Mais statt Mehl?

Die diesjährige Spargel-Saison wurde bei uns schon vor knapp vier Wochen eingeläutet. Nicht etwa mit der klassischen Hollandaise-Variante, die stand tatsächlich noch kein einziges Mal auf dem Tisch, was vielleicht daran liegen könnte, dass mir Buttercreme gekühlt besser mundet, sondern mit einem himmlischen Spargel-Flammkuchen. Diesen hätte ich hier heute auch gern vorgestellt. Leider weigert er sich beharrlich, auf den Bildern seine fotogene Seite zu zeigen. Es ist wie verhext, aber wir bleiben am Ball. Versprochen. Spargel können wir zum Glück noch mindestens zwei Mal pro Woche essen. Alternativ, nach ungefähr dem 10. Flammkuchen, kam ich kürzlich auf die Idee, Mehl durch Polenta zu ersetzen. Herr H. schaute zwar etwas skeptisch, als er den Topf auf dem Herd sah, gab sich jedoch mangels Alternativen geschlagen und packte mit an.

Für die Polenta:

  • 100 g Bramata-Polenta
  • ca. 500 g Brühe-Milch-Mischung
  • 1 kräftige Pr. Salz
  • ca. 20 g Butter
  • ca. 20 – 30 g Parmesan, fein gerieben
  • Salz und schwarzer Pfeffer zum Abschmecken

Ich kochte die Flüssigkeit (hier Brühe und Milch 1:1) auf, gab eine Prise grobes Meersalz hinzu und ließ unter Rühren die Polenta einrieseln. Nachdem alles erneut aufgekocht war, legte ich den Deckel auf und reduzierte die Hitze auf ein sehr schwaches Köcheln. Insgesamt garte die Polenta auf diese Weise ca. 40 Minuten. Alle 10 Minuten rührte ich sie mit dem Schneebesen kräftig durch. Als die Polenta gegart war, rührte Herr H. Butter und Parmesan unter, schmeckte mit wenig Salz und Pfeffer ab und verteilte die Polenta mit Hilfe eines gebutterten 16er Tarterings auf einem mit Backpapier belegten Blech. Natürlich kann man die Polenta auch ohne Ring einfach aufstreichen. Alles eine Frage der Optik. Ich stellte das Blech für ca. 30 Minuten an einem kühlen Ort, damit die Polenta erstarren konnte.

Für den Belag:

  • ca. 100 g Ziegenfrischkäse mit etwas Öl oder Milch cremig gerührt
  • 1 rote Zwiebel, in dünne ringe geschnitten
  • 250 g grüner Spargel, geputzt, in ca. 2 cm lange Stücke geschnitten
  • 1 Handvoll Kirschtomaten, je nach Größe halbiert oder geviertelt
  • ca. 30 g Pecorino, gerieben
  • Salz, schwarzer Pfeffer
  • luftgetrockneter Schinken, zerkleinert, nach Belieben
  • Dill und Estragon, grob gehackt, nach Belieben

Als erstes bestreute ich die Zwiebelringe mit etwas Salz und stellte sie beiseite. Sie verlieren dadurch etwas von ihrer Schärfe und werden weicher. Dann gab ich den Spargel mit je 1 Prise Salz und Zucker und wenig Olivenöl in eine Schüssel und vermengte alles von Hand. Herr H. hatte inzwischen die übrigen Zutaten bereit gestellt und den Backofen auf 230° Umluft vorgeheizt. Ich bestrich die erstarrten Polenta-Rondelle mit der Ziegenfrischkäsecreme, legte je einige Zwiebelringe, Spargelstückchen und Tomatenhälften auf und streute Pecorino darüber. Nun durften die „Rondelle“ für ca. 17 Minuten in den Backofen wandern. Als ich das Blech wieder herausholte, konnte ich mich nur sehr, sehr schwer beherrschen, nicht gleich über sie herzufallen, so köstlich dufteten sie. Ich belegte sie mit etwas Schinken, streute ein paar Kräuter und überließ Herrn H. schweren Herzens den Teller.

