Handfeste Verlockung

Es ging in letzter Zeit eher ruhig hier auf dem Blog zu. Das lag absolut nicht daran, dass ich nicht mehr kochen und backen würde, allein es gab nicht viel Neues zu berichten. Nachdem wir bereits so viele verschiedene Rezepte, Zubereitungsarten und Dinge ausprobiert haben, greifen wir im Alltag gern darauf zurück. Wir müssen nicht mehr unbedingt an jedem Abend oder Wochenende neue kulinarische Horizonte auftun. Ich habe für mich entschieden, dass ich nur noch das verblogge, was mich wirklich nachhaltig begeistert, sprich was ich so oder so ähnlich immer wieder zubereiten würde. Ich hoffe, dass mir derlei in Zukunft wieder häufiger unterkommt, aber versprechen kann ich nichts. Den Anfang macht auf jeden Fall dieses schlicht anmutende Kotelett, dessen Einzug in unsere Küche wir Herrn H. neuem Heimweg verdanken, der ihn nun quasi direkt am Feinkostgeschäft vorbei führt. Eine ewige Verlockung…

Für das Schweinekotelett:

  • 2 Schweinekoteletts mit Knochen und Fettrand
  • je 1 Zweig Rosmarin und Thymian
  • 1 Knoblauchzehe, geschält, in dicke Scheiben geschnitten

Da unsere Koteletts in einem Stück kamen, schnitt ich sie als erstes zwischen den Knochen ansetzend in Scheiben. Herr H. hatte derweil den Backofen auf 80°C vorgeheizt. Ich legte die Koteletts auf den Rost und schob ihn über der Fettpfanne in den Backofen. Nach ca. 40 Minuten hatten die Koteletts eine Kerntemperatur von 52°C. Ich nahm die Koteletts aus dem Backofen und stellte sie mit der Fettseite aufrecht in eine auf knapp mittlere Hitze aufgeheizte Pfanne ohne weitere Fettzugabe. Nun brauchte es etwas Geduld. Herr H. und ich wechselten uns mit dem Aufrechthalten der Koteletts ab, zwei von ihnen wollten leider nicht allein stehen. Während Herr H. sie hielt, bereitete ich rasch den Rest des Essens vor. Siehe unten. Nachdem ca. die Hälfte des Fetts geschmolzen und sich eine appetitliche Kruste gebildet hatte, briet ich die Koteletts noch einzeln von beiden Seiten an und legte sie auf vorgewärmte Teller.

Für den Chicorée und das Finish:

  • 1 weißer Chicorée, Strunk entfernt, in feine Streifen geschnitten
  • 1 roter Chicorée (oder ein länglicher Radicchio), Strunk entfernt, in feine Streifen geschnitten
  • 1 Schalotte, fein gehackt
  • 20 g Butter
  • 2 Stiele Estragon
  • 150 – 200 g Kefir
  • Salz, schwarzer Pfeffer
  • Kartoffeln in der Schale gegart, gepellt, nach Belieben
  • Estragonöl zum Anrichten

Ich ließ die Butter in der Wokpfanne aufschäumen und schwitzte die Schalotte farblos darin an. Nun gab ich den Radicchio hinzu und ließ ihn einige Minuten garen. Dann gab Herr H.  den Chicorée ebenfalls in die Pfanne. Nach einer Minuten füllte ich das Gemüse in eine Schüssel, würzte mit Salz, Pfeffer und 1 – 2 TL Estragonpüree (übrig von der Ölherstellung) und goss den Kefir an. Nach dem Umrühren stellte ich fest, dass ein weiterer Schluck nicht schaden würde. Gedacht, getan. Das fertige Gemüse durfte nun im ca. 60°C warmen Backofen parken. Herr H. hatte derweil die Kartoffeln gekocht und anschließend gepellt. Endlich konnten wir essen. Doch nein. Da wir ein wenig eingerostet waren, vergaß ich, dass ja noch ein Fototermin aus stand. Also reichte ich den angerichteten Teller ins Studio und räumte wie üblich auf.

