Abgetaucht

Huhn ist heikel. Wer kennt das nicht? Da hat man weder Kosten noch Mühen gescheut, um sich ein besonders gutes Federvieh zu besorgen, hat während des Garprozesses ständig die Kerntemperatur überprüft, nur um letztlich beim Übergrillen alles zu vermasseln. Unangenehm zähes Beinfleisch, leidlich knusprige Haut und trockene, faserige Brust. Schon oft hatte ich davon gelesen, dass man durch das Nass-Pökeln Abhilfe schaffen könne. Allein die Trägheit hielt mich bislang davor ab, es einmal auszuprobieren. Wie gut, dass Herr H. wie üblich den Antrieb darstellte. Ein neues Huhn war ins Haus geflattert und dieses Mal, so betonte er vehement, werde es getaucht. Die nötige Anleitung hatte er bereits gefunden. Ich fügte mich und begann, die nötigen Dinge zusammen zu suchen.

Für die Lake:

  • 1000 g Wasser
  • 60 g Salz (nächstes Mal 50 g)
  • 20 g Zucker
  • einige Scheiben Ingwer
  • einige Scheiben Knoblauch
  • 2 Hühnerbeine

Man kann natürlich auch ein ganzes Huhn verwenden und die Menge der Lake einfach entsprechend anpassen. Wie beschränkten uns mangels Gäste auf zwei Beine. Ich gab Wasser, Salz, Zucker und Gewürze in einen Topf und kochte alles kurz unter Rühren auf, bis Salz und Zucker sich vollständig gelöst hatten. Dann ließ ich die Flüssigkeit abkühlen und gab sie über die Beine. Sie sollten vollständig von der Flüssigkeit bedeckt sein. Zur Not beschwert man sie. Meine blieben brav am Boden des Gefäßes. Nun durften sie mindestens 6 (höchsten 12) Stunden im Kühlschrank harren. Zwei Stunden vor der Zubereitung nahm ich sie aus der Lake, tupfte sie trocken und lagerte sie bei Zimmertemperatur. Herr H. heizte den Backofen auf 180°C vor. Ich legte die Beine in den geölten Bräter, legte den Deckel auf und schob ihn für 20 Minuten in den Backofen. Danach hatten die Beine bereits eine Kerntemperatur von 65°C. Mist. Ich nahm den Deckel ab und grillte sie bei 250°C ca. 10 Minuten. Natürlich waren sie danach bereits zu gar. Ich war sehr gespannt, ob das Nass-Pökeln eine Unterschied gemacht hatte. Wir hatten in der Zwischenzeit ein schlichtes Nudelgericht zubereitet.

Für die Schnellkoch-Nudeln:

  • Schnellkoch-Nudeln nach Belieben, gegart, abgeschreckt
  • 1 rote Paprika, gegrillt, gehäutet, in Streifen geschnitten
  • 1 Salatgurke (oder eine Handvoll kleiner Gurken), entkernt, in Steifen geschnitten
  • 1 Frühlingszwiebel, in Ringe geschnitten
  • Knoblauch und Ingwer nach Belieben, fein gewürfelt
  • 1 TL Chilipaste (Gochujang)
  • 1 EL Palmzucker oder brauner Zucker
  • 1 – 2 EL Reisessig
  • 3 EL Sojasauce
  • 4 EL Hühnerfond (evtl. 1/2 TL Pfeilwurzstärke darin gelöst)
  • Salz
  • Minze nach Belieben

Ich erhitzte etwas Erdnussöl in der Wokpfanne, briet Knoblauch, Ingwer und Frühlingszwiebeln unter Rühren darin an und gab die Chilipaste hinzu. Nach kurzem Rösten löschte ich mit Essig, Sojasauce und Brühe ab und gab den Zucker hinzu. Herr H. warf die gegarten, abgeschreckten Nudeln in die Pfanne und rührte einige Minuten fleißig, bis sie wieder erwärmt waren. Ich schmeckte noch einmal ab, hob Gurken- und Paprikastreifen unter und zog die Pfanne vom Herd. Herr H. richtete je ein Hühnerbein auf den Nudeln an, streute etwas Minze darüber (ein anderes Kraut war gerade nicht zur Hand gewesen) und beeilte sich dieses Mal ganz besonders beim Fotografieren. Es röche so dermaßen gut, dass keine Zeit zu verlieren sei.

