Gut geschraubt

 

konigsberger1-1Während die Sonne draußen lacht, sitze ich brav am Schreibtisch, bearbeite Bilder und versuche, etwas Poetisches zum Thema Königsberger Klopse aus dem Ärmel zu schütteln. Was mir mit dem Blick aus dem Fenster, zugegeben, schwer fällt. Immerhin locken die Temperaturen noch nicht so sehr, dass ich mich allzu sehr bedauern würde. Ein richtig gutes Rezept für Königsberger Klopse, eine meiner absoluten Leibspeisen als Kind, hatten Herr H. und ich zwar bereits schon vor zwei Jahren gefunden. Aber als es mir kürzlich wieder über den Weg lief, dachte ich mir, dass man speziell an der Sauce sicher noch das ein oder andere Schräubchen drehen könnte. Wozu kocht man sich schließlich durch die ganzen Rezepte bekannter Spitzenköche, wenn nicht im Laufe der Zeit das ein oder andere hängen bliebe. Wir machten uns sogleich ans Werk.

Für den Rote Bete-Salat:

  • 600 g Rote Bete, in der Schale gegart
  • 2 Schalotten, fein gewürfelt
  • ca. 50 g Traubenkernöl
  • ca. 25 g Rotweinessig
  • ca. 25 g Kalbsfond
  • Zucker
  • Salz, schwarzer Pfeffer
  • 2 – 3 EL Schnittlauchröllchen

bete-serieIm Rezept werden die Bete mit etwas Kümmel in Alufolie eingeschlagen und auf einem Salzbett im Backofen gegart (150°C / 1 – 1,5 Stunden). Ich beschloss, sie einfach im Ganzen zu kochen. Das dauerte, da sie eher klein waren, ca. 45 Minuten. Nachdem sie leicht abgekühlt waren, pellte ich sie und schnitt sie in dünne Stäbchen. Herr H. briet inzwischen die Schalotte in etwas Öl glasig und vermengte sie anschließend mit den restlichen Zutaten zu einer Vinaigrette. Ich hob die Bete-Stäbchen unter und stellte die Schüssel abgedeckt beiseite, damit sie durchziehen konnten.

Für die Klopse:

  • 1 altbackenes Brötchen (ca. 50 g)
  • 100 g Milch
  • 2 Schalotte, fein gehackt
  • 30 g Speck, fein gewürfelt
  • 1 kleines Bd. glatte Petersilie, fein gehackt
  • Öl zum Braten
  • 400 g Kalbshackfleisch (ich: Rind)
  • 1 Ei
  • 1 TL Senf
  • 1 TL Kapern, fein gehackt
  • 1 Sardellenfilet, fein gehackt
  • Salz, schwarzer Pfeffer
  • 1 Lorbeerblatt
  • ca. 400 g Kalbsfond oder Brühe zum Garziehen

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Bällchen aller Art sind tatsächlich immer noch Herrn H.s Metier. Er schwitzte Schalotten und Speck in etwas Öl glasig, weichte das gewürfelte Brötchen in Milch ein und stellte die übrigen Zutaten bereit. Dann gab er das Hack, die Gewürze, die ausgekühlte Schalotten-Speck-Mischung, das gut ausgedrückte Brötchen, das Ei und die Gewürze in eine Schüssel und knetete sie von Hand zu einer homogenen Masse. Wer mag, kann die Masse auch durch die kleinste Scheibe des Fleischwolfs geben. Herr H. bevorzugt Handarbeit. Er stellte die Masse für einen halbe Stunde in den Kühlschrank, bevor er etwa golfballgroße Klopse daraus formte. Dann kochte er die Brühe mit dem Lorbeerblatt kurz auf, legte die Klopse ein und reduzierte die Temperatur auf ein sehr sanftes Sieden (ca. 85°C). Nach 15 Minuten waren die Klopse gar. Er nahm sie aus der Brühe und hielt sie im Backofen warm.

