Umweg oder Abkürzung?

Kartoffelgnocchi mit Lachs und Gorgonzola 7

Hätte mir vor ein paar Jahren jemand erzählt, ich würde mich für ein schlichtes Gratin erst einmal hinstellen und Gnocchi selbst zubereiten, hätte ich ihn nur ungläubig angestarrt. Solche Umwege für eine Art Kartoffelgratin? Ich hätte die Gnocchi kurzerhand durch schlicht gegarte Kartoffelwürfel ersetzt und es damit gut sein lassen. Warum Umwege nehmen, wenn auch die Abkürzung zu einem ähnlich guten Ergebnis führen kann? Inzwischen bin ich beim Abkürzen vorsichtiger und ich vermutete, dass ich mir durch das Abgekürze so einiges durch die Lappen habe gehen lassen. Alter scheint tatsächlich weiser zu machen. Zeit, die man in die Zubereitung eines wunderbaren Essen investiert, ist niemals verschwendet. Und ich bezweifele sogar, dass man sie überhaupt verschwenden kann. Denn letztlich ist sie doch nur ein menschengemachtes Konstrukt. Aber das ist an dieser Stelle ein zu weites Feld. Besinnen wir uns auf das Wesentliche.

Für die Gnocchi (nach diesem Rezept):

  • 300 g Kartoffeln (ich: Linda), in der Schale gegart)
  • 30 g Weichweizendunst
  • 30 g Kartoffelstärke
  • 2 Eigelbe (ich: 1 kleines Ei)
  • 20 g entwässerter Sahne-Quark
  • 15 g Parmesan, fein gerieben
  • Salz, schwarzer Pfeffer, Muskat

Gnocchi Serie

Ich gab die gegarten Kartoffeln für ca. 20 Minuten in einem Sieb in den auf 95°C Umluft vorgeheizten Backofen. Danach durften sie ein wenig abkühlen, bevor ich sie (noch warm) pellte und abwechsenld mit Gries und Stärke durch die Kartoffelpresse in eine Schüssel gab. Herr H. gab das Ei und Parmesan hinzu, würzte mit Salz, Pfeffer und Muskat und ballte den Teig kurz zusammen. Ich formte etwa fingerdicke Rollen daraus. Herr H. schnitt ca. 2 cm lange Stückchen davon ab und rollte sie über die Gabel. Die fertig geformten Gnocchi durften auf einem begriesten Tuch lagern. Hätte mich mein Gedächtnis nicht im Stich gelassen, hätte meine Gnocchi dieses Mal sicher eine hübschere Form gehabt. Hier gibt es eine wirklich gute Video-Anleitung. Nächstes Mal. Ich garte die Gnocchi portionsweise in leise siedendem Salzwassser und schreckte sie anschließend eiskalt ab. So lassen sie sich später leichter voneinander lösen.

Für die Velouté:

  • 1 Schalotte, fein gehackt
  • Olivenöl zum Anschwitzen
  • 300 g Geflügelfond
  • 100 g Sahne
  • 10 g Maisstärke, in 4 EL Fond gelöst
  • 50 g Gorgonzola
  • 1 Eigelb

Außerdem:

  • 300 g Brokkoli, in Röschen zerteilt, 2 Minuten blanchiert
  • 200 g Lachsfilet (ich: 100 g geräucherter Lachs)
  • 50 g Gorgonzola
  • (ich: ca. 200 g Minitomaten, halbiert)

Velouté Serie

Ich schwitzte die Schalotte in wenig Öl farblos an, goss Sahne und Fond hinzu und ließ alles einmal kurz aufkochen. Dann rührte ich die gelöste Stärke ein, zog den Topf vom Herd und ließ den Gorgonzola in der Flüssigkeit schmelzen. Herr H. rührte danach das Eigelb rasch mit dem Schneebesen unter. Ich hatte den Backofen auf 200°C vorgeheizt, die Auflaufformen gebuttert und Gnocchi, Brokkoli, Tomatenhälften und Lachsstückchen eingeschichtet. Herr H. verteilte die Velouté auf die beiden Formen, bröckelte den restlichen Gorgonzola darüber und schob die Formen für ca. 20 Minuten in den Backofen. Während der kurzen Wartezeit räumten wir schon einmal die Küche auf, ein echter Vorteil von Ofengerichten.

Kartoffelgnocchi mit Lachs und Gorgonzola 1

Fazit: Beim ersten Lesen des Rezepts war ich einigermaßen skeptisch gewesen, ob in soviel Velouté gratinierte Gnocchi nicht nur einfach zu einer formlosen Masse zerfallen würden. Wie gut, dass ich die Zweifel beherzt zur Seite schob und es einfach ausprobierte. Die gratinierten Gnocchi waren eine echte Offenbarung. Die letzte des vergangenen Jahres. Außen knusprig, innen cremig. Kartoffelwürfel sind in diesem Fall absolut kein Ersatz. Herr H. stimmte mir voll und ganz zu und verlangte sogleich, das Gericht im wöchentlichen Speiseplan aufzunehmen. Ich hoffe, er vergisst das ganz schnell wieder.

