Zunächst gab ich Puderzucker, Mehl, Kakaopulver und Kokosraspeln in den Blitzhacker und zerkleinerte alles zu feinem Gries. Dann schlug ich das Eiweiß an, gab nach und nach den Zucker hinzu und schlug weiter, bis eine glänzende, dichte Masse entstanden war. Ich siebte die trockenen Zutaten darüber, hob sie behutsam mit den Löffel unter und verstrich die Masse auf das mit Backpapier belegte Blech zu einem Rechteck von ca. 20 x 25 cm aus. Ich buk den Dacquoise ca. 20 Minuten bei 170° und ließ ihn völlständig erkalten, bevor ich die Ränder entfernte und das Rechteck passend auf meine neue 18 x 20 cm Form zurecht schnitt.

Für den Kokosnuss-Joconde-Biskuit (20 x 25 cm):

  • 48 g Eiweiß
  • 37,5 g feiner Zucker
  • 37,5 g Ei
  • 1/4 TL Vanilleessenz
  • 19,5 g Puderzucker
  • 28,5 g Kokosraspeln
  • 7,5 g Weizenmehl 405er
  • 7,5 g Butter, geschmolzen, leicht abgekühlt

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Auch für diese Masse gab ich Kokosraspeln und Mehl in den Blitzhacker und zerkleinerte alles zu feinem Gries. Dann schlug ich das Eiweiß an, gab nach und nach den Zucker hinzu und schlug alles, bis eine glänzende, dichte Masse entstanden war. Herr H. hatte in der Zwischenzeit das Ei mit dem Puderzucker geschlagen, bis eine Masse entstanden war, die bandartig von den Rührhaken floss. Nun gab er die Eimischung zum Eischnee, hob sie unter und siebte die Kokos-Mehl-Mischung darüber. Ich hob alles unter, gab einen EL davon zur Butter und verrührte ihn. Dann hob ich die Butter-Mischung unter die Eimischung und strich alles auf ein mit Backpapier belegtes Blech zu einem Rechteck von ca. 20 x 30 cm. Ich buk den Joconde ca. 10 – 11 Minuten bei 180°C und schnitt ihn nach dm Abkühlen ebenfalls auf die Größe meiner Form zurecht.

Für die Mango-Ganache:

  • 1,7 g (1 Blatt) Gelatine, in kaltem Wasser eingeweicht
  • 120 g weiße Kuvertüre, fein gehackt
  • 60 g Mangopüree (ich: 100 g)
  • 12 g Pistazien, fein gehackt (ich: weg gelassen)
  • Abrieb und Saft von 1/4 Limette

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Ich schmolz die Kuvertüre im Wasserbad, kochte Mangopüree, Limettensaft und -abrieb (ich hatte noch fertige Mangopulpe im TK) kurz auf und rührte die gut ausgedrückte Gelatine ein. Dann gab ich das Püree zur Kuvertüre und rührte alles zu einer homogenen Ganache. Ich legte den Daquoise in die mit Backpapier ausgekleidete Form, gab das Mangopüree darauf und stellte die Form für ca. 30 Minuten in den Kühlschrank.

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Dann legte ich den Kokosnuss-Joconde-Biskuit darauf und stellte die Kokos-Ganache her.

Für die Kokosnuss-Ganache:

  • 60 g Kokosmilch
  • 90 g dunkle Kuvertüre (ich: 60%ige), fein gehackt

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Ich schmolz die gehackte Kuvertüre im Wasserbad (theoretisch reicht die Zugabe der heißen Flüssigkeit zum Schmelzen, aber ich finde, dass die Ganache so leichter gelingt), kochte die Kokosmilch kurz auf und gab sie zur geschmolzenen Kuvertüre. Nachdem ich alles zu einer glänzenden Ganache gerührt hatte, gab ich sie über den Joconde.Biskuit und stellte die Form erneut für 30 Minuten kalt.