Für die Sauce:

  • 2 Champignons, blättrig geschnitten
  • 1 Schalotte, fein gehackt
  • 1 TL Butter
  • 2 TL Mehl
  • 25 g Weißwein oder Noilly Prat
  • 150 g Kalbsfond
  • 100 g Sahne
  • 1 Eigelb
  • 25 g Weißwein oder Noilly Prat
  • 1/2 TL Wasabipaste
  • Zitronensaft zum Abschmecken
  • Salz, schwarzer Pfeffer
  • 1 – 2 TL Fischsauce
  • 20 g eiskalte Butter
  • evtl. Pfeilwurzstärke zum Binden (ich: 0,4 g Xanthan)

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Für die Sauce dünstete ich Champignons und Schalotte in der Butter an. Dann stäubte ich das Mehl darüber, ließ es kurz mitschwitzen und löschte mit 25 g Noilly Prat ab. Nun gab ich den Fond hinzu und ließ ihn komplett reduzieren. Dann rührte ich die Sahne ein, schmeckte mit Salz, Pfeffer, Fischsauce und Zitronensaft ab und schlug die Sauce mit Xanthan mit dem Stabmixer auf. Herr H. verrührte das Eigelb mit der restlichen Noilly Prat und der Wasabipaste hell schaumig. Ich schlug die Mischung unter die Sauce (sie darf nun nicht mehr kochen, sonst gerinnt das Eigelb – 80° sind ausreichend!) und montierte die eiskalte Butter ein. Dank des Xanthans war die Sauce wunderbar luftig und cremig. Warum sollte man es nicht benutzen, wenn es eh im Kühlschrank steht?

 

konigsberger1-2Fazit: Diese Variante des alten Klassikers gefiel mir um Längen besser, als das zuvor getestete Rezept. Auch erwiesen sich die süß-sauren Rote Bete als viel passender. Die Sauce war ein echter Knaller. Fischsauce und Wasabi waren als einzelne Bestandteile natürlich nicht mehr wahrnehmbar, gaben der Sauce jedoch eine Komplexität und Tiefe, die ich selten erlebt habe. Herr H. war ebenfalls über die Maße angetan und wir schafften es tatsächlich beide, zwei große Portionen zu vertilgen. Dafür strichen wir die Nachspeise ersatzlos und zogen uns glücklich und zufrieden aufs Sofa zurück.

Frei nach: Deutsche Kücher Teubner 2007

 

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Fauxpas oder die Sache mit dem Zweig

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Ich kann nicht behaupten, dass ich ein Mensch bin, der auf Äußerlichkeiten gesteigerten Wert legt. Make-up? Handtasche? High-heels? Nichts für mich, damit können sich die anderen Damen abplagen. Doch in punkto Essen mache ich gern eine Ausnahme. Das Auge isst wie bekannt mit. Man möge mir also den rohen Rosmarinzweig auf dem Teller nachsehen. Als das Bild vor einigen Tagen entstand, war mir die Fehlerhaftigkeit meines Tuns noch nicht bewusst gewesen. Dann las ich im neuen Kochbuch* von den sieben Grundregeln zum korrekten Anrichten. Die dritte Regel besagt, dass nur auf den Teller gehört, was auch gegessen werden soll, ein roher Rosmarinzweig sei fürchterlich, da weder essbar, noch dekorativ. Gegen einen knusprig gegarten Rosmarin sei hingegen nichts einzuwenden. Asche also auf mein Haupt. Herr H. befand beim Fotografieren, dass das Gericht ein wenig monochrom daher komme. Deshalb der Zweig. Als ich ihn später darüber aufklärte, dass wir mit dem Hinzulegen des „rohen“ Zweiges einen schrecklichen fauxpas begangen hätten, zuckte er bloß mit den Schultern und entgegnete, dass ihm das ziemlich schnuppe sei, solange sich auf dem Teller etwas Schmackhaftes befände. Und das tat es.

Für das Lammragout:

  • 500 g Lammschulter, pariert, in 3cm große Würfel geschnitten
  • grobes Meersalz
  • einige kleine weiße Zwiebeln oder Schalotten, fein gehackt
  • 1 frische Knoblauchzehe, im Mörser zu Paste gerieben
  • Olivenöl
  • 1 TL Tomatenmark
  • 2 getrocknete Tomaten, fein gehackt
  • 1 – 2 Sardellenfilets, fein gehackt
  • 1 Lorbeerblatt
  • 2 Zweige Rosmarin
  • ca. 200 g Rotwein, trocken
  • ca. 200 g Lammfond
  • 1/2 TL getrocknete Lavendelblüten
  • Salz, schwarzer Pfeffer
  • evtl. 1 TL Pfeilwurzstärke, in wenig Wasser gelöst

