Leichtfertigerweise hatte ich meiner Familie eine Torte als Dessert für Heilig Abend versprochen. Herr H. und ich blätterten einige Tage recht ratlos durch den Hermé. Die gesuchte Torte sollte leicht zu transportieren sein, nicht allzu schokoladenlastig und nicht übermäßig aufwendig in der Herstellung, da wir noch einiges anderes vorzubereiten hatten. Herr H. wurde schließlich fündig. Seine Wahl fiel auf die Victoria. Ich war zunächst skeptisch, da die Ananas mit etwas frischem Koriander gewürzt wird, der sich in meiner Familie keiner besonderen Beliebtheit erfreut. Beim Einkaufen jedoch sprang mich eine vollreife, duftende Ananas förmlich an. Ein Zeichen. Und auf den Koriander konnte man gegebenenfalls verzichten, dachte ich, und so begannen wir wie üblich mit dem Boden.
Für den Kokosnuss-Dacquoise (16er Springform):
- 57 g Puderzucker
- 37 g gemahlene Mandeln
- 29 g gemahlene Kokosnuss (ich: Raspeln)
- 63 g Eiweiß
- 22 g feiner Zucker
Die Mengenangaben im PH10 sind bei den Torten stets für 4 Torten à ca. 16cm angegeben. Normalerweise teile ich sie einfach durch 4 und mache nur eine Torte. Bei den Biskuit-Böden, wenn diese mit dem Spritzbeutel aufdressiert werden sollen, teile ich die Menge jedoch bloß durch 3, da stets eine gewisse Menge im Spitzbeutel „verloren“ geht. Ich gab Puderzucker, Mandeln und Kokosraspeln in den Zerkleinerer, versuchte sie möglichst fein zu hächseln und siebte sie anschließend. Herr H. schlug das Eiweiß unter sukzessiver Zuckerzugabe zu weichem Schnee, unter den ich von Hand die trockene Mischung hob. Ich gab den Teig in den Spitzbeutel und dressierte zunächst eine spiralförmige Platte von 16cm Durchmesser. Auf den Rand setzte ich in dichtem Abstand Kugeln. Herr H. heizte den Backofen auf 165°C vor. Ich bestäubte den Biskuit im Abstand von 15 Minuten mit etwas Puderzucker und schob ihn dann in den Backofen. Nach 25 Minuten duftete die ganze Wohnung nach Kokos und der Boden war fertig.
Für die Kokosnuss-Schaumcreme:
- 43 g Butter
- 23 g geriebene Kokosnuss (ich: Raspeln eingeweicht, püriert)
- 4 g weißer Rum
- 9 g Kokosnusspüree (ich: Raspeln eingeweicht, püriert)
- 80 g Crème pâtissière*²
- 35 g Italienische Meringue mit wenig Zucker*³
Wir hatten zwar eine frische Kokosnuss besorgt, diese aber wegen der geringen Kokosmenge zu schlachten, erschien mir unangemessen. Deshalb weichte ich getrocknete Kokosraspeln ca. 30 Minuten in heißem Wasser ein und püriert sie anschließend. Herr H. schlug die Butter auf, gab Kokospüree und Rum hinzu und schlug weiter, bis alles gut vermengt war. Dann rührte er die Crème pâtissière ein und hob von Hand die italienische Meringue unter.
*²Für die Crème pâtissière:
- 75 g Vollmilch A
- 1/4 TL Vanilleessenz
- 2,5 g Mehl
- 6 g Stärke
- 19 g feiner Zucker
- 10,5 g Vollmilch B
- 17,5 g Eigelb
- 8 g Butter
Herr H. siebte Mehl und Stärke, während ich Milch A mit ca. 7 g Zucker und der Vanille zum Kochen brachte. Herr H. verrührte derweil die Mehl-Stärke-Mischung, den restlichen Zucker und das Eigelb. Anschließend rührte er die Ei-Mischung mit Milch B glatt. Ich gab, indes er weiter rührte, die heiße Milch hinzu, schüttete die Flüssigkeit zurück in den Topf und kochte sie unter heftigem Rühren auf. Die Crème soll 5 Minuten kochen, sie wird dabei erst sehr fest und dann geschmeidig. Nachdem sie fertig war, kühlte ich sie im Wasserbad schnell hinunter, gab bei 50°C die Butter hinein, rührte sie unter und deckte die Oberfläche der Crème anschließend mit Frischhaltefolie ab.