Für die Kokosnuss Mousse:

  • 3,6 g Gelatine (ich: 2 Blatt), in kaltem Wasser eingeweicht
  • 125 g Crème double
  • 33 g feiner Zucker
  • 105 g Kokosmilch

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Ich drückte die Gelatine gut aus, schmolz sie im Wasserbad und gab nach und nach unter Rühren die Kokosmilch zu. Herr H. hatte die Crème double mit dem Puderzucker locker aufgeschlagen. Ich rührte die Kokosmilch gründlich ein und stellte die Schüssel für ca. 20 Minuten an einen kühlen Ort, damit die Mousse etwas anziehen konnte. Man sollte sie jedoch nicht in den Kühlschrank stellen, da sie dort recht schnell fest werden kann. Anschließend verstrich ich die Mousse auf der fest gewordenen Ganache und stellte die Form erneut für 2 Stunden kalt.

Für die Glasur (von hier):

  • 100 g Wasser
  • 2 g Pektin NH
  • 10 g Zucker
  • 5 g Glukosesirup
  • 38 g Sahne
  • 60 g weiße Kuvertüre, fein gehackt
  • ca. 5 g Kakaopulver

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Ich nahm die Glasur aus dem Kühlschrank, löste sie im Wasserbad auf und gab sie über die Mousse. Anschließend stellte ich die Form ein letztes Mal vor dem Anschnitt für 30 Minuten kalt. Die Glasur hatten Herr H. und ich in größerer Menge für ein anderes Torten-Projekt hergestellt. Sie hält sich im Kühlschrank ca. 2 – 4 Wochen. Hier die Herstellung der Vollständigkeit halber:

Ich vermengte Zucker und Pektin, erhitzte das Wasser, rührte bei 60°C das Pektin-Zucker-Gemisch mit dem Schneebesen ein und ließ alles 2 Minuten unter Rühren köcheln. Herr H. kochte derweil Sahne und Kakaopulver auf und gab sie über die gehackte Kuvertüre. Nach kurzem Ruhen rührte er sie glatt. Ich gab das Wasser-Pektin-Gemisch hinzu und rührte es vorsichtig ein, damit nicht allzu viele Luftblasen entstanden. Die Glasur sollte bei einer Temperatur von 28° – 30°C verwendet werden.

Nach der letzten Kühlzeit hob ich die Torte mit Hilfe des Backpapiers aus der Form, begradigte die Ränder und schnitt sie in ca. 2 x 12 cm große Schnitten, die Herr H. mit großer Begeisterung ablichtete.

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Fazit: Doch es war nicht allein die Optik, die uns an diesen Schnitten begeisterte. Ich bin wie gesagt normalerweise kein besonder großer Kokosnuss-Fan, aber in diesen Schnitten fügt sie sich wunderbar ein. Mango und dunkle Ganache passen perfekt und die nur leicht süße Kokosmousse rundet den Geschmack vollendet ab. Der Dacquoise war zart schmelzend, außen noch leicht knusprig, innen leicht zäh (im positiven Sinn). Seit langem habe ich keine so köstliche Torte gegessen. Auch die Schwiegereltern, für deren Besuch ich die Schnitten gefertigt hatte, waren, ebenso wie die beste Nachbarin, die abends zufällig noch hereinschneite, hellauf begeistert. Und somit werden die Schnitten in das Standard-Repertoire aufgenommen. Vielleicht klappt es dann auch mit der körperlichen Balance wieder besser.

*Aus: Bake off – Crème de la Crème – A Masterclass in Patisserie for the home cook Martin Chiffers & Emma Marsden

A real sweetheart

Kohlcurry 1

Obwohl es fast nichts gibt, dass ich partout nicht essen mag, Industriefutter einmal ausgenommen, gibt es Dinge, mit denen ich scheinbar nicht richtig warm werden kann. Dazu gehört beispielsweise Kohl in all seinen vielfältigen Erscheinungsformen. Dabei haftet den Deutschen im Ausland doch der Spitzname „Krautköpfe“ an. Schon seltsam. Am liebsten unter allen Kohlverwandten ist mir noch der Rosenkohl. Der kommt im Winter durchaus regelmäßig auf den Tisch. Aber schon bei Weißkohl, Rotkohl oder Wirsing passe ich gern. Höchstens ein knackiger Krautsalat geht gerade noch durch. Umso entsetzter war ich, als Herr H. vor einiger Zeit vom Markt einen Spitzkohl anschleppte. Nachdem dieser an die zwei Wochen im Gemüsefach herumgeschoben worden war, fischte Herr H. ihn heraus und verkündete, dass er heute Abend allein kochen würde. Und zwar genau diesen Spitzkohl. Ich bekam ein Gläschen Wein gereicht und wurde sanft aus der Küche geschoben.