Fazit: Ich muss gestehen, dass ich mich nicht erinnern kann, je ein Schweinekotelett mit Knochen gekostet zu haben, umso gespannter war ich. Der erste Bissen inklusive Fettrand war ein absolute Offenbarung. Selten habe ich so delikates Fleisch genossen. Der leichte Bitternote von Chicorée und Radicchio passten wunderbar zum eher süßem Schweinefleisch und der frische, cremige Kefir rundete sie perfekt ab. Welch‘ Hochgenuss. Wieder einmal fielen im Laufe des Essen wenige Worte, dafür hörte man gelegentlich ein behagliches Brummen. Ein schöneres Kompliment für ein gelungenes Essen gibt es kaum!

Frei nach: Regional mit Leidenschaft Andi Schweiger

Eine gelungene Rezension und weitere Rezepte gibt es hier bei Susanne/ Magentratzerl

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Mais statt Mehl?

Die diesjährige Spargel-Saison wurde bei uns schon vor knapp vier Wochen eingeläutet. Nicht etwa mit der klassischen Hollandaise-Variante, die stand tatsächlich noch kein einziges Mal auf dem Tisch, was vielleicht daran liegen könnte, dass mir Buttercreme gekühlt besser mundet, sondern mit einem himmlischen Spargel-Flammkuchen. Diesen hätte ich hier heute auch gern vorgestellt. Leider weigert er sich beharrlich, auf den Bildern seine fotogene Seite zu zeigen. Es ist wie verhext, aber wir bleiben am Ball. Versprochen. Spargel können wir zum Glück noch mindestens zwei Mal pro Woche essen. Alternativ, nach ungefähr dem 10. Flammkuchen, kam ich kürzlich auf die Idee, Mehl durch Polenta zu ersetzen. Herr H. schaute zwar etwas skeptisch, als er den Topf auf dem Herd sah, gab sich jedoch mangels Alternativen geschlagen und packte mit an.

Für die Polenta:

  • 100 g Bramata-Polenta
  • ca. 500 g Brühe-Milch-Mischung
  • 1 kräftige Pr. Salz
  • ca. 20 g Butter
  • ca. 20 – 30 g Parmesan, fein gerieben
  • Salz und schwarzer Pfeffer zum Abschmecken

Ich kochte die Flüssigkeit (hier Brühe und Milch 1:1) auf, gab eine Prise grobes Meersalz hinzu und ließ unter Rühren die Polenta einrieseln. Nachdem alles erneut aufgekocht war, legte ich den Deckel auf und reduzierte die Hitze auf ein sehr schwaches Köcheln. Insgesamt garte die Polenta auf diese Weise ca. 40 Minuten. Alle 10 Minuten rührte ich sie mit dem Schneebesen kräftig durch. Als die Polenta gegart war, rührte Herr H. Butter und Parmesan unter, schmeckte mit wenig Salz und Pfeffer ab und verteilte die Polenta mit Hilfe eines gebutterten 16er Tarterings auf einem mit Backpapier belegten Blech. Natürlich kann man die Polenta auch ohne Ring einfach aufstreichen. Alles eine Frage der Optik. Ich stellte das Blech für ca. 30 Minuten an einem kühlen Ort, damit die Polenta erstarren konnte.

