Gut improvisiert

Gulasch Tim Raue 1-1

Was tun, wenn das vermeintliche Jundrindfilet in der Mitte von einer recht dicken Sehne durchzogen ist und sich auch nach ausgiebiger Bildrecherche nicht eindeutig feststellen lässt, aus welchem Körperteil des Tieres es ursprünglich stammt? Der Reihe nach. In Erwartung einer größeren Lieferung raren Heckrinds mussten Herr H. und ich dringend Platz im Eis schaffen. Das Wetter spielte freundlicherweise mit und wir überlegten bereits am Vorabend, was wir alles mit dem köstlichen Filet anstellen könnten. Als ich es am nächsten Abend aus der Folie befreit und genauer betrachtet hatte, zeigte sich eine sehr dicke Sehne, die sich längs durch das komplette Stück zog und auch ansonsten war das Fleisch eher „durchwachsen“ und nicht schier, wie es ein Filet eigentlich sein sollte. Der zurate gezogene Herr H. stimmte mir zu und zückte sogleich das passende Alternativ-Rezept. Es hatte nur einen winzgen Haken. Das fertige Gulasch sollte einen Tag „ziehen“. Zum Glück befanden sich auch noch Berlingots im Tiefkühler. Wieder mehr Platz geschaffen und diverse Fliegen mit einer Klappe geschlagen.

Für das Gulasch (sollte am Vortag bereitet werden):

  • 500 g Rinderbrust, in Würfel von 3 x 3 cm geschnitten
  • Pflanzenöl
  • Salz
  • 260 g weiße Zwiebeln, in Würfel von 3 x 3 cm geschnitten (ich: Gemüsezwiebel)
  • 13 g Paprikaflocken, getrocknet
  • 33 g Rotwein
  • 660 g Grundjus (ich: Kalbsfond)
  • 1 sehr kleine Knoblauchzehe, geschält
  • 1 g Kreuzkümmel, gemahlen
  • 1,6 g Zitronenöl (ich: Abrieb, fein gehackt)
  • roter Tabasco
  • 3,3 g Piment d’Espelette
  • schwarzer Pfeffer
  • 66 g scharfe Knackwurst (möglichst roh), in Scheiben von 3 mm geschnitten
  • 166 g rote Paprika (ich: 1 Spitzpaprika), entkernt, mit Rapsöl bestrichen und bei 200°C mit der Hautseite nach oben ca. 15 Minuten gebacken

gulasch serie

Herr H. briet die Fleischwürfel in dem Öl portionsweise allseitig scharf an, gab die Zwiebeln hinzu und röstete sie kurz mit an. Ich streute die Paprikaflocken darüber, goss den Rotwein an und ließ ihn fast vollständig reduzieren. Herr H. gab Fond und Knoblauch hinzu und ließ das Gulasch abgedeckt schwach köcheln bis das Fleisch zart war. Das dauerte ca. 3 Stunden. Nach dem Abkühlen stellte ich das Gulasch kalt. Am nächsten Abend entnahm ich den Knoblauch und erwärmte das Gulasch langsam bei milder Hitze. Herr H. häutete die Paprika, schnitt sie in eher große Stücke und gab sie zum Gulasch. Ich schmeckte das Gulasch mit den restlichen Gewürzen ab und gab die Wurstscheiben hinein. Bis zum Servieren stellte ich das Gulasch warm.

Für die Semmelknödel (ergibt ca. 8 golfballgroße):

  • 100 g altbackene Brötchen, gewürfelt
  • 83 g Milch
  • 16 g Schalotte, sehr fein gehackt
  • 16 g Speck, sehr fein gewürfelt
  • 1 Ei Gr. L
  • 16 g Petersilie, gehackt
  • Muskatblüte, gemahlen
  • Salz
  • weißer Pfeffer aus der Mühle
  • Butter zum Anbraten