Fazit: Nachdem ich etwas Haut geknuspert hatte, sie war dieses Mal tatsächlich richtig kross, wagte ich ein Stück Fleisch und war direkt völlig begeistert. Das Fleisch war trotz des Übergarens geradezu unverschämt zart und wunderbar würzig. Herr H. war ebenso angetan wie ich und viel zu schnell waren die Beine verschwunden. Die „asiatisch“ angehauchten Nudeln passten perfekt, die gegrillte Paprika – man hätte die Streifen natürlich auch pfannenrühren können – gab eine herrliche Süße und die Minze passte überraschend gut. Ein echtes Sonntagsessen und ich werde in Zukunft, so ich ganze Teile vom Huhn gare, diese stets zuvor nass pökeln. Zu dumm, dass ich so lange gebraucht habe, es auszuprobieren.

Kleine Stärkung gefällig?

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Heute mal ganz kurz. Eine Meldung aus dem Zwischenreich sozusagen. Herr H. und ich müssen uns dringend weiter entspannen. Für kreative Koch- und Backgeschichten muss erst wieder neue Kraft gesammelt werden. Das ist zwar am Ende eines jeden Jahres so, aber in diesem Jahr ist meine Energieniveau gefühlt deutlich niedriger als je zuvor. Leib und Seele wollen also gestärkt und zusammengehalten werden, ohne das sie von aufgenommer Nahrung zu sehr bei der Regeneration gestört werden. Was also bietet sich besser an als der traditionelle Klassiker der Szechuan-Küche? Ich habe ihn früher häufig zubereitet, vegetarisch nach diesem Rezept. Nun wollte jedoch endlich einmal die Variante mit Hack quer getestet werden. Wie gut, dass Susanne/Magentrazerl das passende Rezept bereit hält.

Für den Mapo Tofu:

  • ca. 200 g Tofu, gewürfelt
  • Erdnussöl
  • 2 Frühligszwiebeln, in Ringe geschnitten
  • 1 kleine Knoblauchzehe, fein gehackt
  • 1 entsprechend großes Stückchen Ingwer, fein gehackt
  • ca. 100 g Hackfleisch (ich: gemischtes)
  • 1 TL scharfe Bohnenpaste
  • 1/2 TL Zucker
  • 1/2 TL Szechuan-Pfeffer
  • 1,5 EL helle Sojasauce
  • 2 EL Shao Xing
  • ca. 200 g Rinderfond
  • (ich: 1/2 Salatgurke, geschält, entkernt, gestückelt)
  • (ich: eine Handvoll Koriander, grob gehackt)
  • evtl. Stärke zum Binden

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Die Zubereitung ist passend zum Energieniveau denkbar einfach. Ich erhitzte das Erdnussöl kräftig in der Wokpfanne, ließ den Szechuan-Pfeffer ca. 30 Sekunden darin rösten und entnahm ihn wieder. Man kann ihn natürlich auch in der Pfanne belassen, aber ich finde die Körner vom Biss her eher störend und ihr Aroma überträgt sich wunderbar auf das heiße Öl. Dann briet ich erst Frühlingszwiebeln, Knoblauch und Ingwer kurz darin an, gab das Hack hinzu, briet es ebenfalls an und gab Zucker und Bohnenpaste hinzu. Nach kurzem Braten, gab ich Shao Xing, Sojasauce und Fond in die Pfanne, legte die Tofuwürfel ein und ließ alles abgedeckt ca. 5 Minuten köcheln. Herr H. schmeckte noch einmal ab, band die Flüssigkeit mit etwas gelöster Pfeilwurzstärke und rührte ca. 2/3 der Gurkenscheiben ein. Nach einigen Minuten offenen Köchelns war der Mapo Tofu fix und fertig. Ich richtete ihn mit vom Reiskocher gegarten Reis in vorgewärmten Schalen an, streute die restlichen Gurkenscheiben und den Koriander darüber und schob Herrn H. mitsamt der Schalen aus der Küche. Nur wenige Minuten später kehrte er lächelnd zurück.