Fazit: Meine Nase hatte mich nicht getrogen. Auch auf der Polenta machte sich die Mischung aus Spargel, Käse, Schinken und Kräutern ganz ausgezeichnet. Allein die Tomaten hätte es für meinen Geschmack nicht unbedingt gebraucht. Aber sie waren halt da und mussten weg. Herrn H. störten sie hingegen nicht im geringsten. Der Spargel war zudem auf diese Art perfekt gegart, ohne etwas von seinem grandiosen Geschmack einbüßen zu müssen. Im Wasser wird er bei uns schon seit Jahren nicht mehr gegart.

Go green!

Die letzten drei Wochen dehnen sich in der Rückschau für mich gefühlt eher auf satte drei Monate aus, so viel ist passiert. Herr H. und ich gönnten uns in diesem Jahr ein gänzlich familienfreies Ostern und urlaubten stattdessen entspannt in der Hauptstadt. Dort lässt es sich nicht nur vortrefflich shoppen oder besichtigen, sondern auch ganz ausgezeichnet auf Schusters Rappen wandern. Selbst das eher durchwachsene Wetter konnte uns nicht von vielen ausgedehnten Touren in die stadtnahe Natur abhalten. Zur Not gingen wir eben in voller Regenmontur und es war immer herrlich! Das Shoppen hingegen beschränkte sich auf den Kauf nur eines einzigen Artikels und nun befindet sich endlich, endlich ein leistungsstarker Mixer in unserer Küche oder sollte ich lieber sagen „Atomisierer“? Ich bin zwar wegen des „homeruns“ (nein, ich bin nicht den ganzen gelaufen, die Veranstalter boten dem „schwachen“ Geschlecht freundlicherweise an, ihn sich als Team zu teilen) noch nicht wirklich dazu gekommen, seine Grenzen auszuloten, aber ich befürchte, dass sich das auch mit reichlich Zeit kaum bewerkstelligen lässt. Derweil wandert praktisch alles Mögliche und Unmögliche in ihn hinein und ich bin noch auf nichts gestoßen, was nicht binnen weniger Minuten zu einer unglaublich homogenen Masse geworden ist. Selbst die winzigen, hartschaligen Erdbeernüsschen lösen sich in Wohlgefallen auf. Ich bin fasziniert! Und natürlich kommen jetzt all die Rezepte zur Anwendung, in denen glatte Pürees gefragt sind.

Für das Orzotto mit Spargel:

  • 150 g Perlgraupen, abgespült
  • 900 g Gemüsebrühe
  • 100 g Spinat und 2 Zweige Dill (original 50 g Spinat und 100 g Brunnenkresse)
  • Olivenöl
  • 40 g kalte Butter, gewürfelt
  • 1 Schalotte (35 g), fein gewürfelt
  • 1 Knoblauchzehe, fein gehackt
  • 1 Thymianzweig
  • 1 Lorbeerblatt
  • 200 g Geflügelfond
  • ca. 400 g grüner Spargel, geputzt, in 2 cm lange Stücke geschnitten
  • 3 Shiitake-Pilze, Stiel entfernt, in Scheiben geschnitten (original: Champignons)
  • 1 Frühlingzwiebel, in Ringe geschnitten (original: 1/2 Stange Lauch, ca. 90 g)
  • 1 EL Zitronensaft
  • grobes Meersalz, schwarzer Pfeffer