Knödel Serie

Die krummen Mengenangaben resultieren natürlich daraus, dass wir das Rezept gedrittelt haben. Semmelknödel also. Ich muss gestehen, dass ich weder jemals welche gegessen noch zubereitet habe. Asche über mein Haupt, aber hier im Norden sind sie einfach nicht üblich. Ich war sehr gespannt. Ich kochte die Milch auf, gab sie über die Brötchenwürfel und vermengte alles gründlich. Nach dem Abkühlen stellte ich die Masse für 30 Minuten in den Kühlschrank. Herr H. zerließ den Speck in der Pfanne, schwitze die Schalotte darin an und gab alles zum Abkühlen in eine Schale. Ich verquirlte das Ei mit der Petersilie. Dann gab ich alles Zutaten zum eingeweichten Brötchen und verknetete sie zu einer homogenen Masse. Ich formte eher kleine Knödel daraus und ließ den ersten probehalber in siedendes (nicht kochendes!) Salzwasser gleiten. Er stieg langsam auf und schwamm danach brav an der Oberfläche ohne zu zerfallen. Also gab ich die restlichen Knödel hinzu und ließ sie ca. 10 Minuten ziehen. Herr H. schwenkte die abgetröpften Knödel in schäumender Butter und stellte sie bis auf den einen, der auf dem Fototeller landete, warm.

Gulasch Tim Raue 2

Fazit: Normalerweise halte ich mich von jeglichen Superlativen tunlichst fern, aber in diesem Fall muss ich einfach sagen, dass das das beste Gulasch war, dass ich je in meinem Leben kosten durfte und ich habe schon recht viele unterschiedliche Rezepte ausprobiert. Herr H. stimmte auf ganzer Linie zu, merkte jedoch an, dass die Knödel wahrscheinlich etwas zu fest geraten seien. Er habe zwar auch noch keine probiert, könne sich jedoch gut vorstellen, dass sie „fluffiger“ gehörten. Fest hin oder her, mir schmeckten auch die Knödel ganz ausgezeichnet und vielleicht hat ja der ein oder andere Knödelexperte noch einen guten Tipp für mich. Das Gulasch wird es auf jeden Fall von nun an hier öfter geben.

Aus: Deutscher Wein Deutsche Küche Paula Bosch, Tim Raue

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Einfach ausgequetscht

Paprikagulasch mit Selleriepolenta 3

Bei der kürzlich vorgenommenen Umstrukturierung unserer Tiefkühlschätze fiel uns neben dem Perlhuhn auch ein Beutel Jungrindwürfel in die Hände, das unverzüglich verarbeitet werden wollte. Die Temperaturen sprachen durchaus noch für ein opulentes Schmorgericht, also begab ich mich auf die Suche nach einem passenden Rezept und wurde wieder einmal bei Robert fündig. Da wir jedoch weder ein Spätzlebrett, noch ein passendes Sieb zum Durchdrücken des Teiges besitzen, stellte sich die Frage nach einer Alternative. Ich erinnerte mich dunkel an eine spezielle Polenta, zu deren Herstellung Selleriesaft benötigt wird. Schon lange hatte ich mich gefragt, ob der Geschmack der Polenta durch die Verwendung von Saft statt von Püree großartig anders ausfallen würde. Ein Test stand bislang aus, da ich den Saft jedes Mal beim Einkauf vergaß. Herrn H. sei Dank ist ein Einkauf nun nicht mehr nötig. Irgendwann werden wir einen Anbau für unseren Gerätepark benötigen.

Für das Kalbsrahmgulasch (zum Original-Rezept bitte hier entlang):

  • 500 g Kalbsschulter in 3 cm großen Würfeln
  • 1 rote Paprika in 1 cm Würfeln (ich: je 1/2 gelbe + rote)
  • 1 rote Paprika in 3 mm Würfeln (ich: je 1/2 gelbe + rote)
  • (ich: ca. 100 g braune Champignons, blättrig geschnitten, mussten weg)
  • 1 Zwiebel, fein gewürfelt
  • 1 Knoblauchzehe, fein gewürfelt
  • 1 rote Chili, entkernt, fein gewürfelt
  • 2 EL Tomatenmark
  • 3 TL Paprikapulver edelsüß
  • 80 g konzentrierter Kalbsfond (ich: Ochsenschwanzgelee)
  • 300 g Rotwein
  • Piment d’Espelette
  • 50 g Sahne
  • 1 EL Paprikacreme (ich: 1 Tupfer Harissa)
  • Butterschmalz
  • Olivenöl
  • Mehl
  • Salz, schwarzer Pfeffer

