Das war Ostern. Schön ist es gewesen. Der Frühling gab am Samstag einen kurzen Vorgeschmack auf das, was in den nächsten Wochen kommen wird. Doch Herr H. und ich nutzten das herrliche Wetter nicht etwa für eine ausgedehnte Radtour oder eine Wanderung, sondern für einen Besuch im Elektrofachmarkt des Vertrauens. Es war schon vorher klar, dass wir nicht unter drei Geräten davon kämen. Eines von ihnen war der lange angedachte Vakuumierer. Der sich rasch ausbreitende Gefrierbrand auf der kostbaren Schätzen im Eis hatte mich schon länger sehr gestört. Als wir am Sonntag heimkehrten, räumten wir sogleich den gesamten Inhalt des Gefrierschranks aus, vakuumierten, was das Zeug hielt und legten gleichzeitig eine Inventarliste an. Ich hoffe, dass die nötige Disziplin zum Aktualisieren dieser Liste nicht allzu schnell erlahmen wird. Denn den Inhalt des Schranks zu überblicken, ohne ihn stundenlang zu öffnen und zu durchforsten, ist schon eine verdammt feine Sache. Unter den aufgetauchten Schätzen aus dem Eis befand sich auch ein vollkommen „vergessenes“ Perlhuhn, dass wir sogleich über Nacht zum Auftauen in den Kühlschrank legten. Es geht doch nichts über ein unerwartetes, feines Hühnergericht am Ostermontag.
Für den Perlhuhnjus:
- Karkasse eines Perlhuhns, von allzu fetten Zonen befreit, grob zerteilt
- 2 kleine Möhren, fein gewürfelt
- 1 Scheibe Knollensellerie, fein gewürfelt
- 1 kleine Zwiebel, fein gewürfelt
- 1 TL Tomatenmark
- Stiele von 1 Bund Petersilie, grob gehackt
- 2 Lorbeerblätter
- 300 g Rotwein
- 300 g Wasser
- 1 – 2 Tropfen Trüffelöl
- ca. 20 g kalte Butter, gewürfelt
- Salz, schwarzer Pfeffer
Herr H. röstete Karkasse, Wurzelwerk, Zwiebel und Tomatenmark im Backofen bei 200°C ca. 15 – 20 Minuten an, bis die Knochen Farbe anzunehmen begannen. Er nahm den Bräter heraus, stellte ihn auf die Platte und gab Petersilienstiele, Lorbeer, Wein und Wasser hinzu. Nach dem Aufkochen ließ er alles ca. 45 Minuten sanft köcheln. Anschließend passierte er die Flüssigkeit durch das feinste Sieb, gab sie zurück in den gereinigten Topf und reduzierte sie auf ca.100 ml. Er zog den Topf vom Herd, band den Jus mit stückchenweise eingerührter kalter Butter und schmeckte mit Salz, Pfeffer und Trüffelöl ab. Den fertigen Jus hielt er warm.
Für die Füllung der Perlhuhnbrüste:
- 50 g vorgegarte Maronen
- 2 EL Frischkäse
- 1 TL Panko
- 1/4 TL Fenchel, gemahlen
- Salz, einige Paradieskörner, gemahlen (alternativ schwarzer Pfeffer)
- 1 – 2 EL Eiweiß
Die Idee zur Füllung kam mir beim Stöbern im Lieblingskochbuch*. Ich gab alle Zutaten in den Zerkleinerer und ließ ihn laufen, bis die Masse mittelfein zerkleinert war. Die Konsistenz sollte eher etwas fester sein. Das Eiweiß dient der Stabilisierung beim Garen. Da eine Perlhuhnbrust nicht so dick ist, dass man sie zum Füllen einschneiden kann, beschloss ich, die beiden einfach aufeinander zu legen und die Füllung dazwischen zu streichen. Fixieren wollte ich alles mit einigen Streifen Lardo.
Ich legte die Lardo-Scheiben überlappend auf eine flexible Schneidematte, legte die erste Brust ins untere Drittel, verteilte die Füllung darauf und legte die zweite Brust darüber. Nun kam der kniffelige Teil. Der hauchfein geschnittene Lardo war nicht besonders reißfest. Vorsichtig legte ich den kürzeren Teil der Scheiben auf das Huhn und rollte es sehr, sehr langsam weiter auf. Ich hatte Glück, nur eine Scheibe wies danach einen winzigen Riss auf. Herr H. briet das Päckchen allseitig in einem Hauch Olivenöl an, bis der Lardo appetitlich gebräunt war. Dann legte er es auf einen vorgewärmten Teller in den auf 100°C vorgeheizten Backofen. Es dauerte ca. 15 Minuten, bis die Brust eine Kerntemperatur von 70°C hatte. Ich hatte inzwischen die übrigen „Elemente“ fertig gestellt.
Für das Perlhuhnschenkel-Ragout:
- 2 Perlhuhnschenkel und Flügel, gebraten, abgekühlt
- 150 g gelbe Zuccchini, grob gewürfelt
- 150 g gelbe Möhre, in Scheiben geschnitten
- einige EL Jus (s. o.)
- etwas Süßrahmbutter
- Salz, schwarzer Pfeffer
Ich garte zunächst Möhre und dann Zucchini in wenig Olivenöl, sie sollten dabei noch Biss behalten. Dann gab ich das ausgelöste, grob gehackte Fleisch und den Jus hinzu und ließ alles kurz köcheln. Schließlich band ich mit wenig kalter Butter, schmeckte mit Salz und Pfeffer ab und stellte das Ragout warm.
Für die karamellisierten Kartoffeln und Maronen:
- 300 g kleine Kartoffeln (Drillinge), in den Schale gegart, abgekühlt
- 50 g vorgegarte Maronen
- 1 TL Zucker
- Salz
Nachdem ich die Kartoffeln gepellt hatte, erhitzte ich ewas Olivenöl in den Wokpfanne, gab die Kartoffeln hinzu und ließ sie einige Minuten bei mittlerer Hitze braten. Dann gab ich die Maronen in die Pfanne, streute den Zucker darüber und ließ alles braten, bis die Kartoffeln leicht gebräunt waren. Herr H. schmeckte mit etwas Salz ab und stellte die vorgewärmten Teller zum Anrichten bereit.
Fazit: Nachdem er auf die Schnelle wenige Bilder gemacht hatte, ja, auch wir sind keine Fans von kaltem Essen und das auf den Bilder festgehaltene Essen ist stets auch das, was schließlich in unseren Mägen landet, konnten wir endlich kosten. Die gefüllte, Lardo-umwickelte Brust war wunderbar zart und nicht einmal ansatzweise trocken. Die Füllung passte bestens, besonders die feine Fenchelnote gefiel mir sehr. Kartoffeln und Ragout begleiteten sie würdig und ich bin fast ein wenig traurig, dass ich in Zukunft wahrscheinlich nicht mehr so häufig auf unvermutete, da vergessene, Perlen aus dem Eis stoßen werde. Das ist eben der Preis für die „Ordnung“.
* Das Lexikon der Aromen- und Geschmackskombinationen Karen Page, Andrew Dornburg
weitere Inspiration aus: Olivenöl Das Kochbuch Bastian Jordan, Fotografie: Daniel Esswein