Braise it red!

Was wäre das Leben ohne Zufälle? Mit dem letzten Teil getrockneter Erbsen wollte ich die neu entdeckte Einweich-Methode für Hülsenfrüchte (Nasspökeln) testen. Gedacht, getan, gekocht und die Küche verlassen. Ich lag im Flur auf der Yoga-Matte, als plötzlich ein sehr, sehr merkwürdiger Geruch unter der Küchentür hindurch zog. Hastig sprang ich auf, lief in die Küche und hob den Topfdeckel. Der geradezu widerliche Geruch (eine Mischung aus nassem Hund und dem Geruch beim Friseur, wenn sich jemand gerade die Haar färben lässt) intensivierte sich gewaltig und fast alle Häutchen hatten sich von den Erbsen gelöst und schwammen an der Wasseroberfläche. Keine Ahnung, ob das so sein sollte. Ich entsorgte den Topfinhalt reuelos und machte mich sogleich auf die Suche nach einem neuen Verwendungszweck für das bereits aufgetaute Stück Kassler Nacken. Als ich den Beitrag eines Mitglieds des Grillsportvereins zum Thema „Kassler Nacken rot geschmort“ sah, war ich zunächst sehr skeptisch. Raucharoma in einem chinesischen Wok-Gericht? Aber die Zeitknappheit setzte meinen Zweifeln ein rasches Ende. Herr H. schwang bereits das Messer.

Für den rot geschmorten Kassler Nacken:

  • ca. 400 g Kassler Nacken, in 3 cm große Würfel geschnitten
  • Erdnussöl
  • 1,5 EL Zucker
  • 1 EL Shao Xing
  • 15 g Ingwer in Scheiben, ungeschält
  • Grün von 2 Frühlingszwiebeln
  • 1 Sternanis
  • 1/2 Zimtstange
  • Chili, fein gehackt oder etwas anderes Scharfes
  • helle Sojasauce und Zucker zum Abschmecken

Ich erhitzte etwas Erdnussöl bei mittlerer Hitze im Wok und ließ den Zucker darin karamellisieren, bis er Blasen schlug. Dann erhöhte ich die Hitze, gab die Kassler-Würfel hinzu und pfannenrührte, was das Zeug hielt. Herr H. löschte mit Shao Xing ab, gab Ingwer, Sternanis und Zimt hinzu und bedeckte alles sehr knapp mit Wasser. Nach dem Aufkochen ließ ich alles ca. 30 Minuten abgedeckt sacht köcheln. Es roch schon einmal höchst viel versprechend. Anschließend nahm ich den Deckel ab, erhöhte die Hitze wieder etwas und ließ die Flüssigkeit reduzieren, bis das Fleisch von einer glänzenden, kräftig roten Sauce überzogen war. Herr H. hob die Frühlingszwiebeln unter und stellte die Pfanne abgedeckt warm.

Für das Gemüse:

  • 1 grüne Paprika, entkernt, gewürfelt (ich: ca. 300 g Rosenkohl, blanchiert, halbiert)
  • 6 frische rote Peperoni, entkernt, gewürfelt (ich: 2 kleine Möhren, in dünne Scheiben geschnitten
  • 1 Handvoll Cashews (ich: trocken geröstet)
  • 2 Frühlingszwiebeln (weißer Teil, in Ringe geschnitten)
  • etwas Knoblauch, gewürfelt
  • 5 EL Fleischbrühe
  • 1 TL Austernsauce
  • 1 TL Zucker
  • 1 TL Stärke
  • 1 Pr. Salz

Das Gemüse mussten wir der Vorratslage entsprechend anpassen, da keiner von uns noch einmal einkaufen gehen wollte. Ich erhitzte etwas Erdnussöl in einer Pfanne, dünstete die Möhren abgedeckt ca. 10 Minuten darin und gab Rosenkohl und Knoblauch hinzu. Während ich alles briet, rührte Herr H. die Zutaten für die Sauce in einer Schüssel zusammen und gab die Sauce über das Gemüse. Ich ließ sie nach kurz köcheln, bevor ich die Pfanne vom Herd zog und Fleisch und Gemüse auf dem vom Reiskocher gegarten Reis anrichtete. Das Warten auf den ersten Bissen fiel mir dieses Mal besonders schwer, aber es nützte nichts.

