Nein, keine Panik. Das hier wird kein Plädoyer mit mahnend erhobenem Zeigefinger zu gesunder Ernährung. Wer hier schon länger mit liest weiß, dass es mich herzlich wenig schert, was sogenannte Gesundheitsexperten an neuen Wundermitteln oder Diätempfehlungen von sich geben. Ich orientiere mich zu 100% an meinem Appetit. Wonach gelüstet es mich und was würde ich am liebsten essen? Das funktioniert bei mir inzwischen bestens, da ich im Laufe der Jahre gelernt habe, psychischen von physischem Hunger zu unterscheiden. Wenn ich auf die Signale meines Körpers höre, so dankt er es mir mit guter Gesundheit, einem stabilen Immunsystem und einem grundsätzlichen Wohlgefühl. Dazu gehört für mich der Genuss einer köstlichen Torte genau wie das Glas Wein zum Essen oder das selbst gebackene Brot zum Mittag. Kürzlich erblickte ich im Feinkostgeschäft Hühnchenlebern. Schon beim Anblick der Lebern lief mir das Wasser im Mund zusammen. Binnen einer Sekunde war der aufgestellte Kochplan umgeschmissen und die Lebern wanderten neben eines Pfundes Kirschen in den Einkaufskorb.
Für den Rotweinjus:
- 1,5 EL Olivenöl
- 1 mittelgroße rote Zwiebel, in dünne Streifen geschnitten (ca. 125 g)
- Salz
- 3 Thymianzweige
- 1 kleine Knoblauchzehe, geschält, leicht angedrückt
- 1 Lorbeerblatt
- 3 schwarze Pfefferkörner
- 1 knapper EL Zucker
- 150 g Rotwein
- 250 g Rinderfond
Ich erhitzte das Öl in der Pfanne, schwitzte die Zwiebeln mit einer guten Prise Salz ca. 5 Minuten darin an und gab Thymian, Knoblauch, Lorbeer, Pfeffer und Zucker hinzu. Nach weiteren 3 Minuten goss ich den Rotwein an und ließ ihn ca. auf die Hälfte reduzieren. Dann gab ich den Fond hinzu und ließ alles weietre 15 Minuten köcheln, so dass noch ca. 100 ml Flüssigkeit in der Pfanne waren und die Sauce dicklich und glänzend wurde. Ich gab sie durch das feine Sieb und stellte sie beiseite.
Für die Kirschen:
- 100 g Rotwein
- 50 g Rotweinessig
- 40 g Zucker
- 250 g Kirschen, entsteint (ca. 210 g)
Herr H. hatte inzwischen die Kirschen entsteint, in einem mittelgroßen Topf Rotwein, Rotweinessig und Zucker zum Kochen gebracht und bei schwächerer Hitze in ca. 15 Minuten auf 50 ml reduziert. Dann hatte er die Kirschen hinzu gegeben, sie 2 Minuten köchen lassen und alles anschließend in eine flache Form gegossen. Die Kirschen waren nun von einer dicken, glänzenden Glasur überzogen.
Für die Hühnchenlebern mit Kirschen und Rotweinjus:
- 300 g Hühnchenlebern, von Fett und Adern befreit
- 75 g Milch (ACHTUNG: die Lebern werden über Nacht in Milch eingelegt)
- 200 g Räucherspeck (ich: 100 g), gewürfelt
- Salz
- 10 g Butter
- 10 g Petersilie, fein gehackt (ich: weg gelassen, keine da)
- schwarzer Pfeffer
- Rotweinjus s. o.
- Kirschen s. o.
- 1 kleiner Radicchio, in Spalten geschnitten (ich: Wildkräutersalat)
Ich spülte die Lebern gründlich ab und tupfte sie trocken. Herr H. hatte den Speck ausgelassen und ihn auf Papier abtropfen lassen. Ich gab die Lebern in das heiße Speckfett und briet sie 3 Minuten bei mittlerer Hitze, dabei wendete ich sie einmal. Dann gab ich den Speck, die Kirschen, den Rotweinjus und die Butter hinzu und ließ alles weitere 3 Minuten sanft köcheln. Herr H. schmeckte mit Salz und Pfeffer ab und verzog vor Verzückung das Gesicht. Wer mag kann nun noch den in wenig Olivenöl angebratenen Radicchio hinzugeben. Wir richteten die Lebern auf Wildkräutersalat an und servierten knusprig getoastete Weißbrotstreifen dazu.
Fazit: Dass Lebern sich gut in fruchtiger Begleitung machen, war uns schon bekannt. Aber die süß-sauren Kirschen setzten noch einen drauf. Sobald es auch bei uns endlich Kirschen gibt – die gekauften stammten noch von weiter her – wird dieses Gericht ganz sicher noch einmal auf dem Tisch stehen, auch wenn empfohlen wird, dass man Leber nicht allzu häufig verzehren sollte. Wir waren beide gleichermaßen entzückt. Cremige Lebern, süß-saure Kirschen und leichte Sauer- und Bitternoten des Wildkräutersalats verbanden sich mit dem Rotweinjus zu einem hinreißenden Ganzen. Was kann man mehr wollen?
Aus: NOPI Yotam Ottolenghi, Ramael Scully