Gulasch Serie

Ich briet die leicht mehlierten Fleischwürfel in heißem Butterschmalz in der Pfanne allseitig kurz an, bis sie rundherum gebräunt waren und gab sie in den Bräter. Nun reduzierte ich die Hitze, briet zuerst Zwiebeln, dann Knoblauch und große Paprikawürfel einige Minuten. Ich gab sie zum Fleisch, löste den Bratensatz mit Rotwein und gab ihn ebenfalls in den Bräter. Herr H. gab das Ochsenschwanzgelee und eine Prise Salz dazu und kochte alles kurz auf. Abschließend durfte das Gulasch auf niedrigster Stufe 1,5 Stunden sanft sieden. Als es soweit war, gab ich die Sauce durch ein Sieb, fischte die Fleischwürfel heraus und pürierte die Sauce, bevor ich sie erneut zum Fleisch gab. Herr H. rührte die Sahne ein, schmeckte mit Salz, Pfeffer Piment d’Espelette und Harissa ab und stellte den Topf warm. Bei Bedarf kann die Sauce vor der Sahnezugabe noch weiter reduziert oder mit wenig Pfeilwurzstärke gebunden werden. Das war bei uns nicht nötig. Ich hatte in der Zwischenzeit die kleinen Paprikawürfel und die Champignons in einer Pfanne gegart und hob sie nun unter das fertige Gulasch.

Für das Gulaschgewürz:

  • Schale 1/2 Zitrone, fein gerieben
  • 1 Zweig Marjoran, entblättert
  • 1 kleine Knoblauchzehe, fein gehackt
  • 1 Msp. Kümmel

Gulaschgewürzserie

Herr H. hackte alle Zutaten für das Gewürz gemeinsam und stellte sie beiseite. Das Gewürz wird später serparat zum Gulasch gereicht.

Für die Sellerie-Polenta:

  • 360 g Milch und Wasser halb und halb
  • 150 g Selleriesaft
  • 30 g Butter
  • 75 g Bramata-Polenta
  • 15 g Parmesan, fein gerieben
  • Salz

Polenta serie

Der wohl spannendste Moment an diesem Abend war der, an dem ich das erste Stück Sellerie in den Entsafter gab. Er gab nur ein leise quetschendes Geräusch von sich, das durchaus an die legendäre Kartoffelquetsch-Szene im „Seewolf“ erinnerte, und schon war das Stück verschwunden und Saft und Mark traten aus den entsprechenden Öffnungen aus. Ich brauchte etwa eine halbe Knolle (ca. 500 g) für die 150 g Saft. Nicht sehr ergiebig, ich weiß, aber in diesem Fall ist das Mark (oder der Trester) noch so geschmackvoll, dass man ihn bestens mit etwas Ei gebunden und gewürzt zu kleinen Küchlein ausbacken kann. Den Saft gab ich mit Milch, Wasser und Butter in einen flachen Topf. Nach dem Aufkochen ließ ich die Polenta einrieseln. Nun durfte alles bei schwacher Hitze ca. 40 Minuten köcheln. Alle 10 Minuten rührte ich die Polenta dabei kräftig durch. Herr H. schmeckte abschließend mit Parmesan und Salz ab. Dabei wanderte mehr als nur ein Löffel direkt in seinen Mund.

Paprikagulasch mit Selleriepolenta 1

Fazit: Das Gulasch war, wie nicht anders zu erwarten, ein Genuss und kam dank fruchtiger Paprika wenig winterschwer daher. Die cremige Polenta mit dem feinen Selleriegeschmack passte bestens dazu und das Gulaschgewürz steuerte zusätzlich Frische bei. Selten habe ich ein so frühlingsfrisches Gulasch gegessen. Herr H. war ähnlich begeistert und für die arme Nichte blieb dieses Mal leider nichts übrig. Ich muss wohl erst noch lernen, die Portionsgrößen für einen zusätzlichen Esser anzupassen. Nach dem Essen lehnte Herr H. sich hochzufrieden zurück und begann zu spekulieren, was man denn noch alles entsaften und kombinieren könnte. Es bleibt spannend.

