Mais statt Mehl?

Die diesjährige Spargel-Saison wurde bei uns schon vor knapp vier Wochen eingeläutet. Nicht etwa mit der klassischen Hollandaise-Variante, die stand tatsächlich noch kein einziges Mal auf dem Tisch, was vielleicht daran liegen könnte, dass mir Buttercreme gekühlt besser mundet, sondern mit einem himmlischen Spargel-Flammkuchen. Diesen hätte ich hier heute auch gern vorgestellt. Leider weigert er sich beharrlich, auf den Bildern seine fotogene Seite zu zeigen. Es ist wie verhext, aber wir bleiben am Ball. Versprochen. Spargel können wir zum Glück noch mindestens zwei Mal pro Woche essen. Alternativ, nach ungefähr dem 10. Flammkuchen, kam ich kürzlich auf die Idee, Mehl durch Polenta zu ersetzen. Herr H. schaute zwar etwas skeptisch, als er den Topf auf dem Herd sah, gab sich jedoch mangels Alternativen geschlagen und packte mit an.

Für die Polenta:

  • 100 g Bramata-Polenta
  • ca. 500 g Brühe-Milch-Mischung
  • 1 kräftige Pr. Salz
  • ca. 20 g Butter
  • ca. 20 – 30 g Parmesan, fein gerieben
  • Salz und schwarzer Pfeffer zum Abschmecken

Ich kochte die Flüssigkeit (hier Brühe und Milch 1:1) auf, gab eine Prise grobes Meersalz hinzu und ließ unter Rühren die Polenta einrieseln. Nachdem alles erneut aufgekocht war, legte ich den Deckel auf und reduzierte die Hitze auf ein sehr schwaches Köcheln. Insgesamt garte die Polenta auf diese Weise ca. 40 Minuten. Alle 10 Minuten rührte ich sie mit dem Schneebesen kräftig durch. Als die Polenta gegart war, rührte Herr H. Butter und Parmesan unter, schmeckte mit wenig Salz und Pfeffer ab und verteilte die Polenta mit Hilfe eines gebutterten 16er Tarterings auf einem mit Backpapier belegten Blech. Natürlich kann man die Polenta auch ohne Ring einfach aufstreichen. Alles eine Frage der Optik. Ich stellte das Blech für ca. 30 Minuten an einem kühlen Ort, damit die Polenta erstarren konnte.

Für den Belag:

  • ca. 100 g Ziegenfrischkäse mit etwas Öl oder Milch cremig gerührt
  • 1 rote Zwiebel, in dünne ringe geschnitten
  • 250 g grüner Spargel, geputzt, in ca. 2 cm lange Stücke geschnitten
  • 1 Handvoll Kirschtomaten, je nach Größe halbiert oder geviertelt
  • ca. 30 g Pecorino, gerieben
  • Salz, schwarzer Pfeffer
  • luftgetrockneter Schinken, zerkleinert, nach Belieben
  • Dill und Estragon, grob gehackt, nach Belieben

Als erstes bestreute ich die Zwiebelringe mit etwas Salz und stellte sie beiseite. Sie verlieren dadurch etwas von ihrer Schärfe und werden weicher. Dann gab ich den Spargel mit je 1 Prise Salz und Zucker und wenig Olivenöl in eine Schüssel und vermengte alles von Hand. Herr H. hatte inzwischen die übrigen Zutaten bereit gestellt und den Backofen auf 230° Umluft vorgeheizt. Ich bestrich die erstarrten Polenta-Rondelle mit der Ziegenfrischkäsecreme, legte je einige Zwiebelringe, Spargelstückchen und Tomatenhälften auf und streute Pecorino darüber. Nun durften die „Rondelle“ für ca. 17 Minuten in den Backofen wandern. Als ich das Blech wieder herausholte, konnte ich mich nur sehr, sehr schwer beherrschen, nicht gleich über sie herzufallen, so köstlich dufteten sie. Ich belegte sie mit etwas Schinken, streute ein paar Kräuter und überließ Herrn H. schweren Herzens den Teller.