Für den Belag:

  • ca. 100 g Ziegenfrischkäse mit etwas Öl oder Milch cremig gerührt
  • 1 rote Zwiebel, in dünne ringe geschnitten
  • 250 g grüner Spargel, geputzt, in ca. 2 cm lange Stücke geschnitten
  • 1 Handvoll Kirschtomaten, je nach Größe halbiert oder geviertelt
  • ca. 30 g Pecorino, gerieben
  • Salz, schwarzer Pfeffer
  • luftgetrockneter Schinken, zerkleinert, nach Belieben
  • Dill und Estragon, grob gehackt, nach Belieben

Als erstes bestreute ich die Zwiebelringe mit etwas Salz und stellte sie beiseite. Sie verlieren dadurch etwas von ihrer Schärfe und werden weicher. Dann gab ich den Spargel mit je 1 Prise Salz und Zucker und wenig Olivenöl in eine Schüssel und vermengte alles von Hand. Herr H. hatte inzwischen die übrigen Zutaten bereit gestellt und den Backofen auf 230° Umluft vorgeheizt. Ich bestrich die erstarrten Polenta-Rondelle mit der Ziegenfrischkäsecreme, legte je einige Zwiebelringe, Spargelstückchen und Tomatenhälften auf und streute Pecorino darüber. Nun durften die „Rondelle“ für ca. 17 Minuten in den Backofen wandern. Als ich das Blech wieder herausholte, konnte ich mich nur sehr, sehr schwer beherrschen, nicht gleich über sie herzufallen, so köstlich dufteten sie. Ich belegte sie mit etwas Schinken, streute ein paar Kräuter und überließ Herrn H. schweren Herzens den Teller.

Fazit: Meine Nase hatte mich nicht getrogen. Auch auf der Polenta machte sich die Mischung aus Spargel, Käse, Schinken und Kräutern ganz ausgezeichnet. Allein die Tomaten hätte es für meinen Geschmack nicht unbedingt gebraucht. Aber sie waren halt da und mussten weg. Herrn H. störten sie hingegen nicht im geringsten. Der Spargel war zudem auf diese Art perfekt gegart, ohne etwas von seinem grandiosen Geschmack einbüßen zu müssen. Im Wasser wird er bei uns schon seit Jahren nicht mehr gegart.

Wenn die Sonne unter geht…

Polentapizza 4

… dann muss man sie sich eben auf den Teller holen. So geschehen kürzlich. Diese köstliche Polenta-Kreation entstand aus einem Moment der vollendeten Planlosigkeit. Ich hatte den ganzen Nachmittag an einer neuen Torte gebastelt und die Zeit völlig aus den Augen verloren.Plötzlich stand Herr H. neben mir und sah mich hungrig an, was es denn zum Abendessen gäbe? Ich zucke sehr ratlos die Schultern und schlug nur spaßeshalber Polenta vor. Er klatschte völlig unerwartet begeistert in die Hände und lief sogleich zur Vorratskammer, um den Maisgrieß zu holen. Auf meine Frage, was es denn dazu gäbe, antwortete er bloß lapidar, darauf und nicht dazu. Ich ließ ihn machen und bereitete alles nach seiner Anweisung zu.

Für die Polenta:

  • 400 g Gemüsefond
  • 75 g Milch
  • 1 EL Olivenöl
  • Salz, schwarzer Pfeffer
  • 100 g Maisgrieß
  • 25 g Parmesan, fein gerieben

polenta serie

Ich kochte Fond, Milch und Olivenöl mit einer guten Prise Salz auf, ließ den Maisgrieß unter Rühren einrieseln und schaltete die Hitze nach erneutem Aufwallen auf ein Minimum zurück. Wer das nicht kann, kann den Topf auch bei 120°C in den Backofen stellen. Die Polenta sollte wirklich nur ganz sachte köcheln. Ich deckte den Topf ab und ließ die Polenta 30 Minuten köcheln, währenddessen rührte ich sie alle 10 Minuten einmal kräftig durch. Herr H. hob schließlich den Parmesan unter die fertige Polenta, schmeckt mit Salz und Pfeffer ab und strich sie zu Kreisen von 16 cm Durchmesser auf geöltes Backpapier. Das geht mit Hilfe eines Tarteringes hervorragend. Anschließend durfte sie erstarren.