Polenta recht frei nach: Kräuter Tanja Grandits

Nichtwissen gewiss

gulasch 2Je länger ich mich mit der Aggregatveränderung von Nahrungsmitteln beschäftige, umso deutlicher tritt die unvermeidliche Erkenntnis zutage, wie wenig ich darüber weiß. Als ich noch kaum etwas wusste, nahm ich an, die Weisheit mit Löffeln gefressen zu haben. Das hat sich inzwischen grundlegend verändert. Ich bin weit zurückgerudert und weiß jetzt, was ich nicht weiß. Und das ist eine ganze Menge. Warum, um nur ein Beispiel zu nennen, wird mit Kokosblütenzucker geschlagener Eischnee nicht steif? Ein echtes Rätsel. Andererseits kann ich inzwischen klarer einschätzen, was ich kann. Brücken schlagen, Analogien bilden und mich an bestimmte Details, mögen sie auch vor noch so langer Zeit in mein Bewusstsein gerückt sein, erinnern. Das alles hilft. Aber noch immer gelingt es mir nicht, völlig selbstständig den gewissen Dreh zu entwickeln. Dazu braucht es nach wie vor Inspiration, so wie hier. Ein ganz einfacher Trick, eigentlich. Wäre ich nur selbst darauf gekommen!

Für das Gulasch:

  • 4 Schalotten, in feine Scheiben geschnitten
  • Olivenöl zum Anbraten
  • 500 g Gulasch, halb Rind, halb Schwein (ich: Jungrind)
  • 1 knapper EL Tomatenmark
  • 170 g Rotwein
  • 250 g Fleischbrühe
  • 1 Lorbeerblatt
  • 2 Nelken
  • Rosenpaprika nach Belieben
  • Salz, schwarzer Pfeffer
  • ca. 1TL Pfeilwurzstärke in etwas kaltem Wasser gelöst

gulasch serieWie bei jedem Schmorgericht briet ich zunächst die Fleischwürfel portionsweise sehr scharf an, stellte sie beiseite und reduzierte die Temperatur. Nun durften die Schalotten ca. 10 – 15 Minuten im gleichen Topf braten. Dann gab ich das Tomatenmark hinzu, schmurgelte es kurz mit und fügte das Fleisch wieder hinzu. Ich löschte mit Rotwein und Brühe ab, gab die Gewürze hinzu und ließ das Gulasch ca. 1,5 Stunden bei schwacher Hitze köcheln. Anschließend siebte ich die Flüssigkeit ab, gab sie zurück in den (gesäuberten) Topf und reduzierte sie ca. auf die Hälfte. Sollte sie noch nicht sämig genug sein, kann mit Pfeilwurzstärke gebunden werden. Ich schmeckte noch einmal mit Salz und Pfeffer ab, gab das Fleisch zurück in die Sauce und stellte den Topf bis zum Servieren warm.

Für das Paprika-Tomaten-Topping:

  • 1 rote Paprika, grob gewürfelt
  • 3 – 4 kleine Tomaten
  • Olivenöl zum Braten
  • Zucker, Salz

paprika topping serieHerr H. hatte die Tomaten überbrüht, gehäutet, in Spalten geschnitten und entkernt und die Paprika gewürfelt. Er briet erst Paprika (ca. 5 Minuten) und dann Tomaten im Olivenöl an, bis beides den gewünschten Gargrad (bei uns eher weich) hatte, schmeckte mit Salz und Zucker ab und stellte das Topping ebenfalls warm. Die nächste Aufgabe wartete bereits auf ihn.

Für das Kartoffelpüree mit Vanille:

  • ca. 300 g Kartoffeln (geschält gewogen), grob gestückelt
  • 20 g Butter
  • 50 – 100 g Milch
  • Salz, weißer Pfeffer
  • etwas Vanillenschote, gemahlen

vanille pü serieKartoffelpüree bereiten wir beide völlig unterschiedlich zu. Herr H. schwört darauf, geschälte Kartoffelwürfel in Salzwasser zu garen, sie dann im Topf mit der Gabel zu zerdrücken und dann erst Butter und Milch einzuarbeiten, bis die gewünschte Konsistenz erreicht ist. In diesem Fall schmeckte er das Püree zusätzlich mit etwas fein gemahlener Vanille ab. Ich bin der festen Überzeugung, dass das Püree „besser“ wird, wenn man die Kartoffeln als Pellkartoffeln gart, noch heiß pellt und zweimal durch die Kartoffelpresse gibt. Butter und Milch erhitze ich, bevor ich die gepressten Kartoffeln zugebe, so dass das fertige Püree gleich die perfekte Temperatur hat. Da wir in dieser Frage beide kompromisslos sind, entscheidet vor jeder Püreebereitung der Münzwurf, so dass eine gerechte Abwechslung gewährleistet ist.

