Garantiert gratiniert

gratin 16Gratins treiben mich regelmäßig in die Verzweiflung. Natürlich weiß ich, dass man die Kartoffeln lediglich in millimeterfeine Scheibchen schneiden, in die gebutterte, mit einer Knoblauchzehe ausgeriebene Form schichten, salzen und satt mit Sahne übergießen muss. Nach einer Stunde im Backofen bei 200°C sind sie so dann butterweich, mit herrlicher Kruste und haben die Sahne vollständig absorbiert. Schon klar. Aber was, wenn man keine Sahnesauce möchte? Vielleicht noch etwas Gemüse zusätzlich? Was habe ich nicht schon Enttäuschendes aus dem Rohr gezogen? Halbgare Kartoffeln, schwimmend im Kochsud mit zerfallendem Gemüse. Ich will das gar nicht weiter ausführen. Kürzlich startete ich einen neuen Versuch. Und da er ein recht passables Ergebnis lieferte, verdient er es, hier festgehalten zu werden.

Für die Kartoffeln:

  • ca. 400 g Kartoffeln, geschält, in ca. 2 mm dünne Scheiben geschnitten
  • 200 g Milch
  • 1 Lorbeerblatt
  • 1 Knoblauchzehe, geschält
  • Meersalz

kartoffeln serieIch gab die vorbereiteten Kartoffelscheibchen mit den restlichen Zutaten in einen kleinen Topf, würzte mit etwas Salz und ließ sie nach dem Aufkochen ca. 15 Minuten bei milder Hitze köcheln. Herr H. hatte  sich unterdessen um das Gemüse gekümmert.

Für das Gemüse:

  • 2 – 3 Möhren, geputzt, schräg in dünne Scheiben geschnitten
  • 1 mittelgroßer Fenchel, geputzt, in feine Streifen geschnitten
  • 1/2 Lauchstange, fein gewürfelt
  • Olivenöl zum Braten
  • Meersalz
  • 1 – 2 TL Sojasauce

gemüse serieNachdem er alles vorbereitet hatte, erhitze er das Öl in der Wokpfanne bei mittlerer Hitze und garte zunächst die Möhren unter Rühren 5 Minuten, gab den Fenchel hinzu, rührbriet weitere 5 Minuten und schließlich kam noch der Lauch dazu, der ebenfalls 5 Minuten mitgaren durfte. Nun schmeckte er das Gemüse mit Salz und Sojasauce ab und stellte es in einer Schüssel beiseite. Ich hatte inzwischen eine Sauce angerührt.

Für die Sauce:

  • 100 g Sahne
  • 100 g Kalbsfond (oder Gemüse-)
  • 1 sehr kleines Ei
  • fein gehacktes Fenchelgrün
  • ein wenig Zitronenabrieb
  • Meersalz, schwarzer Pfeffer

peeke serieDa ich nicht 100%ig sicher war, ob die Mischung von Sahne und Fond zum gewünschten Ergebnis führen würde, entschied ich, noch ein kleines Ei zur Bindung hinzuzufügen. Ich gab alle Zutaten in eine kleine Schüssel und verrührte sie gründlich mit dem Schneebesen. Herr H. heizte den Backofen auf 190°C vor. Ich butterte die Auflaufform.

zubereitung serieDort hinein gab ich zunächst eine Schicht Kartoffelscheiben (Milch abgegossen, kann später z. B.  für eine Béchamel verwendet werden. Lorbeerblatt und Knoblauch entfernt). Darauf setzte ich das Gemüse und die gewürfelten Reste des Kaninchenrollbratens (kann weg gelassen werden, ersatzweise machen sich etwas Huhn oder gekochter Schinken sicher auch gut), 1 TL Kapern und die restlichen Kartoffelscheiben. Herr H. verteilte die Sauce gleichmäßig darüber und bestreute alles mit einer Handvoll fein geriebenen Parmesan. Nach ca. 40 Minuten roch es herrlich in der Küche und das Gratin hatte eine goldbraune Kruste. Nach dem Abkühlen und Ablichten, setzten wir und gespannt an den Tisch.

gratin 2Fazit: Unsere Bemühnungen wurden mit einem sehr schmackhaften Gratin belohnt. Die Kartoffeln waren gar, hatten die zusätzliche Flüssigkeit brav aufgenommen und der Kalbsfond verlieh ihnen eine schöne „Tiefe“. Das Gemüse war nicht zu weich. Der einzige Kritikpunkt für mich war die leichte „Krisseligkeit“ durch das gestockte Ei. Ich werde es beim nächsten Mal einfach weglassen und versuchen, ob die Flüssigkeit sich nicht auch ohne es „in Schach halten“ lässt. Herr H. lobte das Gratin auf jeden Fall in hohen Tönen und verlangte die Aufnahme in den wöchentlichen Speiseplan. Das soll schon etwas heißen!

 

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Rabbit at rest

kaninchenrollbraten 7Das Telefon klingelte, sehr ungewöhnlich für diese Uhrzeit. Die Schwiegermutter hatte Lust auf einen Plausch. Nach dem Austausch einiger Höflichkeiten, erzählte sie aufgeregt von der diesjährigen Kaninchenplage in ihrem Garten. Selbst vor den zarten Rosentrieben würden die gierigen Biester nicht zurückschrecken. Der Schwiegervater fänge sie in Lebendfallen und kutschiere sie in die Wiesen. Scheinbar aber nicht weit genug weg. Das Prozedere wiederhole sich nahezu täglich. Als ich ihr vorschlug, die Kaninchen stattdessen zu erlegen und zu verspeisen, entgegnete sie entrüstet, nein, das ginge auf gar keinen Fall. Dazu seien sie doch viel zu niedlich. So ganz genau verstand ich die versteckte Logik dahinter nicht. Aber sie erinnerte mich durch diese Erzählung an einen im Oktober in der Eiffel (Lapinchen) erworbenen Kaninchenrollbraten, der gemütlich im Eis vor sich hingeschlummert hatte. Ich legte ihn sogleich zum Auftauen in den Kühlschrank. Am nächsten Abend würde es Kaninchen geben, teilte ich Herrn H. lapidar mit. Er zuckte bloß die Schultern und suchte nach einem Rezept.

