Rekonstruktion geglückt

rote bete 3Ich war schon immer recht unerschrocken, wenn es darum ging, nicht mehr funktionierende Dinge, von deren genauer Funktionsweise ich keine oder nur geringe Kenntnisse hatte, auseinanderzunehmen, den Fehler zu suchen und sie im glücklichen Fall wieder zusammen zu setzten. Das ging nicht immer gut. Der erste Computer, fragte mich, als ich mich auf der Suche nach einem gelöschten Spiel in die DOS-Ebene begab, „do you want to boot this section?“ (oder so ähnlich). Freudig drückte ich „yes“ und schickte die Festplatte damit in die ewigen Jagdgründe. Mein damaliger Freund war nicht begeistert. Zum Glück endeten die meisten Versuche positiver. Bei einer Nordseeradtour blockierte plötzlich Herrn H.s Antrieb. Er war schon drauf und dran, das Rad wutentbrannt den Deich hinunter zu schmeißen. Ich konnte ihn beruhigen, baute etwas auseinander, von dem ich später erfuhr, dass es sich „Freilauf“ nennt, setzte es wieder zusammen, et voilà, wir konnten die Tour fortsetzen. Auch der Neuaufbau der Roten Bete letzte Woche war ein voller Erfolg.

Für die Rote-Bete-Klöße (ca. 8 in Tischtennisballgröße):

  • 200 g in der Schale gegarte Rote Bete, geschält und gerieben
  • 2 Frühlingszwiebeln, fein gehackt
  • 40 g Parmesan, gerieben
  • 50 g Feta, zerdrückt
  • 1 Ei, verquirlt
  • 2 EL Dill, fein gehackt (ich: weg gelassen)
  • 2 EL Minze oder Petersilie, fein gehackt (ich: Thai-Basilikum und Koriander)
  • 75-90 g Semmelbrösel
  • 75 g Mehl
  • Salz, Pfeffer

klopse serieAls erstes wickelte ich 2 große und eine mittlere Rote Bete fest in Alufoie und garte sie bei 200°C eine gute Stunde im Backofen. Als sie gar waren, ließ ich sie einen Moment abkühlen, pellte sie dann und raspelte sie in der Küchenmaschine mittelfein. Herr H. hatte inzwischen die übrigen Zutaten abgewogen und bereit gestellt. Ich gab 200 g Rote Bete Raspeln in eine Schüssel. Herr H. fügte die übrigen Zutaten hinzu, knetete den Teig von Hand und formte etwa tischtennisballgroße Klöße daraus. Anschließend wälzte er sie ihn Mehl, frittierte sie bei 175°C ca. 3-4 Minuten und stellte die fertigen im Backofen warm.

Für das Rote-Bete-Zaziki:

  • 200 g gegarte Rote Bete, geschält, geraspelt
  • 1 kleine Knoblauchzehe, mit etwas groben Meersalz gemörsert
  • 1 Schuss Rotweinessig (ich: Brombeeressig)
  • 3 EL Dill, fein gehackt
  • 1 Schuss Olivenöl (ich: Chiliöl)
  • 250 g griechischer Joghurt

zutaten tsatziki serieIch gab alle Zutaten für das Zaziki in eine Schüssel, verrührte sie gründlich und schmeckte ab. Wow, ich war völlig überrascht, wie aus der erdigen Roten Bete ein so frischer, wohlschmeckender Dip geworden war. Eigentlich wollten wir nun noch ein Pilaw aus Roter-Bete-Bulgur mit gedünsteten Zwiebeln zubereiten. Herr H. betrachtete die Schüssel mit den Rote-Bete-Klößen und beschied, dass die Menge garantiert ausreichen würde, uns zu sättigen. Ich stellte die übrigen gegarten Bete kalt und assistierte beim Fotografieren.

rote bete 1Fazit: Ich fand, dass die frittierten Klöße optisch eine große Ählichkeit mit dem Ausgangsprodukt aufwiesen und fragte mich, wozu wir den Aufwand betrieben hatten. Die Frage wurde gleich beim ersten Bissen beantwortet. Unter der knusprigen Kruste verbarg sich eine saftige, aromatische Füllung, das erdig-dumpfe der Roten Bete wurde durch Kräuter und Käse gut aufgefangen. Das Zaziki passte perfekt und es blieb wirklich kein Gramm übrig. Aber mehr hätten wir auch nicht verdrücken können.