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Fazit: So einfach gemacht und doch so gut! Der Tofu wird durch das kurze Bad im Fond herrlich mollig und gleicht so die doch recht große Schärfe des Gerichts wunderbar aus. Die Gurkenscheiben haben einen ähnlichen Effekt und steuern zusätzlich noch etwas Knackigkeit bei. Auch wenn ich oft die fleischlose Variante eines Gerichts bevorzuge, muss ich zugeben, das hier die kleine Menge an Hack das entscheidende gewisse Etwas beisteuert. Mapo Tofu wird es hier wohl fortan eher auf diese Art zubereitet geben. Herr H. schwieg jedenfalls während des gesamten Essens, was stets als Hinweis auf besonderen Genuss zu werten ist. Und nun widmen wir uns beide gestärkt der weiteren Regeneration.

No hay

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Wenn ich in diesen Tagen das Haus verlasse, spüre ich eine Art fieberhafter Energie von meinen Mitmenschen ausgehen. Alle hasten, rennen, stolpern, schnell, schnell, schnell, alles muss noch rechtzeitig besorgt, erledigt, gebastelt, verschickt, vorbereitet und was weiß ich noch alles gemacht werden. Die Schlange vor den Postfilialen reicht in der Regel bis auf den Bürgersteig. Was für ein Wahnsinn. War das schon immer so? Oder wird es mit jedem Jahr schlimmer? Ich kann mich nicht erinnern. Vermutlich ist es ein eher schleichender Prozess gewesen. Der Sog dieser Energie ist jedenfalls enorm. Und dennoch entziehe ich mich ihr in diesem Jahr zum ersten Mal bewusst. Geschenke? No hay. Gar nichts muss, alles kann und wenn nicht, dann ist es auch nicht schlimm. Ganz entspannt lasse ich die Feiertage auf mich zukommen. Was es an Heilig Abend geben wird? Keine Ahnung. Es wird sich schon noch etwas finden. Die Vorräte sind gut gefüllt und zur Not gibt es dieses kleine, aber feine Ragout eben noch einmal.

Für das Pfifferlingsragout mit Gurken und Kartoffeln:

  • 1 Gurke à 400 g, geschält, geviertelt, entkernt, in 1 cm lange Stückchen geschnitten (alternativ Schmorgurke)
  • 250 g Pellkartoffeln, gegart, am besten am Vortag (ich: ca. 400 g)
  • 1 – 2 EL Öl
  • 100 g kleine Pfifferlinge, geputzt
  • 1 Schalotte, geschält, fein gewürfelt
  • Pfeffer
  • 250 g Gemüsebrühe (ich: ca. 200 g Hühnerfond)
  • 1 EL weißer Balsamico
  • Salz
  • 1 TL Dill, fein gehackt
  • (ich: einige Streifen Räucherlachs)