Aus: Kartoffeln – Das Kochbuch Achim Schwekendiek, Barbara Lutterbeck

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Spannenlanger Hansel, nudeldicke Deern

dill ravioli 1Am letzten Freitag auf dem Markt erblickte ich wundervolle, kleine und vermutlich aromatische Erdbeeren. Ich fragte den Verkäufer, ob ich einmal probieren könne. Selbstverständlich, meinte er und wollte mir die großen, extra-süßen Erdbeeren reichen. Ich schüttelte den Kopf, nein, ich wolle die kleinen. Er grinste, beugte sich etwas  vor und sagte mit gesenkter Stimme, dass das auch seine Lieblings-Erdbeeren seien, aber die meisten würden eben eher die großen wollen. Ich ließ mit ein Kilo einpacken und erblickte aus dem Augenwinkel herrlichen Grünspargel. Noch etwas, fragte er. Nein, sagte ich, den Spargel würde ich beim nächsten Mal mitnehmen, es sei ja noch Zeit. Er aber klärte mich darüber auf, dass die Ernte für dieses Jahr, da sie so früh begonnen, schon fast vorbei sei. Sicher würde es noch bis zum 24. Juni welchen geben, aber der Preis würde deutlich steigen. Mehr musste er nicht sagen. Und ich wusste auch schon genau, wer ihn begleiten würde.

Für die Dill-Ravioli-Teig (ca. 26):

  • 100 g 405er Weizenmehl
  • 40 g Weizendunst (oder Hartweizenmehl)
  • 1 kleines Ei, 1 Eigelb
  • 1 TL Olivenöl
  • 10 g Dill (ich: TK)
  • 1 Pr. Salz
  • evtl. 1-2 EL Wasser

teigserie 2Ich verknetete alle Zutaten für den Teig ca. 10 Minuten von Hand und stellte ihn abgedeckt für 2 Stunden kalt. Den Dill in den Teig zu geben ist eigentlich nur eine optische Spielerei, er würde sich sicher auch in der Füllung gut machen und ich war nicht sicher, ob das eher zarte Dill-Aroma das Kochen überleben würde. Herr H., der inzwischen zurückgekehrt war, blickte sich neugierig in der Küche um, konnte aber auf Anhieb keine Anhaltspunkte für das Abendessen finden. Er sah mich leicht enttäuscht an, weil er vermutete, einen weiteren unentschlossenen Freitagabend vor sich zu haben, an dem das Essen in der Regel erst gegen 22h auf dem Tisch steht. Ich erklärte ihm daraufhin meinen Plan.

Für die Ravioli-Füllung:

  • 150 g geräucherten Lachs, am besten leicht angefroren
  • 100 g Ricotta oder Frischkäse
  • 25 g alter Ingwer-Gouda (oder Parmesan), gerieben
  • Abrieb 1/4 Zitrone
  • 10 g Dill
  • schwarzer Pfeffer, evtl. etwas Salz

füllung serieIch gab alle Zutaten in den Zerkleinerer und ließ ihn kurz laufen, bis eine homogene, aber noch leicht stückige Masse entstanden war. Dann rollte ich den Teig mit der Maschine portionsweise bis Stufe 7/9 aus, stach Kreise (ca. 8cm) mit dem Gebiss aus und füllte die einzelnen Scheiben mit einem guten TL Füllung. Dieses Mal musste ich den Rand mit etwas Wasser bepinseln, da mein Teig recht trocken geraten war. Die fertigen Ravioli parkte ich auf einem mit Dunst bestreuten Tuch. Nun kam die schwierigste Phase. Natürlich hätte man die gekochten Ravioli einfach in zerlassener Butter schwenken können. Aber zum Spargel schwebte mir eine cremige Sauce vor.

Für die Rahm-Senf-Sauce:

  • 200 g Spargelkochwasser (500 g grüner Spargel in ca. 200 g Wasser knapp gegart, Wasser aufgefangen, Spargel warm gehalten)
  • 1 EL Butter (ca. 10 g)
  • 1 kleine Schalotte, fein gewürfelt
  • 1 großzügiger TL Djion-Senf
  • 50 g Riesling
  • 1/4 TL Kurkuma
  • 100 g Sahne
  • 1 knapper TL Pfeilwurzstärke in 1 EL Wasser gelöst
  • Salz, schwarzer Pfeffer

senfsosse serieIch schwitzte die Schalotte in der Butter glasig, fügte Senf, Kurkuma und den Riesling hinzu und ließ ihn fast vollständig reduzieren. dann goss ich das Spargelwasser an, ließ es etwa um die Hälfte einkochen und siebte die Zwiebeln ab. Ich gab die Sauce zurück in die Pfanne, fügte Sahne, Salz, Pfeffer und gelöste Pfeilwurzstärke hinzu und ließ sie noch einige Minuten köcheln, bis sie eine feine, sämige Konsistenz hatte. Die Pfeilwurzstärke hatte ich einst irrtümlicherweise gekauft, um Eismassen damit zu binden. In Saucen macht sie sich wesentlich besser. Die fertige Sauce bildet keine Haut (wie die Bechamelsauce) und hat eine sehr feine Textur. Herr H hatte inzwischen die Ravioli portionsweise 4 Minuten in Salzwasser gegart und in zerlassener Butter geschwenkt.

dill ravioli mit detailsFazit: Absolut stimmig! Selbst der Dill im Ravioliteig schmeckte nach dem Kochen noch leicht durch. Die Füllung war cremig, zart rauchig und frisch und die Senf-Sauce sowohl zum Spargel als auch zu den Ravioli sehr fein. Wir lehnten uns beide nach dem Essen glücklich und zufrieden zurück und Herr H. merkte lobend an, dass ich langsam dabei sei, meine Kompositions-Schwäche zu überwinden.