Fazit: Als es endlich soweit war, die beste Nachbarin war zwischenzeitlich aufgetaucht und wurde prompt eingeladen, konnte ich mich nach dem ersten Stückchen Kassler kaum halten vor Begeisterung. Hammer! Das leichte Rauch-Aroma in Verbindung mit der karamelligen Sauce war der absolute Bringer. Herr H. und die beste Nachbarin stimmten mir voll und ganz zu und viel zu schnell waren die Schalen geleert. Und ich fürchte, ich muss morgen beim Lieblingsschlachter ein weiteres Stück Kassler Nacken erstehen, damit wir das Gericht noch einmal mit der originalen Gemüsebeilage testen können – dringende Nachkochempfehlung!

Understatement pur

Salzbutter Karamell Sable 2Als ich kürzlich auf ein neues Patisserie-Buch* aufmerksam wurde, machte ich der Bücherhalle sofort einen Anschaffungsvorschlag. Spannende neue Bücher auf diesem Gebiet sind eher die Ausnahme, leider. Als ich in der Woche darauf dort war, lachte es mich tatsächlich an. Ich vermute jedoch, dass sie es sowieso anschaffen wollten. Wie auch immer. Das anschließende Studium der enthaltenen Rezepte rief Neugier und Frust zugleich hervor. Viele Desserts bestehen aus mindestens 5 Einzelkomponenten, wobei die wiederum eine Vielzahl verschiedener Zutaten enthalten, die normalerweise nicht im Haus sind. Und in der Regel lohnt es einfach nicht, Saft A, B oder C zu besorgen, wenn jeweils nur einige Gramm davon benötigt werden. So große Fruchtsaft-Fans sind Herr H. und ich nun wieder auch nicht. Nachdem ich alle Rezepte ausgiebig studiert hatte und das Wetter zu ausgedehnten Küchenaktivitäten geradezu einlud, entschied ich mich trotz fehlender Zutaten loszulegen. Die Neugier war einfach zu groß.

Für die Tonka-Sablés (ergibt ca. 20 à Ø5 cm):

  • 25 g weiche Butter
  • 12,5 g Muscovadozucker (ich: Kokosblütenzucker)
  • 25 g brauner Zucker
  • 0,5 g Fleur de Sel
  • 0,5 g Vanillepulver (ich: Essenz)
  • 0,5 g Tonkabohne, fein gerieben (ich weg gelassen)
  • 12,5 g Maisstärke
  • 50 g Weizenmehl 405er
  • 0,5 g Backnatron
  • 15 g Olivenöl

Tonka Sable Serie 2Die Tonkabohne habe ich tatsächlich bewusst weg gelassen, da ich von ihrem Aroma nicht besonders angetan bin, vielleicht habe ich sie einst jedoch nur zu hoch dosiert. Nun waren leider keine mehr da. Ich gab zunächst die Zucker in den Zerkleinerer und ließ sie zu Staub mahlen. Dann gab ich alle Zutaten bis auf das Olivenöl hinzu, ließ ihn erneut laufen, bis ein bröseliger Teig entstanden war. Herr H. ließ das Olivenöl einlaufen. Nach kurzer Zeit war ein recht trockener, weicher Teig entstanden. Ich rollte ihn zwischen Folie ca. 3 mm dünn aus, stach mangels eines 2,5 cm Austechers 5 cm große Scheiben aus und hob sie mit der Palette auf ein mit Backpapier belegtes Blech. Mit der Hand waren sie nicht transportabel, es hilft wahrscheinlich, den Teig nach dem Ausrollen zu kühlen. Nachdem ich den gesamten Teig verarbeitet hatte, stellte ich das Blech für 30 Minuten in den Gefrierschrank, bevor ich die Sablés ca. 14 Minuten bei 160°C Umluft buk. Nach dem Abkühlen bewahrte ich sie luftdicht verpackt auf.

Für den Kaffir-Sablé:

  • 50 g weiche Butter
  • 31,5 g brauner Zucker (zu Staub gemahlen)
  • Schale 1/2 Limette und Kaffir-Limette (ich: Orange und Zitrone), fein gehackt
  • 71,5 g Weizenmehl 405er
  • 1 g Backnatron
  • 1 Pr. Salz

Kaffir sable serie 2Ich verrührte Butter, Zucker, Zitrusschalen und eine Prise Salz in der Schüssel, siebte das Mehl mit dem Natron darüber und ballte alles kurz zu einem Teig zusammen, den ich anschließend zwischen Folie 2 mm dünn ausrollte und für 1 Stunde in den Kühlschrank legte. Dann buk ich ihn bei 165°C Umluft ca. 15 Minuten und bewahrte ihn nach dem Abkühlen ebenfalls luftdicht verpackt auf.