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Vorab eine Bemerkung zu den Mengen. Im Rezept ist die doppelte Menge an Zutaten für 4 Personen angegeben. Das mag im Rahmen eines mehrgängigen Essens passen, aber wenn man das Ragout wie Herr H. und ich als alleinige Mahlzeit einnimmt, empfiehlt es sich, die Menge der Kartoffeln nach oben zu korrigieren. Die Menge an Brühe hingegen ist sehr großzügig bemessen. Ich hätte mir eine weniger „suppige“ Konsistenz gewünscht und würde beim nächsten Mal nur die Hälfte der Brühe verwenden. Da wir uns spontan für das Rezept entschieden hatten, kochten wir die Kartoffeln und ließen sie ca. 15 Minuten vor dem Pellen abkühlen. Dann gab Herr H. ca. 100 g der gegarten, gepellten Kartoffeln zwei Mal durch die Kartoffelpresse und rührte sie mit dem Fond mit dem Schneebesen glatt. Die restlichen Kartoffeln viertelte er längs. Ich schwitzte die Schalotte im Öl glasig, gab die Pfefferlinge hinzu und ließ sie ca. 2 Minuten mitdünsten. Dann kam die Gurke hinzu, durfte ebenfalls 2 Minuten mitdünsten und schließlich füllte ich mit Fond auf, gab die Kartoffelviertel hinzu und ließ alles nach dem Aufkochen ca. 5 Minuten sämig einkochen. Gelegentliches Rühren ist empfehlenswert. Herr H. schmeckte mit Salz, Pfeffer, Essig und Dill ab und äußerte erstaunt, dass es gar nicht übel schmecke. Aber etwas fehle. Meine Assoziationskette spuckte dazu flink, Gurke, Dill – Räucherlachs natürlich, aus und im Nu war das Ragout auf vorgewärmten Tellern angerichtet.

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Fazit: Herr H. hatte mit der geschmacklichen Bewertung wie üblich leicht untertrieben. Das Ragout kam überraschend üppig (und das ohne Sahne oder Crème fraîche), frisch (dank Gurke und Dill) und rund daher. Auch ohne Lachs ein Hochgenuss, wobei wir uns einig waren, dass es mit Lachs noch einen kleinen Tick besser war. Wie auch immer. Jetzt ist es langsam an der Zeit, mit den wenigen Vorbereitungen zu beginnen, die ich bislang aufgeschoben habe. Eine neue Gurke kaufen, zum Beispiel. Herr H. und ich bedanken uns nun wie jedes Jahr bei allen Lesern, Co-Bloggern und anderen Menschen für das Interesse an unserer Küchenaktivität und wünschen allen entspannte, friedliche und harmonische Feiertage – frohe Weihnachten eben!

Aus: Die Küche Tim Mälzer

Kung who?

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Der einzige Fond, den ich in relativ kurzen Abständen regelmäßig selbst koche, ist Hühnerfond, vorzugsweise aus Perlhuhn-Karkassen. Das hatte sich einmal so ergeben und ich war vom aromatischen Geschmack des Fonds so begeistert, dass ich ihn inzwischen nur noch so mache. Am Wochenende zwischen allerlei Terminen schafften wir noch einen kurzen Abstecher ins Feinkostgeschäft. Das war auch dringend nötig, mein Hühnerfond neigte sich dem Ende. Da ich zwar schon das ein oder andere Huhn zerlegt habe, es aber immer noch nicht schaffe, jeden kleinsten Zipfel Fleisch säuberlich von den Knochen zu trennen, bleiben nach dem Kochen immer reichlich (recht geschmacksneutrale) Fleischreste. Die zupfe ich ab und benutze sie meist kräftig gewürzt als Füllung für Potstickers und Co.. Gestern Abend war ich schlicht zu faul kleine Teigtäschchen zu füllen. Glücklicherweise stolperte ich auf der Suche nach Alternativen über ein scheinbar weltberühmtes, kräftig gewürztes Sichuan-Hühnchen-Rezept. Ich hatte erstaunlicherweise noch nie davon gehört und das Schließen dieser kulinarischen Lücke passte bestens zu meiner Trägheit.

Für das Kung Pao-Hähnchen mit Erdnüssen:

  • 300 g Huhn, gewürfelt (ich: ca. 150 g Reste, nach dem Fondkochen von der Perlhuhn-Karkasse gezupft)
  • Marinade: je 1 EL helle und dunkle Sojasauce und Shaoxing
  • 2 kleine Landgurken oder eine halbe Salatgurke, entkernt, in ca. 1 x 1 cm Würfel geschnitten
  • 1 – 2 getrocknete Chilischoten, von den Samen befreit
  • 2 Frühlingszwiebeln, in 1 cm Ringe geschnitten
  • 10 g Ingwer, geschält, feingehackt
  • 1 kleine Knoblauchzehe, fein gehackt
  • (ich: 1/2 rote Paprika, in dünne Streifen geschnitten)
  • 3 EL Öl
  • 1 TL Sichuan-Pfefferkörner
  • 2 TL Chili-Bohnen-Paste (Pixan douban)
  • 4 Zweige frischer Oregano (optional), Blättchen gezupft
  • 80 g ungesalzene, geröstete Erdnusskerne