Fazit: Meine Nase hatte mich nicht getrogen. Auch auf der Polenta machte sich die Mischung aus Spargel, Käse, Schinken und Kräutern ganz ausgezeichnet. Allein die Tomaten hätte es für meinen Geschmack nicht unbedingt gebraucht. Aber sie waren halt da und mussten weg. Herrn H. störten sie hingegen nicht im geringsten. Der Spargel war zudem auf diese Art perfekt gegart, ohne etwas von seinem grandiosen Geschmack einbüßen zu müssen. Im Wasser wird er bei uns schon seit Jahren nicht mehr gegart.

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Go green!

Die letzten drei Wochen dehnen sich in der Rückschau für mich gefühlt eher auf satte drei Monate aus, so viel ist passiert. Herr H. und ich gönnten uns in diesem Jahr ein gänzlich familienfreies Ostern und urlaubten stattdessen entspannt in der Hauptstadt. Dort lässt es sich nicht nur vortrefflich shoppen oder besichtigen, sondern auch ganz ausgezeichnet auf Schusters Rappen wandern. Selbst das eher durchwachsene Wetter konnte uns nicht von vielen ausgedehnten Touren in die stadtnahe Natur abhalten. Zur Not gingen wir eben in voller Regenmontur und es war immer herrlich! Das Shoppen hingegen beschränkte sich auf den Kauf nur eines einzigen Artikels und nun befindet sich endlich, endlich ein leistungsstarker Mixer in unserer Küche oder sollte ich lieber sagen „Atomisierer“? Ich bin zwar wegen des „homeruns“ (nein, ich bin nicht den ganzen gelaufen, die Veranstalter boten dem „schwachen“ Geschlecht freundlicherweise an, ihn sich als Team zu teilen) noch nicht wirklich dazu gekommen, seine Grenzen auszuloten, aber ich befürchte, dass sich das auch mit reichlich Zeit kaum bewerkstelligen lässt. Derweil wandert praktisch alles Mögliche und Unmögliche in ihn hinein und ich bin noch auf nichts gestoßen, was nicht binnen weniger Minuten zu einer unglaublich homogenen Masse geworden ist. Selbst die winzigen, hartschaligen Erdbeernüsschen lösen sich in Wohlgefallen auf. Ich bin fasziniert! Und natürlich kommen jetzt all die Rezepte zur Anwendung, in denen glatte Pürees gefragt sind.

Für das Orzotto mit Spargel:

  • 150 g Perlgraupen, abgespült
  • 900 g Gemüsebrühe
  • 100 g Spinat und 2 Zweige Dill (original 50 g Spinat und 100 g Brunnenkresse)
  • Olivenöl
  • 40 g kalte Butter, gewürfelt
  • 1 Schalotte (35 g), fein gewürfelt
  • 1 Knoblauchzehe, fein gehackt
  • 1 Thymianzweig
  • 1 Lorbeerblatt
  • 200 g Geflügelfond
  • ca. 400 g grüner Spargel, geputzt, in 2 cm lange Stücke geschnitten
  • 3 Shiitake-Pilze, Stiel entfernt, in Scheiben geschnitten (original: Champignons)
  • 1 Frühlingzwiebel, in Ringe geschnitten (original: 1/2 Stange Lauch, ca. 90 g)
  • 1 EL Zitronensaft
  • grobes Meersalz, schwarzer Pfeffer