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Während Herr H. die übrigen Zutaten bereit stellte, briet ich die gesalzenen Lammwürfel portionsweise bei starker Hitze an. Im gleichen Öl briet ich erst Zwiebeln, dann Knoblauch, Tomatenmark und Sardellen an. Dann gab ich das Lamm zurück in den Bräter, löschte mit Rotwein ab, ließ ihn etwas einkochen und bedeckte das Fleisch dann knapp mit Lammfond. Herr H. legte die mit Küchengarn zusammengebundenen Kräuter ein. Anschließend durfte das Ragout ca. 1,5 Stunden abgedeckt bei schwacher Hitze schmoren. Vor dem Servieren schmeckte ich mit Salz und Pfeffer und Lavendelblüten ab und band die Sauce mit wenig aufgelöster Pfeilwurzstärke. Allein der Geruch des Ragouts war überwältigend gut. Herr H. hatte sich derweil um die Beilagen gekümmert.

Für die Flageoletbohnen:

  • ca. 150 g getrocknete Flageoletbohnenkerne, ca 12 Stunden in kaltem Wasser eingeweicht
  • Bohnen- oder Bergbohnenkraut nach Belieben
  • Olivenöl
  • Petersilie nach Belieben
  • Salz

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Er hatte die Bohnen mit frischem Wasser bedeckt, das Bohnenkraut hinzu gegeben und sie nach dem Aufkochen ca. eine Stunde köcheln lassen. Nun goss er das Kochwasser ab, erhitzte etwas Olivenöl im Topf und schwenkte die Bohnen mit etwas Salz und Petersilie darin. Ich stibitzte einen Löffel Bohnen aus dem Topf und war überrascht, wie dünnhäutig und schmackhaft sie waren. Ich bereitete rasch ein Püree aus in der Schale gegarten Kartoffeln und beging dann beim Anrichten Fehler Numero eins, indem ich den Teller viel zu voll häufte. Sei es drum.

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Fazit: Erst später lasen wir, dass Flageoletbohnen in Frankreich klassischerweise zu Lamm serviert werden. Das Ragout passte auf jeden Fall bestens zu ihnen und mit einem schlichten Kartoffelpüree, so langweilig es auch sein mag, ist man zu köstlichster Sauce immer auf der sicheren Seite. Ein schönes Gericht für frische, feucht-kalte Spätherbsttage, wie sie uns nun in großer Zahl bevorstehen werden. Zum Glück ist vom Lamm noch ein letztes Päckchen im Vorrat.

* Geschmacksgeheimnisse – Rezepte I Techniken I Aromen Alexander Herrmann

A poor mans steak

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Nach der ein oder anderen Kochkapriole, die Herr H. und ich geschlagen hatten, stand ihm, ganz im Gegensatz zu mir, der Sinn nach etwas Bodenständigem. Ein schlichtes Steak mit Kartoffelpüree und notfalls ein paar Möhrchen, bitte. Der Blick auf die Uhr ergab sehr zu seinem Leidwesen, dass es bereits viel zu spät war, das delikate Fleisch von einem gefrorenen in einem raumtemperierten Zustand zu überführen. Nur Hackfleisch verzeiht die rabiate Heißwasserbehandlung. Aber hey, sagte ich ihm, eine Frikadelle ist doch auch so eine Art Steak, nur eben für weniger Betuchte! Gnädigerweise nickte er zustimmend und statt Möhrchen zauberte ich gelbe Rübchen aus dem Gemüsefach. Eine Premiere.

Für die Frikadellen:

  • 300 g Kalbshack
  • 1 Scheibe Speck, gewürfelt, ausgelassen
  • 1 Schalotte, fein gehackt, in Butter glasiert
  • 1 kleines Ei
  • 1 Handvoll Panko
  • Meersalz, schwarzer Pfeffer
  • 1 Handvoll Estragon, grob zerkleinert

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Die Fertigung delikater Frikadellen ist im Hause H. fest in männlicher Hand. Alles, was zu Pflanzerln oder Bällchen geformt und anschließend gebraten oder frittiert wird, unterliegt seiner strengen Kontrolle. Gut für mich, weniger Arbeit, mehr Zeit. Herr H. gab alle Zutaten für die Frikadellen in eine Schüssel, verknetete sie von Hand ausgiebig zu einer bindigen Masse und ließ diese ca. eine halbe Stunde kühl stehen. Dann formte er daraus etwa golfballgroße Bällchen, drückte sie leicht flach und briet sie bei mittlerer Hitze goldbraun. Die fertigen Frikadellen stellte er warm.

