„Rutite“

Fruchtschnitte 1

Der Wortschatz meiner Nichte ist für ihre keine zwei Jahre schon erstaunlich groß. Waschmachine, Kühlschrank und Wetterstation sind ihr so geläufig wie Mama, Papa oder mehr. Allein mit der Aussprache klappt es manchmal noch nicht 100%ig so dass es für mich, die ich nicht täglich mit ihr zusammen bin, manchmal schwierig ist herauszufinden, was gemeint ist. Als ich kürzlich auf dem Spielplatz gemütlich auf einer Bank saß und sie beim Matschen beobachtete, sah sie plötzlich auf, sah mich auf der Bank sitzen und kam sogleich freudestrahlend angelaufen. „Rutite!“ Ich sah sie leicht verständnislos an. Erst nach mehrfacher Wiederholung, sie kann da recht hartnäckig sein, dämmerte mir, wonach sie verlangte, eine Fruchtschnitte. Ich holte das Gewünschte und studierte, während sie selig aß, den Inhalt dieser seltsamen Schnitten. Apfelsaft- und Birnensaftkonzentrat waren scheinbar die Hauptinhaltstoffe, also im Grunde nichts anderes als Fruktosesirup und sogleich war mein Ehrgeiz geweckt, solche Schnitten selbst herzustellen. Im Netz gab es unübersichtlich viele unterschiedliche Herangehensweisen. Ich beschloss, mich an diese zu halten und legte los.

Für die „Fruchtschnitten“:

  • 100 g getrocknete Datteln
  • 50 g Orangeat
  • 25 g Rosinen
  • 25 g getrocknete Cranberries
  • 100 g gemahlene Haselnüsse, trocken geröstet
  • runde oder eckige Oblaten

Fruchtschnitte Serie

Ich denke, dass man bei der Zusammensetzung der Masse letztlich relativ flexibel ist. Wichtig scheint mir, dass sie zu ca. 30% aus Datteln besteht, da sie für den Zusammenhalt der Masse sorgen. Ob man dann Nüsse oder Flocken oder was auch immer noch dazu gibt, bleibt dem persönlichen Geschmack und/ oder der Vorratslage geschuldet. Ich war mit meinen „Prototypen“ schon sehr zufrieden, werde aber beim nächsten Mal sicher ein wenig weiter experimentieren. Ich gab alle Zutaten in den Zerkleinerer und ließ ihn eine ganze Weile laufen, bis sich ein homogener Teigklumpen entwickelt hatte. Zwischendurch machte ich kurze Pausen, damit die Masse nicht zu warm wurde. Es scheint, als sei ein leistungsstarker Mixer oder Zerkleinerer für die Zubereitung der Masse unerlässlich. Ich habe den Multi-Zerkleinerer der Kenwood genutzt und war mit dem Ergebnis sehr zufrieden. Ich bezweifle, dass mein Pürierstab-Zerkleinerer die doch recht zähe Masse bewältigt hätte. Anschließend rollte ich die Masse zwischen Frischhaltefolie ca. 5mm dünn aus, stach mit einem der Größe der Oblaten entsprechenden Ausstecher Kreise aus und legte sie zwischen die Oblaten. Reste können erneut ausgerollt und ausgestochen werden, bis die Masse komplett verbraucht ist. Sie klebt kaum und lässt sich mühelos verarbeiten.

Fruchtschnitte 3

Fazit: Es ist wie so oft. Hätte ich geahnt, wie kinderleicht die Herstellung dieser Schnitten ist, hätte ich schon viel früher damit begonnen. Sie eignen sich nicht nur als Spielplatz-Proviant, sondern auch prima als Wanderwegzehrung. Wie lange sie sich halten kann ich leider noch nicht sagen. Ich bewahre sie bei Raumtemperatur auf und nach einer Woche schmecken sie unverändert gut. Auch die Nichte kann das bestätigen. Es ist schön, dass man sie noch mit derart „einfachen“ Dingen begeistern kann.

Tomaten-Sehnsucht

tomatensehnsucht 8Ich weiß nicht, ob nur ich das so empfinde, aber Obst und Gemüse schmecken in diesem Jahr einfach überwältigend gut. Ich kann mich nicht erinnern, je so aromatische Erdbeeren gegessen zu haben. Und auch die Tomaten sind superb. Vor einigen Jahren kostet ich einmal von den gelben Tomaten. Sie waren so mehlig, dass ich sie um ein Haar wieder ausgepuckt hätte. Vom faden Geschmack ganz zu schweigen. Entsprechend gering war meine Begeisterung, als Herr H. vorschlug, einen tomatensehnsüchtigen Teller zusammenzustellen. Als er jedoch einen Beutel bunt gemischter Tomätchen anschleppte, die zudem noch extrem fruchtig und köstlich schmeckten, konnte ich mich nicht länger verweigern.