Während die Graupen ca. 30 Minuten in sanft köchelnder Gemüsebrühe garten, bereiteten wir das grüne Püree. Ich blanchierte den noch gefrorenen Spinat ca. 1 Minute in kochendem Salzwasser und schreckte ihn anschließend eiskalt ab. Herr H. schwitzte Schalotte und Knoblauch in Olivenöl glasig, gab Lorbeer und Thymian hinzu und goss den Geflügelfond an. Nachdem er etwa auf 50 g reduziert war, zog er den Topf von der Platte und entfernte Lorbeer und Thymian wieder. Ich gab die Flüssigkeit mit Spinat, Dill und einer Prise Salz in den Mixer und ließ ihn laufen, bis ein vollständig homogenes Püree entstanden war. Nicht ein einziger grüner Punkt befand sich noch darin. Es war eine wahre Freude. Herr H. hatte derweil den Spargel in etwas Öl abgedeckt ca. 10 Minuten im eigenen Saft gegart und die Shiitake-Pilze gebraten. Nun gab ich die abgegossenen Graupen mit Püree und Pilzen zum Spargel, hob alles gut durch und schmeckte mit Salz, Pfeffer und Zitronensaft ab. Das fertige Orzotto stellte ich kurz warm, während wir den „Salat“ bereiteten. Zu lange darf man es jedoch nicht warm halten, da dann die leuchtend grüne Farbe schwindet.

Für den Spargelsalat mit Pecorino:

  • 200 g grüner Spargel, geputzt
  • 30 g Pecorino, gehobelt
  • 1/2 TL Olivenöl
  • 1 1/2 TL Zitronensaft

Ich schnitt die Spargelstangen mit dem Sparschäler vom Fuß zum Kopf in dünne Bänder, vermengte sie in einer Schüssel mit den restlichen Zutaten und kostete. Wow! Ich hatte beim Lesen des Rezepts nicht vermutet, dass roher Spargel so schlicht zubereitet so gut schmecken könnte. Da der Salat schnell „labberig“ wird, richtete ich ihn flugs auf dem Orzotto an und übte mich wie immer in Geduld, während Herr H. fotografierte. Das fiel mir dieses Mal besonders schwer, da mich der Lauf am Morgen doch an den Rand meiner Kräfte gebracht hatte. Ein Stückchen Pecorino half.

Fazit: Wie nicht anders zu erwarten schmeckte das Gericht ganz ausgezeichnet! Der von mir ergänzte Spargel machte sich im Orzotto wunderbar und besonders die feine Dillnote gefiel mir dazu bestens. Herr H. war ebenfalls angetan und das sollte etwas heißen, hatten wir doch am Vortag eine größere Rindfleischbestellung in Empfang genommen, die zwei herrliche Flanksteaks beinhaltete, mit denen er heftig geliebäugelt hatte. Ihr Genuss ist zum Glück nur aufgeschoben, bis die Außentemperaturen das Angrillen ermöglichen. Und das wird hoffentlich nicht mehr allzu lange dauern. Ich bin da ganz optimistisch.

Frei nach einem Rezept aus: NOPI Das Kochbuch Yotam Ottolenghi, Ramael Scully

 

Ei, wie fein!

Spargel Omelette 1

Ist Frau H. abends einmal aushäusig, so eröffnet es mir die Möglichkeit, eines meiner lieb gewonnenen Strohwitwer-Rezepte zu kochen, die kategorisch vom gemeinsamen Speiseplan eliminiert wurden. Noch unschlüssig, wie ich die abendliche Kochfreiheit gestalten würde, schwankte ich stark zwischen Strammen Max, Bauernfrühstück und Kartoffel-Möhrenstampf. Die Entscheidung wurde mir abgenommen, als ich zufällig bei Herrn Grün auf das Omelette mit gebratenem Spargel stieß. Das Zauberwort „Estragon-Marsala-Sauce“ besiegelte meinen Entschluss. Es sollte doch eine Möglichkeit geben, diesen Gaumenschmaus in ein formidables Bauern-Omelette deluxe umzuwandeln. Fast alle Zutaten waren im Haus und ich musste nur noch schnell auf dem Nachhauseweg bei Herrn Ede K. den grünen Spargel besorgen.

