Ich war gerade dabei, das nächste Pfund Spargel aus dem Kühlschrank zu holen, um es zu schälen und anschließend in einem weiteren, leichten frühlingsfrischen Spargelgericht zu schwelgen, als Herr H. durchgefroren und erschöpft von der Arbeit heimkehrte. Argwöhnisch öffnete er die Küchentür, es hatte seit Tagen nichts anderes als Spargel- und Wildkräutergerichte gegeben, und sah sich nach kurzem Blick mit weiteren weißen, wässrigen Stangen konfrontiert. Ich hieß ihn nichtsahnend lächelnd willkommen. Er nahm mir das Bündel mit ausdrucksloser Miene ab, legte es zurück ins Gemüsefach und fischte mit sicherem Griff ein Päckchen aus dem Tiefkühler. Kaninchenleber. Und dazu bitte eine satte Portion Pasta, sonst hinge hier für unbestimmte Zeit der Haussegen schief. Das konnte ich natürlich nicht riskieren. Der Pastateig war zum Glück schon für die Spargel-Lasagne vorbereitet gewesen, ein passendes Rezept für seine bodenständigen Gelüste schnell gefunden. Herr H. lächelte zufrieden und machte sich an die Arbeit.
Für die Kaninchenlebern in Rotweinsauce:
- ca. 300 g Kaninchenlebern, geputzt (ich: bereits gebraten)
- Öl zum Braten
- 1 TL Puderzucker
- 75 g Rotwein
- 2 EL roter Portwein
- ca. 100 g Kalbsfond
- 1/2 TL Pfeilwurzstärke, in wenig kaltem Wasser gelöst
- je eine Scheibe Knoblauch und Ingwer
- 1,5 EL kalte Butter, gewürfelt
- Salz, schwarzer Pfeffer
Die rohen Kaninchenlebern sollten bei hoher Temperatur rasch allseitig angebraten und bei 70°C warm gestellt werden. Dieser Schritt entfiel bei uns, da die Lebern bereits gegart waren. Herr H. ließ den Puderzucker in der Pfanne hell karamellisieren, löschte mit Rot- und Portwein ab und ließ sie auf die Hälfte einkochen. Dann gab er Knoblauch, Ingwer und Fond dazu und ließ alles wieder ca. auf die Hälfte reduzieren. Nun entnahm er Knoblauch und Ingwer, band die Sauce mit der Pfeilwurzstärke leicht sämig und rührte nach und nach die kalte Butter unter. Schließlich schmeckte er die Sauce mit Salz und Pfeffer ab, legte die erwärmten Lebern ein und stellte die Pfanne warm. Ich hatte mich in der Zwischenzeit und die Pasta gekümmert.
Für die Tagliatelle:
- 100 g Weizenmehl 405er
- 50 g Hartweizengries, fein
- 1 Ei, 1 Eigelb
- 1 Pr. Salz
- evtl. 1 -2 EL Wasser
- einige Scheiben Ingwer und Knoblauch
- 1 getrocknete Chili
- 1 EL Butter
- 1-2 EL Dill
Ich rollte den zuvor bereiteten Pastateig portionsweise mit Hilfe der Maschine bis Stufe 7/9 zu gleichmäßigen Bahnen aus, schnitt sie mit dem Aufsatz in Tagliatelle und lagerte sie auf dem Stuhlrücken zwischen. Dann kochte ich das Nudelwasser mit Ingwer, Knoblauch und Chili auf und garte die Tagliatelle ca. 3-4 Minuten darin. In der Zwischenzeit hatte ich die Butter in der Pfanne zerlassen. Ich goss die Nudeln ab, gab sie in die zerlassene Butter und mischte den Dill darunter. Allein die Tagliatelle in Dillbutter vermochten mich bereits mit der Spargelpause zu versöhnen.
Für den Datteljoghurt:
- 4 getrocknete Datteln, entsteint
- 2 EL Walnusskerne, grob gehackt
- 150 g griechischer Joghurt (ich: Vollmilchjoghurt mit 1 EL Crème fraîche)
- 1 Msp. abgeriebene Orangenschale (ich: 1 Kumquat, entkernt, fein gehackt)
- mildes Chilisalz (ich: Salz und 1 Pr. Piment d’Espelette)
Herr H. suchte das gesamten Vorräte nach Datteln ab, fand alles Mögliche und Unmögliche, aber keine Datteln. Zum Glück erinnerte ich mich an die getrockneten Feigen in der Backkiste, die einst meine Eltern von Madeira mitgebracht hatten. Sie waren inzwischen schon recht hart, also weichte ich sie vor dem Hacken ca. 30 Minuten in heißem Wasser ein. Herr H. bereitete die übrigen Zutaten vor, verrührte alles in einer Schale und kostete. Ein sehr zufriedenes Lächeln breitete sich anschließend in seinem Gesicht aus. Ein paar Fotos später konnte ich verstehen, warum.
Fazit: Selbst die komplette Abwesenheit von Gemüse in diesem Gericht störte mich ausnahmsweise ganz und gar nicht. Tagliatelle, Lebern und Datteljoghurt ergaben eine so feine Geschmackskombination, dass ich noch nicht einmal auf die Idee kam, Spargel zu vermissen. Herr H. lehnte sich nach dem Essen hochzufrieden zurück und sah mich an, als wolle er sagen, siehst du, auch im luftig-leichten Frühling kann sich ein molliges Pastagericht sehr gut machen. Ob er das wirklich dachte, habe ich jedoch nie erfahren. Er sagte schließlich nur, „nun bin ich wieder für das nächste Spargelgericht bereit“.
Frei aus: Feines aus dem Ofen herzhaft und süß Alfons Schuhbek, Angelika Schwalber