Als ich gestern Abend sehr erwartungsvoll den Ring von der neuesten Backkreation entfernte, konnte ich nur mit Mühe einen Schreckensschrei unterdrücken. Der Zusammenhalt des guten Stücks war, gelinde gesagt, dürftig. Ich bugsierte sie dennoch tapfer auf den Fototeller und trug ihn hinüber ins „Studio“, wo Herr H. bereits mit gezückter Kamera wartete. Er sah die Torte an, sah mich an und ich wusste, dass wir gerade das Gleiche dachten. Geht gar nicht. Fast hätte ich sie direkt entsorgt. Herr H. bestand auf die Verkostung. Mhm. Gar nicht so übel, wenn sie nicht nur so unansehnlich wäre. So schnell konnte ich sie natürlich nicht neu backen. Also muss es heute wieder etwas Herzhaftes geben. Minestrone. Aber nicht irgendeine, sondern die turboluxus-Variante des begnadeten Exilschweitzers Daniel Humm.
Für die Minestrone-Sauce:
- 2 EL Olivenöl
- 1 Zucchino, sehr fein gewürfelt
- 1 Möhre, geschält, sehr fein gewürfelt
- 30 g Knollensellerie, geschält, sehr fein gewürfelt (ich: Staudensellerie)
- 2 EL Lauch, geputzt, fein gewürfelt
- 1 EL geriebene Zwiebel (ich: fein gehackt)
- 1 Knoblauchzehe, gepresst (ich: gewürfelt, mit dem Meersalz gemörsert)
- 1 TL Tomatenmark
- 60 g Weißwein
- 1 l Hühnerbrühe (ich: Gemüsebrühe, das Monsterhuhn muss noch wachsen)
- 500 g Tomaten, klein gewürfelt
- 100 g Kartoffeln, sehr fein gewürfelt
- 25 g Basilikumblätter
- 5 g Minzeblätter
- 1 EL Salz
- 1/4 TL Piment d’Espelette
- 2 EL kalte Butter
- 2 TL Limettensaft
Herr Humm gibt einleitend bekannt, dass „grob gewürfelt“ sich auf Würfel mit einer Kantenlänge von 1,2 – 1,5cm , „gewürfelt 0,5cm und „fein gewürfelt“ 0,3cm bezieht . Hilfreich. Nachdem ich alles vorbereitet hatte, dünstete ich Zucchini, Möhre, Sellerie, Lauch, Zwiebeln und Knoblauch in etwas 10 Minuten bei mäßiger Hitze weich. Die Würfel sollen dabei nicht bräunen. Dann fügte ich das Tomatenmark hinzu und dünstete es 2 Minuten lang mit. Ich löschte mit Weißwein ab und ließ ihn bei stärker Hitze auf die Hälfte einkochen. Nun fügte ich Brühe, Tomaten und Kartoffeln hinzu und ließ alles mit Deckel bei schwacher Hitze 30 Minuten köcheln. Danach zog ich den Topf von der Platte, stutzte kurz, als ich noch einen Blick auf das Foto im Buch warf, und gab seufzend Basilikum, Minze, Salz und Piment d’Espelette hinein. Die leuchtend orange Farbe würde ich nun nicht mehr erhalten. Ich ließ alles 20 Minuten ziehen, pürierte die Sauce und gab sie durch das feinste Sieb. Dann goß ich sie zurück in den gesäuberten Topf, ließ sie bei mittlerer Hitze einkochen, bis sie sämig war, und rührte die kalte Butter mit dem Handmixer unter. Das spritzte nicht schlecht. Zum Schluss schmeckte ich mit Limettensaft ab und stellte die Sauce warm.
Für die confierten Kirschtomaten:
- 12 Kirschtomaten
- 1 EL Olivenöl
- 1/8 TL Zucker
- 1/8 TL Salz
Auf das Häuten der Tomaten verzichtete ich aus Gründen. Ich heizte den Backofen auf 130°C vor, halbierte die Tomaten und zog sie mit der Schnittfläche durch das Olivenöl. Dann legte ich sie in eine eingeölte Form, bestreute sie mit Salz und Zucker und beließ sie ca. 45 Minuten im Backofen.
Für die Bohnen:
- 50 g getrocknete große weiße Bohnen (Gigantes)
- 50 g getrocknete Augenbohnen
- 50 g getrocknete Cocobohnen
- 50 g frische ausgelöste Borlottibohnen
- 120 g Olivenöl
- Salz
- 1/8 große Zwiebel, fein gehackt
- 2 TL fein gewürfelte Möhre
- 2 TL fein gewürfelter Sellerie
- 2 Lorbeerblätter
- 2 Zweige Thymian
- 10 schwarze Pfefferkörner
- 5 grüne Bohnen (Haricots verts), geputzt
- 1 EL Butter
- Basilikumblätter, Minzblüten, Oregano zum Garnieren
Allein bei den Bohnen musste ich einen Kompromiss eingehen. In den Vorräten befand sich noch eine Dose gemischter Bohnen (netto 240 g) aus Südtirol. Perfekt. Dazu gab es statt frischer Borlotti- und grüner Bohnen Edamane, gehäutet, aus dem TK. Wer die getrockneten Bohnen vorrätig hat, weicht sie über Nacht getrennt ein und gart sie am nächsten Tag getrennt mit je 300 g Wasser und 30 g Olivenöl. Die restlichen Zutaten werden auf 4 Mullbeutel verteilt, die dann ins Bohnenkochwasser gehängt werden. Borlotti- und Augenbohnen haben eine Garzeit von etwa 45, weiße und Cocobohnen von ca. 75 Minuten.
Ich kochte die Edamame ca. 10 Minuten und schwenkte sie anschließend mit den anderen Bohnen in heißer Butter, um sie zu glasieren. Herr H., der inzwischen eingetrudelt war, staunte nicht schlecht, ob einer solch opulenten Suppe an einem normalen Wochentag. Ich stellte ca. 1/4 Liter der Sauce beiseite, schöpfte von der restlichen etwas auf zwei Teller, gab Bohnen und Tomaten hinzu und beträufelte alles mit etwas Olivenöl. Vom besten, selbstverständlich. Die zurückbehaltene Sauce versuchte ich mit dem Stabmixer aufzuschäumen, aber das Ergebnis ließ leider zu wünschen übrig. Das unterscheidet die Hobbyköche von den Profis. Ich verteilte den Nicht-Schaum auf den Teller und überließ sie Herrn H.
Fazit: Jede investierte Minute war mehr als Gold wert. Wir schwelgten Löffel um Löffel. Die Sauce war unglaublich cremig und würzig. Dadurch, dass alles getrennt gegart wurde, schmeckten die einzelnen Komponenten viel intensiver, als wenn sie einfach zusammen in einen Topf geworfen werden. Es ist wirklich zu schade, dass ich nicht immer so kochen kann, geschweige denn, mir so etwas auszudenken. Wobei…, zumindest was das Kochen angeht, wird es hier in Zukunft öfter solch‘ delikate Gerichte geben. Als ich das Herrn H. mit stolz geschwellter Brust offenbarte, lächelte er allerdings nur müde und wies mich darauf hin, dass schlichte Gerichte durchaus auch ihren Reiz hätten.
Aus: I ❤ NY Daniel Humm