Während die Graupen ca. 30 Minuten in sanft köchelnder Gemüsebrühe garten, bereiteten wir das grüne Püree. Ich blanchierte den noch gefrorenen Spinat ca. 1 Minute in kochendem Salzwasser und schreckte ihn anschließend eiskalt ab. Herr H. schwitzte Schalotte und Knoblauch in Olivenöl glasig, gab Lorbeer und Thymian hinzu und goss den Geflügelfond an. Nachdem er etwa auf 50 g reduziert war, zog er den Topf von der Platte und entfernte Lorbeer und Thymian wieder. Ich gab die Flüssigkeit mit Spinat, Dill und einer Prise Salz in den Mixer und ließ ihn laufen, bis ein vollständig homogenes Püree entstanden war. Nicht ein einziger grüner Punkt befand sich noch darin. Es war eine wahre Freude. Herr H. hatte derweil den Spargel in etwas Öl abgedeckt ca. 10 Minuten im eigenen Saft gegart und die Shiitake-Pilze gebraten. Nun gab ich die abgegossenen Graupen mit Püree und Pilzen zum Spargel, hob alles gut durch und schmeckte mit Salz, Pfeffer und Zitronensaft ab. Das fertige Orzotto stellte ich kurz warm, während wir den „Salat“ bereiteten. Zu lange darf man es jedoch nicht warm halten, da dann die leuchtend grüne Farbe schwindet.

Für den Spargelsalat mit Pecorino:

  • 200 g grüner Spargel, geputzt
  • 30 g Pecorino, gehobelt
  • 1/2 TL Olivenöl
  • 1 1/2 TL Zitronensaft

Ich schnitt die Spargelstangen mit dem Sparschäler vom Fuß zum Kopf in dünne Bänder, vermengte sie in einer Schüssel mit den restlichen Zutaten und kostete. Wow! Ich hatte beim Lesen des Rezepts nicht vermutet, dass roher Spargel so schlicht zubereitet so gut schmecken könnte. Da der Salat schnell „labberig“ wird, richtete ich ihn flugs auf dem Orzotto an und übte mich wie immer in Geduld, während Herr H. fotografierte. Das fiel mir dieses Mal besonders schwer, da mich der Lauf am Morgen doch an den Rand meiner Kräfte gebracht hatte. Ein Stückchen Pecorino half.

Fazit: Wie nicht anders zu erwarten schmeckte das Gericht ganz ausgezeichnet! Der von mir ergänzte Spargel machte sich im Orzotto wunderbar und besonders die feine Dillnote gefiel mir dazu bestens. Herr H. war ebenfalls angetan und das sollte etwas heißen, hatten wir doch am Vortag eine größere Rindfleischbestellung in Empfang genommen, die zwei herrliche Flanksteaks beinhaltete, mit denen er heftig geliebäugelt hatte. Ihr Genuss ist zum Glück nur aufgeschoben, bis die Außentemperaturen das Angrillen ermöglichen. Und das wird hoffentlich nicht mehr allzu lange dauern. Ich bin da ganz optimistisch.

Frei nach einem Rezept aus: NOPI Das Kochbuch Yotam Ottolenghi, Ramael Scully

 

No hay

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Wenn ich in diesen Tagen das Haus verlasse, spüre ich eine Art fieberhafter Energie von meinen Mitmenschen ausgehen. Alle hasten, rennen, stolpern, schnell, schnell, schnell, alles muss noch rechtzeitig besorgt, erledigt, gebastelt, verschickt, vorbereitet und was weiß ich noch alles gemacht werden. Die Schlange vor den Postfilialen reicht in der Regel bis auf den Bürgersteig. Was für ein Wahnsinn. War das schon immer so? Oder wird es mit jedem Jahr schlimmer? Ich kann mich nicht erinnern. Vermutlich ist es ein eher schleichender Prozess gewesen. Der Sog dieser Energie ist jedenfalls enorm. Und dennoch entziehe ich mich ihr in diesem Jahr zum ersten Mal bewusst. Geschenke? No hay. Gar nichts muss, alles kann und wenn nicht, dann ist es auch nicht schlimm. Ganz entspannt lasse ich die Feiertage auf mich zukommen. Was es an Heilig Abend geben wird? Keine Ahnung. Es wird sich schon noch etwas finden. Die Vorräte sind gut gefüllt und zur Not gibt es dieses kleine, aber feine Ragout eben noch einmal.