Für die Hühnersauce:

  • ca. 130 g gekochtes Hühnchenfleisch oder Feta (hier nach dem Fondkochen von der Karkasse gezupft)
  • einige Zweige Estragon, Blättchen abgezupft
  • 2 – 3 EL Crème fraîche
  • 1 Pr. Currypulver
  • Salz, schwarzer Pfeffer

farce serie

Ich denke, es muss in diesem Fall nicht unbedingt Hühnchen sein. Ich hatte es halt vom letzten Fondkochen noch übrig. Das ausgekochte Fleisch sollte eher kräftig gewürzt werden, da das Aroma größtenteils in den Fond übergeht. Stattdessen kann man sicherlich auch eine Fetacreme mit Kräutern nach eigenem Gusto herstellen. Ich gab alle Zutaten in den Zerkleinerer und ließ ihn laufen, bis eine dickliche Paste entstanden war und stellte sie bis zur Verwendung kalt.

Für den Belag:

  • 1 gelbe Paprika, grob gewürfelt
  • 1 Frühlingszwiebel, in Ringe geschnitten
  • wenig Olivenöl
  • 1 TL Weißweinessig
  • Salz, schwarzer Pfeffer
  • 3 kleine Tomaten, in Scheiben geschnitten
  • 25 g Parmesan, fein gerieben.

füllenserie

Während die Polenta köchelte, hatte ich Paprika und Zwiebel in wenig Olivenöl angebraten, abgedeckt bei schwacher Hitze im eigenen Saft garen lassen und anschließend mit Essig, Salz und Pfeffer abgeschmeckt. Nun strich ich auf jede Polentascheibe etwas Sauce, legte Tomaten und Paprika auf und betreute alles mit Parmesan. Herr H. hatte den Backofen auf 220° Umluft vorgeheizt. Darin durften die Scheiben ca. 15 Minuten verweilen, bis sie appetitlich gebräunt waren. Inzwischen diskutierten wir die Frage, ob man das Gericht „Polenta-Pizza“ nenne dürfe. Dabei kam es leider zu keiner Einigung. Während eine Pizza für mich zwangsläufig einen knusprigen (Hefe-)Teigboden haben muss, um als solche durchzugehen, spielt das für Herr H. keine Rolle.

Polentapizza 1

Fazit: Wie auch immer man diese überbackenen Polentascheiben nennen mag, sie schmeckten uns auf jeden Fall fantastisch gut. Die Polenta war tatsächlich außen so etwas wie knusprig und innen herrlich cremig. Ich bin recht sicher, dass es dafür „echten“ Polentagrieß braucht, aber selbst der macht sich ja quasi von selbst. Herr H. bestand darauf, das Gericht in den wöchentlichen Turnus aufzunehmen und ich habe ausnahmsweise nichts dagegen. Das war bislang DIE Entdeckung des Sommers 2016. Ich bin schon sehr gespannt, was die Nichte heute Mittag dazu sagen wird.

Querbeet, quasi

Spargel mit Mikroelementen 1

Wie schön es wohl wäre, einfach aus der Haustür in den eigenen Garten stapfen zu können, zu schauen, was gerade nach Verwertung ruft und es dann direkt aus der Erde auf den Teller bringen zu können? Hach, manchmal bedauere ich es wirklich, in der Großstadt zu leben. Wobei die Sehnsucht nach dem eigenen Grün natürlich auch immer ein gewisses Maß an Verklärung beinhaltet. Es steckt soviel mehr Arbeit in einem Garten als man vermuten würde, vom Schädlingsbefall, dem Säen, vereinzeln, jäten, umgraben und zu großer Trockenheit, die man auch mit dauerhaftem Sprengereinsatz kaum verhindern kann, oder Nässe, die meist eine Schneckenwelle nach sich zieht, einmal ganz zu schweigen. Und ist etwas an Gemüse reif, dann meist in solch rauen Mengen, das man kaum weiß, was damit tun. Ich spreche quasi aus Erfahrung. Meine Eltern besitzen einen solchen Garten. Und so schön ich ihn auch finde, soviel habe ich darin auch schon gegraben, gejätet, dass ich weiß, dass das auf Dauer nichts für mich wäre. Zum Glück ist das Angebot im Feinkostgeschäft in der Großstadt recht umfangreich.