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Als erstes verrührte ich Sojasaucen und Shaoxing und vermengte sie mit den Hühnchenresten. Verwendet man frisches Huhn, sollte es mindestens 1 Stunde darin marinieren. Dann gab ich die Gurkenwürfel in ein Sieb, bestreute sie mit wenig Salz und stellte sie ebenfalls beiseite. Herr H., der inzwischen eingetrudelt war, beäugte neugierig die bereit gestellten Zutaten und merkte an, dass das so gar nicht nach den angekündigten Potstickers aussähe. Ich erklärte ihm Plan B und er trollte sich zufrieden brummend. Ich erhitzte ca. 2 EL Öl in der Wokpfanne, briet Sechuanpfeffer und Chili ca. 30 Sekunden darin kräftig an und entfernte sie anschließend. Wer frisches Huhn verwendet, brät es nun mitsamt der Marinade in eben jenem Öl ca. 1 Minuten an. Ich briet zunächst Knoblauch, Ingwer, Frühlingszwiebeln und Paprika, gab dann Chili-Bohnen-Paste und mariniertes Huhn dazu und ließ alles kurz braten. Dann fügte ich die Kung Pao-Sauce dazu, ließ alles kurz köcheln und hob Gurkenwürfel, Erdnüsse und Oregano unter. Es duftete schon einmal herrlich. Der Reiskocher hatte wie üblich zwischenzeitlich den Reis gegart.

Für die Kung Pao-Sauce:

  • 2 EL Öl
  • 4 EL passierte Tomaten
  • 2 EL Zucker
  • 1/2 TL Salz
  • 2 EL dunkler Reisessig (Shinkiang)
  • 1 TL Sesamöl (ich: nur ein paar Tropfen, da sehr intensiv)
  • 1/4 TL Maisstärke in 1 TL Wasser gelöst

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Für die Sauce hatte ich etwas Öl in einer Pfanne erhitzt, die passierten Tomaten einige Minuten darin angebraten und Zucker und Salz zugefügt. Nachdem der Zucker sich vollständig gelöst hatte, hatte ich den Essig untergerührt und das Sesamöl darüber geträufelt. Da sie Sauce mir sämig genug erschien, hatte ich auf das Binden mit Stärke verzichtet. Herr H., angelockt vom herrlichen Duft des Essens, verteilte Reis und Huhn auf zwei vorgewärmte Schalen und machte sich an die Arbeit.

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Fazit: Der Schärfegrad des Gerichts kann natürlich an die persönliche Toleranz angepasst werden. Ich fand ihn anbetracht der herrschenden Temperaturen perfekt. Zudem mildern die „dumpfen“ Erdnüsse und die frischen Gurken die Schärfe beträchtlich. Herr H. und ich waren schwer angetan von diesem würzigem Gericht und ich werde beim nächsten Mal definitiv auch frisches Huhn dazu verwenden, obwohl es auch mit den Resten schon erstaunlich gut war.

Aus: Sichuan-Pfeffer meets Sauerkraut Qin Xie-Krieger

In dubio…

onglet mit shitake ketchup 3Mitte letzter Woche trudelte reichlich verspätet endlich Herrn H.s diesjähriges Geburtstagsgeschenk für mich ein. Wochenlang hatte ich mich gedulden müssen. Ungeduldig befreite ich es aus seiner Pappverpackung. Ein Kochbuch, was sonst? Aber eben nicht irgend eins. Das ca. DIN A4-formatige, cremefarbene Buch mit goldener Schnittverzierung atmete einen Duft von schlichter Eleganz und, ganz wichtig, auch beim Blättern musste ich nicht nach Luft schnappen. Viele neue Kochbücher riechen derart unangenehm, dass ich überhaupt keine Lust habe, etwas daraus zu kochen. Ich las sogleich den gesamten Einleitungstext und erfuhr, dass es sich bei den Rezepten um originale Restaurantrezepte handelt, die nur leicht für den Hausgebrauch modifiziert wurden. Herrlich. Endlich eine neue Herausforderung. Im Fleischkapitel setzte ich den ersten Marker. Das passende Stück Fleisch schlummerte schon seit einigen Wochen im Tiefkühler. Ansonsten fehlte nicht viel und am Wochenende konnten wir loslegen.