Für den Salzbutterkaramell:

Infusion:

  • 70 g Sahne
  • 1/2 Vanilleschote, Mark ausgekratzt (ich: 1 TL Essenz)
  • 0,5 g Tonkabohne, fein gerieben (ich: weg gelassen)
  • 1/2 Stängel Zitronengras, fein gehackt
  • 2 g (Kaffir)-Limettenblätter, in Streifen geschnitten

Karamell:

  • 62,5 g Zucker
  • 10 g Glukosesirup
  • 45 g gesalzene Butter
  • 62,5 g Sahne-Infusion s. o.
  • 12,5 g Milchschokolade

karamell serieIch gab alle Zutaten für die Infusion in einen kleinen Topf, ließ sie abgedeckt aufkochen und zog den Topf dann beiseite. Nach 5 Minuten gab ich die Sahne durch ein feines Sieb in eine Schale. Derweil hatte ich in einem zweiten Topf Zucker und Glukosesirup bei mittlerer Hitze karamellisieren lassen. Nun gab ich zunächst unter vorsichtigem Rühren die Butter stückweise hinzu und danach die Sahne. Ich erhitzte das Karamell auf 119°C, nahm den Topf von der Platte und rührte die Schokolade ein. Noch recht heiß füllte ich das Karamell in den Spritzbeutel und versuchte, ca. 4,5 cm große Kreise auf die Silplat-Matte zu dressieren. Gar nicht so einfach, da das Karamell noch verdammt flüssig war. Ich vermute, die perfekte Verarbeitungstemperatur liegt bei ca. 40°C. Nach dem Erkalten fror ich die Kreise bis zur Verwendung ein.

Für die Tonkakaramellcreme:

Infusion:

  • 55 g Milch
  • 1 g Vanillepulver (ich: Essenz)
  • 1 g Tonkabohne, fein gerieben (ich: weg gelassen)

Creme:

  • 62,5 g karamellisierte weiße Schokolade
  • 45 g Milchinfusion
  • 2 g Glukosesirup
  • 1 g Gelatine, in kaltem Wasser eingeweicht*
  • 55 g Sahne
  • 20 g saurer Halbrahm (ich: Crème fraîche)

 

Tonka Karamell Creme SerieIch gab die weiße Schokolade (wer keine Chips hat, sollte sie hacken) in eine flache Schale und ließ sie bei 130°C Umluft ca. 20 – 25 Minuten karamellisieren, Dabei rührte ich sie zwei Mal um. Die Schokolade schmilzt dabei nicht wie im Wasserbad, sondern bekommt eine eher pastöse Konsistenz. Das ist in Ordnung so. In der Zwischenzeit hatte ich die Milch mit der Vanilleessenz aufgekocht, vom Herd gezogen und hatte die gut ausgedrückte Gelatine darin aufgelöst. Nun rührte ich in drei Schritten die karamellisierte Schokolade mit dem Schneebesen ein, gab die Flüssigkeit in ein hohes Gefäß und mixte Sahne und Crème fraîche mit dem Pürierstab ein. Die fertige Creme sollte für mindestens 6 Stunden kalt gestellt werden. *Will man das Dessert fertig dressiert eine Weile aufbewahren, würde ich 0,5 – 1 g Gelatine mehr verwenden, da die Creme so recht fragil ist.

Für die Karamell-Sablé-Tuiles:

  • 50 g Kaffir-Sablé s. o.
  • 50 g Zucker
  • 7,5 g Glukosesirup
  • 17,5 g Wasser

dünnes karamell serie 3

Ich gab den Sablé in den Zerkleinerer und ließ ihn zu feinem Pulver mahlen. Herr H. hatte inzwischen Zucker, Glukose und Wasser zu Karamell gekocht. Ich gab das Pulver hinzu, rührte es kurz ein und gab die Masse auf ein mit Backpapier belegtes Brett. Sofort legte ich ein zweites Blatt Backpapier darüber und rollte sie mit viel Druck möglichst fein aus. Das ist etwas schwierig, da die Masse recht schnell erstarrt. Ich versuchte, aus dieser Masse Kreise auszustechen, was unmöglich war, da auf dem Foto im Buch unter dem Salzkaramell eine helle Scheibe liegt. Woraus sie besteht, wird leider nicht beschrieben. Wie auch immer. Ich buk die dünn ausgerollte Platte ca. 4 Minuten bei 180°C Umluft und rollte sie sofort unter Papier ein zweites Mal noch dünner aus. Nun konnten wir endlich zusammensetzten. Ich legte je eine Karamellscheibe auf ein Sablé, dressierte mit dem Spritzbeutel einen Tupfen Creme darauf, legte ein Stückchen Tuile auf und platzierte darauf einen weiteren Tupfen Creme. Wir waren sehr gespannt auf den Geschmack der doch recht aufwendigen „Kekse“.