Für das Pfifferlingsragout mit Gurken und Kartoffeln:

  • 1 Gurke à 400 g, geschält, geviertelt, entkernt, in 1 cm lange Stückchen geschnitten (alternativ Schmorgurke)
  • 250 g Pellkartoffeln, gegart, am besten am Vortag (ich: ca. 400 g)
  • 1 – 2 EL Öl
  • 100 g kleine Pfifferlinge, geputzt
  • 1 Schalotte, geschält, fein gewürfelt
  • Pfeffer
  • 250 g Gemüsebrühe (ich: ca. 200 g Hühnerfond)
  • 1 EL weißer Balsamico
  • Salz
  • 1 TL Dill, fein gehackt
  • (ich: einige Streifen Räucherlachs)

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Vorab eine Bemerkung zu den Mengen. Im Rezept ist die doppelte Menge an Zutaten für 4 Personen angegeben. Das mag im Rahmen eines mehrgängigen Essens passen, aber wenn man das Ragout wie Herr H. und ich als alleinige Mahlzeit einnimmt, empfiehlt es sich, die Menge der Kartoffeln nach oben zu korrigieren. Die Menge an Brühe hingegen ist sehr großzügig bemessen. Ich hätte mir eine weniger „suppige“ Konsistenz gewünscht und würde beim nächsten Mal nur die Hälfte der Brühe verwenden. Da wir uns spontan für das Rezept entschieden hatten, kochten wir die Kartoffeln und ließen sie ca. 15 Minuten vor dem Pellen abkühlen. Dann gab Herr H. ca. 100 g der gegarten, gepellten Kartoffeln zwei Mal durch die Kartoffelpresse und rührte sie mit dem Fond mit dem Schneebesen glatt. Die restlichen Kartoffeln viertelte er längs. Ich schwitzte die Schalotte im Öl glasig, gab die Pfefferlinge hinzu und ließ sie ca. 2 Minuten mitdünsten. Dann kam die Gurke hinzu, durfte ebenfalls 2 Minuten mitdünsten und schließlich füllte ich mit Fond auf, gab die Kartoffelviertel hinzu und ließ alles nach dem Aufkochen ca. 5 Minuten sämig einkochen. Gelegentliches Rühren ist empfehlenswert. Herr H. schmeckte mit Salz, Pfeffer, Essig und Dill ab und äußerte erstaunt, dass es gar nicht übel schmecke. Aber etwas fehle. Meine Assoziationskette spuckte dazu flink, Gurke, Dill – Räucherlachs natürlich, aus und im Nu war das Ragout auf vorgewärmten Tellern angerichtet.

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Fazit: Herr H. hatte mit der geschmacklichen Bewertung wie üblich leicht untertrieben. Das Ragout kam überraschend üppig (und das ohne Sahne oder Crème fraîche), frisch (dank Gurke und Dill) und rund daher. Auch ohne Lachs ein Hochgenuss, wobei wir uns einig waren, dass es mit Lachs noch einen kleinen Tick besser war. Wie auch immer. Jetzt ist es langsam an der Zeit, mit den wenigen Vorbereitungen zu beginnen, die ich bislang aufgeschoben habe. Eine neue Gurke kaufen, zum Beispiel. Herr H. und ich bedanken uns nun wie jedes Jahr bei allen Lesern, Co-Bloggern und anderen Menschen für das Interesse an unserer Küchenaktivität und wünschen allen entspannte, friedliche und harmonische Feiertage – frohe Weihnachten eben!