gulasch 4Fazit: Die Idee, Paprika und Tomaten nicht mit dem Fleisch mitzugaren, sondern sie separat als „Topping“ (was für ein Wort) zu servieren, gefiel uns beiden ausnehmend gut. Das Gulasch empfanden wir auf diese Art zubereitet als „purer“, aromatischer und mit einem kräftigeren Fleischgeschmack als Gulasch, das mit einer Vielzahl von Gemüsen gemeinsam geschmort wird. Paprika und Tomaten steuerten eine fruchtig-säuerliche Not bei und die Vanille im Püree ergänzte das Ganze vortrefflich und wer weiß, vielleicht bin ich in einigen Jahren auch soweit, mir so etwas selbst ausdenken zu können und wenn nicht. Nun, dann gibt es vermutlich immer noch genügend Inspiration von Außerhalb.

Aus: Neue Deutsche Küche Frank Rosin

Keine halben Sachen mehr!

szegediner gulasch 6Am vergangenen Wochenende hatte sich Herr H. bereit erklärt, den ersten sonnigen Frühlingssonntag mit Kistenschleppen zu verbringen, allerdings nur unter einer Bedingung. Zum Abendessen wolle er dafür endlich wieder einmal Fleisch, richtiges Fleisch, nicht nur ein paar magere Speckwürfel. Mit denen sei er in den letzten Wochen viel zu häufig abgespeist worden. Ich war so froh, dass er zur Mithilfe bereit war, dass ich dirket am Morgen ein Stück Schweinefleisch zum Auftauen in den Kühlschrank legte. Als wir am späten Nachmittag erschöpft und glücklich, eine kurzer Spaziergang an der Elbe war tatsächlich noch möglich gewesen und man konnte sogar selbst gehen ohne geschoben zu werden, nach Hause zurückkehrten, war das passende Rezept schnell gefunden. Szegediner Gulasch mit Kartoffelklößen halb und halb. Was für ein sonntagswürdiges Mahl!

Für das Szegediner Gulasch:

  • 400 g Schweinefleisch aus Ober- oder Unterschale, in ca. 2cm große Würfel geschnitten
  • 200 g Zwiebeln, grob gewürfelt
  • 20 g Schweineschmalz
  • 1 EL Paprikapulver edelsüß
  • 150 g Fleisch- oder Gemüsefond
  • 250 g Sauerkraut
  • 1 TL Kümmel
  • 15 g Tomatenmark
  • Salz, schwarzer Pfeffer
  • Saure Sahne oder Crème fraîche nach Belieben
  • Petersilie nach Belieben

szegediner gulasch serieIch briet die Zwiebeln im Schmalz bei mittlerer Hitze unter Rühren glasig, gab das Fleisch hinzu, briet es kurz mit, rührte Paprikapulver ein und goss den Fond an. Dann durfte das Gulasch 30 Minuten abgedeckt schmoren. Danach rührte ich Sauerkraut, Kümmel und Tomatenmark ein und ließ das Gulasch weitere 40 Minuten garen. Zum Schluss schmeckte ich es mit Salz, Pfeffer und einem großzügigen Klacks Crème fraîche ab und stellte den Topf warm. Wird Saure Sahne verwendet, darf das Gulasch nicht mehr kochen, da sie ansonsten ausflockt.