Salzbutter Karamell Sable 1

Fazit: Als ich den ersten Bissen, ja, man kann tatsächlich vom „Keks“ abbeissen, ohne dass sich alles in Wohlgefallen auflöst, war alle „Arbeit“ sogleich vergessen. Was für ein Hochgenuss! Im Buch steht lapidar dazu, „durch die Verbindung der verschiedensten Arten und Texturen von Karamell sorgt dieses Gebäck für eine angenehme Überraschung im Mund“. Herr H. und ich waren jedenfalls vollauf begeistert und verputzen glatt alle 5 hergestellten „Kekse“. Die restlichen Bestandteile warten nun separat auf ihre Zusammensetzung und ihre Genuss, da sie vermutlich bereits zusammengesetzt nicht besonders lange haltbar sind. Ich freue mich schon sehr auf den nächsten!

*Desserts Julien Duvernay

Blaue Zipfel, Zwiebeltürmchen oder Krokussspitzen?

lakritz tartelette 4Kürzlich stolperte ich in der Bücherhalle über das Lakritz-Kochbuch, aus dem die köstliche Torte, die MaLu kürzlich vorgestellt hatte, stammte. Hochzufrieden packte ich es ein und ein erstes Blättern zu Hause rief helle Begeisterung bei Herrn H. hervor, ist er doch als Nord-Norddeutscher ein großer Fan der süßen Wurzel. Die Zeiten, in denen wir gefühlte Tonnen an Lakritze aller Art verdrückten, sind zwar eindeutig vorbei, aber hin und wieder schätze ich gerade die scharfe, salzige Laktitze aus Dänemark sehr. Lakritz-Granulat und -pulver gibt es zum Glück in einem kleinen Laden nicht weit von uns entfernt, die Vorteile des Großstadtlebens, immer wieder schön, an sie erinnert zu werden. Nicht Ortsansässige können das Nötige jedoch problemlos bestellen. Als erstes entschieden wie uns für das Lakritztörtchen mit Blaubeerbaiser.

Für den Mürbeteig (2 Tarteringe à 10cm, es bleiben Reste):

  • 45 g weiche Butter
  • 1 Pr. Salz
  • 35 g Puderzucker
  • 12,5 g Mandelmehl
  • ca. 13 g Vollei
  • 90 g Weizenmehl 405er

mürbeteig serieIm Buch ist ein anderes Mürbeteig-Rezept angegeben, aber da ich mit diesem sehr gute Erfahrungen gemacht habe, bleibe ich dabei. Ich rührte Butter, Zucker, Salz und Mandelmehl schaumig, arbeitete nach und nach das Ei ein und siebte schließlich das Mehl darüber. Ich verknetete alles rasch zu einem glatten Teig und stellte ihn für 2 Stunden kalt. Dann rollte ich ihn portionsweise zwischen Folie ca. 3-4mm dünn aus. Ich entfernte die Folie auf einer Seite, legte den Teigkreis mit Folie über den gebutterten Tartering und passte ihn ein. Das geht mit der Folie bedeutend einfacher als ohne, da sich der Teig zum einen deutlich weniger erwärmt und zum anderen viel präziser einpassen lässt. Ich entfernte die Folie, schnitt die überstehenden Ränder mit einem scharfen Messer ab und stippte den Boden mit der Gabel. Nun durften die fertig geformten Tarteletts für eine halbe Stunde ins Eis. Den restlichen Mürbeteig kann man einige Tage im Kühlschrank aufbewahren oder ebenfalls einfrieren. Nach der Gefrierzeit buk ich die Tarteletts ca. 20 Minuten bei 170°C bis sie appetitlich goldbraun aussahen.