Für die glacierten gelben Rübchen:

  • 4 gelbe Rübchen , geschält, in dünne Spalten geschnitten
  • 50 g Butter
  • 1 Schalotte, fein gehackt
  • 1 kleine Knoblauchzehe, fein gehackt
  • 1 Thymianzweig
  • 1/2 TL Rohrzucker
  • 1 Schluck Weißwein oder Noilly Prat
  • 100 g Geflügelfond
  • 50 g Möhrensaft
  • Meersalz

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Ich zerließ die Hälfte der Butter in einem Topf, schwitze Schalotte und Knoblauch darin farblos an und gab Rübchen, Zucker, etwas Salz und den Thymian hinzu und ließ alles kurz schmurgeln. Dann löschte ich mit wenig Noilly Pratt ab, ließ ihn fast vollständig einkochen und gab Fond und Saft hinzu. Abgedeckt durften die Rübchen bei schwacher Hitze garen. Anschließend reduzierte ich die Flüssigkeit fast vollständig, gab die restliche Butter hinzu und schmeckte mit etwas Salz ab. Herr H. hatte währenddessen ein Kartöffelpüree mit Schnittlauch auf seine Art aus geschält gegarten Kartoffeln bereitet und erfreulich früh stand das Essen auf dem Tisch.

Buletten mit Schnittlauchpü 1

Fazit: Solide Hausmannskost, bemerkte ich während des Essens. Die gelben Rübchen hatten ein sehr interessantes Aroma, leicht scharf und irgendwie exotisch. Besser kann ich es nicht beschreiben. Auf jeden Fall eine gute Alternative zu den ewigen Winterwurzeln. Nach dem Essen lehnte Herr H. sich hochzufrieden zurück und bekundete, dass auch die Herstellung einer perfekten Frikadelle hohe Kochkunst sei. Essentiell sei die Zugabe von ausgelassenen Speckwürfeln und dass die Zwiebeln in gegartem Zustand seien, bevor sie in die Masse wanderten. Es müsse wahrlich nicht immer unbedingt Steak sein. Ich nickte, dachte mir meinen Teil und schwieg.

 

Nichtwissen gewiss

gulasch 2Je länger ich mich mit der Aggregatveränderung von Nahrungsmitteln beschäftige, umso deutlicher tritt die unvermeidliche Erkenntnis zutage, wie wenig ich darüber weiß. Als ich noch kaum etwas wusste, nahm ich an, die Weisheit mit Löffeln gefressen zu haben. Das hat sich inzwischen grundlegend verändert. Ich bin weit zurückgerudert und weiß jetzt, was ich nicht weiß. Und das ist eine ganze Menge. Warum, um nur ein Beispiel zu nennen, wird mit Kokosblütenzucker geschlagener Eischnee nicht steif? Ein echtes Rätsel. Andererseits kann ich inzwischen klarer einschätzen, was ich kann. Brücken schlagen, Analogien bilden und mich an bestimmte Details, mögen sie auch vor noch so langer Zeit in mein Bewusstsein gerückt sein, erinnern. Das alles hilft. Aber noch immer gelingt es mir nicht, völlig selbstständig den gewissen Dreh zu entwickeln. Dazu braucht es nach wie vor Inspiration, so wie hier. Ein ganz einfacher Trick, eigentlich. Wäre ich nur selbst darauf gekommen!

Für das Gulasch:

  • 4 Schalotten, in feine Scheiben geschnitten
  • Olivenöl zum Anbraten
  • 500 g Gulasch, halb Rind, halb Schwein (ich: Jungrind)
  • 1 knapper EL Tomatenmark
  • 170 g Rotwein
  • 250 g Fleischbrühe
  • 1 Lorbeerblatt
  • 2 Nelken
  • Rosenpaprika nach Belieben
  • Salz, schwarzer Pfeffer
  • ca. 1TL Pfeilwurzstärke in etwas kaltem Wasser gelöst