Für die Orangenreduktion:

  • Saft von 2 Blutorangen (ich: 1 große Orange)
  • 1 gehäufter TL tasmanischer Leatherwood-Honig (ich: Heide-Honig

Orangenreduktion Serie

Da tasmanischer Leatherwood-Honig gerade nicht zur Hand war, schlug Herr H. vor, guten kräftigen Heide-Honig zu verwenden. Einen so gewaltigen Unterschied könne das doch wohl nicht machen, oder? Ich stimmte zu, gab Orangensaft (durch ein feines Sieb) in eine kleine Sauteuse, erhitzte ihn und rührte den Honig ein. Nun durfte der Saft ca. 1 Stunde leise köchelnd reduzieren. Gelegentlich rührte ich kurz um und prüfte die Konsistenz. Sie passt, wenn sich beim Köcheln große Blasen zu bilden beginnen und die Konsistenz sirupartig wird.

Für die Orangen-Mayonnaise:

  • 1 Eigelb
  • 1 EL Sherry-Essig
  • 1,5 EL Orangensaft
  • 1 Msp. Senf
  • 1 Pr. Zucker
  • 1 Pr. Currypulver
  • Salz
  • ca. 40 g Sonnenblumenöl
  • einige Zweige Estragon
  • (ich: ca. 75 g Vollmilch-Joghurt + ca. 0,3 g Xanthan)

Estragon Orangen Majonaise Serie

Da weder Herr H. noch ich Freunde schwerer, öliger Mayonnaise sind, gab ich zunächst Eigelb, Senf, Essig und Gewürze in einen hohen Mixbecher und pürierte alles zu einer leichten Emulsion. Alle Zutaten sollten raumtemperiert sein. Anschließend pürierte ich peu à peu das Öl unter, gab Joghurt, Xanthan und einige Estragonblättchen hinzu und pürierte alles erneut, bis eine mittelfeste Creme entstanden war. Bis zur Verwendung stellte ich sie kalt.

Für die Garnelen:

  • ca. 180 g große Garnelen, nicht aufgetaut
  • je 20 g Möhren-, Lauch und Staudenselleriewürfel
  • 1 Schalotte, grob gewürfelt
  • 1 Lorbeerblatt
  • 1 Sternanis
  • ca. 1 l Wasser
  • etwas Olivenöl
  • 1 Pr. Currypulver

Scampis Serie

Ich kochte Gemüsewürfel und Gewürze mit dem Wasser kurz auf und ließ alles 10 Minuten leise köcheln. Dann gab ich die unter fließend Wasser angetauten Garnelen hinzu, kochte alles erneut auf und zog den Topf vom Herd. Nach 10 Minuten entnahm ich die Garnelen, trocknete sie ab und schnitt sie in der Mitte tief ein, so dass beide Hälften auseinanderklappen konnten. Herr H. briet sie auf der Schnittfläche in wenig Olivenöl kurz an bis sie leicht gebräunt waren. Er würzte mit wenig Curry und etwas Salz. Ich hatte währenddessen den Rest vorbereitet, so dass wir nun direkt servieren konnten.

