Fast hätte ich einen riesigen Fehler begangen! Als uns im Oktober ein macaronartiger Tortenboden wieder einmal völlig misslang, ein Plattfuss wurde sozusagen – und das mit dem neuen Turbobackofen -, beschloss ich dem divenhaften Mandelgebäck ein für alle Mal den Rücken zu kehren. Die Erfolgsquote war einfach zu gering, die Materialkosten zu hoch und der Herstellungsaufwand dafür zu groß. Als Herr H. vor einigen Wochen freudestrahlend den neuen Hermé aus der Bücherhalle anschleppte, schlicht betitelt „Macarons“, war ich deshalb nicht gerade übermäßig begeistert. Ich begann, in dem großformatigen Buch, dessen Seiten aus wundervoll hochwertigem Papier bestehen, zu blättern und direkt das erste Foto der Macarons Chocolat zog mich so sehr in seinen Bann, dass ich den Entschluss kurzerhand rückgängig machte und einen neuen Backversuch zu wagen beschloss. Zuvor jedoch studierte ich das 264 Seiten starke Werk eingehend. Es beinhaltet insgesamt 63 Macaron-Rezepte. Die Rezepte sind der Entwicklung Hermés vom Lehrling zum weltberühmten Pâtisserie-Meister nach gegliedert. Das erste der sechs Kapitel beschäftigt sich mit dem „Ursprung“ der Macarons. Im ersten Rezept werden sogar keine fertig gemahlenen, blanchierten Mandeln, sondern ganze Mandeln verwendet, die dann gehäutet, getrocknet und fein vermahlen werden. Das habe ich noch nicht ausprobiert, aber ich bin sicher, dass ich alle der Rezepte sukkzessive ausprobieren werde. Das zweite Kapitel widmet sich Hermés neuen Klassikern wie den Macarons Infiniment Citron, Caramel à Fleur de Sel oder Infiniment Praliné Noisette du Piémont.
Im dritten Kapitel sind reizvolle Kombinationen wie Himbeere/dunkle Kuvertüre der Macarons Chloé (auf dem Titelbild abgebildet) oder den Mahogany (Mango/Caramel à Fleur de Sel). Im vierten Kapitel, „stilvoller Geschmack“, werden die Aromenkombinationen abenteuerlicher, Haselnussöl und grüner Spargel, um nur eine zu nennen. Ich entschied mich hier für die Macarons Agapé (Lebkuchen nach Art des Hauses und Zitronen-Creme) und Macarons Yuzu.
Im fünften Kapitel befinden sich die Macaron Veloutés, einer Creme auf Joghurtbasis und im sechsten schließlich Macarons Jardin, deren wunderbare Aromenvielfalt schlicht begeistert! Die Zutaten für die Macaron-Bäckerei nach diesem Buch sind nicht immer ganz leicht zu beschaffen. Ich habe die flüssige Lebensmittelfarbe bei einem Patisserie-Versand bestellt und bin mit der Leuchtkraft der Farben nicht sehr zufrieden. Da gibt es sicher bessere. Einige der speziellen Valrhona-Produkte sind nicht überall erhältlich. Auch der „Ipar Rouge du Brésil“, eine sehr spezielle Kaffeebohnensorte, wird wohl unauffindbar bleiben. Zum Glück sind die übrigen Zutaten jedoch leicht aufzutreiben und der eigenen Phantasie keine Grenzen gesetzt.
Die Rezepte sind sehr übersichtlich aufgebaut. Die Mengenangaben für Schalen und Füllungen befinden sich stets am äußeren Rand der Seite, im nebenstehenden Fließtext wird jeder Zubereitungsschritt extrem präzise beschrieben. Die angegebene Menge reicht für ca. 72 3,5 cm große Macarons, was für unseren Haushalt natürlich etwas üppig ist. Ich habe deshalb die Zutatenmenge halbiert und bekam jeweils 24 Schalen (12 gefüllte Macarons heraus). Die Diskrepanz beruht darauf, dass ich meine Schalen größer als angegeben aufdressiert habe und dass sich bei jeder Reduzierung der Mengen die „Reibungsverluste“ erhöhen. Ich habe inzwischen sechs Rezepte nachgebacken und alle haben perfekt funktioniert. Kein einziger Riss in den Schalen, stets Füsschenbildung und immer waren die Schalen wie angegeben außen knusprig und innen zart schmelzend. Wie oft waren sie früher nach anderen Rezepten zäh! Dem Buch liegt zusätzlich eine 8-seitige Broschüre bei, in der die Herstellung der Schalen äußerst detailliert beschrieben wird. Ich wage zu behaupten, dass mit ihrer Hilfe jeder, wirklich JEDER erfolgreich Macarons selbst herstellen kann. All meine Fragen wurden jedenfalls präzise beantwortet. Ich werde das nun an einem Beispiel-Rezept verdeutlichen.
Macarons Chloé
Für die Füllung:
- ca. 50 g Himbeeren (ergibt ca10 g getrocknete)
Ich heizte den Backofen auf 90°C vor, legte die (noch tiefgekühlten) Himbeeren auf ein mit Backpapier belegtes Blech und ließ sie für 2 Stunden im Backofen trocknen. Ich öffnete ca. 3 Mal währenddessen die Klappe, um die Feuchtigkeit entweichen zu lassen. Der dabei entweichende Himbeerduft war überwältigend.