Aus: Die Küche Tim Mälzer

Eingeschränkt empfehlenswert

Skrei in Olivenöl gegart 1

Es ist schwierig. Das mit dem Fisch. Das sieht er auch so. Sehr viel schwieriger, als beim Fleischkauf die „richtige“ Entscheidung zu treffen. Welchen Fisch können wir noch bedenkenlos verzehren? In dem jüngst veröffentlichten Greenpeace-Fisch-Ratgeber befinden sich nur zwei Arten, die zum Verzehr uneingeschränkt empfohlen werden. Der afrikanische Wels, den ich nicht kenne und der gute alte Karpfen, an den ich keine gute Erinnerung habe. Jahrelang stand er als „Karpfen blau“ an Heilig Abend auf dem Tisch und ich weiß nicht, ob er nur nicht gut gewässert war, aber sein leicht moderiger Geschmack ließ mich damals das ganz Weite suchen. Vielleicht sollte ich ihm mal wieder eine Chance geben. Es ist lange her. Als erstes versuchten wir uns jedoch an einem Skrei, dem nordnorwegischem Edelfisch, der schon seit Jahren in aller Feinschmeckermunde herumschwimmt. Der scheint sich dank der norwegischen Fangauflagen noch munter zu vermehren und darf also ebenfalls bedenkenlos gegessen werden.

Für das Bärlauchpesto:

  • 25 g Bärlauchblätter (ich: je 12,5 g Dill und Estragon)
  • 2 g Meersalz
  • 50 g Olivenöl
  • 15 g Parmesan, in kleine Stückchen geschnitten
  • 15 g Pinienkerne, geröstet (ich: gemahlene Mandeln)

Dill-Estragon Pesto

Da wir auf den Bärlauch noch mindestens einen guten Monat hätten warten müssen, und wer weiß, ob wir dann noch Skrei bekommen hätten, ersetzten wir ihn durch Dill und Estragon. Ich gab alle Zutaten für das Pesto in den Zerkleinerer und ließ ihn mit Pausen laufen, bis eine fein-cremige Masse entstanden war. Dann stellte ich das Pesto beiseite, damit sich etwas Öl an der Oberfläche absetzen konnte. Das wird später zum Anrichten benötigt.

Für die Bärlauchgraupen:

  • 100 g Hartweizengraupen (Ebly, ich: Gerstengraupen, einige Stunden in kaltem Wasser eingeweicht)
  • 250 g Geflügelfond
  • 1/2 Gurke, geschält, entkernt, feinst gewürfelt
  • dickerer Teil des Pesto von oben
  • Salz, schwarzer Pfeffer

Graupenserie

Ich garte die abgetropften Graupen im leicht gesalzen Fond ca. 30 Minuten. Herr H. hob anschließend Gurkenwürfel und den dickeren Teil des Pesto unter und schmeckte mit Salz und Pfeffer ab. Die ungewöhnliche Kombination von Graupen und Gurke schmeckte schon einmal hervorragend. Ich stellte den Topf abgedeckt bis zum Servieren warm.

Für die Balsamicosauce:

  • 1 Schalotte, in Streifen geschnitten
  • 10 g Butter
  • 25 g trockener Weißwein
  • 25 g Noilly Prat
  • 50 g Fischfond
  • 50 g Sahne
  • 10 g Limettensaft
  • etwas Limettenabrieb
  • je 1 Estragon-, Kerbel- und Dillstängel
  • 1 Lorbeerblatt
  • 10 g weißer Balsamico
  • 10 g kalte Butter
  • Salz, Cayennepfeffer

Balsamicososse serie

Herr H. schwitzte die Schalotte in Butter glasig, löschte mit Wein und Noilly Prat ab und gab nach und nach die restlichen Zutaten bis auf die kalte Butter hinzu. Er ließ die Sauce etwa auf die Hälfte einkochen und gab sie anschließend durch das feine Sieb. Zum Schluss mixte er die kalte Butter mit dem Stabmixer unter und schmeckte mit Salz und Cayenne ab. Ich hatte in der Zwischenzeit die beiden Skreifilets (ca. 300 g) in einer schmalen Form mit 50 g Olivenöl bedeckt und sie im Backofen ca. 30 Minuten bei 100°C gegart, bis sie eine Kerntemperatur von 48°C hatten. Nun richtete ich Graupen, Öl des Pesto, Balsamicosauce und Skrei auf vorgewärmten Tellern an. Das sah zumindest schon einmal gut aus.

