Schnaufend stellte Herr H. seinen Rucksack auf dem Küchenstuhl ab. Er hatte in der Bücherhalle fette Beute gemacht und kulinarische Werke wiegen zumindest realiter einiges. Ich machte mich sogleich über die neuen Schätze her und staunte nicht schlecht. „Kochen mit Schokolade„. Solch ein Buch hätte ich wahrscheinlich gleich links liegen gelassen, da die Rezepte in so betitelten Werken meist unharmonisch und an den Haaren herbei gezogen wirken. Ganz anders verhielt es sich bei diesem Exemplar. Es wird nicht bei der Verwendung von Schokolade gegeizt, unter jedem Rezept gibt es eine ausführlich begründete Weinempfehlung und direkt beim ersten Blättern sprangen mich die tiefbraunen Gnocchi an. Soviel Kakao ohne Zucker? Das konnte ich mir partout nicht vorstellen. Gleich am nächsten Abend probierten wir es aus.
Für die Kakao-Gnocchi:
- 400 g Kartoffeln, in der Schale gegart
- 1 TL Butter
- Schokoladensalz (ich: Meersalz)
- 1 Ei (ich: 1 Eigelb)
- 50 g Weizenmehl 550er
- 15 g Kakaopulver, stark entölt (ich: Criollo)
- 1 EL Kakao-Nibs
Wer häufiger backt, weiß, dass 15 g Kakaopulver eine stattliche Menge ist. Ich schluckte, als ich das Pulver zu den gepellten, ausgedampften, durchgepressten Kartoffeln gab. Herr H. stubste mich an. Also gab ich die restlichen Zutaten in die Schüssel und verknetete alles rasch zu einem recht weichen Teig. Herr H. hatte indes die Arbeitsfläche begriest und schnitt die 2cm dicken Rollen, die ich darauf gerollt hatte, in 1cm lange Stücke. Ich rollte sie einzeln über die Gabel und lagerte sie auf einem ebenfalls begriesten Tuch. Dann garte ich sie portionsweise in leicht siedendem Salzwasser und schreckte sie eiskalt ab. Die fertigen Gnocchi werden vor dem Servieren noch in Kakaobutter (oder Butter) gebraten.
Für das Gemüse:
- 3 kleine Wildfenchel oder eine mittlere Fenchelknolle, Stängel geschält, in nicht zu kleine Stücke geschnitten
- 250 g grüner Spargel, unteres Drittel geschält, bis auf die Köpfe schräg in Scheibchen geschnitten
- 1/2 Spitzpaprika, feinst gewürfelt
- 1 kleine Schalotte, feinst gewürfelt
- Salz,
- Butter und Olivenöl zum Dünsten
- ca. 100 g Bio-Garnelen, vorgegart
Herr H. bereitete das Gemüse vor und hob Spargel- und Fenchelschalen und -abschnitte auf. Ich erhitzte das Butter-Olivenöl-Gemisch bei mittlerer Hitze, dünstete die Schalotte darin glasig und gab das restliche Gemüse bis auf die Spargelspitzen hinzu. Mit einer Prise Salz, reduzierter Temperatur, dann abgedeckt durfte es nun im eigenen Saft garen. Das dauerte ca. 15 Minuten. Nach 10 Minuten gab ich die Spitzen hinzu. Zum Schluss legte ich die Garnelen hinzu, um sie zu erwärmen. Die kleinen Wildfenchelknollen dufteten verführerisch. Dringende Kaufempfehlung! Ich hatte sie im Frischeparadies gefunden.
Für die Sauce mit weißer Kuvertüre:
- 1 kleine Schalotte, fein gehackt
- 1 Lorbeerblatt
- ca. 150 g Gemüsefond
- ca. 150 g Krustentierfond
- 70 g Sahne
- Mehlbutter zum Binden (ich: Pfeilwurzstärke)
- 20 g weiße Kuvertüre, grob gehackt
- 1 Schuss Weißwein
- 1/2 rote Spitzpaprika, feinst gewürfelt
- Schokoladensalz (ich: Meersalz)
- (ich: weißer Pfeffer, frisch gemörsert)
Im Buch wird der Krustentierfond aus den Schalen der Garnelen gekocht. Ich hatte leider nur bereits geschälte und vorgekochte Bio-Garnelen. Zum Glück wartete noch ein Glas Hummerfond auf seinen Einsatz im Vorrat. Herr H. hatte die Gemüseabschnitte in ca. 200g Wasser mit dem Lorbeerblatt ca. 20 Minuten sanft geköchelt und anschließend abgesiebt. Ich schwitzte die Schalotte in wenig Butter glasig, gab Gemüse- und Hummerfond hinzu und ließ alles bei mittlerer Hitze ca. auf 1/3 einreduzieren. Dann gab ich die Sahne und etwas Salz hinzu und ließ sie ebenfalls etwas einköcheln. Statt mit Mehlbutter band ich mit etwas in kaltem Wasser gelöster Pfeilwurzstärke und püriert die Sauce mit dem Stabmixer. Ich stellte den Topf zurück auf die Platte, gab Paprika, Kuvertüre und Weißwein hinzu und schmeckte mit weißem Pfeffer ab. Die Sauce schmeckte zwar leicht süß, hatte aber durch den Hummerfond ein sehr harmonisches Aroma. Herr H. hatte indes die Gnocchi gebraten. Es konnte angerichtet werden.
Fazit: Da ich keine besonders hohe Erwartung an dieses Gericht hatte, probierte ich neugierig, aber eher beiläufig. Und was soll ich sagen? Es war eine echte Überraschung, wie gut die weiße Kuvertüre mit den Garnelen und den Kakao-Gnocchi harmonierte. Herr H. schüttelte nach jeder neuen Kombination, Garnele mit Sauce, Sauce mit Gnocchi, Gemüse mit Sauce, Gemüse mit Gnocchi, etc, immer wieder ungläubig den Kopf. Das könne doch nicht sein, dass eine so abstruse Kombination so gut schmecke. Konnte es aber und aus diesem Buch wird ganz sicher noch viel mehr gekocht. Es lohnt, die Kuvertürevorräte beizeiten aufzustocken.
Aus: Kochen mit Schokolade Eberhard Schell, Michael Meisen