Für den weißen Spargel, die Süßkartoffel-Pommes und das Finish:

  • ca. 500 g weißer Spargel, geschält
  • wenig Olivenöl
  • 1 Pr. Zucker
  • Salz
  • ca. 500 g Süßkartoffel, geschält, gestiftelt
  • wenig Erdnussöl
  • ca. 1 TL Weizengries
  • Salz
  • zwei Hand voll Wildkräuter-Salat
  • 1 Scheibe roher Schinken, gerollt, in dünne Röllchen geschnitten
  • etwas Estragon
  • 1 hart gekochtes Eigelb, zerbröselt

Makroelemente

Ich gab Spargel, Öl, Zucker und Salz in eine weite Pfanne, vermengte alles von Hand und ließ ihn abgedeckt im eigenen Saft ca. 15 Minuten köcheln. Gelegentlich überprüfte ich den Gargrad mit einem spitzen Messer. Den fertigen Spargel stellte ich abgedeckt beiseite. Herr H. hatte inzwischen die Süßkartoffelstifte ca. 3 Minuten blanchiert, gut abtropfen lassen und mit Erdnussöl, Gries und Salz auf dem mit Backpapier belegten Blech vermengt. Er schob das Blech in den auf 220° Umluft vorgeizten Backofen und ließ sie ca. 20 Minuten appetitlich bräunen. Ich richtete Spargel, Süßkartoffeln und Garnelen mit Orangenmayonnaise, -reduktion, einigen Wildkräutern, etwas Estragon, dem Eigelb und Schinkenröllchen an und geduldete mich wie üblich.

Spargel mit Mikroelementen 3

Fazit: Es fällt mir dieses Mal besonders schwer, nicht in überschwängliche Begeisterungsstürme auszubrechen angesichts dieses absolut himmlischen Tellers. Orangenreduktion- und Mayonnaise verbanden alle Bestandteile des Gerichts auf das Feinste. Jeder neu kombinierte Bissen eröffnete tatsächlich eine neue Welt. Allein der verblüffende Geschmack der einzelnen Wildkräuter wie Sauerklee, Schafgabe, Wegerich, Günsel und, was weiß, ich in Kombination mit den anderen Elementen war ein Gedicht. Herr H. äußerte erstaunt, dass er einen solchen Salat wirklich gern öfter essen würde und dass soll etwas heißen. Denn „normaler“ Salat kam hier in den letzten Jahren immer seltener auf den Tisch, aus dem einfach Grund, dass uns die zunehmende Wässrigkeit und Geschmackslosigkeit des vermeintlich so gesunden Grüns nicht mehr lockte. Das wird sich in Zukunft wohl ändern.

Leicht modifiziert aus: Himmel und Erde – In der Küche eines Restaurantkritikers Jürgen Dollase

Umgebaut

Spargel mit Estragongnocchi 3-1

Am Wochenende war es endlich soweit. Beim samstäglichen Marktbesuch erspähte Herr H. den ersten, bezahlbaren weißen Spargel aus heimischem Anbau, nun ja, heimisch, wenn man das Umland zur Stadt zählt. Auf dem Moosrasen hinter unserem Haus ist er natürlich nicht gewachsen. Wie dem auch sei. Herr H. konnte sich nicht beherrschen und sackte direkt ein ganzes Kilo ein, auch wenn das Wetter eher mollige Schmorgerichte nahelegte. Er ignorierte den heftig einsetzenden Schneefall, kaufte am Stand nebenan direkt etwas Schinken und freute sich schon auf das klassische Spargelessen, dass wir normalerweise mit dem ersten Spargel der Saison zelebrieren. Nur mit großer Mühe konnte ich ihn dazu überreden, die einzelnen Bestandteile, Kartoffeln, Spargel, Schinken und Hollandaise einmal auseinander zu nehmen und anders wieder zusammen zu bauen. Skeptisch machte er sich ans Werk.

