Im wahrsten Sinne des Wortes. Wir fuhren am Samstag eigentlich nur ins Feinkostgeschäft, um feinstes Frühlingsgrün zu ergattern, das Wetter lud praktisch dazu ein, da erspähte Herr H. ein Stückchen Filet vom Duroc-Schwein, dass bereits an die Grenzen seiner Haltbarkeit zu stoßen begann. Er konnte nicht anders, er musste es einfach „retten“. Erst an der Kasse bemerkte ich seinen Fund und rollte demonstrativ mit den Augen. Er legte das gute Stück resolut auf das Band und zischte nur „Vakuumierer“. Auf dem Rückweg erklärte er, wir könnten doch nur ein kleines Stückchen direkt zubereiten und den Rest den immer noch überschaubar gelisteten Beständen zufügen. Sicher verschweißt würde er garantiert noch ein Weilchen halten und wir hätten ein herrliches Sonntagsessen. Was sollte ich da noch sagen?
Für die Estragon-Kartoffeln:
- ca. 300 g kleine Kartoffeln, gewaschen (z. B. Drillinge)
- 2 kleine Knoblauchzehen, angedrückt
- einige Zweige Estragon
- einige Butterflöckchen
- Fleur de Sel
Nachdem ich die Kartoffeln trocken getupft hatte, legte ich sie auf ein Stück Alufolie, gab Estragon, Knoblauch und Butter hinzu und bestreute alles mit etwas Fleur de Sel. Dann verschloss ich die Folie fest und legte das Päckchen auf ein Blech in den auf 190°C vorgeheizten Backofen. Nach ca. 40 Minuten waren sie perfekt gegart. Herr H. legte das noch verschlossene Päckchen auf einem Teller beiseite, da der Backofen nun anderweitig gebraucht wurde.
Für das Wurzelwerk mit Apfel:
- 1 große Möhre, geschält, in mittelgroße Würfel oder Scheiben geschnitten
- 2 Pastinaken, geschält, in mittelgroße Würfel oder Scheiben geschnitten
- 2 kleine Äpfel (ich hatte gut abgehangene deutsche Breaburns), entkernt, in Spalten geschnitten
- etwas Olivenöl
- Salz, Zucker, etwa 1/2 TL Vanilleessenz
Ich gab die von Herrn H. vorbereiteten Würfel und Spalten in die Auflaufform, beträufelte alles mit etwas Öl, gab Salz, Zucker und Vanilleessenz hinzu und vermengte das Ganze gründlich mit den Händen. Anschließend schob ich die Form für ca. 35 Minuten zu den Kartoffeln. Gegebenenfalls sollte der Gargrad der Möhren getestet werden. Das fertige Gemüse ließ ich abgedeckt auf dem Herd ruhen. Es macht nichts, wenn es dabei abkühlt.
Für die Paprikasauce:
- 1 Schalotte, fein gehackt
- 10 g Butter
- 1/2 TL Harissa
- 1/2 rote Paprika, geschält, fein gewürfelt
- 80 g Noilly Prat
- 1 EL Quittenessig
- 100 g Schweinefond
- 30 g Sahne
- Salz, schwarzer Pfeffer
- 1 knapper TL Pfeilwurzstärke in wenig Wasser gelöst zum Binden, falls gewünscht
Ich schwitzte die Schalotte in der Butter farblos an, gab die Paprika hinzu und ließ sie einige Minuten mitschmurgeln. Dann gab ich die Harissa hinzu, löschte mit Noilly Prat, Essig und Fond an und ließ die Sauce etwa um die Hälfte einkochen. Dann pürierte ich sie, gab sie durch ein feines Sieb zurück in den gesäuberten Topf und ließ sie mit der Sahne erneut aufkochen. Herr H. schmeckte mit Salz und Pfeffer ab und band die Sauce anschließend mit wenig Pfeilwurzstärke. Ich hatte in der Zwischenzeit das leicht gesalzene Schweinfilet allseitig in Bratbutter gebräunt und bei 80°C im Backofen durchziehen lassen, bis seine Kerntemperatur bei ca. 55°C lag. Nun durfte das Filet vor dem Anschneiden noch weitere 10 Minuten bei Raumtemperatur rasten, bevor ich es in Scheiben schnitt und mit Kartoffeln, Sauce und Gemüse auf vorgewärmten Tellern anrichtete.
Fazit: Nachdem ich das erste Stückchen des Filets gekostet hatte, musste ich Herrn H. direkt für seine „Eingebung“ danken. Das Fleisch war unglaublich zart, saftig und sehr aromatisch. Das wohl beste Schweinefilet, das ich je kosten durfte (und Filet kommt im Hause H. eher selten auf den Tisch). Die leicht fruchtig-scharfe Paprikasauce, die gekräuterten Kartoffeln und das apfelige Wurzelwerk begleiteten es auf jeden Fall vortrefflich. Von den 300 g Filet blieb tatsächlich kein Fitzelchen übrig und ich fürchte, in den nächsten Tagen wird es hier wieder etwas „gemüsiger“ zugehen. Sehr zum Leidwesen von Herrn H.