Skrei in Olivenöl gegart 3

Fazit: Graupen, Sauce und Pesto waren ein echter Hochgenuss. Auch der Skrei war perfekt gegart und zerging förmlich auf der Zunge. Nachdem wir die Teller etwa zur Hälfte geleert hatten, sah ich Herrn H. fragend an. „Und? Was meinst du?“ „Und du?“, fragte er vorsichtig zurück. „Soll ich ehrlich sein oder oute ich mich dann als absoluter Banause? Der Skrei hat einen sehr feinen, leicht meerigen Geschmack, aber irgendwie fehlt mir der Wumm, den z.B. eine Makrele oder eine Sardine haben. Vielleicht ist mein Gaumen einfach zu abgehärtet durch die langen Jahre an der Küste.“ Herr H. lächelte erleichtert und merkte an, dass es ihn sehr freue, dass es mir genauso ginge wie ihm. Aber wer weiß, das war sicher nicht unser letzter Skrei.

Aus: Olivenöl Das Kochbuch Bastian Jordan

 

 

 

Augenweide

Dill Tagliatelle 2Das Auge ist uns leider ein sehr unzuverlässlicher Begleiter. Oder wie kann es sich erklären lassen, dass selbst Spitzensommeliers bei einer Blindverkostung Schwierigkeiten haben, Rot- und Weißwein klar zu unterscheiden? Zudem sehen wir nur, was wir zu sehen erwarten. Das findige Hirn ergänzt Bekanntes, wo es nur kann. Das spart Arbeit und Energie und führt leider immer wieder zu Sinnestäuschungen, denen wir uns in diesem Fall jedoch gern ergeben. Ein Pastateller wie eine grüne Bergwiese, leicht, frisch und sommerlich und gar nicht beschwerend, so denkt man bei diesem Anblick und lässt sich gern darüber hinwegtäuschen, dass es sich nach wie vor um Pasta handelt. Kann gar nicht sein! Und so bekommt das Hirn wieder Energie für neue Schandtaten…

Für die Spinatmatte:

  • 100 g Spinat
  • ca. 50 g Wasser

spinat matte serieDa die Beschreibung zur Herstellung einer „Spinatmatte“ im Kochbuch recht dürftig war (man nehme etwas jungen Spinat, püriere ihn mit wenig Wasser  und erhitze den Saft auf 65°C, dann schöpfe man das aufgestiegene Chlorophyll mit dem Teesieb ab), forschte ich nach einer etwas präziseren Anleitung und wurde natürlich bei Robert fündig. Leider hatte ich den Spinat bereits aufgetaut. Vielleicht würden 100 g auch reichen? Ich gab den Spinat mit dem Wasser in ein hohes Gefäß, pürierte alles ausdauernd und gab es dann durch das feinste Sieb in einen Topf. Nun erhitzte ich die Flüssigkeit auf ca. 70°C und siehe da, es ballten sich tatsächlich kleine Chlorophyllklümpchen an der Wasseroberfläche. Ich ließ die Flüssigkeit durch mein sehr, sehr feinmaschiges Dauerteesieb laufen und wurde gefühlte Stunden später mit ca. 2 – 3 EL Spinatmatte belohnt.