Für das Onglet (Marinade):

  • 50 g Gersten-Miso (oder braunes Reis-Miso)
  • 3 Knoblauchzehen, zerstoßen (ich: 1,5)
  • 1,5 EL Mirin
  • 1,5 EL Sake
  • 1,5 EL Sonnenblumenöl
  • 2 Onglet-Steaks, von Sehnen befreit, etwas Fett stehen gelassen (ca. 500g)

marinade serieDa mein Schlachter sehr gewissenhaft arbeitet, war das Onglet bereits von der Sehne befreit und perfekt vorbereitet. Ich mörserte die Knoblauchzehen zu einer feinen Paste, rührte die restlichen Zutaten ein und bestrich das Onglet beidseitig großzügig damit. Luftdicht verpackt durfte es nun ca. 24 Stunden marinieren. Soweit, so gut. Am nächsten Tag nahm ich das Onglet ca. 2 Stunden vor der Zubereitung aus dem Kühlschrank, entfernte die Marinade und ließ es abgedeckt Raumtemperatur annehmen. Im Rezept stand, man solle das Fleisch nun in einer heißen Grillpfanne 3 – 4 Minuten pro Seite anbraten und dann für weitere 3 – 4 Minuten bei 220°C bestrichen mit der Marinade gar ziehen lassen. Puh. Ganz schön heiß. In allen anderen Quellen, die ich zum Thema befragt hatte, wurde das Fleisch entweder sous-vide gegart und anschließend kurz angebraten oder kräftig angebraten und bei 70°C im Backofen für 10 – 15 Minuten nachziehen gelassen. Sollte ich mich auf das Rezept verlassen? Nachdem ich mich während der 24stündigen Marinierzeit erfolglos mit der Entscheidung herumgeschlagen hatte, sprach Herr H. ein Machtwort. Zur Not würden wir eben ein weiteres Onglet erwerben. Ich briet das Onglet also bei kräftiger Hitze allseitig an und ließ es 4 Minuten bei 220°C nachgaren. Es fühlte sich danach noch recht weich an. Herr H. steckte kurzerhand das Fleischthermometer ein. 55°C. Das sollte reichen. Bis zum Aufschneiden ließen wir das Onglet noch 10 Minuten ruhen.

Für den Shiitake-Ketchup (am Vortag zubereiten):

  • 100 g frische Shiitake-Pilze, in Hüte und Stiele getrennt, Hüte in Scheiben geschnitten
  • 6 g Kombu
  • 180 g Wasser
  • 20 g Zucker
  • 1 EL helle Sojasauce
  • 6 g Butter
  • 1/2 TL Sherryessig
  • grobes Meersalz, schwarzer Pfeffer

shitake ketchup serieIch gab Kombu, Pilzstiele und Wasser in einen Topf und ließ alles 15 Minuten einweichen. Dann erhitzte ich es bei mittlerer Temperatur ca. 6 Minuten, bis das Wasser kurz vor dem Sieden war. Herr H. goss die Brühe durch ein Sieb in eine Schale und stellte sie beiseite. Ich hatte in der Zwischenzeit den Zucker zu hellgelbem Karamell gekocht. Nun gab ich die Sojasauce dazu (vorsichtig, es spritzt!), rührte, bis sich alles verbunden hatte und gab die Pilzhüte dazu. Ich garte sie unter Rühren, bis ihre Feuchtigkeit verdampft war und sie vollkommen mit Karamell überzogen waren. Herr H. goss die Brühe an, die ich etwa um die Hälfte einkochen ließ. Anschließend pürierte ich alles, bis eine dicke glatte Sauce entstanden war. Während des Mixens gab ich Butter, Essig eine Prise Salz und Pfeffer hinzu. Am Ende des Vorgangs sollte die Sauce von samtiger Konsistenz sein. Ich füllte sie in ein Glas und stellte sie bis zum nächsten Tag. Sie hält sich gekühlt mindestens zwei Wochen.