Für die Estragon-Marsala-Sauce:

  • 25 g Butterschmalz
  • 300 g grüner Spargel
  • 100 g Marsala
  • 200 g Kochsahne ( Ich: Schlagsahne, damit ich nicht zu dünn werde)
  • 1 EL mittelscharfer Senf
  • 5 g grob gehackter Estragon (den französischen, gerne auch mehr, stimmt Herr Grün!)
  • Salz, Pfeffer

Estragon Marsala Sosse Serie

Ich habe den unteren Teil des Spargels geschält, den angetrockneten Anschnitt abgeschnitten, dann die Spargelstangen in ca. 4-5 cm lange Stücke geschnitten und diese in Butterschmalz bei mittlerer Hitze angebraten, bis sie leicht angebräunt waren. Ich gab Marsala zum ablöschen hinzu, rührte die Sahne ein und ließ das ganze eine zeitlang einkochen, bis die Sauce eine sämige Konsistenz hatte. Senf und Estragon wanderten kurz vor Schluss hinzu, dann noch mit etwas Salz und Pfeffer abgeschmeckt. Das hat ganz vorzüglich geklappt, die Sauce habe ich abgedeckt warm gestellt.

Für das Bauernomelette:

  • 3 Eier, verkleppert
  • 1 EL Butterschmalz
  • Salz, Pfeffer
  • 100g Bratkartoffelwürfel
  • 100 g Katenschinken in Streifen geschnitten

Omelette Serie

Vorab hatte ich Pellkartoffeln gekocht, sie abkühlen lassen, gepellt und in kleine Würfel geschnitten. Nun wurden sie goldbraun in Butterschmalz gebraten. Die Eimasse für das Omelette würzte ich mit etwas Salz und Pfeffer und kippte sie in die noch heiße Pfanne und ließ es stocken bis die Unterseite fest geworden war. Auf der noch leicht feuchten Oberseite verteilte ich Bratkartoffeln und Schinken. Das Omelette schob ich auf den vorgewärmten Teller, verteilte Sauce darauf und deckte diese mit der einen Seite des Omelettes zu. Muss nicht sein, sieht aber hübsch aus, falls das Omelette nicht zu dick geraten ist.

omelette 2

Fazit: Ja, so hatte ich mir das vorgestellt. Auch ohne Sauce ein Genuss, aber durch die anisige, senfige Sahnigkeit ist das sonst so rustikale Bauernfrühstück bei mir zumindest noch einige Stufen auf der nach oben offenen Haben-Will-Skala nach oben geklettert. Auch Frau H. zeigte sich ganz angetan, als ich Ihr die Fotos meines Abendessens zeigte. Damit hatte sie nun nicht gerechnet und prompt die Spargelsaison für wiedereröffnet erklärt. Das nächste Bauernomelette muss ich auf jeden Fall zum Glück nicht alleine essen. Denn gemeinsam genießt es sich einfach am besten.

 

Metamorphosen

grünes risotto 3 Leben ist Veränderung. Noch nie ist mir das stärker bewusst geworden als in diesem Frühjahr. Im Februar ist alles kalt und grau und doch stecken die ersten Schneeglöckchen mutig ihre Köpfe in die Kälte. Die Tage werden länger und länger, erst zaghaft, dann explosionsartig wächst alles. Das zarte Hellgrün der Blätter ist inzwischen zu tiefem Dunkelgrün geworden. Der Himmel scheint sich in seinem durchdringenden Blau höher zu wölben, als es möglich ist. Die längsten Tage des Jahres gehen einher mit den ersten Ernten, frische Erbsen, Radieschen, Gurken, dicke Bohnen und Spargel natürlich. Und so schließt sich der Kreis wieder. Alles Wachstum braucht Nahrung. Und bevor wir nun am Wochenende unsere komplette Küche neu gestalten, damit der neue Turboherd ein Plätzchen findet, es scheint tatsächlich keine brauchbaren Standherde mehr zu geben, stärkten wir uns noch mit einem frühsommerlichem Risotto.