Für das Tomatensorbet (am besten am Vortag bereiten):

  • 250 g Tomaten
  • 60 g Zucker (ich: 40 g Zucker, 15 g Glukosesirup)
  • 1 TL Zitronensaft
  • Meersalz

tomatensorbet serieIch kochte die Hälfte der Tomaten zu Mus. Das ergab ca. 25 g intensives Tomatenaroma. Nach dem Abkühlen pürierte ich es mit den übrigen Zutaten, schmeckte mit Salz ab und strich die Masse durch ein Sieb. In der Eismaschine gefriert das Sorbet in ca. 20 Minuten. Da ich keine besitze, gab ich die Masse in ein vorgefrorenes Metallschälchen und stellte es in den Gefrierschrank. Alle zwei Stunden (drei Mal insgesamt) schlug ich das Sorbet kurz mit dem Schneebesen durch. Am nächsten Abend wirkte die Oberfläche des Sorbets zwar recht fest. Aber mit dem Kugelausstecher ließen es sich mühelos entnehmen.

Für die Tomaten mit Dattelvinaigrette:

  • 300 g Tomaten in verschiedenen Farben und Größen
  • Fleur de Sel, Pfeffer aus der Mühle
  • 40 g Dattelessig oder weißer Balsamico
  • 75 g natives Sonnenblumenöl
  • 2 getrocknete Datteln, in feine Streifen geschnitten
  • Meersalz, Pfeffer aus der Mühle

vinaigrette serieHerr H. schnitte die Tomaten je nach Größe in Hälften oder Viertel und entfernte dabei den Stilansatz. Ich verrührte den Essig mit Salz und Pfeffer, ließ beim Rühren das Öl einlaufen und hob zuletzt die Dattelstreifen unter. Herr H. drapierte die Tomaten, das Sorbet und beträufelte sie mit dem Dressing.

Für das Drumherum:

  • Tannenspitzenpesto* (ich: weg gelassen, als die Tannensitzen noch jung genug waren, wusste ich noch nichts von diesem Rezept)
  • 40 g Walnusskäse (ich: alter Friese)
  • 2 Parmesanhippen (ca. 20 g pro Hippe auf Backpapier bei 160°C ca. 8 Minuten gebacken)
  • 10 g Pinienkerne, geröstet
  • Basilikumspitzen nach Belieben

Ich legte die restlichen Zutaten auf die Teller und Herr H. beeilte sich mit dem Fotografieren. Das Sorbet schmolz eisern vor sich hin.

tomatensehnsucht 1Fazit: Eine äußerst gelungene Vorspeise, die Herr H. gleich unter der Rubrik „für Gäste“ abspeicherte. Beim Anrichten dachte ich, dass mir so akurate Teller doch ein wenig zu Chi chi seien. Als ich dann aber kostete, musste ich den Gedanken verwerfen. Es hat durchaus etwas, sich selbst zu Hause einen „Restaurantteller“ zu servieren. Das Tomatensorbet schmeckte überraschend fruchtig, zart schmelzend und köstlich. Ich könnte mir dazu durchaus auch eine Vanillesauce und frische Erdbeeren vorstellen. Ein kleiner Rest ist zum Glück noch da.

*Tannenspitzenpesto:

  • 100 g Brennnesseln, 3 Minuten blanchiert, kalt abgeschreckt
  • 150 g Haselnüsse, 15 Minuten bei 160°C im Ofen geröstet, Schalen abgerieben
  • 100 g Knoblauchzehen (wahrscheinlich nur, wenn er ganz frisch ist, sonst weniger)
  • 100 g Tannenspitzen
  • 3 EL Zucker
  • 2 TL Meersalz, Pfeffer aus der Mühle
  • 300 g Olivenöl

Alle Zutaten bis auf das Öl werden mit dem Pürierstab griesartig zerkleinert. Dann wird das Öl untergerührt und das Pesto in Gläser abgefüllt. Es hält sich im Kühlschrank mehrere Wochen. Sterilisiert man die Gläser etwa 20 Minuten bei 90°C, halten sie mehrere Monate. Wird nächstes Jahr probiert!

Aus: Dumaines wilde Gemüseküche Jean-Marie Dumaine, Nikolai Wojtko