Für die Kartoffelklöße halb und halb:

  • 1 Scheibe Toastbrot, gewürfelt (ich: weg gelassen)
  • Butter zum Braten (ich: weg gelassen)
  • 1 – 2 Zweige Marjoran
  • 750 g Kartoffeln, mehlig kochend (ich: Linda vom Vorjahr)
  • 1 TL Ascorbinsäure, Essig oder Zitronensaft
  • 1/2 TL Salz
  • 1 TL Speisestärke in 1 EL kaltem Wasser angerührt

klösse halb und halbHerr H. hatte, während ich mit dem Gulasch beschäfigt war, alle Kartoffeln geschält, die Hälfte der Kartoffeln gekocht, die andere Hälfte in eine Schüssel mit reichlich Wasser, in das Ascorbinsäure eingerührt war, gerieben. Er gab die geriebene Masse in ein Sieb und presste sie mithilfe eines Löffels kräftig aus. Das Wasser fing er in einer weiteren Schüssel auf. Nach ca. 10 Minuten hatte sich die Stärke am Boden abgesetzt. Vorsichtig goß er das Wasser ab, so dass nur die Stärke im Topf blieb. Er gab die noch sehr heißen, gekochten Kartoffeln durch die Presse, fügte die ausgedrückten geriebenen Kartoffeln, das Salz und die Stärke hinzu und vermengte alles zu einer homogenen Masse, die sich trotz der Säure sogleich seltsam verfärbte. Daraus formte er Klöße, die etwas größer als Golfbälle waren. Ich hatte reichlich Wasser zum Sieden gebracht, gesalzen und die gelöste Stärke eingerührt. Er ließ einen Probekloß vorsichtig ins Wasser gleiten. Der sank gemächlich zu Boden, blieb aber ganz. Also gab er die restlichen Klöße auch hinein. Nach einigen Minuten tauchten sie an der Oberfläche auf. Wir jubelten. Zu früh, wie sich nach der 20minütigen Garziehzeit herausstellte. Als ich den ersten Kloß herausfischen wollte, löste er sich in Wohlgefallen auf. Zurück blieb eine riesige Wassermenge mit Kartoffelflöckchen. Herr H. siebte sie ab, presste sie zusammen und meinte, vielleicht können man die Masse wir ein Rösti braten. Ich probierte ein wenig und spuckte es sofort wieder aus, fad, scheußlich, brrr!

szegediner gulasch 4Fazit: Obwohl es schon spät geworden war, plädierte ich für den bombensicheren Alternativplan: Kartoffelpüree. Wer ein gelingsicheres Rezept für die Klöße sucht, wird hier bei Barbara oder hier bei Susanne fündig. Ich weiß nicht genau, woran unser Scheitern lag. Vielleicht an der Kartoffelsorte? An den nicht mit dem Tuch gepressten geriebenen Kartoffeln? Oder an meinen norddeutschen Genen? Fest steht, so schnell werde ich es sicher nicht wieder probieren. Es gibt einfach zu viele andere köstliche Alternativen. Das Gulasch schmeckte auf jeden Fall auch mit Kartoffelpüree traumhaft und wurde sogleich in die Liste der Standardgerichte des Hauses H. aufgenommen.

Aus: Klassiker Über 300 internationale Rezepte mit Tipps und Varianten von Johann Lafer Teubner Verlag

Hirte ohne Rind

kartoffelgulasch 6Das Wort Gulasch (ungarisch: gulyás) bedeutet eigentlich „Rinderhirte“ und das Gericht (gulyás hús – Fleisch) war eben der Eintopf des Rinderhirten. Das, was wir meinen, wenn wir Gulasch sagen, ist in Ungarn in Wirklichkeit „Pörkölt “ oder „Paprikás„. Um die Verwirrung perfekt zu machen existieren in der sogenannten pannonischen Tiefebene zahllose Varianten des Fleischschmortopfs, vom Rind bis zum Hammel darf alles hinein. Eine weitere Spielart ist der österreichische Erdäpfelgulasch, aber auch in ihn wandert üblicherweise Fleisch in Form einer speziellen Wurst. Ob man dann dieses Gericht, das durch vollkommene Abwesenheit jeglichen Fleisches glänzt, überhaupt noch Gulasch nennen kann, weiß ich nicht. Frau Fiege macht es einfach. Und wir begannen erst einmal zu kochen. Alle Zutaten bis auf den frischen Marjoran waren zufällig im Haus. Während ich schnippelte, machte Herr H. sich auf die Jagd nach dem würzigen Kraut.