Aus: Die neue vegetarische Küche Maria Elia

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Feines vom Landgasthof H.

Rehragout 1Als ich kurz vor Ende des letzten Jahres den Gefrierschrank aufräumte, entdeckte ich hinten unten links eine längst vergessene Rehschulter. Herr H. klatschte entzückt in die Hände. Im Gegensatz zu mir ist er ein großer Anhänger der gut bürgerlich deutschen Küche. Er sah mich mit großen leuchtenden Augen bittend an, Kartoffelklöße und Rotkohl möge er am liebsten und sie würden das Rehragout vortrefflich begleiten. Ich seufzte, legte das chinesische Kochbuch beiseite und schlug das Rotkohl-Rezept auf. Herr H. zerlegte indes die aufgetaute Schulter fachmännisch. Bis es zum Schultergenuss kommen sollte, vergingen allerdings noch fünf Tage, in denen das Fleisch in der Marinade ruhte.

Für die Marinade des Rehragouts:

  • 600 g Rehschulter (oder -keule), nicht zu klein gewürfelt
  • 200 g Zwiebeln, gewürfelt
  • 1 Möhre, in Scheiben geschnitten
  • 1 Scheibe Sellerie, gewürfelt
  • 1/4 Stange Lauch, in Ringe geschnitten
  • 1 Knoblauchzehe, geschält
  • 1 TL schwarze Pfefferkörner, im Mörser angedrückt
  • 6 Wacholderbeeren, im Mörser angedrückt
  • 2 Gewürznelken, im Mörser angedrückt
  • 1 Lorbeerblatt
  • 50 g Rotweinessig (ich: Brombeeressig)
  • 350 g Rotwein

marinade SerieGemeinsam bereiteten wir alle Zutaten für die Marinade vor. Dann gab ich sie in eine Schüssel, goß Essig und Rotwein an und legte die in einem Teebeutel verstauten Gewürze hinein. Ich mischte alles gründlich, verschloß die Schüssel und trug sie auf den Dachboden. Das Wetter was uns hold. Dort herrschten kontinuiertlich um die 6°C. Im Sommer könnte ich ein solches Gericht aus Platzmangel im Kühlschrank nicht bereiten. Am gleichen Abend bereiteten wir den Rotkohl vor.

Für den Apfelrotkohl:

  • 1 kg Rotkohl, fein gehobelt
  • 1 Zimtstange
  • 2 Gewürznelken
  • 1 Lorbeerblatt
  • 2 Wacholderbeeren
  • 10 weiße Pfefferkörner
  • 100 g Apfelmus
  • 2 EL flüssiger Honig
  • 20 g Weißweinessig
  • 200 g Rotwein
  • 2 Zwiebeln
  • 250 g Äpfel (ich: Boskop)
  • 50 g Gänseschmalz (ich: Butterschmalz)
  • Salz, Pfeffer

rotkohl zutaten serieIch montierte den Schnetzelaufsatz auf die Maschine, ließ den Rotkohl in feine Streifen schneiden und versuchte mich zu erinnern, wann ich zum letzten Mal Rotkohl bereitet hatte. Es muss schon sehr lang her gewesen sein. Herr H. suchte die übrigen Zutaten zusammen, drückte die Gewürze im Mörser an und gab sie in einen Teebeutel. Ich vermischte den Rotkohl gründlich mit Apfelmus, Honig, Essig und Rotwein und stellte ihn über Nacht kühl. Am nächsten Tag schnitt Herr H. die Zwiebeln. Ich würfelte die Äpfel, erhitzte das Butterschmalz im Bräter und dünstete die Zwiebeln darin an. Dann gab ich den abgetropften Rotkohl hinzu und schwitzte auch ihn kurz an. Nun kamen noch die Apfelwürfel, 1 TL Salz, der Gewürzbeutel und der Sud in den Bräter. Ich ließ alles kurz aufkochen und schmorte den Rotkohl anschließend abgedeckt ca. 30 Minuten. Anschließend köchelte er noch ca. 15 Minuten ohne Deckel, damit der Sud einkochen konnte. Nach dem Abkühlen fror ich den Rotkohl portionsweise ein.