Für den Kaninchenrollbraten:

  • 1 Kaninchenrollbraten,ca. 800 g, vom Schlachter präpariert
  • Butterschmalz zum Anbraten
  • 1 Zwiebel, grob gehackt
  • 1 Möhre, gewürfelt
  • 1 Scheibe Knollensellerie, gewürfelt
  • 1 Lorbeerblatt
  • ca. 150 g Kalbsfond
  • ca. 150 g Weißwein
  • ca. 50 g Noilly Prat

kaninchenrollbraten schmorenIch erhitzte das Butterschmalz bei mittlerer Hitze und briet den gesalzenen Rollbraten rundherum darin an. Dann legte ich ihn beiseite, reduzierte die Hitze etwas und dünstete erst die Zwiebeln glasig und gab dann Möhren und Sellerie hinzu und ließ sie ca. 5 Minuten mitschmoren. Nun löschte ich mit Wein, Noilly Prat und Fond ab, legte das Lorbeerblatt und den Rollbraten ein und den Deckel auf. Den Bräter schob ich in den auf 180°C vorgeheizten Backofen. Nach 30 Minuten kontrollierte ich zum ersten Mal die Kerntemperatur, knapp 70°C. Nach weiteren 15 Minuten war sie auf exakt 80°C gestiegen. Ich entnahm den Rollbraten, wickelte ihn in Alufolie und legte ihn beiseite. Die Schmorflüssigkeit gab ich durch ein feines Sieb und stellte sie ebenfalls für die spätere Saucenbereitung beiseite. Nachdem der Backofen auf 70°C abgekühlt war, legte ich den eingewickelten Braten zum Warmhalten hinein.

Für die Pappardelle:

  • 100 g Weizenmehl 405er
  • 50 g Hartweizenmehl
  • 1 Ei + 1 Eigelb
  • 1 TL Olivenöl
  • 1 Pr. Salz
  • evtl. 1 – 2 EL Wasser

pappardelle serieIch gab alle Zutaten bis auf das Wasser in eine Schüssel, vermengte sie mit einem Löffel und knetete den Teig ca. 10 Minuten von Hand. Lösen sich nach einigen Minuten immer noch Krümel aus dem Teig, gebe ich noch 1 – 2 EL Wasser dazu. Nach ca. 5 Minuten sollte der Teig beginnen elastischer zu werden. Nach dem Kneten ließ ich ihn abgedeckt 2 Stunden ruhen. Dann rollte ich ihn portionsweise mit der Maschine bis zu Stufe 7/9 zu ca. 30cm langen Bahnen. Diese wickelte ich leicht begriest einzeln zu flachen Rollen, von denen ich ca. 2cm breite Streifen abschnitt. Nachdem ich alles andere fertig gestellt hatte, kochte ich sie ca. 4 Minuten in leicht siedendem Salzwasser und schwenkte sie anschließend in zerlassener Butter.

Für die Estragon-Senf-Sauce:

  • abgesiebte Schmorflüssigkeit
  • 1/2 TL Anissamen (besser 1/2 Bund Estragon, Blättchen abgezupft, evtl. halbiert)
  • 1 – 2 TL Senf
  • Salz, weißer Pfeffer
  • ca. 1 TL Pfeilwurzstärke in etwas kaltem Wasser gelöst
  • ca. 30 g eiskalte Butter

estragon-senf-sosse serieLeider ist mein selbstgezogener Estragon noch nicht erntereif und ich hatte vergessen, ersatzweise frischen zu kaufen. Also gab ich 1/2 TL Anissamen in die abgesiebte Schmorflüssigkeit und reduzierte sie ca. auf 1/3 (grob geschätzt 150ml). Dann siebte ich die Anissamen wieder ab, schmeckte mit Senf, Salz und weißem Pfeffer ab und band die Sauce mit der gelösten Pfeilwurzstärke. Herr H. gab die Sauce in einen hohen Messbecher und schlug die eiskalte Butter stückchenweise mit dem Stabmixer unter. Verwendet man Estragon, so gibt man ihn nun zur fertigen Sauce. Ich hatte in der Zwischenzeit den grünen Spargel in der Pfanne mit Butter und Olivenöl in ca. 12 Minuten knapp gar geschmort. Endlich konnte serviert werden. Ich befreite das Kaninchen aus dem Netz, schnitt es in dünne Scheiben und staunte über den perfekten Gargrad. Gemeinsam mit den Pappardelle, dem Spargel und der Sauce richtete ich die Scheiben auf vorgewärmten Tellern an.

kaninchenrollbraten 2Fazit: Ich bin meiner Schwiegermutter für ihren Anruf sehr, sehr dankbar. Ohne sie hätten wir wahrscheinlich noch einige Zeit auf diesen Hochgenuss warten müssen. Die leichte Süße des Kaninchens kontrastierte perfekt zum bitteren Spargel und die leicht senfige, anisige Sauce verband alles zum einem großen Ganzen, das weit mehr war als die Summe seiner Teile. Da wir zu zweit speisten, schafften wir natürlich nicht den ganzen Braten. Die zweite Hälfte fror ich zu späterem Gebrauch ein. Und bis dahin wird bestimmt nicht soviel Zeit vergehen.

Inspiration aus: eat Nigel Slater