Für das Kartoffelgulasch:

  • 1/4 Stange Lauch, in Ringe geschnitten
  • 1 kleine Stange Sellerie, in Halbringe geschnitten
  • je 1 gelbe Rübe (ich: Stückchen Steckrübe) und Möhre, in schräge Scheiben geschnitten
  • 1 Handvoll breite Bohnen (ich: dicke Bohnen, enthülst), in schräge Scheiben geschnitten
  • 2 Steinpilze, blättrig geschnitten
  • 2,5 Champignons, blättrig geschnitten
  • 250 g Kartoffeln, in mundgerechte Stücke geschnitten
  • 1 Süßkartoffel, in mundgerechte Stücke geschnitten
  • 1/2 Bund frischer Marjoran, Blättchen abgezupft
  • 1 EL Butterschmalz
  • 1 Zwiebel, fein gehackt
  • 1 kleine Knoblauchzehe, fein gehackt
  • 1/2 TL Kümmelsaat
  • 1 TL Rosenpaprika
  • 1/2 TL Cayenne
  • Salz, schwarzer Pfeffer
  • 1/4 Vanilleschote, Mark ausgekratzt
  • 250 g Saure Sahne (ich: 50 g Crème fraîche)
  • 1 TL scharfer Senf

kartoffelgulasch serieAls ich alle Zutaten bereit gestellt hatte, kam Herr H. freudestrahlend mit einem zerzausten Topf Marjoran zurück. Es sei der letzte seiner Art gewesen. Glück gehabt! Ich briet Zwiebeln, Lauch und Pilze im Butterschmalz an, gab Knoblauch, Kümmel und Paprika hinzu und röstete alle kurz an. Dann gab ich alle restlichen Gemüse hinzu, röstete auch sie einige Minuten mit, würzte mit Cayenne, Salz und Pfeffer und bedeckte alles knapp mit Wasser. Herr H. gab das Mark der Vanilleschote und die Schote in den Topf, sowie die Hälfte der Marjoran-Blättchen. Nun durfte das Gulasch abgedeckt ca. 30 Minuten köcheln. Vom fertigen Gulasch entnahm ich zwei Kellen, gab Crème fraîche und Senf hinzu und pürierte alles. Ich gab das Püree zurück in den Topf, ließ es alles noch einmal aufwallen und überprüfte die Konsistenz. Perfekt sämig. Ich schmeckte noch einmal mit Salz und Pfeffer ab und stellte den Topf warm.

Für die knusprigen Champignons:

  • 150 g Champignons, in hauchdünne Scheiben geschnitten
  • 1 EL Olivenöl
  • Salz, schwarzer Pfeffer
  • je 1/4 TL Anis und Kümmel, gemahlen

knausprige champignons serieHerr H. briet die Pilzscheiben ohne Öl, bis alle Flüssigkeit ausgetreten war. Dann gab er das Olivenöl hinzu und briet sie weiter, bis sie knusprig waren. Er würzte mit Salz, Pfeffer, Anis und Kümmel und gab sie zum Abkühlen in eine Schale. Ich schöpfte Gulasch in zwei Schalen, dekorierte mit Champignons und einigen Maroranzweigen und wartete anschließend recht ungeduldig, bis Herr H. mit der Fotoausbeute zufrieden war. Es roch so gut.

kartoffelgulasch 8Fazit: Das Gulasch schmeckte unglaublich fein und ich war sehr erstaunt, dass ich, als bekennender Wurst-Junkie, absolut nichts vermisste. Aber ich bin auch kein Hirte, der den ganzen Tag draußen irgendwelchen Viechern hinterher rennt. Die Pilze sorgten für das nötige Umami, Anis und Kümmel stand ihnen gut und Herrn H. gefiel besonders das Zusammenspiel von Vanille und frischem Marjoran. Das Gulasch gab es hier sicher nicht zum letzten Mal! Beim ersten Lesen des Rezepts hätte ich nicht vermutet, dass sich es so gut schmecken würde. Das Buch birgt sicher noch weitere Schätze. Eine gute und ausführliche Rezension findet sich übrigens hier bei bushcook. Wieder Arbeit gespart.

Aus: Mittagstisch – Leidenschaftlich vegetarisch Eschi Fiege