Rotkohl kochen serieAm letzten Samstag war endlich der große Tag gekommen. Das Ragout hatte 5 Tage in der Marinade verbracht. Ich ließ alles in einem Sieb über einer Schüssel gut abtropfen. Dann suchte ich die Fleischstücke heraus, tupfte sie trocken und briet sie allseitig an. Herr H. kochte inzwischen die Marinade auf und entfernte den Schaum.

Für das Rehragout:

  • Öl zum Anbraten
  • 1 TL Tomatenmark
  • 1-2 EL Rotes Johannisbeergelee (ich: Brombeergelee)
  • 25 g Saucenlebkuchen, gerieben
  • Salz, schwarzer Pfeffer

ragout serieIch briet das Gemüse aus der Marinade ca. 3 Minuten an, gab das Rehragout, Tomatenmark und Gelee hinzu und löschte mit wenig Marinade ab. Nachdem sie verdunstet war, wiederholte ich den Vorgang noch zwei Mal. Danach salzte ich das Ragout leicht, goß die restliche Marinade an und ließ es zugedeckt bei kleiner Hitze ca. 1 Stunde köcheln. Ca. 10 Minuten vor Ende der Garzeit rieb Herr H. den Lebkuchen in das Ragout. Ich hatte inzwischen die Kartoffeln für die Klöße gegart.

Für die Kartoffelklöße (ca. 16 Stück, gute Golfballgröße):

  • 900 g Kartoffeln, in der Schale gegart
  • 3 Eigelb Gr. M
  • 75 g Speisestärke
  • 50 g flüssige Butter
  • Salz, etwas Muskatabrieb
  • Mehl zum Formen der Klöße

klösse SerieIch pellte die heißen Kartoffeln, ließ sie durch die Kartoffelpresse, Herr Lafer empfiehlt, sie für einen glattere Konsistenz zweimal zu pressen, und gab die verquirlten Eigelbe, die Stärke, 1 TL Salz, etwas Muskatabrieb und die flüssige Butter hinzu. Zügig mischte ich den Kloßteig, da die noch warmen Kartoffeln die restlichen Zutaten besser aufnehmen. Anschließend formte ich auf der bemehlten Arbeitsfläche ein ca. 5cm dicke Rolle schnitt sie in ca. 16 Scheiben. herr H. rollte aus den Scheiben perfekt runde Klöße, die ich in leicht siedendem Wasser in ca. 10 Minuten gar ziehen ließ. Als sie an der Wasseroberfläche auftauchten, fischte ich sie mit der Schaumkelle hinaus und richtete die Teller an. Herr H. hatte inzwischen eine Portion Rotkohl erhitzt.

Rehragout mit detailsFazit: Nach dem Fotografieren ließ sich Herr H. wohlig seufzend am Tisch nieder. Er probierte zuerst den Rotkohl und befand ihn für perfekt. Ich fand ihn für Rotkohl ganz Ok, was aber nicht zählt, da Rotkohl nicht mein Lieblingsgemüse ist. Das Rehragout war butterzart und schmeckte perfekt ausgewogen, leicht säuerlich, leicht süß und würzig. Die Kartöffelklöße waren absolut fluffig und versöhnten mich mit dem ungeliebten Rotkohl. Nach dem Essen war Herr H. so glücklich und milde gestimmt, dass er meine Kochvorschläge für die kommende Woche aus dem chinesischen Kochbuch großzügig abnickte.

(Eine kleine Portion Ragout und eine größe Porton Klöße schafften den Weg in unsere Mägen nicht mehr und warten nun im Eis auf ihre weitere Verwendung).

Rotkohl und Klöße aus: Der große Lafer Johann Lafer

Rehragout aus: Slow Cooking Hans Gerlach