Ein gemeinsamer Nenner

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Auch am Ende diesen Jahres haben mehr oder weniger verwandte Menschen urplötzlich aus vollkommen unbekannten Gründen das Bedürfnis nach Zusammenkünften jeglicher Art. Herr H. und ich hocken zwar in der Regel am liebsten vor dem eigenen Herd, aber auch unser Kalender füllte sich plötzlich mit Terminen der familiären und weniger familiären Zusammenkünfte. Kurz vor Ablauf sollte es doch möglich sein, jedenfalls einmal alle an einen Tisch zu bringen. Da gibt es auf einmal das Bedürfnis nach Weihnachtsfeiern, Adventskaffees bei Oma oder Start der Grünkohlsaison bei der Schwester. Es ist schwer, es immer jedem Recht zu machen, da mit großer Wahrscheinlichkeit nie der Geschmack aller getroffen werden kann. Schön, wenn man Basisrezepte zur Hand hat, die so leicht individuell angepasst werden können. Galettes eignen sich hervorragend für Spielereien und dürften mit unterschiedlichen Belägen die verschiedensten Geschmäcker zufriedenstellen. Herr H. und ich starteten vegetarisch.

Für die Süßkartoffel-Galettes (9 à ca. 10 x 10 cm):

  • ca. 500 g Süßkartoffeln, ganz und ungeschält
  • 250 g Blätterteig (ich: von diesem)
  • 1 Ei, leicht verschlagen
  • 100 g Sauerrahm
  • 100 g Ziegenhartkäse, je nach Beschaffenheit gerieben oder zerbröselt
  • 2 EL Kürbiskerne
  • 1 mittelscharfe Chilischote, von den Samen befreit und fein gehackt (ich: weg gelassen, keine da)
  • 1 El Olivenöl
  • 1 kleine Knoblauchzehe, geschält
  • 2 TL gehackte glatte Petersilie
  • Fleur de Sel und schwarzer Pfeffer

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Herr H. heizte den Backofen auf 200°C vor, legte die Süßkartoffeln in eine ofenfeste Form und ließ sie ca. 35 Minuten knapp gar backen. Die Backzeit hängt natürlich von der Größe der verwendeten Süßkartoffeln ab. Im Zweifelsfall sollte man den Gargrad bei kleinen Exemplaren vorher prüfen. Sie sollten in der Mitte noch eher fest sein. Nachdem sie abgekühlt waren, pellte er sie und schnitt er sie in ca. 3 mm dünne Scheiben. Ich hatte derweil Knoblauch, Salz, Pfeffer und Petersilie grob gemörsert und mit dem Olivenöl vermengt. Nun stellte ich die übrigen Zutaten bereit und rollte den aufgetauten Blätterteig ca. 2 mm dünn aus.

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Daraus schnitt ich mit einem scharfen Messer Quadrate à ca. 10 x 10 cm, die ich stippte und auf einem mit Backpapier belegten Blech erneut für 30 Minuten kalt stellte. Dann bestrich ich die Quadrate mit Sauerrahm, drapierte die Süßkartoffelscheiben und Kürbiskerne darauf und streute den Käse darüber. Nun durften sie ca. 25 Minuten ebenfalls bei 200°C backen. Meine Befürchtung, der Blätterteig könne sich mit einem derart „schweren“ Belag nicht richtig entfalten war indes vollkommen überflüssig gewesen. Ich löffelte je etwas Pesto auf die noch heißen Galettes und reichte sie Herrn H. ins Atelier. Wer mag, serviert zu den Galettes einen frischen grünen Salat. Da keiner im Haus war, verzichteten wir darauf.

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Fazit: Und wir vermissten ihn ehrlich gesagt auch nicht. Die Galettes waren wunderbar knusprig, der Belag aus Süßkartoffeln, Ziegenkäse, Kürbiskernen und Pesto sehr stimmig, obwohl ich sicher bin, dass einige Chiliwürfel noch einen interessanten Dreh ergäben hätten. Die Galettes können nach dem Abkühlen ca. 1 – 2 Tage im Kühlschrank aufbewahrt und kurz vor de Servieren noch einmal aufgeknuspert werden und eignen sich somit auch bestens als kleine Vorspeise im Rahmen eines der nun kommenden festlichen Menues. Unser Blätterteigvorrat ist damit nun leider aufgebraucht. Zeit, wieder einen neuen anzulegen. Der „Inversée“ ist wirklich der absolut beste, den ich je gekostet habe und sein Backverhalten tadellos. Die „Arbeit“, ihn herzustellen, ist definitiv gut investiert.