gulasch serieWie bei jedem Schmorgericht briet ich zunächst die Fleischwürfel portionsweise sehr scharf an, stellte sie beiseite und reduzierte die Temperatur. Nun durften die Schalotten ca. 10 – 15 Minuten im gleichen Topf braten. Dann gab ich das Tomatenmark hinzu, schmurgelte es kurz mit und fügte das Fleisch wieder hinzu. Ich löschte mit Rotwein und Brühe ab, gab die Gewürze hinzu und ließ das Gulasch ca. 1,5 Stunden bei schwacher Hitze köcheln. Anschließend siebte ich die Flüssigkeit ab, gab sie zurück in den (gesäuberten) Topf und reduzierte sie ca. auf die Hälfte. Sollte sie noch nicht sämig genug sein, kann mit Pfeilwurzstärke gebunden werden. Ich schmeckte noch einmal mit Salz und Pfeffer ab, gab das Fleisch zurück in die Sauce und stellte den Topf bis zum Servieren warm.

Für das Paprika-Tomaten-Topping:

  • 1 rote Paprika, grob gewürfelt
  • 3 – 4 kleine Tomaten
  • Olivenöl zum Braten
  • Zucker, Salz

paprika topping serieHerr H. hatte die Tomaten überbrüht, gehäutet, in Spalten geschnitten und entkernt und die Paprika gewürfelt. Er briet erst Paprika (ca. 5 Minuten) und dann Tomaten im Olivenöl an, bis beides den gewünschten Gargrad (bei uns eher weich) hatte, schmeckte mit Salz und Zucker ab und stellte das Topping ebenfalls warm. Die nächste Aufgabe wartete bereits auf ihn.

Für das Kartoffelpüree mit Vanille:

  • ca. 300 g Kartoffeln (geschält gewogen), grob gestückelt
  • 20 g Butter
  • 50 – 100 g Milch
  • Salz, weißer Pfeffer
  • etwas Vanillenschote, gemahlen

vanille pü serieKartoffelpüree bereiten wir beide völlig unterschiedlich zu. Herr H. schwört darauf, geschälte Kartoffelwürfel in Salzwasser zu garen, sie dann im Topf mit der Gabel zu zerdrücken und dann erst Butter und Milch einzuarbeiten, bis die gewünschte Konsistenz erreicht ist. In diesem Fall schmeckte er das Püree zusätzlich mit etwas fein gemahlener Vanille ab. Ich bin der festen Überzeugung, dass das Püree „besser“ wird, wenn man die Kartoffeln als Pellkartoffeln gart, noch heiß pellt und zweimal durch die Kartoffelpresse gibt. Butter und Milch erhitze ich, bevor ich die gepressten Kartoffeln zugebe, so dass das fertige Püree gleich die perfekte Temperatur hat. Da wir in dieser Frage beide kompromisslos sind, entscheidet vor jeder Püreebereitung der Münzwurf, so dass eine gerechte Abwechslung gewährleistet ist.

gulasch 4Fazit: Die Idee, Paprika und Tomaten nicht mit dem Fleisch mitzugaren, sondern sie separat als „Topping“ (was für ein Wort) zu servieren, gefiel uns beiden ausnehmend gut. Das Gulasch empfanden wir auf diese Art zubereitet als „purer“, aromatischer und mit einem kräftigeren Fleischgeschmack als Gulasch, das mit einer Vielzahl von Gemüsen gemeinsam geschmort wird. Paprika und Tomaten steuerten eine fruchtig-säuerliche Not bei und die Vanille im Püree ergänzte das Ganze vortrefflich und wer weiß, vielleicht bin ich in einigen Jahren auch soweit, mir so etwas selbst ausdenken zu können und wenn nicht. Nun, dann gibt es vermutlich immer noch genügend Inspiration von Außerhalb.

Aus: Neue Deutsche Küche Frank Rosin

Ausgebrütet

senfei 1Es ist immer wieder erstaunlich, wie viel Zeit zwischen der ersten Begegnung mit einem Rezept und dessen endgültiger Umsetzung vergehen kann. Vor gut zwei Jahren plazierte Herr H. einen Marker auf der Seite dieses Rezepts und verlangte nachdrücklich dessen Umsetzung. Mich sprach es jedoch nicht besonders an und im Verzögern, Hinausschieben und Ablenken habe ich es im Laufe der Jahre zu einer gewissen Meisterschaft gebracht. Das Kochbuch war schon lange wieder in die Bücherhalle zurückgekehrt. Ich wähnte mich in Sicherheit, dachte, meine Taktik sei erfolgreich aufgegangen, als Herr H. sich vor zwei Tagen plötzlich an das vermaledeite Rezept erinnerte. Er habe es seinerzeit sicherheitshalber fotografiert und jetzt sei der perfekte Zeitpunkt, es endlich auszuprobieren. Gegen so viel geballte Entschlossenheit war ich schlicht machtlos.