Für die Gnocchi mit Estragon und Basilikum:

  • 250 g mehlig kochende Kartoffeln, gegart, noch heiß gepellt
  • je eine Handvoll Estragon und Basilikum, Blätter von den Stielen gezupft
  • 100 g Ricotta, abgetropft
  • ca. 50 g Mehl (eventuell etwas mehr, wenn der Teig zu feucht sein sollte)
  • 1 Eigelb
  • Salz, schwarzer Pfeffer gerieben
  • 25 g Parmesan, gerieben

Gnocchi Serie

Ich kochte die Kartoffeln in ca. 40 Minuten gar, pellte sie noch heiß und gab sie durch die Kartoffelpresse. Wer besonders feine Gnocchi möchte, kann die Kartoffeln zweimal durchpressen. Mir reichte es dieses Mal so. Herr H. hatte inzwischen Estragon und Basilikum gemeinsam mit dem Ricotta fein püriert. Ich gab Eigelb, Kräuterpüree, Parmesan, etwas Salz und Pfeffer und das Mehl zu den Kartoffeln und verarbeitete alles rasch mit dem Löffel zu einer glatten Masse. Die Masse sollte nicht zu stark bearbeitet werden, da die Gnocchi ansonsten eine flummiartige Konsistenz bekommen. Anschließend formte ich aus dem noch warmen Teig auf der begriesten (fällt im Gegensatz zu Mehl beim Sieden wieder ab) Arbeitsfläche ca. 2 cm dicke Rollen und schnitt davon ca. 1 cm  lange Stücke ab. Herr. H. rollte die Stücke zu Kugeln und ich ließ sie wie hier beschrieben über die Gabel wandern. Die fertigen Gnocchi garte ich später in reichlich leicht siedendem Salzwasser, bis sie an die Oberfläche stiegen, schreckte sie kurz ab und schwenkte sie in heißer Butter.

Für den Speckschaum:

  •  1 EL Olivenöl
  • 1 Schalotte, fein gewürfelt
  • 3 Scheiben Speck, gewürfelt (ca. 30 g)
  • 1 großzügiger Schuss Noilly Prat
  • 150 g Gemüsefond
  • Salz
  • 45 g Sahne

speckschaum serie

Ich zerließ die Speckwürfel, schwitzte die Schalotte darin farblos an, löschte mit etwas Noilly Prat ab und ließ ihn einkochen. Dann gab ich Fond und Sahne hinzu und ließ alles 10 Minuten offen köcheln. Herr H. schmeckte mit Salz ab, gab die Sauce in den hohen Mixbecher, pürierte alles und gab die Sauce durch das feine Sieb. Mir kam sie noch ein wenig zu flüssig vor, aber ich wollte sie nicht weiter reduzieren. Was tun? Herr H. erinnerte sich daran, irgendwo in den Vorräten Xanthan gesehen zu haben, das wir noch niemals benutzt hatten. Ob das das richtige wäre? Ich gab ca. 0,3 g zur Sauce pürierte sie erneut ein Weilchen und war höchst entzückt über Konsistenz und Schaumstandkraft. Warum wir das nicht vorher mal probiert haben, ist mir ein Rätsel. Herr H. hatte in der Zwischenzeit ein Pfund Spargel geschält, in wenig Olivenöl mit wenig Salz und Zucker abdeckt ca. 10 Minuten gedünstet und anschließend in Stücke geschnitten. Ich richtete Gnocchi, Spargel und Speckschaum auf vorgewärmten Tellern an und geduldete mich wie üblich.

Spargel mit Estragongnocchi 1-1

Fazit: Nachdem Herr H. den ersten Bissen genommen hatte, breitete sich ein zufriedenes Strahlen auf seinem Gesicht aus. Er gab zu, dass seine anfängliche Skepsis vollkommen unbegründet gewesen sein. Diese „umgebaute“ klassische Spargelgericht sei der Hammer. Ich konnte ihm nur nonverbal zustimmen, da ich so beschäftigt war zu genießen, dass ich keine Zeit hatte, zwischendurch zu reden. Wie gut, dass wir inzwischen auf eine doch recht umfangreiche Rezeptsammlung zurückgreifen können, die zudem bereits von uns selbst erprobt sind.