Für die Schokoladen-Macaron-Masse (ca. 24 – 30 Schalen à 5cm):
- 30 g Kakaomasse extra 100% (Valrhona) (ich: 13 g Criollo-Kakaopulver)
- 75 g gemahlene Mandeln
- 75 g Puderzucker
- 0,1 g flüssige karminrote Lebensmittelfarbe
- 55 g gelagertes Eiweiß (5 Tage vor der Zubereitung vom Eigelb getrennt, im Kühlschrank gelagert)
- 21,5 g Mineralwasser
- 75 g feiner Zucker
Für die Rote Macaron-Masse (ca. 24 – 30 Schalen à 5cm):
- 75 g gemahlene Mandeln
- 75 g Puderzucker
- 2,5 g flüssige himbeerrote Lebensmittelfarbe
- 55 g gelagertes Eiweiß (5 Tage vor der Zubereitung vom Eigelb getrennt, im Kühlschrank gelagert)
- 19 g Mineralwasser
- 75 g feiner Zucker
Die abgebildete Serie stammt von einer anderen Sorte, aber bis auf die Farbzugabe ist die Zubereitung stets gleich. Ich gab Puderzucker und Mandeln in den Zerkleinerer und ließ ihn ca. 30 Sekunden laufen. Dann siebte ich die Mischung in eine Schale und gab die mit der Hälfte des Eiweißes (27,5 g) verrührte Farbe hinzu (Das Kakaopulver siebte ich gemeinsam mit der Mischung). Das Eiweiß wird nicht mit der Mischung verrührt. Herr H. hatte inzwischen Zucker und Mineralwasser bis 115° C gekocht und das übrige Eiweiß in einer weiteren Schüssel angeschlagen. Bei 118°C zog ich den Topf vom Herd und ließ den Sirup in einem dünnen Strahl in den Eischnee laufen, während Herr H. weiter rührte. Nach ca. 1 Minuten war die Meringue auf 50°C abgekühlt. Ich gab sie zu der Mandel-Puderzuckermischung und hob sie mit einem Löffel unter. Dabei sollte alles leicht „zusammenfallen“ und die Macaronmasse bandartig vom Löffel fließen. Ich gab sie in einen Spritzbeutel mit 12er Lochtülle und dressierte ca 5 cm große Tupfen auf das Backpapier. Darunter hatte ich ein weiteres Backpapier mit ca. 5 cm großen Kreisen als Schablone gelegt. Nachdem ich fertig war, klopfte ich das Blech kurz auf die Arbeitsfläche, damit die Macarons eine gleichmäßige Oberfläche bekamen. Ich ließ sie 30 Minuten bei Raumtemperatur trocknen, bevor ich sie 11 Minuten bei 170°C Umluft buk (Hermé gibt 12 Minuten bei 180°C an, dabei wurden meine Schalen jedoch zu braun). Nach 8 und 10 Minuten Backzeit öffnete ich die Ofentür kurz, damit die Feuchtigkeit entweichen konnte. Nachdem die fertigen Macarons abgekühlt waren, lagerte ich sie luftdicht verpackt bei Raumtemperatur.
Für die Schokoladen-Himbeer-Ganache:
- 91 g dunkle Kuvertüre „Manjari“ 65% (Valrhona)
- 137,5 g frische Himbeeren (für 90 g Himbeerpüree)
- 79 g Süßrahmbutter, gewürfelt
Ich pürierte die aufgetauten Himbeeren, strich sie durch das feinste Sieb und kochte das Püree auf. Herr H. hatte derweil die Kuvertüre im Wasserbad geschmolzen und auf 45°C erhitzt. Ich gab das Püree in drei Schritten zur Kuvertüre und rührte es mit dem Schneebesen von der Mitte aus in größer werdenden Kreisen ein. Als die Temperatur der Masse auf 60°C gesunken war, rührte ich stückchenweise die Butter ein, pürierte die Ganache mit dem Zauberstab glatt und lagerte sie abgedeckt für 2 Stunden im Kühlschrank. Dann füllte ich sie in den Spitzbeutel mi 8er Lochtülle und dressierte sie auf die Schokoladen-Macaron-Schalen. In die Mitte legte ich jeweils eine getrocknete Himbeere, bevor ich die rote Macaronschale vorsichtig aufsetzte. Die fertigen Macarons mussten nun noch 24 Stunden im Kühlschrank „reifen“. Sie sollten ca. 2 Stunden vor dem Servieren heraus genommen werden.
Fazit: Ich gehe einmal davon aus, dass meine Begeisterung für dieses Buch bereits im Text angeklungen ist. Es bietet neben atemberaubend schönen Fotos absolut gelingsichere und aromatisch faszinierende Macaron-Rezepte. Ich würde sogar soweit gehen zu behaupten, dass dieses Buch eines der besten „Backbücher“ ist, das ich je in den Fingern hatte. Alle Macarons, die ich bisher nachgebacken habe, hatten eine absolut perfekte Konsistenz und ein wunderbaren Geschmack. Das bezeugten auch diverse tapfere Testesser, die halfen, die Macaronbestände klein zu halten. Und ich habe zwar noch nie einen „echten“ Macaron von Hermé kosten dürfen, aber ich vermute, dass ich mir die Reise nach Paris nun auch sparen kann. Falls noch jemandem ein passendes Weihnachtsgeschenk für einen backbegeisterten Menschen fehlen sollte, dem kann ich dieses Buch uneingeschränkt empfehlen. Mehr Pâtisserie für die eigenen Wände gibt es nicht.
- Pierre Hermé Macarons
- Gebundene Ausgabe: 264 Seiten
- Verlag: Knesebeck Verlag, München
- Sprache: Deutsch
- ISBN: 978-3-86873-839-1
- 34,95 €
Vielen Dank auch an den Knesebeck-Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars und Bildmaterials und an die Bücherhalle Hamburg für die Anschaffung immer neuer Koch- und Backbücher!
*so nannte Pierre Hermé seine Macaron-Kreationen laut Buch.