Für das grüne Frühsommer-Risotto:

  • 1 Knoblauchzehe, in dünne Scheiben geschnitten
  • 1 Frühlingszwiebel, in Ringe geschnitten
  • 120 g Risottoreis
  • 200 g dicke Bohnen, enthülst
  • 250 g grüner Spargel, in ca. 2cm lange Stückchen geschnitten, Köpfe beiseite gelegt
  • 100 g Erbsen, idealerweise frische
  • ca. 50 g Weißwein
  • ca. 700 g Hühnerbrühe
  • Saft und Schale 1 kleinen Zitrone
  • einige Blätter Minze, fein gehackt
  • 2 Zweige (Orangen-)Thymian, Blättchen gezupft, fein gehackt
  • Salz, schwarzer Pfeffer
  • Parmesan nach Belieben
  • einige dünne Scheiben Speck nach Belieben

risotto serieWährend wir schnippelten, informierte ich Herrn H. über den Ausgang des Gespächs mit dem Verkäufer des Elektrofachgeschäfts. Er hatte sich sofort bereit erklärt, den nicht einwandfrei funktionierenden Herd zurückzunehmen und mich gefragt, ob eventuell auch eine Einbaulösung möglich sei. Da gäbe es in Punkto Ausstattung und Wertigkeit etwas mehr Auswahl. Ich betrachte gedankenverloren meine kleine Küche und gab mir schließlich einen Ruck. Ja, das sei möglich. Was er denn vorschlüge. Nach einigem Hin und Her entschied ich mich schließlich für ein quasi mit Raketentechnik ausgestattetes Model. Herr H. sah mich fragend an. Das würde natürlich ein wenig mehr kosten, erklärte ich ihm. Als ich den Preis nannte, schluckte er kurz. Aber dafür hätten wir dann hoffentlich ein Gerät, dass außer zu spechen nahezu alles könne. Herr H. schwieg, erhitzte etwas Olivenöl mit einem Stückchen Butter und schwitzte Frühlingszwiebel und Knoblauch darin farblos an. Dann gab er den Reis hinzu, briet ihn einige Minuten mit und löschte schließlich mit Wein ab. Nachdem der Wein verkocht war, gab er den Thymian und eine Kelle heißer Brühe hinzu, rührte kurz und drehte sich dann zu mir um.

Nun war es an mir zu schlucken. Sein Gesicht verzog sich zu einem breiten Grinsen. Was soll’s, sagte er. Eine Investition in ein gutes Gerät sei die beste Wertanlage. Während wir die Küchenumgestaltungsdetails besprachen, fügte ich dem Risotto erst die Spargelstückchen, dann die dicken Bohnen und zuletzt Erbsen und Spargelspitzen hinzu. Nach ca. 25 Minuten war der Reis perfekt cemig und dennoch bissfest. Ich schmeckte mit Salz, Pfeffer, Zitronensaft und -schale, Minze und reichlich Parmesan ab und ließ das Risotto noch einige Minuten ruhen, während ich die Speckscheiben bei 150°C im Backofen knusprig buk.

grünes risotto 1Fazit: Ein leichtes, frisches und sehr stimmiges Risotto, sei das, merkte Herr H. an. Nach dem Essen wandten wir uns erneut den Neugestaltungsplänen zu. Einiges an Arbeit wird auf uns zu kommen, wir werden etwas kostbaren Stauraum einbüßen, aber dafür am nächsten Dienstag hoffentlich in die nächste Dimension des Kochens und Backens eintreten. Hoffentlich. Bis dahin müssen wir leider ohne Herd und Backofen leben. Wie gut, dass wir einen Reiskocher besitzen.