Für den grünen Pastateig:

  • 90 g Weizenmehl 405er
  • 60 g Hartweizenmehl
  • 1 sehr kleines Ei + 1 Eigelb
  • 2 – 3 EL Spinatmatte
  • 1 Spritzer Olivenöl
  • 1 Pr. Salz

grüner nudelteig serieAls ich alle Zutaten grob mit dem Löffel in der Schüssel vermengt hatte, sah Herr H. gespannt hinein und runzelte die Stirn. Besonders grün sähe der Teig nicht aus, gab er zu bedenken. Ich versicherte ihm, dass das schon noch werde und siehe da, nach wenigen Minuten verband sich alles zu einem herrlich lindgrünen Teig. Nach dem 10minütigen Kneten ließ ich ihn abgedeckt ca. 2 Stunden ruhen, bevor ich ihn mit der Maschine portionsweise bis Stufe 6/9 ausrollte und mit dem Aufsatz in Tagliatelle schnitt. Die fertige Pasta kochte ich in reichlich Salzwasser ca. 3 Minuten. Sie sollte dann sofort serviert werden, da die Farbe, bewahrt man die Nudeln abgedeckt im Topf, recht schnell oxidiert.

Für den Parmesancrunch:

  • 50 g Parmesan, fein gerieben
  • 1 Msp. Fenchelsamen, gemörsert

parmesancrunch serieHerr H. hatte in der Zwischenzeit den Parmesan mit dem Fenchel vermischt, den Backofen auf 180°C vorgeheizt und den dünn auf das Backpapier gestreuten Parmesan darin ca. 7 Minuten gebacken. Nach dem Abkühlen brach er die Platte in Stückchen. Es war höchst schwer, nicht gleich die ganze Platte wegzuknuspern.

Für das Finish:

  • 3 EL Kräuteröl*
  • 1/2 Bund Dill (ca. 35 g), gezupft, die Hälfte fein gehackt
  • einige Dillblüten
  • Saft und Schale 1/2 Limette
  • 25 g Pistazien, geröstet, grob gehackt
  • (ich: 1/2 reife Avocado, in Spalten geschnitten, musste weg)

zutaten serieIch erhitzte das Kräuteröl bei kleiner Hitze in der Pfanne, gab Limettensaft und -abrieb, gehackten Dill und etwas Salz hinzu und schwenkte die abgetropften Tagliatelle darin. Herr H. richtete zwei Portionen auf vorgewärmten Tellern an, garnierte mit Avocado, Pistazien, Parmesancrunch und Dillwedeln und -blüten und waltete seines Amtes. Ich räumte derweil die Küche auf und naschte noch etwas Crunch.

Dill Tagliatelle 8 Fazit: Ich war höchst überrascht, dass die Pasta trotz gefühlt enormer Dillmenge sehr ausgewogen schmeckte. Das Kraut führte viel zu lange und völlig unberechtigt ein eher stiefmütterliches Dasein in unserer Küche! Pistazien und Parmesan sorgten für den nötigen Knusper, Avocadoscheiben für eine herrliche Cremigkeit und allem in allem war das endlich wieder einmal ein richtig gutes Pastagericht. Ob es dazu zwingend die grünen Tagliatelle braucht, sei einmal dahingestellt. Den Spinat schmeckt man zumindest in dieser Form überhaupt nicht mehr. Für das Auge war die Farbe hingegen eine echte Bereicherung.

* Kräuteröl:

  • 25 g Basilikum
  • 35 g Petersilie
  • 15 g Estragon
  • 25 g Minze
  • 125 g Rapsöl

Alle Kräuter blanchieren, kalt abschrecken, in einem Geschirrtuch kräftig ausdrücken und mit dem Rapsöl auf 60°C erwärmen. Dann mit einem leistungsfähigen Mixer 5 Minuten pürieren und das Öl über Nacht ziehen lassen. Am nächsten Tag durch einen Kaffeefilter ablaufen lassen. Das Öl hält sich im Kühlschrank gut 3 Monate. Ich habe auf diese Art ein Basilikumöl hergestellt und es ersatzweise für das Rezept verwendet.

Aus: Kräuter Tanja Grandits