Aus: Das Kochbuch Yotam Ottolenghi

 

Zehrpfennig* oder Königsbrot?

galette 10 - klWas genau es mit den Heiligen Drei Königen, die in der Weihnachtsgeschichte des Matthäus-Evangeliums als Sterndeuter Erwähnung fanden, auf sich hat, ist mir auch nach ausgedehnter Recherche nicht ganz klar geworden. Hat es die Magier aus dem Osten wirklich gegeben? Sind sie wirklich einem Stern gefolgt, der ihrem Verständnis nach die Geburt eines Königs ankündigte? Oder sind das alles nur Legenden? Ich vermag das, als relativ atheistische Protestantin, nicht herauszufinden. Klar ist, dass sich aufgrund dieser Legenden in Deutschland der Brauch des Dreikönigssinges am 6. Januar des Jahres herausbildete. Der letzlich den nicht besonders heiligen Hintergrund hatte, sich in der kalten Jahreszeit ein Zubrot zu verdienen, den „Zehrpfennig“. In anderen europäischen, eher katholisch geprägten Ländern hingegen, wurde mit einem exquisiten Gebäck tatsächlich der Ankunft des Königs gehuldigt und auch wenn Herr H. noch ein ganzes Quentchen atheistischer ist als ich, verlangte er nach dem „Kuchen“.

Für den Blätterteig inversée (Grundrezept folgt), 2 Scheiben à 16cm:

Butterteig:

  • 94 g Butter
  • 37,5 g Weizenmehl 550er

Wasser-Mehl-Teig:

  • 87,5 g Weizenmehl 405er
  • 4 g Fleur de Sel
  • 29 g Butter
  • 37,5 g Wasser
  • 0,5 g Essig

Ich knetete beide Teige zunächst zügig von Hand, formte sie zu einem flachen Ziegel und legte sie verpackt für 2 Stunden in den Kühlschrank. Dann, sehr zu meinem Erstaunen, da ich die Herstellung dieses Teiges von Felder anders kenne, verknetete ich beide Ziegel miteinander und gab ihnen zwischen Frischhaltefolie die erste doppelte Tour. Zwei Stunden Kühlung später die zweite doppelte und 2 Stunden darauf die letzte, einfache Tour. Nun war der Teig gebrauchsfähig. Er kann jedoch auch 2 Tage im Kühlschrank oder mehrere Monate im Eis aufbewahrt werden.

Für die Mandelcreme (Frangipane) mit Kokosnuss und Limettenschalen:

  • 37,5 g Puderzucker
  • 19 g gemahlene Mandeln
  • 19 g gemahlene Kokosnuss
  • Schale 1/4 Limette, fein gehackt
  • 3,5 g Stärke
  • 30 g Butter
  • 22,5 g Ei
  • 3,5 g brauner Rum
  • 1 g frischer Ingwer, fein gerieben
  • 80 g Crème pâtissière

frangipane serieWährend Herr H. die übrigen Zutaten bereit stellte, rührte ich die Butter cremig. Dann gab er die trockenen Zutaten zur Butter, ich rührte sie unter und anschließend das Ei ein. Es folgten Rum und Ingwer und zuletzt die Crème pâtissière. Die fertige Crème deckte ich auf der Oberfläche mit Frischhaltefolie ab und stellte sie bis zum nächsten Tag kalt.