Für den gebackenen Sellerie:

  • 1 Knollensellerie (ca. 1,2 kg), geputzt, gründlich gewaschen, Wurzelansatz entfernt
  • 1 EL Olivenöl
  • 2 TL grobes Meesalz

sellerie serieDer im Ofen gegarte Sellerie wurde im Kochbuch als perfekte Alternative zu Pommes Frites gepriesen und Herr H. war sofort Feuer und Flamme, als er ihn erblickte. Ich heizte den Backofen auf 190°C vor. Herr H. präparierte den Sellerie, rieb ihn rundherum mit Olivenöl ein und bestreute ihn mit grobem Meersalz. Ich schob ihn in den Backofen, Nach einer Stunde reduzierte ich die Temperatur auf 180°C, da er kräftig zu bräunen begann. Nach weiteren 1,5 Stunden, ließ sich die Knolle mühelos einstechen. Ich nahm sie aus dem Backofen und deckte sie bis zum Servieren mit Alufolie ab, damit sie nicht zu stark auskühlte.

Für die eingelegten Roten Zwiebeln & Grillgurken:

  • 1 Salatgurke, geschält (ich: entkernt), längs in 1cm breite Streifen geschnitten
  • Olivenöl zum Braten
  • 2 mittelgroße Rote Zwiebeln, geschält, in 3cm dicke Spalten geschnitten und Schichten getrennt (ca. 200 g)
  • 2 EL Sherryessig
  • Salz, schwarzer Pfeffer
  • 1 EL Estragon, grob geschnitten

gemüse serieIch blanchierte die Zwiebeln ca. 4 Minuten in reichlich kochendem Salzwasser, schreckte sie kalt ab und ließ sie in einem Sieb abtropfen. Herr H. verrührte Sherryessig, Salz, Pfeffer und dann ca. 2 EL Olivenöl in einer Schüssel und gab die abgetropften Zwiebeln hinein. Ich briet die Gurkenstreifen ca 4 Minuten pro Seite, bis sie zu bräunen begannen (das geht in einer Grillpfanne wahrscheinlich eleganter). Nachdem sie etwas abgekühlt waren, schnitt ich sie in 2cm lange Stücke und mischte sie unter die Zwiebeln. Kurz vor dem Servieren gab ich den Estragon hinzu. Außerdem schmeckte ich erneut mit Essig und Salz ab, da die Gurken ordentlich „Geschmack“ schluckten. Nun konnten wir endlich das Onglet (immer quer zur Faser, da es ansonsten zäh werden soll) anschneiden.

onglet mit shitake ketchup 4Fazit: Und mir fiel ein riesiger Stein vom Herzen. Das Fleisch war, auch auf diese Art gegart, perfekt, butterzart und sehr, sehr aromatisch. Absolut köstlich. Der ofengegarte Sellerie passte wie versprochen sehr gut und der Shiitake-Ketchup, dessen Farbe zugegebenermaßen eher unattraktiv wirkt, war geschmacklich eine echte Offenbarung. Allein das Zwiebel-Gurken-Gemüse vermochte uns nicht zu überzeugen. Entweder lag es am verwendeten Essig oder, ich habe keine Ahnung. Irgendwie fehlte ihm das gewisse Etwas. Natürlich schafften wir es an diesem Abend nicht, den ganzen Sellerie und das ganze Fleisch zu verspeisen. Ich habe gestern eine perfekte Verwendung dafür gefunden. Fortsetzung folgt!

Aus: Nopi Das Kochbuch Yotam Ottolenghi, Ramael Scully