Für das Spitzkohl-Curry mit Datteln und Walnüssen:

  • 1/2 Spitzkohl, ca. 600 g, entstrunkt, in feine Streifen geschnitten
  • 1/2 rote Chili, fein gehackt
  • 15 g frischer Ingwer, fein gehackt
  • 1 EL Butterschmalz oder Ghee
  • 1 TL Kreuzkümmel, gemahlen
  • 1/4 TL Asafoetida
  • 1 TL Bockshornklee, gemahlen
  • 1/2 TL Zimt, gemahlen
  • 1 TL Kurkuma, gemahlen
  • 150 g Gemüsefond
  • 50 g weiche Datteln, gestückelt
  • 50 g Walnüsse, geröstet, grob zerkleinert
  • Salz
  • ca. 200 g Kokosmilch
  • 1 – 2 EL Zitronensaft
  • Basmatireis nach Belieben

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„Nachdem ich die Küchentür fest hinter der Kochpoetin verschlossen hatte, wog ich alle Zutaten ab, schnippelte sie und und stellte sie in kleinen Schüsselchen neben dem Herd bereit. Das hat schon der olle Biolek so gemacht. Der Reiskocher garte den Reis, während ich das Ghee bei mittlerer Hitze im Bräter zerließ. Ich gab Chili und Ingwer hinein und rührte kurz um. Hinzu kamen die Gewürze, die Datteln, eine ordentliche Prise Salz und schließlich Freund Spitzkohl. Nachdem er etwas zusammengefallen war, gab ich den Fond hinzu und ließ alles abgedeckt ca. 15 Minuten sacht köcheln. Das roch schon einmal ganz vielversprechend. In der Zwischenzeit hielt ich schon einmal Ausschau nach einer weiteren Verwertungsmöglichkeit für den restlichen Spitzkohl. Nach und nach würde ich die Kochpoetin schon dazu bringen, nicht schon bei der bloßen Erwähnung des Wortes Kohl unwillig den Mund zu verziehen. Nachdem der Spitzkohl zart gegart war, goss ich die Kokosmilch an und ließ das Curry noch gut fünf Minuten offen köcheln. Dann richtete ich alles hübsch auf vorgewärmten Tellern an, schoss schnell ein paar Bilder und rief zum Essen.“

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Fazit: Als ich endlich wieder in die Küche durfte, roch es verdächtig nach indischen Gewürzen. Der Teller sah einladend aus, also probierte ich vorsichtig ein Löffelchen. Herr H. beobachtete mich gebannt. Das Curry war himmlisch, anders kann ich es nicht beschreiben. Leicht süßlich durch Datteln und Spitzkohl, cremig und die grösteten Walnüsse gaben genau den richtigen Grad an Herbheit. Als ich den ersten Teller geleert hatte und nach mehr verlangte, grinste Herr H. zufrieden und häufte eine weitere Portion auf meinen Teller. Ob ich denn eigentlich wisse, wie Spitzkohl auf Englisch heiße? Spiky cabbage?, fragte ich. Nein, es hieße genau wie er schmecke, „sweetheart cabbage“ und nun sei ich wohl auch für weitere Kohlexperimente bereit, oder? Solange er die Zubereitung übernähme, jederzeit, antwortete ich und grinste meinerseits.