Für die Eier (sollten mindestens 12 Stunden vorher zubereitet werden):

  • 2 Enteneier (Hühnereier gehen natürlich auch)
  • 100 g Weißweinessig
  • 50 g Wasser

ei im glas 3Herr H. hatte mich mit genauen Instruktionen für die Vorbereitung der Enteneier und des Salats ausgestattet. Ich kochte die Eier in 7 Minuten wachsweich und legte sie anschließend zum Abkühlen in eiskaltes Wasser. Nachdem sie erkaltet waren, pellte ich sie vorsichtig, vermengte Essig und Wasser und legte je ein Ei in ein kleines Weckglas und bedeckte es mit Essigmischung. Anschließend durften die Eier (12 Sunden) im Kühlschrank ihrem Schicksal harren.

Für den Rote Bete Salat (sollte mindestens 12 Stunden vorher zubereitet werden):

  • 200 g Rote Bete, ganz und ungeschält in 45 – 60 Minuten gegart
  • 25 g Himbeerkonfitüre (ich: Brombeergelee)
  • 50 g Himbeeressig (ich: 25 g Rotweinessig)
  • 20 g Rapsöl
  • 1/2 eingelegte Jalapeño, fein gehackt (ich: einige Spitzer Tabasco)
  • Salz, schwarzer Pfeffer

rote bete salat serieDie Bete hatte ich bereits am Vorabend gegart. Am nächsten Morgen schälte ich sie und schnitt sie in dünne Stifte (hätten noch feiner sein können). In einer Schüssel rührte ich Brombeergelee und Essig glatt, gab Tabasco, Salz und Pfeffer hinzu und rührte zuletzt das Öl ein, bis eine cremige Emulsion entstanden war. Lecker, befand ich nach dem Abschmecken. Ich vermengte die Bete-Stifte mit der Marinade und stellte den Salat ebenfalls zum Durchziehen (12 Stunden) in den Kühlschrank.

Für das Kartoffelpüree:

  • ca. 100 g Kartoffeln, in der Schale gegart (oder geschält und gewürfelt)
  • 15 g Butter
  • 1/2 kleine Schalotte, fein gewürfelt
  • 1/2 TL mittelscharfer Senf
  • ca. 75 g Milch
  • Salz, schwarzer Pfeffer

pü serieAls Herr H. abends nach Hause kam, war er begeistert über meine mustergültige Vorbereitung. Ich pellte die Kartoffeln, schwitze Schalottenwürfel in der Butter glasig und gab  Milch, Salz, Pfeffer und Senf hinzu. Herr H. gab die Kartoffel durch die Presse zu der Flüssigkeit und schmeckte das Püree noch einmal ab. Ich strich das fertige Püree durch ein Sieb und stellte es warm. Im Rezept wird das Püree mit einem Sahne Syphon aufgeschäumt, den wir leider nicht besitzen. Ich kann mir gut vorstellen, dass die Konsistenz des Pürees dadurch noch feiner wird. Nun, da alles vorbereitet war, richtete ich Rote Bete Salat, Püree, Eier und Heringskaviar in zwei Gläsern an. Eine rote Kleeblüte, die ich noch vor kurzer Zeit allüberall am Wegesrand sah, konnte ich an dem Tag partout nicht auftreiben. Mussten es eben einige Basilikumblüten sein.

senfei 6Fazit: Nachdem Herr H. die Gläser hocherfreut abgelichtet hatte, probierte ich und war sehr überrascht, wie überaus fein das Senfei schmeckte. Alles harmonierte perfekt. Als ich Herrn H. dies gestand, sah er mich nur schmunzelnd an und verkniff sich jeden Hinweis darauf, dass er mal wieder recht gehabt habe heldenhaft. Die Senfeier eignen sich als Vorspeise in einem kleinen Menue bestens, da sich sich sehr gut vorbereiten lassen. Wie gut, dass ich sie endlich kennenlernen konnte.

Aus (recht frei): Aromen(r)evolution Tim Raue