El desayuno del campesino

tortilla 6Leichtsinnigerweise hatte ich den Nachbarn aus dem Nachbarhaus versprochen, ihnen beim Umzug zu helfen. Ich hatte verdrängt, dass sie im Dritten OG wohnen und ausgerechnet heute hatten wir den bislang heißesten Tag des Jahres. Nach getaner Arbeit war ich rechtschaffen platt und bat Herrn H., sich um die Auswahl und Vorbereitung des Abendessens zu kümmern. Ich streckte meine müden Glieder und lauschte dem Treiben in der Küche. „Für ganz hungrige Mäuler gibt es heute Abend El desayuno del campesino!“ sprach er. Ich buddelte in meinem eingestaubten Spanischwortschatz, um hinter das Geheimnis seiner Ankündigung zu kommen und vergewisserte mich durch einen Blick auf die Auswahl der bereits vorbereiteten Zutaten. Ich sah reichlich Kartoffeln, Ei, Chorizo und Zwiebeln. „Bauernfrühstück spanischer Art!“ rief Herr H: begeistert. „Geht ruckzuck und genau das richtige für körperlich hart arbeitende Menschen.“

Für die Tortilla:

  • 400 g Kartoffeln, als Pellkartoffeln gegart, vollständig erkaltet
  • 1 Zwiebel, in Ringe oder Halbringe geschnitten
  • 1 Knoblauchzehe, fein gehackt
  • Butterschmalz zum Braten
  • ca. 125 g rohe Chorizo, gehäutet, in Scheibchen geschnitten
  • 3 Eier
  • 50 g Sahne
  • Salz, Pfeffer, Muskatnuss
  • 1 EL frischer Thymian, Blättchen gezupft, gehackt
  • Basilikum nach Belieben

Zubereitung Tortilla serieHerr H. hatte die Kartoffeln ca. 15-20 Minuten in reichlich Wasser gegart und anschließend kalt abgeschreckt. Nachdem sie vollständig erkaltet waren, pellte er sie und schnitt sie in ca. 1cm dicke Scheiben. Das funktioniert mit am Vortag gegarten Pellkartoffeln wesentlich besser. Die Scheiben der frisch gegarten sind recht fragil. Herr H. hatte zudem bereits die übrigen Zutaten geschnippelt, Eier, Sahne und Gewürze verquirlt und die Zwiebelringe in Butterschmalz bei milder Hitze in ca. 10 Minuten weich gedünstet. Ich gab Knoblauch und Kartoffelscheiben hinzu und ließ alles ca. 5 Minuten bei mittlerer Hitze braten. dann gab ich Chorizo und Eimasse in die Pfanne und ließ sie weitere 5 Minuten bei mittlerer Hitze stocken. Herr H. hatte den Backofen auf 200°C (Umluft 180°C) vorgeheizt. Es hieß wir dürften ihn benutzen, wenn wir darauf achteten, uns nicht die Finger an der Bedienblende zu verbrennen und da der Servicetechniker erst am Dienstag kommen wird, blieb uns nichts anderes übrig. Ich schob die gestockte Tortilla in den Backofen und ließ sie in 20 Minuten goldbraun backen. Herr H. hatte inzwischen den Spargel (500 g) geschält, Butter und Olivenöl in der anderen Pfanne erhitzt, den leicht gezuckerten und gesalzenen Spargel eingelegt und die Temperatur nach kurzem Anbraten reduziert. Nach ca. 12 Minuten war der Spargel perfekt im eigenen Saft gegart, ganz ohne Alufolie oder ohne im Wasser seinen herrlichen Geschmack zu verlieren. Ich richtete Tortilla und Spargel auf vorgewärmten Tellern an und lauschte, während Herr H. waltete, dem immer lauter werdenden Knurren meines Magens.

tortilla 10Fazit: Herr H. hatte mit seiner Wahl wieder einmal den richtigen Riecher bewiesen. Die Kombination von Spargel und Tortilla empfanden wir beide als überaus gelungen! Wie gut, dass es ihn noch ein paar Wochen geben wird. Aber auch solo war die schlichte Tortilla ein absoluter Hochgenuss. Oft braucht es eben nur wenige Zutaten, um ein vortreffliches Gericht zuzubereiten. Es tut gut, sich von Zeit zu Zeit daran zu erinnern.

Aus: Die Welt in Lafers Küche Johann Lafer, Michael Wissing (Konzeption)