Für den karamellisierten Vanillesirup:

  • 37,4 g feiner Zucker
  • 2 Scheiben Ingwer
  • 2 Jamaikapfefferkörner (ich: Kubeben), angestoßen
  • 1/4 Vanilleschote (ich: 1/2 TL Vanilleessenz)
  • 82,5 g Wasser
  • 37,5 g Bananenpüree
  • 5 g brauner Rum
  • 10 g Zitronensaft

karamellisierter vanille sirup serieIch ließ zunächst den Zucker bei milder Hitze bernsteinfarben karamellisieren. Dann gab ich Ingwer und Pfeffer hinzu und 5 Sekunden später das Wasser. Als ich das zum ersten Mal machte, hatte ich mächtig Angst. Was würde wohl passieren, wenn man kaltes Wasser in ca. 160°C heißen Zucker gibt? Diese Angst war völlig unbegründet. Es zischt und brodelt im ersten Moment zwar furchteinflößend, aber dann löst sich der erstarrte Zucker sogleich wieder. Ich gab Bananenpüree, Rum und Zitronensaft hinzu, ließ alles kurz aufkochen und gab den Sirup durch ein Sieb in eine Schale. Er schmeckte genauso köstlich, wie er roch.

Für die karamellisierte, gebratene Ananas:

  • ca. 375 g Ananas (ich: halb Ananas, halb Mango)
  • karamellisierter Vanillesirup

ananas-mango-karamelliserter vanillesirup serieIch heizte den Backofen auf 220°C vor, legte Ananas- und Mangostücken in eine Auflaufform und gab den Sirup darüber. Dann schob ich sie in den Backofen und ließ sie ca. 30 Minuten braten. Dabei beträufelte ich sie regelmäßig mit Sirup. Nach dem Abkühlen ließ ich die Früchte eine gute Stunde abtropfen und bewahrte sie dann kalt auf.

füllen serieAm nächsten Tag, Herrn H. hatte es leider wieder ins Büro verschlagen, rollte ich den Blätterteig ca. 5mm dünn aus. Ich legte den 16er Tortenring auf und fuhr senkrecht mit einem scharfen Messer darum herum. Das exakt senkrechte Schneiden ist für das später Aufblättern des Randes sehr wichtig. Ich wickelte beide Scheiben ein und kühlte sie eine weitere halbe Stunde. Dann legte ich die etwas dickere Scheibe auf ein mit Backpapier bespanntes Blech, drückte eine 12er Schüssel kurz an, um eine Markierung für die Crème zu haben und trug die Crème mit der angefeuchteten Palette ca. 1,5cm dick auf. Nun schnitt ich eine Mangohälfte in 3mm dünne Scheiben und legte sie auf die Crème. Ich befeuchtete den Rand der Galette vorsichtig mit wenig Wasser (damit der Deckel besser klebt). Es sollte nicht am Rand hinab rinnen, da der sonst nicht so schön blättert. Ich zog die zweite Teigplatte vorsichtig noch ein wenig auseinander, legte sie auf und drückte sie rundherum gleichmäßig fest an. Nach einer weiteren halben Stunde Kühlung schnitt ich den Rand ringsherum im Abstand von 1,5cm ein, während ich in jeden Zwischenraum mit der Fingerspitze eine Mulde drückte. David hat ein erklärendes Bild dazu. Ich bestrich die Oberfläche der Galette dünn mit verquirltem Ei und buk sie knapp 40 Minuten bei 180°C. Fast die ganze Zeit drückte ich mir die Nase an der Backofenscheibe platt. Ich hatte wenig Hoffung, dass der Teig tatsächlich blättern würde, so suspekt war mir die Art der Teigzubereitung gewesen.

galette 12 -klFazit: Zum Glück erwiesen sich meine Sorgen als völlig überflüssig. Ich beobachtete mit Staunen, wie der Rand mehr und mehr blätterte. Nach dem Backen ließ ich die Galette im Flur abkühlen. Als Herr H. sie bei der Heimkehr entdeckte, freute er sich riesig, dass sie so gut gelungen war. Nach dem ersten Bild schnitt ich ein Stückchen ab und seufzte, der Boden war leider nicht ganz so perfekt durchgebacken wie der Rand. Vielleicht hilft es tatsächlich, den Ofen zunächst auf 230°C hochzuheizen und ihn erst beim Einschieben auf 180°C zurückzuschalten. Geschmacklich machte sich dieser kleine Fehler nicht bemerkbar. Die Galette knusperte, die Crème mit Limette und Kokos und der karamellisierten Mango war herrlich frisch und alles passte wie immer bei Hermé bestens zusammen. Aber ob das nun königstauglich wäre, vermag ich nicht zu sagen.

Aus: PH10 Pièrre Hérme

*Zehrpfennig