Für die Lakritzkaramellfüllung:

  • 43 g Zucker
  • 83 g Sahne
  • 2,5 g Lakritzgranulat
  • 23 g Butter
  • 1 g Fleur de Sel
  • 45 g Kuvertüre 50%ig, fein gehackt

lakritzkaramell serieAuch hier schlägt das Buch eine andere Vorgehensweise und Rezeptur vor, die ich ausprobiert und verworfen habe. Ich ließ den Zucker trocken karamellisieren, kochte Sahne und Lakritzgranulat auf und gab sie unter Rühren ins Karamell. Dann rührte ich die Butter und das Fleur de Sel ein und ließ alles noch kurz köcheln. Als es sich zu einer homogenen Masse verbunden hatte, zog ich den Topf vom Herd und rührte die gehackte Kuvertüre ein. Nachdem das Karamell etwas abgekühlt war, füllte ich es in die Tarteletts und stellte sie kalt.

Für das Blaubeerbaiser:

  • 27 g Eiweiß
  • 50 g Zucker
  • 18 g Wasser
  • 20 g Blaubeerpüree (ich: Brombeerpüree)

blaubeerbaiser serie 4Ich gab Zucker, Wasser und Brombeerpüree (Blaubeerpüree war aus) in einen Topf und kochte alles bis 110°C. Herr H. schlug in der Zwischenzeit das Eiweiß mit einer Prise Salz auf langsamer Geschwindigkeit an. Ich goss dann den Sirup in einem dünnen Strahl zum Eiweiß, während Herr H. weiter schlug, bis das Baiser fest, glänzend und auf ca. 30°C abgekühlt war. Ich gab es in den Spritzbeutel mit 13er Lochtülle und setzte ein paar Probetupfen auf einen Teller, da ich mir nicht sicher war, wie ich gleichmäßige Zipel hinbekäme. Nach dem 10. Zipfel hatte ich den Bogen einigermaßen raus und begann von der Mitte her Tupfen auf das erstarrte Karamell zu setzten. Dabei stellte ich fest, dass es verdammt schwierig ist, die Zipfel exakt gleich groß hinzubekommen. Ich stäubte noch etwas Granulat über das Baiser. Auf die Ausgarnierung mit frischen Beeren musste ich leider verzichten, da es gerade keine gibt.

lakritz tartelette 1Fazit: Nach dem „Shooting“ halbierte ich eins der Tarteletts und wir nahmen gespannt den ersten Bissen. Herrn H.s Mienenspiel beim Kosten war fast genauso köstlich zu beobachten, wie das Törtchen schmeckte. Es wechselte von Skepsis über leichtes Wohlwollen bis hin zu einem Ausdruck höchster Glückseligkeit. Breit grinsend merkte er an, dass wir schon lange keine solch aparte und spannende Aromen- und Texturkombination mehr hatten. Super knusprig-mürber Teig, sahnig, schokoladig, leicht lakritziges Karamell und weiches, cremig-fruchtiges Baiser. Einfach himmlisch! Darüber, woran uns die Form der Zipfel erinnert, sind wir uns allerdings bis jetzt nicht einig geworden.

Aus: Lakritz – süße & Herzhafte Rezepte mit dem schwarzen Gold Elisabeth Johannsson, Helén Pe

 

„Wahrheit des Geschmacks“

apfelkaramelltorte 6Ich weiß nicht mehr, welche verschlungenen Pfade mich zum wundervollen Blog, Verdade de Sabor, der russisch-portugiesischen Catherine geführt haben. Es war Liebe auf den ersten Blick. Vor der traumhaft präsisen Umsetzung ihrer Backwerke und Torten kann ich mich nur verneigen. Sie arbeitet so sauber, wie es es bislang selten auf einem Blog gesehen habe. Es war also nur eine Frage der Zeit, bis ich eine ihrer Torten nachbacken würde. Herr H. plädierte sehr eindringlich für die Apfel-Karamell-Torte und als ich sah, dass sie eine Mousse mit karamellisierter weißer Kuvertüre enthielt, brauchte er mich nicht mehr lang zu überzeugen. Dank dem Google-Übersetzer konnte ich den größten Teil der Rezepturen entziffern, den fehlenden Teil ergänzte die Erfahrung.