Aus: happinez Kochen Nummer 1 2012 Bauer Zeitschriften Verlag KG

 

Rosige Zeiten

rosenkohlcurry 2So, Januar und Februar wären nahezu um die Ecke gebracht. Nun kann, soll und muss, bitte, endlich der Frühling kommen! Denkt, wünscht und hofft man. Aber der Frühling lacht sich ins Fäustchen und schickt einen kurzen graupelschauernden Gruß, während die Grippewelle sich von Süden nach Norden ausbreitet. In den Gemüseregalen herrscht neben den spanischen Mutanten gähnende Leere. Runzelige Steckrüben, labberige Kohlköpfe, wann gibt es endlich wieder Frisches aus heimischem Anbau? Wie jedes Jahr dehnt sich die Zeit wie ein altes, zähes Kaugummi. Da hilft nur eins: der beherzte Griff in die Tiefkühltruhe. Bei mir lagert dort derzeit immer ein großer Beutel wunderbaren Rosenkohls. Der ist nicht nur überaus gesund, sondern lässt auch klaglos erstaunlich viel mit sich machen. Vom Chipsersatz, über klassisch-exotische Beilage bis hin zum Hauptdarsteller ist alles drin und immer wieder überrascht er durch seine Wandlungsfähigkeit. Als Herr H. mir kürzlich ein Rezept für ein Wirsing-Rosinen-Curry vorlegte, ersetzte ich ihn mutig durch Rosenkohl und Cranberries. Denn für riesige Kohlköpfe ist hier einfach kein Platz.

Für das Rosenkohl-Cranberry-Curry:

  • ca. 300 g Rosenkohl (TK)
  • 1 kleine Süßkartoffel, geschält, in ca. 2cm große Stücke geschnitten
  • 1 rote Chili, entkernt, in Ringe geschnitten
  • 1 kleines Stück Ingwer, fein gerieben
  • 1 EL Butterschmalz
  • 1/2 TL Bockshornklee, gemahlen
  • 1/4 TL Kreuzkümmel, gemahlen
  • 1 Pr. Asafoetida (Teufelsdreck, ersatzweise wenig Knoblauch, zerrieben)
  • 1/4 TL Zimt, gemahlen
  • 1 TL Kurkuma, gemahlen
  • 50 g Cranberries
  • 50 g Walnusskerne, grob gehackt, geröstet
  • 1 TL brauner Rohrzucker
  • Salz
  • 150 g Kokosmilch
  • 1 EL Zitronensaft

zutaten rosenkohl-cranberry-curryserieWährend Herr H. sich um die Gewürze kümmerte, dämpfte ich Rosenkohl (direkt aus dem TK) und Süßkartoffelwürfel in 8 Minuten knapp gar. Herr H. erhitzte das Butterschmalz, gab Chili, Ingwer, Kreuzkümmel, Asafoetida, Bockshornklee, Zimt und Kurkuma hinein und röstete sie ca 2 Minuten unter Rühren. Dann gab er Cranberries und Zucker hinzu und röstete sie kurz mit. Ich gab die, je nach Größe, halbierten oder geviertelten Rosenkohlröschen und Süßkartoffelwürfel dazu, löschte mit Kokosmilch und etwas Wasser ab und salzte das Ganze. Nach ca 10 Minuten offenen Köchelns war die Sauce sämig. Herr H. schmeckte noch einmal mit Salz und Zitronensaft ab. Ich verteilte den vom fleißigen Reiskocher gegarten Basmatireis und das Curry auf zwei Schalen und bestreute es mit den gerösteten Walnüssen. Es duftete herrlich.

rosenkohlcurry 7Fazit: Das Wagnis hatte sich auf ganzer Linie gelohnt. Wieder einmal bewies der Rosenkohl seine faszinierende Anpassungsfähigkeit. Der intensive Kohlgeschmack verliert sich durch das Dämpfen ein wenig. Süß-säuerliche Cranberries, knusprig-kräftige Walnüsse und ein kräftiger Akkord indisch-warmer Gewürze verbinden sich mit Kokosmilch zu einem herrlichen sanften Curry. Mit solche Gerichten lässt sich die mühsame Wartezeit auf jeden Fall ein kleines bisschen erträglicher gestalten und in ein paar Wochen, wenn wir alle die ersten warmen Sonnenstrahlen, frischen Kräuter und ersten Spargelstangen genießen wird der Winter im Nu vergessen sein – bis zum nächsten Mal.

Frei nach: happinez kochen Nr. 1 2012 Heinrich Bauer Zeitschriften Verlag KG