*³ Für die italienische Meringue mit wenig Zucker:
- 12,5 g Wasser
- 32,5 g feiner Zucker (+ 2,5 g für den Eischnee)
- 25 g Eiweiß
Ich kochte Wasser und Zucker zu Sirup. Als er eine Temperatur von 115°C hatte, begann Herr H., das Eiweiß mit dem übrigen Zucker aufzuschlagen. Als der Sirup eine Temperatur von 121°C hatte, goß ich ihn in einem feinen Strahl in den Eischnee, während Herr H. weiter rührte. Er rührte langsam weiter, bis die Meringue abgekühlt war.
Für die Ananasscheiben, mit Limettenschale gewürzt:
- Schalenstreifen von 1 1/4 Limetten
- 275 g Annanas, erst in Scheiben, dann längs der Faser in Streifen geschnitten
- 3 g Korianderblättchen, fein geschnitten
- 1,25 g schwarzer Sawarakpfeffer, gemahlen
- 28 g exotischer Guss*
Während Herr H. Limettenschale und Ananas schnitt (die Ananasstreifen durften 2 Stunden in einem Sieb abtropfen), und die übrigen Zutaten bereit stellte, kümmerte ich mich um den exotischen Guss. Den Rest des Gusses hob ich im Kühlschrank für die nächste Torte auf. Der Guss läßt sich beim Erwärmen wieder verflüssigen.
Für ca. 100 g exotischen Guss:
- Schale 1/10 Orange
- Schale 1/10 Zitrone
- 100 g Wasser
- 1/10 Vanillestange (ich: 0,5 g Vanilleessenz)
- 40 g Zucker
- 2 g Pektin NH (danke noch einmal, Mari!), eine nähere Erklärung zum Unterschied zwischen „normalem“ Pektin (aus Äpfeln oder Zitrusfrüchten gewonnen, wird zum Gelieren für Konfitüre oder Gelee verwendet) und Pektin NH gibt es hier, englischsprachig
- 4 g Zitronensaft
- 1 Minzblatt
Hermé schreibt über den exotischen Guss,
Mit diesem Guss können alle Früchte bei einer Höchsttemperatur von 35 bis 40°C überzogen werden, ohne dass sie dabei beschädigt werden, vor allem Erdbeeren, die eine ganz deutliche Schnittstelle haben. Dieser Guss, der sehr wenig gezuckert ist, leicht säuerlich schmeckt und fein aromatisiert ist, ist ein guter Ersatz für all die langweiligen Pseudo-Aprikosenüberzüge mit ihrem künstlichen Geschmack und ihrer kaugummiartigen Konsistenz.
Ich schälte je einen Streifen von Orange und Zitrone und gab sie mit dem Wasser und der Vanille in einen Topf. Ich erhitzte es auf 45°C und ließ es danach ca. 10 Minuten ziehen. Dann verrührte ich Zucker und Pektin NH und gab es in die Flüssigkeit. Ich ließ alles 2-3 Minuten köcheln, zog den Topf vom Herd, gab Zitronensaft und Minzblatt hinzu und ließ den Guss 30 Minuten stehen. Dann seihte ich Schalen und Blatt ab und vermischte ihn mit Ananasstreifen, Limettenschalen, Pfeffer und den von Herrn H. hineingeschmuggelten Korianderblättchen.
Nun konnten wir die Torte endlich zusammensetzten. Ich dressierte die Kokosnuss-Schaumcreme mit dem Spritzbeutel spiralförmig auf die Mitte des Bodens und schichtete dann die Ananas-Mischung darüber. Herr H. monierte, dass eine solche einbödige Torte keine wirkliche Herausforderung darstelle. Ich war froh, dass wir sie rechtzeitig fertig bekommen hatten und stellte sie kühl.
Fazit: Die Victoria überstand den Transport unbeschadet und durfte bis zum Verzehr im Kühlschrank meiner Großmutter ruhen. Nach dem Essen holte ich sie herüber, teilte sie in Stücke auf (von denen es, man möge diesen dem Anlass geschuldeten Umstand verzeihen, keine Fotos gibt) und senkte, gemeinsam mit den anderen, erwartungsvoll die Gabel in mein Stück. Köstlich knuspriger Kokos-Dacquoise, luftige Kokos-Schaumcreme, getoppt von fruchtig, gewürzten Annanasstückchen. Herrlich. Alle anderen stimmten mir zu, meine Mutter sah über die winzigen Korianderblättchen hinweg und Herr H. konnte nicht aufhören, von der Kokos-Schaumcreme zu schwärmen. In kürzester Zeit war die Torte verschwunden und meine Mutter fragte mich, welche Torte es denn am nächsten Tag geben würde.
Aus PH10 Pierre Hermé
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