Für den „Biskuit-Finance“ mit Haselnüssen (16er):

  • 1 Eiweiß (ca. 37 g)
  • 28,5 g Butter, gebräunt, abgekühlt
  • 10 g Mehl (ich: Weizenmehl 405er)
  • 37,5 g Zucker
  • 25 g Haselnüsse, gemahlen
  • 1 Pr. Salz

biskuit serieEin Biskuit mit derart großem Butteranteil, noch dazu gebräunt, ist mir noch nie untergekommen. Ich war gespannt. Herr H. schlug das Eiweiß mit dem Zucker zu einem schmierigen Schnee. Ich rührte 1 EL davon in die abgekühlte (gefilterte) braune Butter und hob zunächst die Haselnuss-Mehl-Mischung unter den Eischnee. Herr H. hob die Buttermischung unter und gab den Teig in die 16er Springform, deren Boden er mit Backpapier bespannt hatte. Nach 15 Minuten bei 180°C war der Boden goldbraun und roch verlockend.

Für die Apfelkompott-Scheibe (16er):

  • 113,5 g Apfelwürfel, geschält gewogen
  • 1 TL Butter zum Anbraten
  • 180 g Apfelwein
  • 1/2 Zimtstange
  • 85 g Zucker (ich: 45 g)
  • 12,5 g Zitronensaft
  • Abrieb 1/4 Zitrone, fein gehackt
  • einige Striche Langpfeffer
  • 4,5 g Gelatine (ich: 3,4 g), in kaltem Wasser eingeweicht

apfelkompott serieIch mischte die Apfelwürfel mit dem Zitronensaft, briet sie in der Butter ca. 5 Minuten an und gab Apfelwein, Zucker, Zimtstange, Zitronenabrieb und etws Pfeffer hinzu. Dann ließ ich alles offen köcheln, bis die Flüssigkeit ca. um die Hälfte einreduziert war. Ich zog den Topf vom Herd, verzichtete darauf, die Würfel abzusieben und löste die gut ausgedrückte Gelatine darin auf. Obwohl ich die Zuckermenge fast halbiert hate, schmeckte das Kompott noch intensiv süß. Ich gab es in eine weitere 16er Springform, deren Boden ich mit Frischhaltefolie bespannt hatte und fror es nach einer Erstarrungsphase im Kühlschrank ein.

Für das Karamell mit Fleur de Sel (16er Scheibe):

  • 62,5 g Zucker
  • 62,5 g Sahne, heiß
  • 50 g Butter
  • 1,6 g Gelatine, in kaltem Wasser eingeweicht
  • 1 Pr. Fleur de Sel (ca. 1,5 g)

karamellscheibe serieIch schmolz den Zucker bei mittlerer Hitze trocken, bis er honigfarben karamellisiert war, rührte die heiße Sahne (es brodelt!) und dann die Butter ein und zog den Topf vom Herd. Herr H. streute das Fleur de Sel ein und rührte nach kurzem Abkühlen die gut ausgedrückte Gelatine unter. Dann gab er den Karamell in die16er Springform, deren Boden er mit Frischhaltefolie bespannt hatte und stellte sie kalt.

Für die Karamellglasur:

  • 90 g Zucker
  • 75 g Wasser, heiß
  • 75 g Sahne
  • 5 g Stärke
  • 2,5 g Gelatine, in kaltem Wasser eingeweicht

karamellguss serieIch schmolz auch diesen Zucker trocken, bis er goldfarben war, rührte das heiße Wasser ein und stutzte. Der Zucker klumpte schlagartig. Aber nach kurzem köcheln lösten sich die Klumpen wieder in Wohlgefallen auf. Ich rührte nun die mit der Stärke klümpchenfrei verrührte Sahne ein und zog den Topf vom Herd. Nachdem die Glasur etwas abgekühlt war, löste ich die gut ausgedrückte Gelatine darin auf und stellte sie abgedeckt kalt. Bei der Verwendung sollte sie eine Temperatur von 27°C haben. Alle Zubereitungen bis hierhin hatten wir am Abend in ca. 1,5 Stunden erledigt. So aufwendig ist das Tortieren gar nicht.

Für die Mousse mit karamellisierter weißer Kuvertüre:

  • 187,5 g Sahne, locker aufgeschlagen
  • 62,6 g weiße Kuvertüre, fein gehackt
  • 92,5 g Milch
  • 1 Pr. Zimt
  • 5 g Gelatine, in kaltem Wasser eingeweicht

weisse schokomousse serieAm nächsten Vormittag heizte ich den Backofen auf 160°C vor und stellte die fein gehackte Kuvertüre in einer weiten Schüssel hinein. Ich war extrem skeptisch, ob die Kuvertüre tatsächlich karamellisieren würde und wachte mit Argusaugen über den Prozess, dabei rührte ich gelegentlich um. Nach ca. 15 Minuten war es soweit, die Kuvertüre war leicht gebräunt und krisselig. Ich nahm die Schüssel aus dem Ofen und rührte sie glatt. Das funktionierte tadellos. Faszinierend. In der Zwischenzeit hatte ich Milch und Zimt aufgekocht und die gut ausgedrückte Gelatine eingerührt. Nun rührte ich die etwas abgekühlte Milch unter die karamellisierte Kuvertüre. Alles verband sich anstandslos. Ich hob abschließend die locker aufgeschlagenen Sahne unter und kostete. Hmmm, die Mousse war mit Abstand das Köstlichste, was ich in den letzten Wochen gekostet habe. Sie sollte sofort zum Füllen verwendet werden, da sie rasch anzieht.

füllen serieIch legte den Biskuit in die 16er Springform, plazierte die Karamellscheibe darauf und füllte ca. die Hälfte der Mousse ein. Darauf legte ich die Apfelkompottscheibe, die ich mit der restlichen Mousse bedeckte. Es blieben ca. 3EL Mousse übrig, da ich da Gefühl hatte, die Torte würde zu hoch werden. Die naschte ich sofort mit dem größten Vergnügen. Nachdem ich die Mousse so gut es ging mit der Winkelpalette glatt gestrichen hatte, fror ich die Torte ein.

Nach 2 Stunden erwärmte ich den Guss, stellte die Torte auf ein Gitter und goss den 27°C warmen Guss darüber. Ich war sehr gespannt, da ich bislang mit dem kompletten Überziehen von Torten so meine Schwierigkeiten hatte. Und auch dieses Mal funktionierte es leider nicht. Der Guss war scheinbar zu flüssig und glitt einfach an der Torte hinab. Mist. Also stellte ich die Torte zurück in die Form, legte die Randfolie an und gab den Guss wie üblich auf die Oberfläche. Nach einer guten Stunde Kühlung war er fest und glänzend. Würde es also wieder einmal Schnitten geben.

apfelkaramelltorte 9Fazit: Obwohl es mich etwas wurmt, dass es so unmöglich zu sein scheint, eine Torte vollständig zu glasieren, versöhnte mich der feine Geschmack der Schnitte sogleich. Herr H. stimmte mir in allen Punkten zu. Saftiger Haselnuss-Biskuit, cremiges Karamell mit einer feinen Salznote, apartes Apfelkompott und nicht zuletzt eine wahnsinnig köstliche karamellisierte weiße Schokoladenmousse. Alles passte perfekt zusammen. Beim nächsten Mal würde ich jedoch Karamell- und Kompottscheibe etwas kleiner (14cm) machen, so dass sie vollständig in die Mousse eingebettet werden. Aber das sind nur Details. Insgesamt glänzt diese Torte wahrlich durch wunderbare Aromenkombinationen.

 

Genuss oder Sünde?

tarte 9 Kann Genuss überhaupt sündhaft sein? Ich weiß es nicht. Wahrscheinlich ist es wie bei allen Dingen eine Frage des Maßes. Mein Herz verlangt auf jeden Fall in dieser immer lichtärmer, immer kühler werdenden Zeit nach gaumenschmeichelnden Leckerbissen. Diese etwas elaborierteren Kekse oder meinetwegen auch Tartes oder Tartelettes sprangen mich auf der Suche nach einer schnellen Leckerei förmlich an. Zu verführerrisch das Foto im Buch*, auf dem flüssige Ganache in einem feinen Strahl auf Walnuss-Karamell trifft. Sogleich war es um mich geschehen. Wie immer galt es zuvor einiges an Rechenarbeit zu leisten. Ich werde niemals verstehen, warum die Mengenangaben und Verhältnisse in (fast) allen Backbüchern oft so bescheiden sind. Es scheint, als müsse ich selbst einmal etwas dagegen unternehmen. Aber zuerst machten Herr H. und ich uns wie gewohnt an’s Werk.

Für den Mandelmürbeteig (ein 16er Tartering und zwei 10er, im Buch war die vierfache Menge an Teig für einen 20er Ring vorgesehen):

  • 45 g kalte Butter, gewürfelt
  • 1 Pr. Salz
  • 35 g Puderzucker
  • 12,5 g Mandelmehl
  • ca. 13 g Vollei
  • 90 g Weizenmehl 405er

mürbeteig serieIm Buch ist eine andere Vorgehensweise zur Teigherstellung beschrieben. Ich verknetete alle Zutaten bis auf das Ei mit kalten Händen, gab das Ei hinzu, homogenisierte alles knetend und legte einen Teil des Teiges zwischen Frischhaltefolie. Dort rollte ich ihn portionsweise auf 3mm aus. Die Scheiben legte ich über die gebutterten Tarteringe, passte sie ein und schnitt den Rand ab. Nun stippte ich sie mit der Gabel und fror die fertig ausgekleideten Ringe ein. Nach einer halben Stunde sind sie theoretisch backbar. Ich buk sie am nächsten Morgen eine knappe halbe Stunde bei 170°C. Nach dem Abkühlen löste ich die Ringe.

Für das Walnuss-Karamell:

  • 60 g Kuvertüre 40%ig, gehackt
  • 50 g Walnüsse, grob gehackt (ich: teils Pekannüsse, mussten weg)
  • 110 g Sahne
  • 70 g Zucker
  • 30 g Butter
  • (ich: 1 gute Prise Fleur de Sel)

walnussfüllung serieIch kochte die Sahne in einem Topf mit Deckel auf und stellte sie beiseite. Füllt man später heiße Sahne in den Karamell, klumpt es nicht so arg. Dann gab ich 1/3 des Zuckers in einen Topf und ließ ihn goldbraun schmelzen. Nun rührte ich das zweite Drittel und schließlich das letzte Drittel unter. In das fertige Karamell rührte ich erst die Butter komplett ein und danach die Sahne. Vorsicht, das Karamell ist sehr heiß und steigt beim Zugeben von Butter und Sahne blasig nach oben. Ich zog nach kurzem Köcheln den Topf vom Herd und rührte nacheinander Kuvertüre, Walnüsse und Fleur de Sel ein. Das fertige Karamell verteilte ich auf die fertig gebackenen Tarteböden und stellte sie kühl.

Für die Kaffee-Ganache:

  • 80 g Kuvertüre 60%ig
  • 70 g Sahne
  • 10 g Honig (ich: Invertzucker)
  • 15 g lösliches Kaffeepulver (ich: 5 g, da als Zusatzmaß 1 EL angegeben war und 5 g einem EL entsprach)
  • 15 g Butter

ganache serieIch schmolz die Kuvertüre im Wasserbad. Herr H. kochte derweil Sahne, Invertzucker und Kaffeepulver kurz auf und gab 1/3 davon zur geschmolzenen Kuvertüre, während ich von der Mitte aus in größer werdenden Kreisen rührte. Nachdem die Sahne vollständig eingearbeitet war, gab er das zweite Drittel hinzu, mit dem ich gleichermaßen verfuhr und schließlich das letzte. Als die Ganache auf 40°C abgekühlt war, rührte ich die Butter ein und probierte. Köstlich. Die Intensität des Kaffeearomas war genau richtig, wie gut, dass ich die Menge reduziert hatte. Herr H. goß die Ganache in die Tartes auf den erstarrten Walnuss-Karamel und stellte sie für zwei Stunden kalt.

tarte 2Fazit: Nach dem Abendessen war es endlich soweit. Während Herr H. fotografierte, schnitt ich ein winziges Stückchen ab und ließ es leicht schuldbewußt in meinem Mund verschwinden. Es war so dermaßen unverschämt köstlich, dass ich gleich ein zweites Stückchen folgen ließ. Bei ersten Stückchen hatte ich mich nicht genug auf den Geschmack der einzelnen Komponenten konzentriert, rechtfertigte ich mich vor mir selbst. Der Mürbeteig war genau richtig, leicht mürbe, leicht knusprig. Die fudgeartige Walnusskaramellschicht schmolz förmlich auf der Zunge und im Abgang trat das Kaffeearoma in den Vordergrund. Da ich die Augen geschlossen hatte, bemerkte ich nicht, dass Herr H. zurück in die Küche gekommen war. Er sah mich streng an. Ob ich etwa schon ohne ihn probiert hätte. Ich hielt ihm wortlos ein Stückchen hin und sogleich entspannten sich seine Züge. Kaum dass es verschwunden war, hielt er wieder die Hand auf, er habe sich nicht richtig auf den Geschmack konzentrieren können. Dafür brauche er ein weiteres Stückchen. Ich muss gestehen, dass selbst mir, die ich für eisernste Disziplin bekannt bin, bei diesem Genuss die Zurückhaltung äußerst schwer fiel. Viel blieb von der Tarte nicht übrig.

tarte 13Aus: *Cooking with Chocolate – Essential Recipes and Techniques Frédéric Bau